Teil C
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C.8.4<br />
MitarbeiterInnen der Pflegekinderdienste berichten in Interviews und in den<br />
Gruppendiskussionen durchaus aber auch von Problemen, die im Zusammenhang<br />
mit den Kontakten zur Herkunftsfamilie entstehen. Das Spektrum<br />
reicht dabei von dem enormen Aufwand, sie zu organisieren, vor allem<br />
bei begleiteten Kontakten, über die Unzuverlässigkeit der Herkunftseltern,<br />
Termine regelmäßig einzuhalten, die Hilflosigkeiten der praktischen Gestaltung<br />
– was sollen Eltern mit den Kindern anfangen, wenn sie sich nur für<br />
zwei Stunden im Monat sehen –, über Belastungen der Pflegeeltern durch<br />
den organisatorischen Aufwand und die Reaktionen der Pflegekinder auf die<br />
Kontakte bis hin zu den Belastungen für die Pflegekinder selbst – und ihre<br />
eigenen zeitlichen Engpässe und Belastungen, wenn sie in Konflikten vermitteln<br />
müssen.<br />
Bei den aktuellen Schlüsselzahlen (d.h. Fällen pro Fachkraft, vgl. B.2)<br />
können Fachkräfte diesem Thema nicht die notwendige Aufmerksamkeit geben<br />
und damit ihre gesetzliche Aufgabe nicht angemessen erfüllen (vgl. B.2,<br />
C.6, C.7.1). Gelingende Umgangskontakte im Interesse des Wohls der Kinder<br />
müssen zumindest in der ersten Zeit der Inpflegegabe und in Konfliktsituationen<br />
der Familiensysteme mit den Beteiligten vor- und nachbereitet werden.<br />
Die Aussagen von Pflegeeltern und Herkunftseltern in den im Projekt<br />
durchgeführten Interviews weisen daraufhin, dass diese sich eher allein gelassen<br />
fühlen in der Gestaltung der Kontakte, und dass die Fachdienste es ihnen<br />
und den Herkunftseltern überlassen, mit diesem möglichen Konfliktfeld alleine<br />
klarzukommen. Eine Pflegemutter beschreibt das so: »Also geplant war es<br />
ja eigentlich schon mit Begleitung, aber es ist einfach oft passiert, dass die Sachbearbeiterin<br />
dann dringend irgendwas anderes machen musste, oder sie musste mal<br />
aus dem Raum gehen und ist dann erstmal längere Zeit nicht wiedergekommen.<br />
Also so was ist einfach öfter passiert« (I E, 383-387). Im Interesse der Kinder, die<br />
Enttäuschung darüber äußern, wenn ihre Herkunftseltern nicht mehr richtig<br />
wissen, was sie mit ihnen anfangen sollen und die Kontakte erwachsenenzentriert<br />
gestalten (vgl. C.6), brauchen die Beteiligten ein entsprechendes »Coaching«<br />
durch Fachkräfte.<br />
8.4 Empfehlungen zur Einschätzung und Gestaltung von Umgangskontakten<br />
Umgang und Kindeswohl<br />
Heinz Kindler<br />
Grundorientierungen, Entscheidungsregeln und Lösungsideen<br />
Hinter Konfliktsituationen in Bezug auf Umgangsregelungen stehen Grundorientierungen,<br />
Entscheidungsregeln und Lösungsideen, mit denen sich Rechtsprechung<br />
und Gesellschaft diesen Konfliktsituationen stellen.<br />
Grundorientierungen, Entscheidungsregeln und Lösungsideen unterliegen<br />
verschiedenen Hintergrundeinflüssen, die durch und über die geltende Gesetzeslage<br />
hinaus wirken. So beeinflussen etwa Wertfragen die Formulierung<br />
von Gesetzen und ihre Auslegung. Beispielsweise hat das Bundesverfassungsgericht<br />
wiederholt betont, 56 dass bei Umgangsverfahren Grundrechtspositionen<br />
von Kindern und Eltern betroffen sind. Mithin berühren Umgangsfragen<br />
das ethische Fundament unserer Rechtsordnung und Gesellschaft (vgl.<br />
56<br />
VGL. BVerfG FamRZ 2008, S. 845.<br />
35 Umgangskontakte und die Gestaltung von Beziehungen zur Herkunftsfamilie