Teil C
Teil C
Teil C
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
C.8.4<br />
dazu auch C.9.1). Zugleich ist ein rechtskonformes Lösungs- und Entscheidungshandeln<br />
aufgrund der Zielstruktur unserer Rechtsordnung immer auch<br />
auf Annahmen über Wirkungen von Umgang und verschiedener Umgangsregelungen<br />
angewiesen, wobei sich diese Annahmen auf Effekte bei betroffenen<br />
Kindern konzentrieren. Der Rechtsbegriff der Kindeswohlgefährdung in<br />
§ 1684 Abs. 4 BGB nimmt hierbei gravierend negative Wirkungen in den<br />
Blick, während das Kindeswohldienlichkeitsprinzip in § 1685 Abs. 1 und<br />
2 BGB auf positive Wirkungen fokussiert (vgl. C.8.1). Das Konstrukt des<br />
Kindeswohls als impliziter Regelungsmaßstab in § 1684 Abs. 3 BGB (Ausgestaltung<br />
des Umgangs) ist schließlich für positive und negative, auch nur<br />
graduell unterschiedliche Wirkungen verschiedener Regelungen offen.<br />
Annahmen über Wirkungen von Umgang können daher als weiterer Hintergrundeinfluss<br />
angesehen und verschieden begründet werden. Eine rechtspolitisch<br />
immer stärker favorisierte indirekte Begründung stützt sich auf<br />
einen – gegebenenfalls von außen zu fördernden – Konsens der betroffenen<br />
Erwachsenen, d.h. es wird angenommen, dass erreichte einvernehmliche Umgangsregelungen<br />
in ihrer Wirkung kindeswohldienlich sind, zumindest aber<br />
der Staat in der Regel weder die Möglichkeit noch das Recht dazu hat, eine<br />
andere, in ihrer Wirkung als förderlicher eingeschätzte Regelung durchzusetzen.<br />
Andere, unmittelbarere und im Fall einer nicht herstellbaren Einigkeit<br />
zwangsläufig heranzuziehende Begründungen von Wirkungsannahmen stützen<br />
sich auf Erfahrung und Einsicht der entscheidenden Gerichte oder einbezogener<br />
fachlicher Autoritäten, in der Regel Sachverständiger oder Fachkräfte<br />
der Jugendämter. Überwiegend handelt es sich hierbei um unsystematisch<br />
gewonnene oder anekdotisch übernommene Erfahrungen und Einsichten,<br />
die aufgrund ihrer prinzipiell hohen Angreifbarkeit argumentativ meist nicht<br />
allzu stark expliziert werden. Systematisch und methodisch kontrolliert erhobene,<br />
mithin wissenschaftlich gewonnene Erfahrungen und Einsichten sind<br />
besser darzulegen und taugen bei strittigen Punkten auch eher als befriedendes<br />
Argument, allerdings stehen sie bislang nur in beschränktem Umfang<br />
zur Verfügung.<br />
Umgangskontakte nach erfahrener Gewalt?<br />
Eine insbesondere auch in der Pflegekinderhilfe verbreitete Wirkungsannahme<br />
bezüglich Umgangskontakten betrifft Kinder, die von einem oder beiden<br />
Elternteilen durch miterlebte oder gegen sie gerichtete Gewalt traumatisiert<br />
wurden. Befürchtet wird, dass Umgang nach solchen Vorkommnissen in der<br />
Regel belastend wirken und von jüngeren Kindern in vertrauensschädigender<br />
Weise dahingehend missverstanden werden könne, sie würden erneut schutzlos<br />
einer Gefahr ausgesetzt. Ein Problem dieser Sichtweise ist es, dass Kinder<br />
mit unterschiedlicher Intensität auf belastende Erfahrungen reagieren (vgl.<br />
B.3) und der Begriff der Traumatisierung schillernd und wenig aussagekräftig<br />
ist, sofern er sich nicht auf die definierte psychiatrische Kategorie einer<br />
posttraumatischen Belastungsstörung 57 bezieht. Zudem bestehen auch zwischen<br />
Eltern, die ein Kind schwer belastet haben, Unterschiede in der Fähigkeit<br />
zur kindgemäßen Kontaktgestaltung und bei der Wiederholungsgefahr. 58<br />
57<br />
Für eine Übersicht siehe Rosner/Steil (2008).<br />
58<br />
Für Forschungsübersichten siehe Bancroft/ Silvermann (2002); Kindler/Salzgeber/Fichtner/Werner<br />
(2004).<br />
36 Umgangskontakte und die Gestaltung von Beziehungen zur Herkunftsfamilie