Teil C
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C.8.3<br />
ble Pflegeeltern, also sensibel in Bezug auf die Bedürfnisse der Kinder, sind<br />
oft bereit, sehr viel Mühe auf angenehme und positive Kontaktarrangements<br />
zu verwenden. Dabei brauchen die Pflegeeltern allerdings das Gefühl, an den<br />
Entscheidungen in Bezug auf Umgangskontakte beteiligt zu sein, und dass<br />
dabei das Wohl des Kindes im Mittelpunkt steht.<br />
Neil et al. (2003) schließen aus ihrer Auswertung von Befragungen von<br />
Adoptiveltern und Pflegeeltern, dass die Fähigkeit, Kontakte zu bewerkstelligen,<br />
<strong>Teil</strong> der Reflexivität der Eltern ist und damit ein Aspekt von positiver,<br />
responsiver Elternschaft insgesamt (vgl. C.4). Sie stellen die Hypothese auf,<br />
dass Adoptiv- und Pflegeeltern, die »gut« sind, was den Kontakt betrifft, auch<br />
wahrscheinlich diejenigen sind, die »gut« sind in Bezug auf andere Aspekte<br />
von Elternschaft für Kinder, die von ihrer Herkunftsfamilie getrennt leben.<br />
Umgangskontakte aus Sicht von Herkunftseltern 50<br />
Umgangskontakte sind insbesondere auch für die Herkunftseltern herausfordernde<br />
Situationen. Dabei spielt auch der Kontext der Kontakte eine Rolle<br />
(Rückführung, 51 Kontakt wieder aufnehmen nach längerer Zeit, Kontakt<br />
halten).<br />
Aus Sicht der leiblichen Eltern sind insbesondere nach der Trennung die<br />
ersten Wiedersehenstreffen mit den Kindern/dem Kind 52 eine Konfrontation<br />
mit intensiven Gefühlen der eigenen »Schuld«, dem Versagen, dem Scheitern,<br />
der Scham, der Trauer und der Unsicherheit, wie sich verhalten. Es ist vielleicht<br />
manchmal für Fachkräfte und Pflegeeltern schwer wahrzunehmen, dass<br />
die emotionale Krise solcher Eltern genauso dramatisch ist wie die anderer<br />
Menschen, die einen gravierenden Verlust erlitten haben, auch wenn die<br />
Eltern teilweise sogar selbst verantwortlich für die Fremdunterbringung ihrer<br />
Kinder sind, und sogar, wenn sie manchmal erleichtert erscheinen. Trauer<br />
kann zudem so zum Ausdruck kommen, dass Außenstehende mangelndes Interesse<br />
oder Ärger interpretieren, wenn Eltern bspw. den Kontakt abbrechen.<br />
Eine Mutter rechtfertigt folgendermaßen, dass sie den Kontakt unterbrochen<br />
hat: »Wie gesagt, bei der Andrea hab ich es dann so gemacht, dass ich mir selber<br />
Kontaktsperre auferlegt hab. Dass ich gesagt hab, es ist fürs Kind besser und für<br />
mich besser, wenn ich sie einfach jetzt einmal eine Zeitlang nimmer sehe, bis ich<br />
selber irgendwie wieder gelöst bin oder stärker bin einfach. Dass ich die Besuchs-<br />
50<br />
Im Projekt konnten insgesamt neun Mütter und ein Vater mit einem leitfadengestützten Interview<br />
befragt werden. Die Akquise von Herkunftseltern gestaltete sich schwierig, wie auch Rock u.a. (2008)<br />
beschreiben: Vereinbarte Kontakte, vermittelt durch Fachkräfte oder Pflegeeltern, wurden abgesagt<br />
oder Termine nicht eingehalten. Das Sample der zehn im Projekt interviewten Eltern ist daher in<br />
gewisser Weise ungewöhnlich: Es waren Eltern, die grundsätzlich akzeptiert hatten, dass ihre Kinder<br />
in Pflegefamilien aufwachsen, aber dennoch regelmäßige Besuchskontakte einhalten. Alle Befragten<br />
sind der Meinung, dass ihr Kind letztlich in der Pflegefamilie gut aufgehoben ist – selbst die Mutter, die<br />
von großen Spannungen gegenüber der Pflegefamilie berichtet. Gründe für die Fremdplatzierung ihrer<br />
Kinder waren u.a.: Psychische Krankheit; Gewalt in der Partnerschaft; sehr junge, überforderte Mutter;<br />
Alkoholabhängigkeit; sozial sehr deprivierte, bildungsarme Mutter; manchmal lag auch eine Kombination<br />
von Gründen vor. Neben den in diesem Projekt geführten Interviews kann zudem zur Perspektive<br />
von Herkunftseltern auf Interviews im Projekt »Bereitschaftspflege« (Helming 2002) rekurriert werden<br />
mit Eltern, deren Kinder in Obhut genommen worden sind.<br />
51<br />
Vgl. zum Thema Rückführung C.9.<br />
52<br />
Die Perspektive der Kinder auf ihre Herkunftsfamilien findet sich in C.6.<br />
29 Umgangskontakte und die Gestaltung von Beziehungen zur Herkunftsfamilie