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Kultur.region - Museumsmanagement Niederösterreich

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Nachrichten aus der <strong>Kultur</strong>.Region <strong>Niederösterreich</strong> . Juni 2013<br />

schaufenster<br />

<strong>Kultur</strong>.Region<br />

Thema: Gehen<br />

Madeira / Haus der Regionen . Bibelgarten / Museumsdorf Niedersulz<br />

Jazz we can / Musikschulen<br />

P.b.b. · Vertragsnummer 11Z038847 M · Erscheinungsort: 3452 Atzenbrugg · Verlagspostamt: 3451 Michelhausen · DVR: 0933 295


WIEN NORD<br />

ach VorNe<br />

SchaueN.<br />

Wir SchaffeN daS.<br />

Seit 90 JahreN.<br />

Ein Jubiläum ist ein schöner Anlass, um sich zurückzulehnen<br />

und den Blick auf Vergangenes zu richten. Viel lieber<br />

blicken wir aber in die Zukunft und freuen uns auf viele<br />

weitere Jahre in denen wir gemeinsam mit Ihnen<br />

all das schaffen, was Sie sich vornehmen.<br />

www.noevers.at


Editorial / 3<br />

Allerlei Wege<br />

Immer weiter gehen!<br />

Gehen als einfache und für den Menschen elementare Form der Fortbewegung wird in vielen Zusammenhängen<br />

und Bedeutungen verstanden. Weiterkommen und Neues kennen zu lernen, lautet die Devise.<br />

Gemeinsam gehen schafft Vertrauen. Das<br />

miteinander Gehen, so wie es bei einer<br />

noch jungen Liebesbeziehung heißt, bringt<br />

wohl sehr intensive Zeiten, doch erst der<br />

gemeinsam und Schritt für Schritt gegangene<br />

Lebensweg mag fest verbinden: sicher<br />

und beinahe schlafwandlerisch unterwegs<br />

mit einer mehr oder weniger klaren Orientierung.<br />

Der Begriff Gehen eignet sich bestens zur<br />

Metapher, gehen wird in vielen Zusammenhängen<br />

und Bedeutungen verstanden.<br />

So geht manch einer entlang eingefahrener<br />

Geleise während andere gern neue Wege<br />

ausprobieren. Anerkennung genießen jene,<br />

die einen geraden Weg gehen, verpönt<br />

dagegen sind Seitensprünge und das Einschlagen<br />

krummer Touren. Manch einer<br />

bewegt sich unfreiwillig im Kreis, nicht<br />

selten führt aber ein Umweg zum Ziel.<br />

Vor dem Hintergrund dynamischer Entwicklungen<br />

wird Stillstand schlichtweg<br />

als Rückschritt bezeichnet. Auf einem<br />

Schleichweg zu gehen bedeutet all jene zu<br />

überholen, die auf ausgetretenen Pfaden<br />

wandeln. Jemandem ein Haxl zu stellen gilt<br />

als Gemeinheit, Hilfe gebührt dagegen all<br />

jenen, die beim Gehen über ein Hindernis<br />

stolpern.<br />

Das Gehen steht also im Zentrum der aktuellen<br />

Ausgabe unseres Magazins „Schaufenster<br />

<strong>Kultur</strong>.Region“: vom Wandern durch<br />

idyllisch wirkende Landschaften bis zum<br />

Spazieren durch Gärten und Parks, vom<br />

Ausrücken im Gleichschritt der Blasmusik<br />

bis zum Pilgern hoch zu Ross, von den<br />

Handelsreisen der früheren Ölträger, Bandlkramer<br />

und Rastlbinder bis zu touristischen<br />

Ausflügen, ob entlang des beeindruckenden<br />

Welterbesteigs Wachau oder zum Weltgarten<br />

Madeira inmitten des Atlantiks. Schuhe<br />

und Stöcke dienen bei all den Fortbewegungsarten<br />

als unspektakuläre, aber notwendige<br />

und hilfreiche Begleiter.<br />

Nicht zuletzt erscheint das Gehen als die<br />

dem menschlichen Wesen adäquateste Form<br />

der Fortbewegung, andernfalls wir – einer<br />

pointierten Binsenweisheit folgend – mit<br />

Rädern anstelle von Füßen auf die Welt<br />

kämen. Erst Füße und Beine ermöglichen es<br />

zu laufen, rennen, schreiten, schleichen, spazieren,<br />

promenieren, flanieren, stolzieren,<br />

wandern, hüpfen, kraxeln oder schlicht und<br />

einfach zu gehen. Jeder Schritt beim Gehen<br />

am Weg der Erkenntnis kann uns dabei ein<br />

gutes Stück weiterbringen.<br />

Dorli Draxler, Edgar Niemeczek<br />

MusikSCHUL<br />

management<br />

KULTUR . REGION<br />

NIEDERÖSTERREICH<br />

schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013


Top-Termine / 4<br />

Juni 2013<br />

TOP-TERMINE<br />

SPIELEFEST<br />

——————————————————<br />

So, 2. 6. 2013, 13.00–18.00 Uhr<br />

Museumsdorf Niedersulz<br />

——————————————————<br />

Unter dem Motto „Kinderspiele im ganzen<br />

Dorf“ steht das Museumsdorf an diesem<br />

Nachmittag ganz im Zeichen der Kinder.<br />

Alte, teilweise vergessene Kinderspiele von<br />

früher wie Kasten- oder Tempelhüpfen,<br />

Zehnerln, Blinde Kuh, Der Kaiser schickt<br />

Soldaten aus oder einfach nur Sackhüpfen<br />

etc. können ausprobiert und gespielt werden.<br />

Bei der großen Spielwiese von „Müllers<br />

Freunde“ können Kinder auf Stelzen gehen<br />

oder jonglieren. Und im „SpielSalon“ sind<br />

schnelle Reaktion und ein kluger Kopf<br />

gefragt. Am „Lebenden Bauernhof“ können<br />

die zwei Zwergschweine Pondeli und<br />

Patek und alle anderen Bauernhoftiere wie<br />

Schafe, Ziegen, Hasen, Hühner, Gänse etc.<br />

besucht werden. Ein spannender Tag für<br />

Kinder und Eltern abseits von Computer<br />

und Fernseher im historischen Ambiente<br />

des Museumsdorfes Niedersulz.<br />

——————<br />

Information<br />

Museumsdorf Niedersulz<br />

2224 Niedersulz<br />

Tel. 02534 333<br />

www.museumsdorf.at<br />

Foto: Gerald Lechner<br />

DIE BESTEN DER BESTEN<br />

——————————————————<br />

Di, 18. 6. 2013, 18.00 Uhr<br />

Bundespreisträgerkonzert<br />

„prima la musica“<br />

ORF NÖ Landesstudio<br />

——————————————————<br />

Der Musikwettbewerb „prima la musica“<br />

wird jährlich auf Landes- und Bundesebene<br />

ausgetragen. Die niederösterreichischen<br />

Talente wurden bereits im März gekürt,<br />

nun traten die besten unter ihnen beim<br />

Bundeswettbewerb in Sterzing/Südtirol in<br />

den bundesländerweiten Wettstreit. Dabei<br />

präsentierten sie sich in Hochform und<br />

kehrten mit zahlreichen Preisen und Auszeichnungen<br />

zurück. Beim Bundespreisträgerkonzert<br />

im ORF NÖ Landesstudio geben<br />

die niederösterreichischen Bundespreisträger<br />

noch einmal eine Kostprobe ihres<br />

Könnens. Das Konzert wird vom ORF aufgezeichnet<br />

und auf Radio NÖ ausgestrahlt.<br />

——————<br />

Information<br />

Musikschulmanagement <strong>Niederösterreich</strong><br />

www.musikschulmanagement.at<br />

Das groSSe Land<br />

——————————————————<br />

Sa, 1. 6. 2013, 20.15 Uhr, ORF 2<br />

Klingendes Österreich<br />

——————————————————<br />

Seit 1986 präsentiert der Moderator Sepp<br />

Forcher die schönsten Fleckchen Österreichs<br />

mit ihren kulturellen Besonderheiten in<br />

seiner Sendung „Klingendes Österreich“.<br />

Als besonderer Drehort diente das Museumsdorf<br />

Niedersulz, das größte Freilichtmuseum<br />

<strong>Niederösterreich</strong>s. Vor dieser<br />

prächtigen Kulisse gaben das Zistersdorfer<br />

Terzett und die Weinviertler Mährischen<br />

Musikanten Kostproben aus dem reichen<br />

niederösterreichischen Liederschatz.<br />

Die Sendung Klingendes Österreich „Das<br />

große Land – Zwischen Riesenrad und<br />

Kellergassen“ wird am Samstag, 1. Juni<br />

2013 um 20.15 Uhr in ORF 2 ausgestrahlt.<br />

Mitwirkende: Neue Wiener Concert<br />

Schrammeln, Cornelia Mayer, Ö-Streich,<br />

Singkreis Matzen, Weinviertler Mährische<br />

Musikanten, Zistersdorfer Terzett,<br />

Tonkünstlerorchester <strong>Niederösterreich</strong>,<br />

Klangvierterl, Musikverein Feuersbrunn-<br />

Wagram.<br />

schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013


Inhalt / 5<br />

Juni 2013<br />

INHALT<br />

Spazierengehen<br />

6 / Landschaftsparks<br />

——————<br />

Nachlese<br />

9 / aufhOHRchen<br />

in Gloggnitz<br />

——————<br />

Haus der Regionen<br />

10 / Madeira<br />

——————<br />

Chorszene<br />

13 / Der Projektchor<br />

——————<br />

Musikschulen<br />

14 / Porträt Alois Aichberger<br />

——————<br />

Musikschulen<br />

15 / Podium.Jazz<br />

——————<br />

Thema: Gehen<br />

16 / Musik in Bewegung<br />

——————<br />

Waldviertel<br />

17 / Sportlerchor Pöggstall<br />

——————<br />

Thema: Gehen<br />

18 / Entlaufen und Flanieren<br />

——————<br />

Weinviertel<br />

20 / Geschichten & Sagen<br />

——————<br />

Mostviertel<br />

22 / Orchesterluft<br />

——————<br />

Mostviertel<br />

23 / Weisenblasen & Volksmusik<br />

——————<br />

Thema: Gehen<br />

24 / Wandern in der Wachau<br />

——————<br />

Industrieviertel<br />

26 / Leopoldiritt<br />

——————<br />

Industrieviertel<br />

28 / Almwanderung & Tracht<br />

——————<br />

Weinviertel<br />

29 / Mehr als Idylle<br />

——————<br />

Auslage<br />

30 / Bücher, CDs & feine Ware<br />

——————<br />

Forschung<br />

32 / Österreichisches<br />

Museum für Volkskunde<br />

——————<br />

Thema: Gehen<br />

34 / Wiener Typen<br />

——————<br />

Museumsdorf Niedersulz<br />

36 / Schusterwerkstatt<br />

——————<br />

Museumsdorf Niedersulz<br />

37 / Der Bibelgarten<br />

——————<br />

Museum St. Peter in der Au<br />

38 / Carl Zeller<br />

——————<br />

Museum Hernstein<br />

40 / Die Pecher<br />

——————<br />

Viertelfestival<br />

42 / Brandungszonen<br />

——————<br />

Museum Großschönau<br />

44 / Sonnenwelt<br />

——————<br />

Museum Schloss Greillenstein<br />

45 / Spielen & Verspielen<br />

——————<br />

Thema: Gehen<br />

46 / Geschichte des Stocks<br />

——————<br />

<strong>Kultur</strong>.Region<br />

48 / Fortbildung<br />

——————<br />

<strong>Kultur</strong>.Region<br />

49 / Intern<br />

——————<br />

50 / Die letzte Seite<br />

——————<br />

IMPRESSUM<br />

Herausgeber: Dr. Edgar Niemeczek, Dorothea Draxler. Chefredakteurin: Mella Waldstein. Redaktionsteam: Karin Graf, MA, Mag. Michaela Hahn, Mag. Katharina Heger,<br />

Mag. Marion Helmhart, Mag. Andreas Teufl, DI Claudia Lueger, Dr. Freya Martin, Dr. Veronika Plöckinger-Walenta, Mag. Ulrike Vitovec, Mag. Anita Winterer, Mag. Eva Zeindl,<br />

Michaela Zettl, Mag. Doris Zizala. Mitarbeiter dieser Ausgabe: Mag. Doris Buchmann, Mag. Gabriele Burian, Sabine Daxberger, Ing. Thomas Gnedt, Mag. Thomas Hofmann,<br />

Mag. Birgit Johler, Johann Leitner, Mag. Magdalena Puchberger, Dr. Helga Maria Wolf. Produktionsleitung, Marketing, Anzeigen und Beilagen: Mag. Marion Helmhart.<br />

Eigentümer/Medieninhaber: Volkskultur <strong>Niederösterreich</strong> GmbH, 3452 Atzenbrugg, Schlossplatz 1, FN 308711m, LG St. Pölten. Tel. 02275 4660, office@volkskulturnoe.at,<br />

www.volkskulturnoe.at. Geschäftsführung: Dorothea Draxler, Dr. Edgar Niemeczek. Sekretariat: Petra Hofstätter, Tina Schmid. Grafik/Layout: Atelier Olschinsky Grafik und<br />

Design GmbH, 1060 Wien. Druck: good friends Druck- und Werbeagentur GmbH. Verlagspostamt: 3451 Michelhausen. Versandpostamt: Postamt 3112 St. Pölten. ISSN 1680-3434.<br />

Copyrights: <strong>Kultur</strong>.Region.<strong>Niederösterreich</strong> GmbH, 3452 Atzenbrugg. Artikelübernahme nur nach Vereinbarung mit dem Herausgeber. Fotos: Wenn nicht anders angegeben, Bildarchiv<br />

der Volkskultur <strong>Niederösterreich</strong> GmbH. Ziel der Zeitung: Information und Berichterstattung über Kunst und <strong>Kultur</strong> und ihre gesellschaftlichen Bedingtheiten mit besonderer<br />

Berücksichtigung der Regionalkultur im Bundesland <strong>Niederösterreich</strong>, Beiträge aus Wissenschaft und Praxis, Ankündigungen und Hinweise.<br />

Alle in der Zeitschrift verwendeten Begriffe, Personen- und Funktionsbezeichnungen beziehen sich ungeachtet ihrer grammatikalischen Form selbstverständlich in gleicher Weise<br />

auf Frauen und Männer. Namentlich gekennzeichnete Beiträge müssen nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers und der Redaktion widerspiegeln.<br />

Cover: Gregor Semrad, Weißenkirchen in der Wachau.<br />

schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013


Unterwegs in Österreich / 6<br />

Landschaftsparks<br />

GRÜNE SALONS<br />

In englischen Landschaftsparks wurde die aus den Korsetten des Barock „befreite“ Natur inszeniert.<br />

„Unterwegs in Österreich“ spazierte durch die Parklandschaften von Schönau an der Triesting und den<br />

Schlossparks von Ernstbrunn, Artstetten und Grafenegg.<br />

Schlosspark Greillenstein, Waldviertel.<br />

schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013


Unterwegs in Österreich / 7<br />

Harrach’scher Schlosspark in Bruck an der Leitha.<br />

Wer den heute im Privatbesitz befindlichen<br />

Schlosspark von Schönau an der Triesting<br />

im südlichen <strong>Niederösterreich</strong> besuchen<br />

kann, dem steht eine Reise in die Unterwelt<br />

bevor. Ein runder Hügel nahe einem Wasserlauf<br />

in dem Landschaftspark verrät, dass<br />

sich darunter Außergewöhnliches befindet.<br />

Eine Grotte, die seit Jahrhunderten auch als<br />

Tempel der Nacht bekannt ist. Niemand<br />

Geringerer als der große Theaterimpresario<br />

Baron Peter von Braun – er war unter anderem<br />

Wiener Burgtheatervizedirektor – hat<br />

Ende des 18., Anfang des 19. Jahrhunderts<br />

im Schloss gelebt und das Anwesen mit der<br />

Errichtung dieses Tempels zu einem ganz<br />

besonderen Ort gemacht.<br />

Heute würde man von einem Erlebnispark<br />

sprechen. Der geradezu barock anmutende<br />

Erlebnispark seiner Zeit bestand aus mit<br />

massiven Steinen errichteten und mit<br />

Fackeln ausgeleuchteten Räumen, durch die<br />

Führer die Besucher geleiteten. Um zum<br />

Eingang zu gelangen, musste man mit einem<br />

Boot den Teich übersetzen. Tafeln mit fluoreszierender<br />

Schrift erinnerten den Besucher<br />

daran, dass der Gang durch die Grotte<br />

mit dem Leben an sich vergleichbar sei: mal<br />

dunkel, mal hell, mal auf und ab, mal gewunden.<br />

Man wurde mit künstlich errichteten<br />

Wasserfällen überrascht, mit dem Bad der<br />

Diana, einem Raum, der geflutet war wie ein<br />

Wasserbecken, mit Düften und Geräuschkulissen,<br />

nicht zuletzt mit einem Flötenspiel.<br />

Namhafte Künstler wie Salieri oder Cherubini<br />

komponierten extra dafür. Der Höhepunkt<br />

aber war der Tempel selbst, ein runder,<br />

großer Raum getragen von Säulen und<br />

einer riesigen Kuppel mit Sternen und einem<br />

Mond, der sich bewegte, und einem großen<br />

Gespann der Königin der Nacht. Freimaurersymbole<br />

waren allerorts zu finden.<br />

Der Eindruck auf die Besucher muss, so<br />

erzählen es Beschreibungen, gewaltig gewesen<br />

sein. Das große Spektakel des Tempels<br />

der Nacht ist heute nur noch auf alten<br />

Darstellungen nachvollziehbar. Das <strong>Kultur</strong>denkmal<br />

selbst ist aber, bis auf die Kuppel<br />

und die Einrichtung, noch relativ unversehrt,<br />

und wird vom heutigen Besitzer<br />

behutsam erhalten und gesichert. Ein einzigartiger<br />

Schatz.<br />

Schäferidyll<br />

Die Filmdokumentation aus dem ORF Landesstudio<br />

<strong>Niederösterreich</strong> begibt sich für<br />

die Sendereihe „Unterwegs in Österreich“<br />

auf die Spur von ausgewählten Landschaftsparks<br />

in <strong>Niederösterreich</strong> und ihren Besonderheiten.<br />

Allen gemein ist den Landschaftsparks<br />

des 19. Jahrhunderts, egal ob sie barocke<br />

Vorläufer haben oder nicht, die Philosophie,<br />

sich der Natur zuzuwenden. Die Natur<br />

zu gestalten, sie aber auch werden und sein<br />

zu lassen. Das Gedankengut der Aufklärung,<br />

eine neue Freiheit ist zu spüren – auch wenn<br />

diese Landschaftsparks durchaus geplant<br />

sind. Vielfach gehen sie in großen Waldbesitz<br />

über. Wie im Schloss Ernstbrunn im<br />

Weinviertel, wo man heute ja auch auf den<br />

Wildpark trifft. Dort aber findet sich wieder<br />

ein Beispiel für die Idee des Landschaftsparks<br />

mit seinen Wurzeln im englischen<br />

Landschaftsgarten. In Tempelform wurde<br />

dort eine Quelle eingefasst, ein kleines<br />

romantisches Gebäude, im Wildpark ist es<br />

noch zu sehen. Solche Denkmale finden sich<br />

im ganzen Areal. Sichtachsen zum mächtigen<br />

Schloss Ernstbrunn gab es. Und den so<br />

genannten Semmelberg, der auch beweidet<br />

wurde. Denn das Beweiden, etwa mit Schafen,<br />

gehörte zur Vorstellung eines Landschaftsparks,<br />

die von einer befreiten, aber<br />

doch noch zähmbaren Natur ausging.<br />

Romantisierend wurden die Antike oder<br />

andere Epochen zum Vorbild genommen,<br />

um etwa künstliche Ruinen in den Landschaftsparks<br />

zu errichten. Fürst Johann I.<br />

von Liechtenstein ist dafür im 19. Jahrhundert<br />

ein Paradebeispiel; seine Hinterlassenschaften<br />

wie das Amphitheater in Maria<br />

Enzersdorf, nahe der Burg Liechtenstein, die<br />

Pfefferbüchsl genannten Ruinenreste oder<br />

die kleine, auf einem mittelgroßen Felsen<br />

gebaute Ruine Rauchkogel zeugen davon.<br />

Wasserläufe<br />

Wasser war ein beliebtes Element in den<br />

Landschaftsparks des 19. Jahrhunderts. Der<br />

Harrach’sche Schlosspark in Bruck an der<br />

Leitha bezeugt dies heute noch. Durchzogen<br />

schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013


Unterwegs in Österreich / 8<br />

Wirtschaftsgärten der barocken Gartenanlage Schloss Hof.<br />

Harrach’scher Schlosspark: Schäferidylle gehörte zum Konzept eines Landschaftsgartens.<br />

Der Wolkenturm im Schlosspark Grafenegg.<br />

von den Wasserläufen der Leitha, die man<br />

einst anlegte, ist er verwunschen, idyllisch<br />

und heute ein öffentliches Naherholungsgebiet<br />

in Gemeindebesitz. Einst fuhr man<br />

hier mit dem Boot, heute verlocken auch<br />

seltene, alte Bäume, die man bei Parkführungen<br />

kennenlernen kann. Auch die Bäume<br />

im Schlosspark von Grafenegg sind Besonderheiten.<br />

Riesengroße Platanengruppen,<br />

alte Ginkos, Linden und viele andere bezaubern.<br />

Im Schlosspark von Artstetten wiederum<br />

wird österreichische Geschichte lebendig.<br />

Der in Sarajevo ermordete Thronfolger<br />

Franz Ferdinand war ein ausgesprochener<br />

Pflanzenliebhaber, der die Gartenarbeit gerne<br />

selbst überwachte. Die Telegramme, die<br />

von ihm ans Schloss und retour gingen,<br />

belegen das. Und es gibt zahlreiche solcher<br />

Dokumente, die berichten, wie das Wetter<br />

beim Pflanzen war und welche Bäume schon<br />

eingesetzt wurden.<br />

Wie man diese Landschaftsparks in <strong>Niederösterreich</strong><br />

heute erhält, welchen Stellenwert<br />

sie haben und was sie einzigartig macht, das<br />

erkundete das Team des ORF Landesstudio<br />

NÖ für eine Dokumentation in der Serie<br />

„Unterwegs in Österreich“ am 15. Juni 2013<br />

um 16.30 Uhr in ORF 2. /<br />

Text: Sabine Daxberger<br />

Fotos: Natur im Garten/Alexander Haiden<br />

Der Spaziergang im Schlosspark von Grafenegg<br />

wird ebenfalls zu einer Reise in die<br />

Vergangenheit, dorthin, wo sich im historischen<br />

Goldfischteich das Schloss spiegelt<br />

– und wo ein kleines Denkmal berührt: das<br />

Hundegrab, in dem die vierbeinigen Lieblinge<br />

der Fürstenfamilie Metternich ihre<br />

letzte Ruhestätte fanden. Der Schlosspark<br />

von Grafenegg zeigt aber auch, wie der Landschaftspark<br />

heutigen Zeiten angepasst werden<br />

konnte, mit neuer Architektur wie dem<br />

markanten Wolkenturm als Konzertort.<br />

Heute noch ist der Park von Franz Ferdinand<br />

und seinem Vater Erzherzog Karl<br />

Ludwig geprägt: mit einem alten Swimmingpool,<br />

einem Gartenpavillon, einer wunderbaren<br />

Kastanienallee und vielem mehr. Liebevoll<br />

werden der Park und das Gedenken<br />

an Franz Ferdinand von seinen Nachkommen<br />

im Schloss Artstetten hochgehalten.<br />

Für Besucher des Museums und des Parks<br />

die Gelegenheit zu einer Reise in eine andere<br />

Welt.<br />

UNTERWEGS IN ÖSTERREICH<br />

———————————————————<br />

Sa, 15. 6. 2013, 16.30 Uhr, ORF 2<br />

Landschaftsparks in <strong>Niederösterreich</strong><br />

ORF Landesstudio NÖ<br />

Gestaltung: Sabine Daxberger<br />

Kamera: Helmut Muttenthaler<br />

schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013


aufhOHRchen 2013 / 9<br />

Rückblick<br />

Alles Volksmusik<br />

1.000 Mitwirkende, 70 Volksmusik- und Gesangsensembles<br />

in 21 Teilveranstaltungen an mehr als<br />

25 Spielorten hüllten Gloggnitz in eine Klangwolke.<br />

Von schräg bis traditionell, von Tanz bis Musik, vom<br />

Symposium bis zu Schulprojekten – das Festival<br />

aufhOHRchen bot für jeden Gast und jeden Geschmack<br />

das richtige Programm.<br />

400 Kindergartenkinder und Schüler präsentierten Lieder, Tänze und Stückeln bei aufhOHRchen. Im Rahmen des<br />

„klingenden Gloggnitzer Wochenmarkts“ tanzten die Kinder der Musikschule der Stadtgemeinde Gloggnitz.<br />

Fotos: Volkskultur <strong>Niederösterreich</strong> / atelier olschinsky / Helmut Lackinger<br />

Kleiner Star bei aufhOHRchen 2013: Nico Marsoun alias<br />

ZiachnRocker. Der neunjährige Reichenauer wird im<br />

Hans-Lanner-Regionalmusikschulverband unterrichtet.<br />

Auf seiner „Steirischen“ spielt er Volks- und Rockmusik.<br />

Ein Höhepunkt des Festivals: das Konzert „Alles<br />

Volksmusik“ mit dem Oberkrainer-Fan-Quintett mit<br />

Gitti, Heidi und Peter und den virtuosen Tanzgeigern<br />

– eine gekonnte Verbindung von slowenischem Oberkrainer-Sound<br />

mit österreichischer Volksmusik.<br />

Beim Symposium „Oben drüber – unten durch“<br />

wurde über den Semmering-Basistunnel referiert und<br />

gemeinsam diskutiert. 1. Reihe v.l.n.r. <strong>Kultur</strong>stadtrat<br />

Walter Zwarnig, Theres Friewald-Hofbauer, Club<br />

<strong>Niederösterreich</strong>, Dorli Draxler, Volkskultur<br />

<strong>Niederösterreich</strong>, Mag. Astrid Brandstetter,<br />

BH Neunkirchen, Bürgermeisterin Irene Gölles,<br />

Dr. Bruno Maldoner, BMUKK.<br />

2. Reihe v.l.n.r. DI Dieter Haas, ÖBB-Infrastruktur<br />

AG, Mag. Stefan Bauer, <strong>Niederösterreich</strong> Werbung,<br />

LAbg Hermann Hauer, ao. Univ.-Prof. Dr. Friedrich<br />

Zibuschka, NR Johann Hechtl, Dr. Günter Dinhobl.<br />

Vier Tage lang lagen Volksmusik und Volkskultur<br />

in der Luft und verwandelten Gloggnitz in die<br />

Volksmusik-Hauptstadt <strong>Niederösterreich</strong>s.<br />

„Nach 21 Jahren ist das aufhOHRchen-Konzept<br />

aktueller denn je: Die Begegnung von bekannten und<br />

beliebten Größen der Volksmusik mit der örtlichen<br />

<strong>Kultur</strong>szene, die Einbindung der <strong>region</strong>alen Vereine<br />

und Aktiven in das Festival bringen jedes Jahr wachsenden<br />

Erfolg“, freut sich Dorli Draxler über die<br />

6000 Besucher bei aufhORHchen in Gloggnitz.<br />

schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013


Haus der Regionen / 10<br />

Madeira<br />

WEltgarten<br />

Ein Weltgarten inmitten des Atlantiks. Auf der portugiesischen Insel Madeira gedeihen Pflanzen<br />

aus allen Kontinenten sowie das Erbe kolonialer Vergangenheit.<br />

schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013


Haus der Regionen / 11<br />

Die Landwirtschaft ist bis heute der größte Wirtschaftsfaktor der Insel: Oliven …<br />

… und Bananen.<br />

Als seien sie Schmetterlinge, die sich in<br />

Scharen niedergelassen hätten – bunt, leicht<br />

und verspielt –, sitzen die Orchideenblüten<br />

im üppigen Grün. Hoch über der Hauptstadt<br />

Funchal liegt der Jardim Orquídea des<br />

österreichischen Gärtners Josef Pregetter.<br />

Die Pregetters sind Gärtner seit vier Generationen<br />

und spezialisierten sich auf das<br />

Züchten von Zyklamen. Vor 20 Jahren – die<br />

Heizkosten der großen Glashäuser stiegen<br />

immer höher – übersiedelten die Pregetters<br />

von der Oststeiermark auf die portugiesische<br />

Insel Madeira und begannen mit der<br />

Orchideenzucht. „Es sind die idealen Lichtbedingungen<br />

Madeiras“, so der Gärtner, „die<br />

die über 50.000 Orchideen so gut gedeihen<br />

lassen.“ Eine seiner letzten Züchtungen hat<br />

schlanke Blütenblätter die orange und gelb<br />

leuchten. Sie ist auf „Sisi“ getauft und wurde<br />

anlässlich des 175. Geburtstags der Kaiserin<br />

Elisabeth vorgestellt. Die reisefreudige Kaiserin<br />

besuchte Madeira zwei Mal. Für ihren<br />

Großneffen, Kaiser Karl I., wurde die Insel<br />

zur letzten Station seines Exils.<br />

„Hier heroben haben wir nur drei warme<br />

Tage gehabt. Die übrige Zeit hat es geregnet,<br />

gab es Nebel und war immer feucht. Es gibt<br />

kein elektrisches Licht, Wasser nur im ersten<br />

Stock und unten in der Küche. Die Villa<br />

wäre recht hübsch, aber es gibt einfach nicht<br />

genug Platz, obwohl es nur das absolute<br />

Mindestmaß an Personal gibt. Oft schauen<br />

wir neidisch nach Funchal hinunter, wo die<br />

Sonne immer scheint. Das Haus ist so feucht,<br />

dass alles nach Moder riecht. Der Nebel aber<br />

durchzieht alles.“ Das schrieb die Kammerzofe<br />

nach Wien. Wenige Wochen später war<br />

der letzte österreichische Kaiser tot; er<br />

wurde am 5. April 1922 in der Kirche Nossa<br />

Senhora in Monte beerdigt. Ein Ort, der<br />

nicht nur von österreichischen Touristen<br />

besucht wird, sondern seit der Seligsprechung<br />

des Kaisers auch von Gläubigen vieler<br />

Nationen. Das Herrenhaus, das ihm ein<br />

Geschäftsmann zur Verfügung gestellt hatte,<br />

verfiel im Laufe der Zeit. Des Kaisers Garten<br />

aber lädt ein zu Spaziergängen inmitten<br />

prachtvoll angelegter Blumenbeete.<br />

Im Korb bergab<br />

Vom Höhenluftort Monte, wo die gute<br />

Gesellschaft ihre Landhäuser hat, allen voran<br />

errichtet von britischen Weinhändlern und<br />

Zuckerrohrfabrikanten, rutscht der Tourist in<br />

einem Art Wäschekorb bergab. Der Korbschlitten<br />

war einst das adäquate Fortbewegungsmittel<br />

der Oberschicht und wird von<br />

Männern gesteuert, die ebenso stolz, traditionsbewusst<br />

und preisbewusst sind wie ihre<br />

Kollegen Gondoliere in Venedig.<br />

Der Korb als Transportmittel hat auf Madeira<br />

Tradition. Um auf den steilen Terrassenfeldern<br />

Erde, Steine, Früchte bergauf und<br />

bergab zu schleppen, entwickelte sich eine<br />

Vielfalt an Körben. Im Korbmacherdorf<br />

Camacha werden die Weidenrouten, die<br />

vorher gekocht und in der Sonne getrocknet<br />

wurden, verarbeitet. In Körben, waghalsig<br />

auf den Steilwänden der vulkanischen Berglandschaft<br />

hängend, schlugen Arbeiter im<br />

19. Jahrhundert Rinnen in den Fels. Diese<br />

Wasserkanäle – Levaden – durchziehen das<br />

ganze Land und ermöglichen die Fruchtbarkeit<br />

der grünen Insel. Entlang der Levaden<br />

führen Wanderwege durch das Landesinnere.<br />

Auch Kaiserin Elisabeth soll ihre berüchtigten<br />

Gewaltmärsche entlang der Wasserkanäle<br />

gemacht haben.<br />

Weißes Gold und Weinbarone<br />

Zuckerrohr, Bananen, Wein, Blumenzucht:<br />

Die Landwirtschaft ist bis heute der größte<br />

Wirtschaftsfaktor. Vorerst war es der Anbau<br />

von Zuckerrohr, der Madeira in den folgenden<br />

Jahrhunderten Wohlstand brachte.<br />

Das „weiße Gold“ wurde sonst aus weit entfernten<br />

Kolonien importiert.<br />

Madeirawein entstand zufällig. Ähnlich wie<br />

bei Portwein wurde die Gärung des Weins<br />

durch Zugabe von Weinbrand unterbrochen<br />

und so haltbarer gemacht. Der Wein, der in<br />

Fässern gelagert unterwegs in die portugiesischen<br />

Kolonien war, schmeckte nach der<br />

Schiffsreise besser als vorher. Dieser Transport<br />

wurde fortan gezielt durchgeführt. Ausgewählte<br />

Weine in relativ kleinen Fässern<br />

machten die „torna viagem“, wodurch der<br />

Reifungsprozess, die so genannte Madeirisierung,<br />

unterstützt wurde. Dieser Effekt<br />

wird heute durch eine etwa viermonatige<br />

schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013


Haus der Regionen / 12<br />

Die sechs Musikerinnen von Seis Po’ Meia Dúzia an der Küste von Madeira.<br />

Lagerung bei etwa 45 °C, z. B. direkt unter<br />

Wellblechdächern, künstlich erzeugt.<br />

MADEIRA ZU GAST IM HAUS DER REGIONEN<br />

Teatime auf Madeira<br />

Um sich von der Vorherrschaft der Spanier<br />

zu befreien und seine Kolonien zu schützen,<br />

unterschrieb Portugal mehrere Freundschafts-<br />

und Handelsverträge mit England.<br />

Der Vertrag von 1654 öffnete dann alle portugiesischen<br />

Territorien für englische Händler.<br />

Als die Briten durch ein Handelsembargo<br />

keinen französischen Wein mehr importierten,<br />

investierten britische Geschäftsleute<br />

auf der Insel und wurden zu wohlhabenden<br />

„Weinbaronen“.<br />

Einer davon war der Schotte William Reid,<br />

der 1891 das Reid’s Palace erbauen ließt, das<br />

erste Hotel am Platz, wo bis heute die Tradition<br />

der Teatime hochgehalten wird. Serviert<br />

werden Scones und Clotted Cream auf<br />

Wedgwood-Porzellan. Es herrscht kein Krawattenzwang,<br />

aber Turnschuhverbot. Und<br />

von der Terrasse gibt jede Menge „vista<br />

navios“: Schiffsausblicke. /<br />

Text: Mella Waldstein<br />

Fotos: Manfred Föger<br />

Sa, 8. 6. 2013, 19.30 Uhr<br />

Seis Po’ Meia Dúzia<br />

Auf Madeira wird Volksmusik großgeschrieben.<br />

Es existieren viele Gruppen<br />

(Bandas), die sich der traditionellen Musik<br />

verschrieben haben, sei es instrumental<br />

oder vokal. Eine davon ist Seis Po’ Meia<br />

Dúzia: Unter diesem Namen vereinen sich<br />

sechs Sängerinnen, die es sich zum Ziel<br />

gesetzt haben, Volkslieder aus Portugal und<br />

insbesondere Madeira zu pflegen und neu<br />

zu interpretieren. Begleitet durch Perkussionsinstrumente<br />

lässt ihr reiner A-cappella-<br />

Gesang Klangfarben und Rhythmen entstehen,<br />

die von lieblich und sehnsüchtig bis<br />

feurig und schwungvoll reichen.<br />

Sa, 15. 6. 2013, 19.30 Uhr<br />

MedioAtlantico<br />

Auf den Spuren traditioneller Musik<br />

sammelte der madeirische Vollblutmusiker<br />

und Musikwissenschafter Vitor Sardinha<br />

Melodien des Madeira-Archipels. Gemeinsam<br />

mit seinen Professorenkollegen des Konservatoriums<br />

für Musik auf Madeira verleiht<br />

er der Volksmusik seiner Heimatinsel<br />

ihren eigenen Charme. In der Besetzung von<br />

MedioAtlantico findet man die für Madeira<br />

typischen Saiteninstrumente Rajão und<br />

Viola de Arame ebenso wie Flöten und<br />

Akkordeon. Beeinflusst von der unterschiedlichen<br />

Herkunft jener Menschen, die sich<br />

im Laufe der Jahrhunderte auf der Insel<br />

Madeira niederließen, hat die Volksmusik<br />

Madeiras Einflüsse aus der afrikanischen<br />

und südamerikanischen <strong>Kultur</strong> erfahren.<br />

Di, 18. 6. 2013, 19.30 Uhr<br />

Diashow Madeira – Portugals<br />

grüne Perle im Atlantik<br />

Auf kleinstem Raum vereint sie eine Fülle<br />

von Landschaften: imposante Steilküsten,<br />

bizarre Vulkanformationen, weite Täler<br />

ebenso wie Eukalyptus- und Lorbeerwälder.<br />

Der renommierte Innsbrucker Biologe<br />

Manfred Föger verbindet seine Liebe<br />

zur Natur mit der Leidenschaft für das<br />

Fotografieren in zahlreichen Vorträgen,<br />

Büchern und Reiseberichten.<br />

_<br />

Karten<br />

Einzelkonzert:<br />

Kat. I: VVK: EUR 16,00, AK: EUR 18,00<br />

Kat. II: VVK: EUR 14,00, AK: EUR 16,00<br />

Diashow: VVK: EUR 7,00, AK: EUR 9,00<br />

Kombi-Karte für beide Konzerte<br />

und die Diashow der Reihe Madeira:<br />

Kat. I: EUR 36,00, Kat. II: EUR 32,00<br />

Information & Kartenbestellung<br />

Haus der Regionen<br />

3504 Krems-Stein<br />

Donaulände 56<br />

Tel. 02732 85015<br />

www.volkskultureuropa.org<br />

schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013


Chorszene / 13<br />

Projektchor.szeneNö<br />

HORIZONTAL/<br />

VERTIKAL<br />

Einladung zum Mitsingen beim „Projektchor.szeneNö“, der im<br />

Herbst unter dem Motto „Horizontal/Vertikal“ zusammentrifft.<br />

Projektchor beging mit dieser Aufführung im<br />

Festspielhaus St. Pölten sein Debüt: „Der<br />

erste Teil des Abends wurde vom Projektchor.<br />

szeneNö getragen. Von Heinz Ferlesch<br />

zusammengestellt, glänzte er bei seinem<br />

Debüt einmal als gütiger Götterrat, dann als<br />

drohendes Furienpack“, schrieb „Die Presse“<br />

am 11. Juni 2011.<br />

Wieder unter der Leitung von Heinz Ferlesch<br />

wurde für das Herbstkonzert der Chorszene<br />

am 28. Oktober 2012 im Klangraum der<br />

Minoritenkirche Krems Stein der Projektchor<br />

erneut zusammengestellt. Am Programm<br />

standen Jacobus Gallus’ „Pater noster“ und<br />

Johann Sebastian Bachs „Der Geist hilft unsrer<br />

Schwachheit auf “, nachzuhören auf der<br />

CD „Vielstimmig 9“, die in Kürze erhältlich<br />

sein wird. Nach der Produktionen des Festspielhauses<br />

St. Pölten und dem ersten A-cappella-Programm<br />

des Projektchor.szeneNö<br />

möchten wir den eingeschlagenen musikalischen<br />

Weg fortzusetzen. /<br />

Text: Michaela Zettl<br />

Projektchor bei „Orfeo ed Euridice“, Festspielhaus St. Pölten, Juni 2011. Foto: Jürgen Thoma<br />

Unter einem Projektchor versteht man im<br />

Allgemeinen einen Zusammenschluss von<br />

Sängern, die gemeinsam Werke über einen<br />

bestimmten, begrenzten Zeitraum einstudieren<br />

und anschließend zur Aufführung bringen.<br />

Projektchöre sind überwiegend im semiprofessionellen<br />

Bereich anzutreffen und werden<br />

teilweise speziell für bestimmte Konzerte<br />

zusammengestellt. 2011 gründete die Chorszene<br />

<strong>Niederösterreich</strong> den über<strong>region</strong>alen<br />

Projektchor „Projektchor.szeneNö“. Intention<br />

ist es, für ambitionierte Sänger neue Herausforderungen<br />

zu schaffen und ein professionelles<br />

Produktionsniveau zu bieten. Für die<br />

Teilnahme am Chor qualifiziert man sich<br />

durch ein Vorsingen.<br />

Heinz Ferlesch, einer der beiden Koordinatoren<br />

der Chorszene <strong>Niederösterreich</strong>, wurde<br />

mit der Leitung des Projektchor.szeneNö<br />

betraut. Ferlesch hat sich sowohl als Dirigent<br />

seines Originalklangorchesters Barucco als<br />

auch als langjähriger künstlerischer Leiter der<br />

Wiener Singakademie und des Chors Ad<br />

Libitum im österreichischen Musikleben etabliert.<br />

Mit seinen Ensembles ist er Preisträger<br />

nationaler und internationaler Wettbewerbe.<br />

Seit 2002 unterrichtet er an der Universität<br />

für Musik und darstellende Kunst in Wien.<br />

Der erste öffentliche Auftritt des Projektchor.<br />

szeneNö fand im Rahmen einer Kooperationsveranstaltung<br />

mit dem Festspielhaus<br />

St. Pölten statt: Das Festspielhaus (Intendanz:<br />

Joachim Schlömer) hatte die Chorszene <strong>Niederösterreich</strong><br />

eingeladen, für die halbszenische<br />

Produktion von Glucks Oper „Orfeo<br />

ed Euridice“ den Chor zu stellen. Der erste<br />

Projektchor.szeneNö<br />

———————————————————<br />

So, 27. 10. 2013, 18.00 Uhr<br />

Herbstkonzert<br />

der Chorszene <strong>Niederösterreich</strong><br />

im Klangraum der Minoritenkirche<br />

Krems Stein<br />

Programm:<br />

Johann Nepomuk David (1895–1977):<br />

Deutsche Messe op.42 für gemischten<br />

Chor a cappella<br />

Musikalische Leitung: Heinz Ferlesch<br />

Voraussichtlicher Probenplan:<br />

Mi, 11., u. Mo, 16. 9. 2013, 18.00–22.00 Uhr<br />

Sa, 12., und So, 13. 10. 2013:<br />

Probenwochenende<br />

Sa, 26., und So, 27. 10. 2013:<br />

Probe, CD-Aufnahme und Konzert<br />

Sollten Sie Interesse daran haben,<br />

beim Projektchor.szeneNö mitzusingen,<br />

melden Sie sich bitte bei:<br />

Chorszene <strong>Niederösterreich</strong><br />

michaela.zettl@volkskulturnoe.at<br />

Tel. 02742 90666-6117<br />

www.chorszenenoe.at<br />

Unter diesem Kontakt erfahren Sie auch<br />

die Termine für das Vorsingen.<br />

schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013


Musik / 14<br />

Porträt Alois Aichberger<br />

WOS GROOVT, DES FOAHRT!<br />

Für Bewegung sorgt Alois Aichberger. Als Musiker, Bandleader, Leiter der Musikschule Mostviertel<br />

und im kommenden Jahr als Artist in residence bei „musik aktuell – neue musik in nö“.<br />

Aichberger hervorgegangen und heute wichtiger<br />

Bestandteil der niederösterreichischen<br />

Jazzszene ist.<br />

Konzertsäle versus Fußballplätze<br />

Alois Aichberger, Musiker, Bandleader und Leiter der Musikschule Mostviertel.<br />

Eine fließende, musikalische Bewegung,<br />

unabhängig von Genres oder musikalischen<br />

Stilen – das sei Groove, so Alois Aichberger.<br />

„Wenn etwas ‚groovt’, dann ‚fährt’ es auch,<br />

eine Band ‚groovt’, wenn der Rhythmus in<br />

Bauch und Beine geht“, heißt es in der Ausschreibung<br />

von „musik aktuell“. Die Förderschiene<br />

des Landes <strong>Niederösterreich</strong>, die von<br />

der Musikfabrik NÖ umgesetzt wird, hat das<br />

Ziel, die Musik unserer Zeit noch besser <strong>region</strong>al<br />

zu platzieren. Als Artist in residence<br />

trifft Alois Aichberger aus Projekteinreichungen<br />

eine Auswahl, die – von einem<br />

künstlerischen Beirat unterstützt – Veranstaltern<br />

in <strong>Niederösterreich</strong> angeboten und realisiert<br />

werden kann. Unter dem Motto „Groove<br />

– Move“ sollen gewohnte Pfade verlassen und<br />

das Feld erweitert werden.<br />

„Ich persönlich hab’s gern bunt"<br />

Ein weites Betätigungsfeld kann Alois Aichberger<br />

auf alle Fälle vorweisen: „Ich komme<br />

aus der Blasmusik, habe klassische Trompete<br />

studiert, beschäftige mich mit Jazz und Popularmusik<br />

und liebe die Oper.“ Als Musikschullehrer<br />

(und -leiter) ist es ihm wichtig,<br />

ein möglichst breites stilistisches Angebot zu<br />

bereiten. Die Grundlage sei jedoch eine professionelle<br />

Basis auf dem jeweiligen Instrument,<br />

denn Stilrichtungen entwickeln sich im<br />

Laufe der Ausbildung. Dies sollte von Lehrern<br />

erkannt werden, um darauf reagieren zu<br />

können.<br />

Untrennbar mit der musikalischen Ausbildung<br />

verbunden ist für Alois Aichberger<br />

auch das Ensemblespiel, denn „Musik sollte<br />

man im Kollektiv erleben“. Bereits in frühen<br />

Jahren ist das Musizieren im Ensemble sinnvoll<br />

und sollte im Idealfall mit Einzelunterricht<br />

kombiniert werden. Dass auch Jazz<br />

keine Frage des Alters ist, beweisen erfolgreiche<br />

Orchester- und Bandprojekte wie die<br />

„LA BIG BAND“ (LA steht für Lois Aichberger),<br />

die aus der Musikschularbeit von Alois<br />

Die Etablierung einer <strong>region</strong>alen Jazz-Szene<br />

im Mostviertel ist dem Musiker seit 20 Jahren<br />

ein Anliegen und steht auch in engem<br />

Zusammenhang mit der Ausbildung an<br />

Musikschulen sowie der Förderung junger<br />

Talente. „Talentförderung muss zusätzlich zu<br />

Wettbewerben stattfinden. Es sollte ein<br />

Umfeld bzw. Nährboden geschaffen werden,<br />

wo sich junge Künstler entfalten, ihre eigenen<br />

Ideen ausprobieren und sich mit Profis vernetzen<br />

können“, so Aichberger.<br />

Dafür wünscht er sich mutige Veranstalter,<br />

mediale Plattformen wie Printmedien, mehr<br />

Radio- und TV-Formate für die österreichische<br />

Musikszene und zu guter Letzt: dieselbe<br />

Anzahl an Musikclubs oder Konzertsälen<br />

wie an Fußballplätzen. Denn obwohl die<br />

heimische Musikszene lebendig wie nie ist<br />

und die Qualität der Ausbildungen und<br />

Musiker ständig ansteigt, zeigt sich das mediale<br />

Interesse als einseitig. Vom Gegenteil<br />

möchte Alois Aichberger bei „musik aktuell“<br />

2014 überzeugen: durch kreative und innovative<br />

Ideen und durch neue Instrumentenkombinationen<br />

mit Groove – vom professionellen<br />

Kollektiv bis hin zum Musikschulprojekt.<br />

/<br />

Text: Katharina Heger<br />

schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013


Musikschule / 15<br />

Podium.Jazz<br />

JAZZ WE CAN<br />

Um Groove geht es im Juni auch in den Musikschulen <strong>Niederösterreich</strong>, wenn der<br />

Jugendjazzwettbewerb Podium.Jazz vor der Tür steht.<br />

Jugendjazzorchesters <strong>Niederösterreich</strong>, das<br />

im Rahmen der Preisverleihung stattfindet.<br />

Seit rund drei Jahren hat <strong>Niederösterreich</strong><br />

mit dem Jugendjazzorchester eine wahre<br />

Talenteschmiede für den Jazznachwuchs.<br />

Das Projekt des Musikschulmanagement<br />

<strong>Niederösterreich</strong> vereint 25 talentierte junge<br />

Jazz- und Popularmusiker aus niederösterreichischen<br />

Musikschulen, die – unter der Leitung<br />

von Andreas Pranzl – professionelle<br />

Arbeits- und Auftrittserfahrungen sammeln<br />

können. Einigen Mitgliedern gelang bereits<br />

der Sprung von Musikschule zum -studium.<br />

Qualität, jugendliche Frische und Spielfreude: das Jugendjazzorchester <strong>Niederösterreich</strong>.<br />

Der Wettbewerb Podium.Jazz.Pop.Rock versteht<br />

sich als Ergänzung zu den bestehenden<br />

Wettbewerben in den Bereichen Klassik und<br />

Volksmusik. Nachdem im vergangenen Jahr<br />

in <strong>Niederösterreich</strong> die Kategorie Pop.Rock<br />

im Mittelpunkt stand, wird 2013 ein Schwerpunkt<br />

auf Jazz gesetzt.<br />

„Jazz ist nicht tot, er riecht nur<br />

komisch.“ (Frank Zappa)<br />

Acht Ensembles, Bands und Combos treten<br />

am Samstag, 8. Juni, in der Tischlerei Melk<br />

<strong>Kultur</strong>werkstatt in den musikalischen Wettkampf<br />

und beweisen, dass sich der Jazz nicht<br />

länger auf Klischees von verrauchten dunklen<br />

Clubs berufen muss, sondern auch Ausdruck<br />

einer musikalischen Jugend ist. Das<br />

Programm soll die Vielfalt im Jazz spiegeln,<br />

gefordert wird einiges: geachtet wird neben<br />

Kreativität, Interpretation, Technik und Zusammenspiel<br />

insbesondere auf Improvisation,<br />

Performance und Groove. Positiv bewertet<br />

werden Eigenkompositionen sowie<br />

eigene Themen. Eine hochkarätige Fachjury,<br />

vertreten durch Walter Grassmann, Martin<br />

Gasselsberger, Juci Janoska, Clemens Salesny<br />

und Wolfgang Wograndl, gibt den Musikern<br />

neben der Bewertung auch professionelle<br />

Tipps mit auf den Weg.<br />

Jugendjazzorchester<br />

<strong>Niederösterreich</strong><br />

Einen krönenden Abschluss des Wettbewerbs<br />

Podium.Jazz bildet das Konzert des<br />

Jugendjazzorchester <strong>Niederösterreich</strong> – das<br />

steht für eindrucksvolle Qualität, jugendliche<br />

Frische und deutlich hör- und sichtbare<br />

Spielfreude. Überzeugen kann man sich<br />

davon am 8. Juni um 19.00 Uhr in der Tischlerei<br />

Melk. /<br />

Text: Katharina Heger<br />

Foto: Julia Pfeiffer<br />

PODIUM. JAZZ<br />

———————————————————<br />

Sa, 8. 6. 2013, ab 12.30 Uhr<br />

Tischlerei Melk <strong>Kultur</strong>werkstatt<br />

3390 Melk, Jakob-Prandtauer-Straße 11<br />

19.00 Uhr: Preisverleihung und Konzert<br />

des Jugendjazzorchesters <strong>Niederösterreich</strong><br />

Informationen<br />

Musikschulmanagement <strong>Niederösterreich</strong><br />

T. 02742 90666 6110<br />

julia.pfeiffer@musikschulmanagement.at<br />

www.musikschulmanagement.at<br />

schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013


Thema: Gehen / 16<br />

Musik in Bewegung<br />

MICHL, GEH HER!<br />

Wenn Blaskapellen ausrücken …<br />

Tag der Blasmusik in Kleinraming. Foto: Musikkapelle Kleinraming<br />

„Jessas, der Michl! Der Michl war ein Posaunist<br />

in unsrer Dorfblasmusik … Schlecht<br />

gehört hat er halt schon, so alt war er, wie ihm<br />

das passiert ist: nach einer Totenmesse hat die<br />

Blasmusik den Trauerkondukt mit einem<br />

gemächlichen Marsch in Moll von der Leichenhalle<br />

zum Friedhof hinausgeleitet. Da<br />

gibt es zuletzt eine Weggabelung, zum Friedhof<br />

muss man scharf rechts gehen. Der Verstorbene<br />

ist sehr beliebt gewesen, so sind alle<br />

Trauergäste betroffen und mit sich selbst<br />

beschäftigt gewesen. Da fällt plötzlich dem<br />

Trommler ganz hinten auf, dass der Michl mit<br />

seiner Posaune gradaus weitergegangen ist.<br />

‚Michl, geh her!‘, flüstert der so laut wie möglich.<br />

Aber der Michl hat natürlich nichts<br />

gehört. Immer weiter hat er sich vom Kondukt<br />

entfernt und tieftraurig seine Stimme<br />

gespielt. Nur die anderen Musikanten haben<br />

es dergneist, dass der Michl da ein Solostückl<br />

hingelegt hat. Bis der 2. Klarinettist ausgebrochen<br />

ist aus der Reihe und ihn zurückgeholt<br />

hat. Da haben manche Trauergäste betreten<br />

still gelacht …“ So erzählt ein burgenländischer<br />

Leichenbestatter, der die Begebenheit<br />

selbst erlebt hat. Und: „Einmal hat sich eine<br />

kleine Delegation eben dieser Blasmusik bei<br />

dem Begräbnis einer alten Witwe am Grab<br />

eingefunden und Choräle gespielt, dass allen<br />

Trauernden die Tränen gekommen sind. Wie<br />

die Musikanten hinterher ihren Lohn eingefordert<br />

haben, haben sich die Verwandten der<br />

Toten zwar noch einmal recht bedankt für die<br />

schöne Musik, aber nichts bezahlt, denn<br />

bestellt war die Musik nicht. Die Musikanten<br />

hatten sich in der Uhrzeit geirrt, sie hätten für<br />

die Leich’ zwei Stunden früher spielen sollen.“<br />

Musik, marsch!<br />

Blasmusikkapellen spielen natürlich auch zu<br />

fröhlicheren Anlässen, wie beispielsweise für<br />

Hochzeiten. Wirklich und wahrhaftig ist Folgendes<br />

in Ostösterreich passiert: An einem<br />

sommerlich sonnigen Sonntagnachmittag<br />

stimmt die dörfliche Blasmusik vor der Kirche<br />

einen feierlichen Hochzeitsmarsch an und<br />

marschiert mit einer Hochzeitsgesellschaft<br />

zum Gasthaus. Prächtig anzusehen ist der<br />

Zug, zahlreiche Schaulustige säumen den<br />

Weg. Der Stabführer zeigt bei einem Schwenk<br />

in der Kurve die Richtung an, dafür wendet er<br />

den Tambourstab, sodass nicht mehr die<br />

Kugel nach oben zeigt, sondern die Spitze,<br />

und macht ein rechtes Spektakel für die Zaungäste.<br />

Eindrucksvolle Bewegungen führt er<br />

mit dem schmucken Stab aus, die immer<br />

intensiver und kreisender werden, ganz aus<br />

dem lockeren Handgelenk. Plötzlich verliert<br />

er die Kontrolle über den Stab, sodass der mit<br />

gehörigem Schwung gleich einem Speer durch<br />

die Luft fliegt, die Fensterscheibe eines Einfamilienhauses<br />

auf der gegenüberliegenden<br />

Straßenseite durchbricht und im Wohnzimmer<br />

landet. Daselbst sitzt der Hausherr vor<br />

dem Fernseher und wundert sich sehr …<br />

Wuchteln<br />

Auch die Blasmusikanten selber sind dafür<br />

verantwortlich, dass die Musik einen bleibenden<br />

Eindruck hinterlässt. Hunderte Anekdoten<br />

ranken sich um die Einsätze hunderter<br />

Blasmusikkapellen in ganz Österreich. Kollegialen<br />

Ratschlägen nach ist es durchaus sinnvoll,<br />

sich vor dem Ausrücken zu überzeugen,<br />

ob sich das Instrument samt Mundstück im<br />

Instrumentenkoffer befindet, der Tubatrichter<br />

leer ist (es wurden schon Notenblätter, Reinigungsobjekte<br />

oder Ventilölfläschchen darin<br />

gefunden) und die Schlegel für die kleine<br />

Trommel eingepackt sind – einen leisen<br />

Trommelwirbel mit Kochlöffeln auszuführen<br />

ist zwar möglich, aber ungleich schwieriger. /<br />

Text: Gabriele Burian<br />

schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013


Waldviertel / 17<br />

Sportlerchor Pöggstall<br />

FREUNDSCHAFTSSPIEL<br />

Singen und Sport ist ein Freundschaftsspiel, in dem beide gewinnen – das beweist der Sportlerchor Pöggstall.<br />

Es gibt ja auch genug Gemeinsamkeiten: Die<br />

Bühne stellt für den Sportler den Wettbewerb<br />

oder das Spiel dar. Die Proben sind das Training,<br />

daher auch die gute Moral bei den<br />

Proben, denn ohne Training kann man kein<br />

Spiel bestreiten. Aus der Begeisterung für das<br />

Singen erklärt sich auch der Wunsch der<br />

sportlichen Sänger, mehr Auftritte zu absolvieren.<br />

„Er steht im Tor“<br />

Sportlerchor Pöggstall bei aufhOHRchen 2009 in Groß Gerungs.<br />

Normalerweise herrscht das Vorurteil, dass<br />

zwischen Sport und <strong>Kultur</strong> keine Schnittstelle<br />

vorhanden sei. Jedoch nicht so beim Sportlerchor<br />

Pöggstall mit Chorleiterin Christina<br />

Foramitti, der als Projektchor für bestimmte<br />

Auftritte ein Programm einstudiert. Begonnen<br />

hat alles 2008 bei einem Überraschungsfest<br />

anlässlich des 80. Geburtstags von „Tante<br />

Poldi“, der guten Seele des Sportvereins Pöggstall,<br />

die sich seit Jahrzehnten um den Fußballverein<br />

sorgt und kümmert. Bei diesem<br />

Überraschungsfest mit etwa 200 Gästen<br />

wollten einige Sportlerinnen und Sportler,<br />

Funktionäre, Mütter von Kindern der Nachwuchsmannschaften<br />

sowie mehrere Akteure<br />

der Kampfmannschaft der Jubilarin mit dem<br />

Lied „Das ist dein Tag“ von Udo Jürgens gratulieren.<br />

Zur Einstudierung wurde die<br />

Gesangs- und Musikpädagogin Christina<br />

Foramitti um Hilfe gebeten. Die ersten Proben<br />

waren durchaus spannend, da es nicht<br />

für alle Sänger einfach war, die Töne so zu<br />

treffen, wie es der Komponist ursprünglich<br />

vorgesehen hatte. Aber mit jeder Probe wurden<br />

die Sportler sicherer – die Freude am Tun<br />

wuchs derart, dass das Ergebnis sehr ansprechend<br />

war. Bei der Generalprobe entstand die<br />

Idee, sich als Sportlerchor beim Volksmusikfestival<br />

aufhOHRchen 2009 zu präsentieren.<br />

Diese Idee wurde von allen freudig aufgenommen;<br />

letztendlich standen 31 Personen<br />

auf der Chorliste.<br />

Zwischen Training und Probe<br />

Im Vorfeld allerdings sorgte die Teilnahme<br />

für gewissen Aufruhr, da es in den Augen<br />

mancher anscheinend nicht in das Image der<br />

Sportler zu passen schien, singend auf der<br />

Bühne zu stehen. Es wurde sogar eine mögliche<br />

Blamage prophezeit. Doch diese Schnittstelle<br />

zwischen Sport und <strong>Kultur</strong> ist vorhanden.<br />

Und diese Leute sollten eines Besseren<br />

belehrt werden.<br />

Es war von vorneherein klar, dass die meisten<br />

dieser bunt zusammengewürfelten Menschen<br />

nicht auf eine langjährige Chorpraxis zurückgreifen<br />

konnten. So gesehen war es auch nicht<br />

so einfach, gemeinsam mit anderen erfahrenen<br />

Chören auf der Bühne zu (be)stehen.<br />

Die Chorleiterin musste sich also in ihrer<br />

Arbeit zuerst wohl auf grundlegende, einstimmige<br />

Dinge konzentrieren, welche sich erst<br />

später und durch viel Übung in Mehrstimmigkeit<br />

umwandeln sollten. Von Christina<br />

Foramitti am Klavier begleitet, performten die<br />

31 singenden Sportler zwei Fußballlieder:<br />

„Das Ländermatch“ und das Wienerlied<br />

„Hinein, hinein, so brüllt der ganze Sportverein“.<br />

So „rockten“ sie den Kirchenplatz.<br />

Im September 2012, bei wiederaufhOHRchen<br />

in Pöggstall, trat der Chor mit neuen<br />

Fußballliedern abermals auf. Dieses Mal wurden<br />

es „Der Theodor im Fußballtor“, „Er<br />

steht im Tor“ und vom Jugendtrainer und<br />

Christina Foramitti selbstverfasste Fußballgstanzln.<br />

Selten erlebt man eine derartige<br />

Begeisterung für das Singen, für das Sich-<br />

Zeit-Nehmen für Proben und Auftritte wie<br />

beim Sportlerchor Pöggstall. /<br />

Text: Andreas Teufl<br />

schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013


Thema: Gehen / 18<br />

Arbeitswelten<br />

ENTLAUFEN UND FLANIEREN<br />

„Das Wandern ist des Müllers Lust, das Wandern! Das muss ein schlechter Müller sein, dem niemals fiel das<br />

Wandern ein“, reimte der deutsche Dichter Wilhelm Müller vor fast 200 Jahren. Franz Schubert vertonte<br />

den Text in seinem Liederzyklus „Die schöne Müllerin“.<br />

man seine Dokumente verwahrte. Dazu zählte<br />

die „Kundschaft“, ein Arbeitszeugnis auf<br />

einem mit der Ortsansicht gezierten Dokument.<br />

Ohne diese Urkunde fand er keinen<br />

neuen Arbeitsplatz. Die Verhältnisse müssen<br />

oft so unerträglich gewesen sein, dass sie<br />

Handwerksburschen zum „Entlaufen“ zwangen.<br />

Um die Situation der wandernden Gesellen<br />

zu verbessern, gründete der gelernte<br />

Schuhmacher und spätere Priester Adolph<br />

Kolping (1813–1865) Gesellenvereine. Diese<br />

boten in eigenen Häusern Quartier, unterstützten<br />

die Ausbildung, boten Hilfe im<br />

Krankheitsfall und auch Geselligkeit. Kolping<br />

wurde 1991 vom Papst seliggesprochen, der<br />

Heiligsprechungsprozess dauert noch an.<br />

Die Romantik trügt. Handwerksgesellen<br />

bestimmter Zünfte mussten wandern. Die<br />

Walz oder Gesellenwanderung war eine Etappe<br />

ihres Lebensweges: vom Lehrling über den<br />

Gesellen zum Meister. Darauf verweist die<br />

letzte Strophe: „Herr Meister und Frau Meisterin,<br />

lasst mich in Frieden weiter ziehn …“<br />

Die „Tippelbrüder“ legten weite Strecken<br />

zurück, oft quer durch Europa. In der fremden<br />

Stadt mussten sie sich nach einem<br />

Arbeitsplatz umsehen, fanden sie einen, blieben<br />

sie mindestens ein halbes Jahr beim<br />

Meister. Gutes Betragen vorausgesetzt, erwarben<br />

sie nach einigen Jahren das Recht, ein<br />

Meisterstück anzufertigen. Doch auch dieses<br />

war keine Garantie, eine eigene Firma eröffnen<br />

zu dürfen. Die Niederlassungsrechte<br />

Bergwandern auf der Rax in früheren Zeiten.<br />

waren beschränkt. Die Heirat mit der Witwe<br />

oder Tochter eines Meisters bot eine gewisse<br />

Chance, zum angesehenen Bürger aufzusteigen.<br />

Wandernde Gesellen standen – wie auch<br />

andere „Fahrende“, Schausteller usw. – nicht<br />

in gutem Ansehen. Auch sonst waren die<br />

Zünfte, die vom Mittelalter bis Mitte des<br />

19. Jahrhunderts bestanden, voller Regeln<br />

und Rituale, denen sich die Mitglieder zu<br />

beugen hatten. Sie halfen den Gesellen aber<br />

auch. Ein Mitglied begleitete den Neuling bei<br />

der Stellensuche. Fand sich nichts, erhielt er<br />

einen Beitrag zum Weiterziehen. Hatte er<br />

seinen Meister gefunden, wurde er mit derben<br />

Späßen und Trinkgelagen in die Gemeinschaft<br />

der Gesellen aufgenommen. Er legte<br />

den Geselleneid auf die Zunftlade ab, in der<br />

Wandernde Nachrichtenagenturen<br />

„Handel und Wandel“ ist mehr als ein Reimpaar.<br />

Seit ältesten Zeiten waren Händler und<br />

Abenteurer auf den Fernstraßen, wie der<br />

Seidenstraße, unterwegs, um Luxusgüter<br />

nach Europa zu importieren. Weniger edel<br />

waren die Waren, die Wanderhändler in Stadt<br />

und Land vertrieben, meist Lebensmittel<br />

oder Gegenstände des alltäglichen Bedarfs,<br />

aber auch manches, was darüber hinausging.<br />

So beklagten die Behörden, dass Wanderhändler<br />

den Bäuerinnen und Mägden Dinge<br />

aufschwatzten, die diese angeblich gar nicht<br />

benötigten. Zugleich waren die Hausierer<br />

wandernde Nachrichtenagenturen, die Neuigkeiten<br />

aus weit entfernten Gegenden in die<br />

entlegensten Dörfer brachten. Die Versorgung<br />

der Stadt Wien mit Südfrüchten, Haushalts-<br />

und Spielwaren lag in vorindustrieller<br />

Zeit überwiegend in den Händen der vagie-<br />

schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013


Thema: Gehen / 19<br />

Als nach dem Ersten Weltkrieg die Wirtschaft zusammenbrach, kamen die „Tippelbrüder“ wieder in Mode.<br />

Wallfahrt.<br />

renden Händler. Der Kupferstecher Johann<br />

Christian Brand (1722–1795) hat sie in seinen<br />

Kaufrufserien verewigt, sogar die Wiener<br />

Porzellanmanufaktur erwählte die oft bettelarmen<br />

Leute zum Motiv (siehe Seite 34).<br />

Die ältesten Privilegien reichen in das 15. Jahrhundert<br />

zurück. Sie sollten den Einwohnern<br />

wirtschaftlich benachteiligter Gebiete ein<br />

bescheidenes Einkommen verschaffen. Dazu<br />

zählten die „Krainer“ aus der deutschen<br />

Sprachinsel Gotschee (Kocevje) in Slowenien,<br />

die Vieh, Leinwand und Südfrüchte verkaufen<br />

durften. Seit dem 19. Jahrhundert hatten<br />

(Süd-)Tiroler das Privileg, Produkte ihrer<br />

Heimarbeit, wie Schnitzereien, Handarbeiten<br />

oder Teppiche ambulant zu vertreiben. Die<br />

niederösterreichischen Vertreter dieser Vertriebswege<br />

waren die „Bandlkramer“ und<br />

Uhrenhändler aus dem Waldviertel.<br />

Bürgerliche Wanderlust<br />

Während für die Angehörigen aller dieser<br />

Gruppen das Wandern weniger Lust als Last<br />

waren (sie beförderten ihre Waren über weite<br />

Strecken zu Fuß), entdeckten bürgerliche<br />

Kreise im 19. Jahrhundert die Reize der<br />

Landschaft für sich. Der bekannteste unter<br />

ihnen war wohl der Hofkammerbeamte<br />

Joseph Kyselak, der „Skizzen einer Wanderung<br />

nebst einer romantisch-pittoresken Darstellung<br />

mehrerer Gebirgsgegenden und Eisglätscher“<br />

veröffentlichte, die er 1825 unternommen<br />

hatte. Doch verewigte er sich nicht<br />

nur literarisch, sondern hinterließ seinen<br />

Namenszug auch auf etlichen der besuchten<br />

Objekte, am liebsten an schwer zugänglichen<br />

Stellen, etwa an Felswänden. Zwei Jahre vor<br />

ihm schrieb der Hofschauspieler Johann<br />

Anton Friedrich Reil „Ein Tagebuch für<br />

Freunde österreichischer Gegenden“. Reil gilt<br />

als einer der Entdecker des Waldviertels. Bald<br />

entstand eine Fülle an Reiseliteratur, subjektive<br />

Schilderungen, wissenschaftliche<br />

Berichte, baedekerartige Aufzählungen. Von<br />

besonderer Bedeutung waren die drei Bände<br />

„Wiens Umgebungen auf zwanzig Stunden<br />

im Umkreise“, die der Geograf Adolf Schmidl<br />

zwischen 1835 und 1839 herausgab. Der<br />

Wirtschaftshistoriker Wolfgang Häusler, der<br />

Reils Buch nach mehr als eineinhalb Jahrhunderten<br />

neu ediert hat, nennt Schmidls<br />

Werk „in seiner Art noch heute nicht überholt“.<br />

Er meinte, „dass in der Brust dieser<br />

Wanderer zwei Seelen wohnten – der Aufklärer<br />

und der Romantiker“. Als josephinisch<br />

gesinnte Aufklärer kritisierten die Autoren<br />

die Rückständigkeit der Landeskultur, als<br />

Romantiker schwärmten sie von den pittoresken<br />

Szenerien.<br />

Ein ganz altes Motiv zum Wandern ist die<br />

Wallfahrt. Angehöriger aller Völker beschreiten<br />

ihre spezifischen „Wege zur Kraft“. In<br />

Österreich ist es traditionell die Via Sacra, die<br />

von Wien über <strong>Niederösterreich</strong> zum steirischen<br />

Heiligtum Mariazell führt. Bekannte<br />

Etappenziele sind Perchtoldsdorf, Maria<br />

Enzersdorf, Mödling, Hinterbrühl, Gaaden,<br />

Heiligenkreuz, Hafnerberg, Kleinmariazell,<br />

Kaumberg, Lilienfeld, Annaberg und Josefsberg.<br />

Inzwischen ist Österreich von einem<br />

Netz unzähliger Pilger- und spiritueller Wege<br />

durchzogen. In den 1980er Jahren wurde der<br />

Jakobsweg nach Spanien wieder entdeckt.<br />

2.777 Kilometer trennen Wien von Santiago<br />

di Compostela. 2011 zählte man dort 180.000<br />

Pilger. Der Europarat erklärte 1987 den Weg<br />

zum ersten europäischen <strong>Kultur</strong>weg. EU,<br />

Länder, kirchliche und touristische Institutionen<br />

wirken zusammen, um ihn weiter populär<br />

zu machen. So führt eine 162 Kilometer<br />

lange Teilstrecke von Mikulov/Nikolsburg in<br />

Tschechien durch das Weinviertel (Drasenhofen,<br />

Mistelbach, Großrußbach, Stockerau)<br />

nach Krems und Mautern an der Donau, wo<br />

sich die Anschlussstelle zum österreichischen<br />

Jakobsweg entlang der Donau befindet.<br />

Neue Gehkultur<br />

Der Grazer Volkskundler und Journalist<br />

Wolfgang Wehap widmete 1995 der „Gehkultur“<br />

seine Magisterarbeit. Darin zählt er noch<br />

viele Aspekte der Fortbewegung zu Fuß auf,<br />

wie Vaganten und Fahrende, Marsch und<br />

Protest, Promenieren, Spazieren und Flanieren,<br />

moderner Nomadismus. Er beobachtete,<br />

dass Fußgänger in der Autogesellschaft an<br />

den Rand gedrängt wurden. In der Zwischenzeit<br />

hat sich eine Trendwende angebahnt.<br />

Mediziner empfehlen Gehen zum Stressabbau.<br />

In Städten gibt eigene Fußgängerbeauftragte,<br />

allein in Wien werden 28 Prozent aller<br />

Wege zu Fuß zurückgelegt. Gehen schärft die<br />

Wahrnehmung, man entdeckt Dinge, an<br />

denen man üblicherweise achtlos vorbeifährt.<br />

Viele Menschen üben Wandern, Walken und<br />

Laufen als Sport aus. So ist das Wandern ist<br />

nicht nur des Müllers Lust. /<br />

Text: Helga Maria Wolf<br />

Illustrationen: Magdalena Steiner<br />

schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013


Weinviertel / 20<br />

Märchen, Fabeln, Sagen<br />

VON DER KUNST<br />

DES ERZÄHLENS<br />

Märchen und Fabeln auf zwei Bühnen im Weinviertel: „Die Ameise und die Grille“, ein Schulprojekt<br />

aus Hollabrunn im TWW Guntersdorf, und die Weinviertler Bühne mit dem „Teufel mit den<br />

drei goldenen Haaren“ am Brandlhof.<br />

„Der Teufel mit den drei goldenen Haaren“ am Brandlhof, Radlbrunn. Foto: Bühne Weinviertel<br />

Vor mir liegt ein Buch mit Leineneinband<br />

mit dem Titel „Michael Köhlmeiers Märchen<br />

Dekamerone. Eine Weltreise in hundert<br />

Geschichten“, daneben zwei CD-Boxen<br />

„Michael Köhlmeiers Märchenwelt“. Seit<br />

einigen Jahren findet im Frühjahr in <strong>Niederösterreich</strong><br />

das Erzählkunstfestival fabelhaft<br />

statt, initiiert von Folke Tegetthoff. Beides<br />

zeigt: Erzählen ist populär und Märchen<br />

sind international.<br />

Märchen, Fabeln und Sagen gehören zu<br />

jener Literaturgattung, von der gemeinhin<br />

gesagt wird, sie seien aus der mündlichen<br />

Überlieferung tradiert.<br />

Über den Ursprung von Märchen gibt es<br />

viele Theorien, eine davon besagt, dass der<br />

Ursprung in der Seele der Menschen liege.<br />

Denn die Ideen und Motive der Märchen<br />

finden sich in verschiedenen Ländern wieder.<br />

Das Motiv des Märchens „Die zwei<br />

Brüder“, aufgezeichnet von den Brüdern<br />

Grimm, findet sich auch in einem serbischen,<br />

polnischen und ägyptischen Märchen.<br />

Im deutschen Sprachraum ist die Sammlung<br />

der Brüder Grimm wohl die bedeutendste.<br />

Sie verstanden die „Kinder- und Hausmärchen“<br />

als Erzählungen für Erwachsene und<br />

schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013


Weinviertel / 21<br />

Schüler des BG/BRG Hollabrunn bei der Probe<br />

zu „Die Ameise und die Grille“ im Theater<br />

Westliches Weinviertel, Guntersdorf. Foto: z. V. g.<br />

auch Kinder. Johann Karl August Musäus,<br />

der schon im 18. Jahrhundert die Sammlung<br />

„Volksmährchen der Deutschen“ in fünf<br />

Bänden herausgab, sprach vom Hang der<br />

menschlichen Seele zum Wunderbaren.<br />

Fantasie & Wahrheit<br />

Während der Zuhörer im Märchen in eine<br />

fantastische Welt eintaucht, werden in der<br />

Volkssage Erzählungen transportiert, die als<br />

„Wahrheiten“ im Volk leben. Es gibt reale<br />

Bezugspunkte, wie Ort und/oder Zeit. In der<br />

dämonologischen Sage werden Erlebnisse<br />

mit dem Jenseits erzählt, Begegnungen mit<br />

dem Teufel finden sich hier häufig als Motiv.<br />

Die historische Sage knüpft an geschichtliche<br />

Begebenheiten an. Eine der wohl berühmtesten<br />

österreichischen Sagen erzählt<br />

vom Sänger Blondel, der den in Dürnstein<br />

gefangenen Richard Löwenherz sucht.<br />

Die Ameise und die Grille<br />

Der Erzähler, der eine Fabel wiedergibt, will<br />

den Zuhörer belehren. Tiere werden mit<br />

menschlichen Eigenschaften versehen, die<br />

Inhalte sind moralischer Art oder sozialkritisch.<br />

Aufgrund der lehrhaften Struktur<br />

wurde die Fabel besonders in der Aufklärung<br />

populär. Als Zielgruppe wurden<br />

sowohl Erwachsene als auch junge Menschen<br />

gesehen. Viele der uns bekannten<br />

Fabeln gehen auf Äsop zurück, z. B. „Die<br />

Ameise und die Heuschrecke“; von Jean de<br />

La Fontaine kennen wir auch „Die Ameise<br />

und die Grille“, wobei sich allerdings die<br />

Enden unterscheiden. Im Theater Westliches<br />

Weinviertel (TWW) wird die Geschichte<br />

von der Ameise und der Grille ein<br />

Lehrstück auf verschiedenen Ebenen. Die<br />

Projektleiterin Silvia Reiß will das Interesse<br />

und die Lust an der Musik fördern, indem<br />

sie verschiedene Kunstsparten zusammenführt<br />

und nicht nur akustische, sondern<br />

auch visuelle Reize setzt. Ein Anliegen ist es<br />

ihr, Kinder und Jugendliche nicht nur als<br />

Konsumenten anzusprechen, sondern sie<br />

auch in die Produktion einzubeziehen.<br />

Schülern und Schülerinnen der Theatergruppe<br />

des BG/BRG Hollabrunn sind die<br />

Darsteller in diesem Musiktheater, in vorbereitenden<br />

Musikworkshops wird das Publikum<br />

– es ist dies ein Kooperationsprojekt<br />

der Musikschule Hollabrunn mit dem Gymnasium<br />

– auf den Theaterbesuch vorbereitet.<br />

In den öffentlichen Vorstellungen kann sich<br />

jede/jeder auf den Zauber der Musik und<br />

der Geschichte einlassen.<br />

All den Märchen, Fabeln und Sagen ist<br />

gemeinsam, dass sie durch den Erzähler an<br />

Dramatik gewinnen. Aus der Überlieferung<br />

ist bekannt, dass der Erzähler das Publikum<br />

mit Fragestellungen einbezog, sie aufforderte,<br />

Stellung zu beziehen oder mit einfachen<br />

Handlungen die Dramatik der<br />

Erzählung noch zu unterstreichen – etwa<br />

eine Türe zu öffnen oder zu schließen, etwas<br />

anzuzünden etc. Die Dramatisierung des<br />

Märchens ist schon von Hans Sachs bekannt,<br />

Märchenmotive wurden auch im Puppenspiel<br />

und Schattentheater aufgegriffen. Der<br />

bedeutendste Vertreter war Franz von Pocci,<br />

er verwendete mit Vorliebe Motive aus den<br />

Grimm’schen Kinder- und Hausmärchen.<br />

Ganz in dieser Tradition versteht sich die<br />

Bühne Weinviertel, die in diesem Sommer<br />

den „Teufel mit den drei goldenen Haaren“<br />

für Jung und Alt auf die Bühne im Brandlhof<br />

bringen wird.<br />

Der Teufel mit den<br />

drei goldenen Haaren<br />

Hier gerät ein junger Mann, der vom Schicksal<br />

ausersehen ist, immer Glück zu haben, in<br />

die Gegnerschaft mit einem ziemlich hinterhältigen<br />

König und dessen ziemlich einfältigen<br />

Kanzler, erhält ungewollt Hilfe von<br />

ziemlich wilden Räubern und zuletzt sogar<br />

von der Großmutter des Teufels, die sich als<br />

raue, aber sehr gemütvolle Alte erweist. Am<br />

Ende besteht er alle Prüfungen, bekommt<br />

die Prinzessin zur Frau, löst im Vorübergehen<br />

noch ein paar Probleme für die Allgemeinheit<br />

und kann den König auf geschickte<br />

Art und Weise loswerden.<br />

Michael Köhlmeier vergleicht in einem<br />

Interview mit dem „Standard“ das Märchen<br />

mit dem Blues: „Der Blues ist eine erschütternd<br />

einfache Form, meist bestehend aus<br />

nur drei Akkorden, manchmal aus zwei, im<br />

Spätwerk von John Lee Hooker nur noch aus<br />

einem Akkord. Aber die Möglichkeiten, sich<br />

in dieser Form auszudrücken, sind unendlich.<br />

Einen guten Blues zu spielen erfordert<br />

Ernsthaftigkeit, Liebe, Konzentration und<br />

ein Gespür für das Feine, die Nuance. Ich<br />

glaube, man kann diese Beobachtung auf die<br />

erzählende Literatur übertragen. Dort steht<br />

das Märchen für den Blues.“ /<br />

Text: Eva Zeindl<br />

INFORMATION<br />

———————————————————<br />

Sa, 22. 6. 2013, 15.00 und 17.00 Uhr<br />

Die Ameise und die Grille<br />

Theater Westliches Weinviertel<br />

2042 Guntersdorf<br />

Bahnstraße 201<br />

Information & Karten<br />

Tel. 02951 2909<br />

www.tww.at<br />

Der Teufel mit den drei<br />

goldenen Haaren<br />

Open-Air-Bühne Brandlhof<br />

3710 Radlbrunn 24<br />

Bei Schlechtwetter: Halle Fam. Brandl<br />

Vorstellungstermine:<br />

Sa, 29. 6. 2013, 20.00 Uhr (Premiere)<br />

Sa, 6. 7. 2013, 20.00 Uhr<br />

So, 7. 7. 2013, 18.00 Uhr<br />

Fr, 12. 7. 2013, 20.00 Uhr<br />

Sa, 13. 7. 2013, 20.00 Uhr<br />

So, 14. 7. 2013, 18.00 Uhr<br />

Information & Karten<br />

VVK: EUR 17,00 / AK: EUR 19,00<br />

6–14 Jahre: EUR 10,00<br />

Premierenvorstellung inkl. Essen:<br />

EUR 27,00–29,00<br />

Tel. 0664 8208595 (Eva Zeindl)<br />

www.volkskulturnoe.at/brandlhof<br />

schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013


Mostviertel / 22<br />

Musikschule<br />

ORCHESTERLUFT<br />

spontana, 20 Musikschüler aus den Regionen<br />

Mostviertel und NÖ Mitte ergänzen dieses.<br />

Unter der Leitung von Dirigent Bernhard<br />

Thain, Fachgruppenkoordinator für Blechblasinstrumente<br />

beim Musikschulmanagement<br />

<strong>Niederösterreich</strong>, wurde ein Programm<br />

erarbeitet, das von Hits aus dem Bereich<br />

Musical bis zur Filmmusik reicht und Werke<br />

wie Pirates of the Carribean oder Lord of the<br />

rings konzertant auf die Bühne bringt. /<br />

… schnuppern Musikschüler aus dem Mostviertel und<br />

der Region NÖ Mitte.<br />

Ausgehend von der Idee, einmal im Jahr<br />

gezielt den Streichertalenten aus den Musikschulen<br />

eine Plattform zu bieten, um Orchesterluft<br />

schnuppern zu können, entstand im<br />

Mostviertel ein Projekt, das im Juni in Kilb<br />

realisiert wird. Beim Filmmusik- und Musicalkonzert<br />

im K4 Kilb haben Musikschülerinnen<br />

und -schüler die Möglichkeit, mit Profis auf<br />

der Bühne zu stehen und gemeinsam auf<br />

hohem Niveau zu musizieren.<br />

Den Grundstock in der Größe von rund<br />

60 Musikern – unter ihnen viele Musikschullehrer<br />

– liefert das Kammerorchester musica<br />

konzert<br />

———————————————————<br />

Fr, 28. 6. 2013, 20.00 Uhr<br />

K4 Kilb, 3233 Kilb, Marktplatz 4<br />

Kammerorchester musica spontana &<br />

Streichertalente aus den Musikschulen<br />

der Regionen Mostviertel und NÖ Mitte<br />

Information & Karten<br />

Gemeinde Kilb K4<br />

Tel. 02748 7321 15<br />

www.musica-spontana.at<br />

Eine musikalische<br />

KOMÖDIE<br />

von Strahl/Nachmann/Runyon<br />

REGIE: Marcus Strahl<br />

MIT Dagmar Hellberg,<br />

Susanna Hirschler,<br />

Verena Scheitz,<br />

Stephan Paryla-Raky u.a.<br />

24. JULI BIS 25. AUGUST 2013<br />

Infos und Karten unter Tel. 02715/2268<br />

und www.wachaufestspiele.com<br />

WWW.FACEBOOK.COM/WACHAUFESTSPIELE


Mostviertel / 23<br />

Ybbsitz – Wilhelmsburg<br />

aufspielen<br />

Pielachtal und Traisental zugenommen und<br />

erfreut sich großer Beliebtheit.<br />

Gruppen aus der Stadtkapelle Wilhelmsburg<br />

und Gastformationen benachbarter Kapellen<br />

(Hofstetten, Traisen) werden den Besuchern<br />

auch in diesem Jahr beliebte und bekannte<br />

Melodien zu Gehör bringen. /<br />

Volksmusikanten laden zum Mitmachen in Ybbsitz und in Wilhelmsburg<br />

zum Weisenblasen ein.<br />

Die Musikanten aus Ybbsitz laden zum<br />

gemeinsamen Musizieren und Singen ein.<br />

Schwungvoll und mitreißend, ohne Bühne,<br />

ohne festgelegtes Programm und moderiert<br />

von Sepp Ritzinger und Franz Fuchsluger,<br />

können alle mitmusizieren und singen. Christl<br />

Fallmann singt bekannte und weniger bekann-<br />

te Lieder passend zur jeweiligen Jahreszeit mit<br />

allen, die Freude am Singen haben, und Heinz<br />

Fallmann unterhält in bewährter Weise mit<br />

seinen launigen Gedichten.<br />

Die Tradition des Echo- und Weisenblasens<br />

hat in den letzten Jahren in den Regionen<br />

MUSIKANTEN SPIELEN AUF<br />

———————————————————<br />

So, 16. 6. 2013, 18.00 Uhr<br />

Volksmusi-Treff<br />

Mostheuriger Klein-Eibenberg,<br />

Josef Hönickl<br />

3341 Ybbsitz, Haselgraben 14<br />

Tel. 07443 86346<br />

Weitere Termine: 18. 8. und 20. 10. 2013<br />

Sa, 29. 6. 2013, 15.00 Uhr<br />

Weisenblasen<br />

Antiquitäten Renz<br />

3150 Wilhelmsburg, Kreisbach


Thema: Gehen / 24<br />

Welterbesteig Wachau<br />

zur schönen aussicht<br />

Wandern durch Wein- und Obstgärten, durch Wälder und Wiesen, zwischen Felslandschaften und entlang<br />

der Donauauen: Der „Welterbesteig Wachau“ präsentiert das Gesamtkunstwerk einer <strong>Kultur</strong>landschaft.<br />

Blick von der Ruine Dürnstein.<br />

Gäbe es eine Weltmeisterschaft der schönen<br />

Blicke – die Wachau wäre ganz vorne dabei.<br />

Fixstarter sind der Blick von Rossatzbach<br />

über die Donau nach Dürnstein und der<br />

Blick von der Ruine Aggstein auf das Wipfelrauschen<br />

des Dunkelsteiner Waldes. Der<br />

Blick von der Weigl-Warte am Sandl über<br />

das sich in den Horizont wellende Waldviertel.<br />

Der Blick von der Kanzel auf die zerklüfteten<br />

Felsen rund um Dürnstein und der<br />

Blick vom Höhenweg bei Weißenkirchen auf<br />

die steilen Stufen der Terrassenweingärten.<br />

Der „Welterbesteig Wachau“ verbindet diese<br />

Blickdichte und auf 180 Kilometern alle Orte<br />

der Wachau. Der Rundweg ist in 14 Etappen<br />

gegliedert und einheitlich markiert.<br />

Ein Großteil der Streckenführung ist als<br />

Höhenweg angelegt und verläuft an der<br />

Grenze zwischen Weingärten und Wald- und<br />

Wiesenlandschaft. Die Kontraste zwischen<br />

dem südlich anmutenden Tal der Wachau<br />

und den rauen Hochebenen lassen die Landschaft<br />

mit allen Sinnen erleben.<br />

Wandern – eine <strong>Kultur</strong>geschichte<br />

Im 19. Jahrhundert gründeten der Österreichische<br />

Alpenklub und der Österreichische<br />

Touristenklub Sektionen in der Wachau.<br />

1881 wurde ein hölzerner Aussichtsturm am<br />

Sandl (723 Meter) errichtet, der 1901 zu<br />

einer steinernen Aussichtswarte erweitert<br />

wurde. Die Warte ist nach Augustin Weigl<br />

(Fabrikdirektor, 1845–1914) benannt, der<br />

den Tourismus in der Wachau förderte und<br />

finanzierte. Die Entdeckung der Wachau<br />

schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013


Thema: Gehen / 25<br />

Terrassenweingärten …<br />

... Ried Achleiten, Weißenkirchen.<br />

erfolgte durch die Maler der Jahrhundertwende,<br />

die das Bild der Landschaft hinaustrugen<br />

und in den verwinkelten Ortschaften<br />

jene pittoresken „Malerwinkel“ festhielten,<br />

die bis heute kaum verändert sind. Die<br />

Maler gingen noch zu Fuß, wie etwa Eduard<br />

Zetsche (1844–1927) auf den Vogelberg<br />

oberhalb von Dürnstein: „Vom Kamme des<br />

Vogelbergs sieht man wohl am schönsten<br />

zwischen den überhängenden Felshörnern,<br />

die in finsteren Hochwald abstürzen, die<br />

klippenreiche, gewundene Schlucht des<br />

Thalgrabens hinab zur Donau. Der Strom<br />

liegt nun, scheinbar rings von Bergen<br />

umschlossen, wie ein stiller See im Grunde<br />

unten, vom Städtchen Dürnstein lugt eben<br />

noch der zierliche Barockthurm der Pfarrkirche<br />

herauf, neben dem steil der Berg mit<br />

der Schlossruine aufsteigt.“<br />

Der Tourismus wurde mit den Errichtungen<br />

von Schifffahrtsstationen und dem Bau der<br />

Donauuferbahn im Jahre 1909 vorangetrieben.<br />

Mit der Motorisierung in den Wirtschaftswunderjahren<br />

nach dem Zweiten<br />

Weltkrieg entwickelte sich die Wachau zu<br />

einem klassischen Ausflugsziel für Automobilisten,<br />

die die Landschaft vom Auto aus<br />

entdeckten. Der Bau der „Romantikstraße“<br />

entlang der Donau förderte das Schauen auf<br />

vier Rädern.<br />

Die Ökologiebewegung der 1980er Jahre<br />

einerseits und der Fitnesstrend andererseits<br />

brachten den Radtourismus auf Touren. Auf<br />

ehemaligen Treppelwegen (auf diesen zogen<br />

einst Pferdegespanne die Schiffe stromaufwärts)<br />

führt der Donauradweg durch die<br />

Wachau bis ans Schwarze Meer.<br />

Wandern auf die sanfte Tour<br />

Mit dem „Welterbesteig Wachau“ kommt<br />

das Wandern zurück in die Wachau. In der<br />

Tradition des 19. Jahrhunderts, in dem viele<br />

Höhenwege als „Steig“ benannt wurden, ist<br />

der Name gewählt. Außerdem folgt das<br />

Konzept der neuen Wanderroute dem<br />

erfolgreichen „Rheinsteig“ in Deutschland.<br />

Mit den überall aufliegenden Wanderkarten<br />

kann jede erdenkliche Route zusammengestellt<br />

werden. Eine Etappe hat durchschnittlich<br />

eine Länge von zwölf Kilometern. Drei<br />

Rollfähren (Dürnstein–Rossatzbach, Weißenkirchen–St.<br />

Lorenz, Spitz–Hofarnsdorf) sowie<br />

die Donaubrücken in Stein und Melk<br />

ermöglichen das Wechseln von einem Ufer<br />

zum anderen.<br />

Wanderbare Vielfalt<br />

Wandern wird in der Wachau ein <strong>Kultur</strong>erlebnis.<br />

Der Welterbesteig bindet die historische<br />

Struktur der Ortschaften ein, führt an<br />

Wehrkirchen, Lesehöfen und Winzerhäusern<br />

vorbei. Er zieht sich durch die Altstädte<br />

von Dürnstein, Krems und Stein, durch<br />

Mautern und Rossatz. Die <strong>Kultur</strong>landschaft<br />

wird in all ihrer Vielfalt erfasst und führt<br />

durch die Obstgärten mit Marillen, Birnen,<br />

Äpfeln und Pfirsichen in Hofarnsdorf oder<br />

zu den Mohnfeldern am Jauerling.<br />

Die Jauerling-Etappen führen weit ins Waldviertel<br />

hinauf und über den Mühldorfer<br />

Steig zum höchstgelegenen Weingarten <strong>Niederösterreich</strong>s<br />

und weiter zur Wallfahrtskirche<br />

Maria Laach. Der Jauerling ist das<br />

„Dach der Donau“; die Jauerling-Warte liegt<br />

auf 960 Meter Seehöhe.<br />

Jede der einzelnen Wanderetappen hat ihre<br />

landschaftlichen Schwerpunkte. Die alten<br />

Hutweiden wie am Höhereck bei Loiben mit<br />

der Trockenrasenvegetation oder die Aulandschaft<br />

bei St. Lorenz: auf der einen Seite<br />

extreme Trockenstandorte, auf der anderen<br />

die mit Altarmen durchzogene „Venediger<br />

Au“. Die Trauben der weltberühmten Rieslinge<br />

reifen in Spitz und Weißenkirchen.<br />

Der Welterbesteig führt an den Rieden Rotes<br />

Tor und Singerriedel in Spitz sowie Achleiten<br />

und Ried Klaus in Weißenkirchen<br />

vorbei. Und überall im Blickpunk: die<br />

Donau, die sich wie ein blaues Band durch<br />

das Tal zieht. /<br />

Text: Mella Waldstein<br />

Fotos: Gregor Semrad<br />

WELTERBESTEIG<br />

———————————————————<br />

Regionalbüro Wachau-Nibelungengau-<br />

Kremstal<br />

3620 Spitz/Donau, Schlossgasse 3<br />

Tel. 02713 300 60-60<br />

www.welterbesteig.at<br />

schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013


350 Jahre Landespatron / 26<br />

Hl. Leopold<br />

WALLFAHRT<br />

MIT ROSS UND REITER<br />

Die Verehrung des Markgrafen Leopold III. setzte bereits bald nach seinem Tode 1136 ein.<br />

Bis heute stellen sich Scharen von Pilgerinnen und Pilgern bei seinem Grab in Klosterneuburg ein.<br />

Reliqienschrein des hl. Leopold in der Leopoldskapelle, Stift Klosterneuburg.<br />

erreichbar befindet sich die Leopoldskapelle<br />

– die Wallfahrtskapelle zum Grab des<br />

hl. Leopold. Wir schreiben das Jahr 1136.<br />

Markgraf Leopold III. stirbt am 15. November,<br />

vermutlich auf der Jagd, eines plötzlichen<br />

Todes und wird im Kapitelsaal des<br />

Stiftes Klosterneuburg beigesetzt. Während<br />

seiner Zeit als Markgraf von Österreich hatte<br />

sich Leopold aus dem Geschlecht der Babenberger<br />

durch praktizierten Glauben, Liebe<br />

zu seiner Familie und zum Volk sowie soziales<br />

Wirken und konsequente Friedenspolitik<br />

ausgezeichnet. Diese konsequente Friedenspolitik<br />

während seines Wirkens in Klosterneuburg<br />

war für die Entwicklung Österreichs<br />

ein wichtiges Element zur Ausbildung<br />

der Landeshoheit und des Landesfürstentums.<br />

In der Heiligsprechungsbulle von<br />

Papst Innozenz VIII. wird Leopold mit folgenden<br />

Worten beschrieben: „Während andere<br />

Länder unter Mord und Blutvergießen<br />

litten, hat er die ihm anvertraute Mark Österreich<br />

in gottgefälligem Frieden erhalten.“<br />

Dem Klosterneuburger Chorherrn Floridus<br />

Röhrig, dem Doyen der Geschichtsforschung<br />

des Landespatrons, war bis vor<br />

Kurzem ausschließlich Klosterneuburg als<br />

Wallfahrtsziel zum hl. Leopold bekannt.<br />

Röhrig äußerte sich wertschätzend, dass in<br />

dem 2009 erschienenen Buch „Pilgerwege<br />

durch den Wienerwald“ auch Klausen-Leopoldsdorf<br />

als Leopoldi-Gnadenort vorgestellt<br />

wurde. Im gegenständlichen Buch<br />

wurde zudem der neu kreierte „Wallfahrts-<br />

Weg WienerWald“ präsentiert. Beginnend<br />

beim Grab des hl. Leopold in Klosterneuburg<br />

(Klosterneuburg ist erstmals Ausgangspunkt<br />

eines Pilgerweges) werden alle<br />

Wallfahrtsorte des Wienerwaldes in Form<br />

eines Rundweges miteinander verbunden,<br />

u. a. auch die drei Gründungen des hl. Leopold<br />

– Klosterneuburg, Heiligenkreuz und<br />

Klein-Mariazell – sowie die zwei Leopoldi-<br />

Gnadenorte Klosterneuburg und Klausen-<br />

Leopoldsdorf.<br />

Der „große“ Leopoldi-<br />

Wallfahrtsort Klosterneuburg<br />

Unmittelbar neben der Stiftsbasilika Mariä<br />

Geburt und direkt vom Kreuzgang aus<br />

Das früheste Zeugnis einer Verehrung des<br />

Markgrafen verfasste ein Chorherr um<br />

1170 für die Klosterneuburger Annalen. Im<br />

15. Jahrhundert werden dem milden Markgrafen<br />

zahlreiche Gebetserhörungen zugeschrieben.<br />

1485 wurde Markgraf Leopold<br />

III. von Papst Innozenz VIII. in die Schar<br />

der Heiligen aufgenommen. Der Kapitelsaal<br />

verlor endgültig seine Funktion und wurde<br />

als Leopoldskapelle das Zentrum des nunmehr<br />

offiziell anerkannten Wallfahrtsortes<br />

Klosterneuburg. Am 15. Februar 1506 erfolgte<br />

im Beisein von Kaiser Maximilian I.<br />

im Rahmen einer prunkvollen Feier die Erhebung<br />

der Gebeine (Translatio Leopoldi).<br />

schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013


350 Jahre Landespatron / 27<br />

Gnadenbild des hl. Leopold in Klausen-Leopoldsdorf.<br />

Reiterin in der neuen Reit- und Fahrtracht am Kleinen Leopolditag 2013, Klein Mariazell. Foto: NOEPS<br />

Meines Erachtens war die feierliche Translation<br />

in gewisser Hinsicht ein erster Schritt<br />

zur viel später vorgenommenen Erhebung<br />

Leopolds zum Landespatron von Österreich.<br />

Im 17. Jahrhundert war es nämlich Kaiser<br />

Leopold I., der fast jedes Jahr am 15. November<br />

nach Klosterneuburg pilgerte. Er erklärte<br />

1663 den hl. Leopold zum Landespatron<br />

von Österreich.<br />

Der 15. Februar, das Fest der Erhebung der<br />

Gebeine des hl. Leopold, der „Kleine Leopolditag“,<br />

ist im Vergleich zum 15. November<br />

wenig bekannt. Vielmehr finden wie eh<br />

und je der 15. November, das Hochfest des<br />

hl. Leopold, und die Tage davor und danach<br />

großen Zuspruch. Die niederösterreichische<br />

Landesregierung mit dem Landeshauptmann<br />

an der Spitze feiert traditionell das<br />

Pontifikalamt am 15. November in Klosterneuburg<br />

mit. Eindrucksvoll stellt der Landeshauptmann<br />

anlässlich des <strong>Niederösterreich</strong>ischen<br />

Landesfeiertages die Bedeutung<br />

des Lebens des Markgrafen Leopold III. für<br />

die Geschicke des Landes heute dar.<br />

Der „kleine“ Leopoldi-Wallfahrtsort<br />

Klausen-Leopoldsdorf<br />

Kaiser Leopold I. hatte die ersten Holzknechte<br />

im Gebiet des Wienerwalds angesiedelt,<br />

in dem sich später der Ort Klausen-<br />

Leopoldsdorf entwickelte. Es war also naheliegend,<br />

den ersten Kirchenbau im Jahr<br />

1754 dem Namenspatron des Kaisers zu<br />

weihen: dem hl. Leopold. Der heute einfache<br />

barocke Bau mit einem Dachreiter beinhaltet<br />

einen schlichten Hochaltar mit einem<br />

Altarblatt des hl. Leopold aus dem Jahr<br />

1830.<br />

Dechant Josef Kantusch, der vor seiner<br />

Ernennung zum Pfarrer von Klausen-Leopoldsdorf<br />

einen Bauernhof dortselbst bewirtschaftet<br />

hatte, bekundet im persönlichen<br />

Gespräch seine Freude, dass in letzter Zeit,<br />

ähnlich wie in seiner Kindheit, wieder<br />

zunehmend mehr Menschen zum hl. Leopold<br />

nach Klausen-Leopoldsdorf pilgern.<br />

Der „kleine“ Leopoldi-Wallfahrtsort ist ein<br />

Beispiel für jene Gnadenorte (ja, diese gibt<br />

es!), die eher nur den „Wallfahrtsinsidern“<br />

bekannt sind und in Publikationen kaum<br />

vorzufinden sind.<br />

<strong>Niederösterreich</strong>ische<br />

Rosswallfahrt<br />

Der <strong>Niederösterreich</strong>ische Pferdesportverband<br />

veranstaltet als Beitrag zum Jubiläum<br />

„350 Jahre Landespatron hl. Leopold“ die<br />

2. <strong>Niederösterreich</strong>ische Rosswallfahrt von<br />

Klosterneuburg nach Klausen-Leopoldsdorf.<br />

Am Kleinen Leopolditag, dem<br />

15. Februar 2013, wurden in Klein-Mariazell<br />

das Programm der 2. <strong>Niederösterreich</strong>ischen<br />

Rosswallfahrt und eine neu kreierte Reit- und<br />

Fahrtracht, die in Zusammenarbeit mit Gexi<br />

Tostmann entstanden ist, der Öffentlichkeit<br />

präsentiert. Mit der Rosswallfahrt und der<br />

Reit- und Fahrtracht wird beabsichtigt, einerseits<br />

einen Beitrag für das Land zu leisten und<br />

andererseits sich in die Vielfalt der authentisch-positiven<br />

Bräuche einzureihen.<br />

Höhepunkte der Rosswallfahrt sind zweifelsohne<br />

der Auftakt am 22. Juni 2013 in<br />

Klosterneuburg um 15.30 Uhr auf dem Rathausplatz<br />

und der Abschluss am 30. Juni<br />

2013 in Klausen-Leopoldsdorf um 15 Uhr<br />

auf dem Platz vor der Kirche, jeweils mit<br />

Leopoldi-Segen und Festakt. Die Rosswallfahrt<br />

auf der Teilstrecke Klosterneuburg–<br />

Klausen-Leopoldsdorf des WallfahrtsWegs<br />

WienerWald trifft u. a. am 25. Juni 2013 in<br />

Heiligenkreuz und am 30. Juni 2013 in<br />

Klein-Mariazell ein. /<br />

Text und Fotos: Otto Kurt Knoll<br />

ROSSWALLFAHRT<br />

———————————————————<br />

Sa, 22.–So, 30. 6. 2013<br />

Klosterneuburg–Heiligenkreuz–<br />

Klein-Mariazell–Klausen-Leopoldsdorf<br />

www.noe-pferdesport.at<br />

schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013


Industrieviertel / 28<br />

Schwaigen-Reigen<br />

hoch auf<br />

der alm<br />

Pressbaum<br />

Grün wie<br />

der Wald<br />

Schwaigen-Reigen nennt sich das Festival der<br />

Almhütten im Wechselgebiet.<br />

Das Pressbaumer Dirndl wurde anlässlich<br />

der Stadterhebung kreiert.<br />

Foto: Franz Zwickl<br />

Von den weiten Hochebenen über<br />

der Baumgrenze ist das Fernsicht<br />

uferlos – von den Karpaten in der<br />

Slowakei über die ungarische Tiefebene<br />

bis nach Slowenien reicht<br />

die Sicht an klaren Tagen. Mit<br />

1.743 Meter überragt der Hochwechsel<br />

das weitläufige Bergland<br />

und ist die östlichste Erhebung der<br />

Alpen. Unzählige Wanderwege<br />

führen über Wiesen und durch<br />

Wälder zu den „Schwaigen“, den<br />

meist bewirtschafteten Hütten auf<br />

den Melkalmen.<br />

Zum siebten Mal findet eine Woche nach Almauftrieb, am 15. Juni,<br />

der Schwaigen-Reigen statt. Auf 16 Almhütten und Schwaigen auf<br />

steirischer und niederösterreichischer Seite des Wechselgebietes wird<br />

gesungen, getanzt und gejodelt. Musikanten, Sänger und Tänzer aus<br />

<strong>Niederösterreich</strong>, der Steiermark und Gäste aus Ungarn erwarten die<br />

Wanderer auf den Hütten. Die Organisatoren des Schwaigen-Reigen<br />

nahmen das erste Treffen der über 200 Mitwirkenden zum Anlass,<br />

um den aktuellen musikalischen Reichtum der Region zu erforschen<br />

und zu dokumentieren. Die Geschichte der Almhütten und Schwaigen,<br />

ausgewählte Notenbeispiele sowie Musikerinnen und Musiker<br />

sind im Buch „Schwaigen Reigen Echo“ vorgestellt. /<br />

SCHWAIGEN-REIGEN<br />

————————————————————————————————<br />

Sa, 15. 6. 2013<br />

www.schwaigen-reigen.at<br />

Gratis-Shuttle-Bus von Aspang bis zum Wetterkoglerhaus<br />

sowie von/nach Aspang über St. Corona und Kirchberg auf den<br />

Feistritzsattel<br />

Erika Sieder und Walter Deutsch: „Schwaigen Reigen Echo“<br />

ISBN 978-3-85252-921-9, Verlag Bibliothek der Provinz<br />

EUR 28,00<br />

V. l. n. r.: Bgm. Josef Schmidl-Haberleitner, Verena Brabec-Wolf, Uschi<br />

Niemeczek, LH Dr. Erwin Pröll, Ök.-Rat Lieselotte Wolf, Dr. Edgar Niemeczek.<br />

Der Wunsch vieler Gemeinden nach einer eigenen Tracht ist groß. Für<br />

eine gelungene Trachtenneuschöpfung sind gute Beratung durch Fachleute<br />

und genaue Recherchearbeit unbedingte Voraussetzungen und<br />

verhindern ästhetische Missgriffe. Als die Pressbaumer Frauen anlässlich<br />

der Stadterhebung der Marktgemeinde Pressbaum ein eigenes<br />

Pressbaumer Dirndl kreierten, entschieden sie sich für einen bestimmten<br />

Kriterienkatalog. Das Dirndl sollte dauerhaft etwas über die Region<br />

aussagen und keine bloße Modeerscheinung sein. In Zusammenarbeit<br />

von Uschi Niemeczek und Trachtenexpertin Gexi Tostmann wurde der<br />

Entwurf für das Pressbaumer Dirndl erarbeitet. Das Dirndl wurde<br />

nach den Kriterien einer Volkstracht entworfen und damit bezüglich<br />

Schnitt, Farben, Knöpfen, und Stoffart genau definiert. Trotz dieser<br />

Vorgaben wird eine Volkstracht nie zur Uniform. Die Variation liegt<br />

im Detail. Farbnuance, Stoffmusterung, Zusammenstellung der Kleidund<br />

Schürzenfarben sowie Blusenschnitt, Strumpfwahl und Schuhwahl<br />

– dies alles wird von der Trägerin individuell entschieden. Der<br />

Leib des Dirndls kann in den Farben Blau oder Grün getragen werden,<br />

die Knöpfe sind mit dem Pressbaumer Wappen verziert. Der Rock ist<br />

aus Baumwolle und hat ein Streumuster in der gleichen Farbe wie das<br />

Leibchen. Je nach Anlass und Geschmack kann das Dirndlkleid mit<br />

Baumwoll- oder Seidenschürzen mit eingewebten Streumuster in allen<br />

Blau- oder Grüntönen, die gut mit Gelb kombinierbar sind, getragen<br />

werden. Uschi Niemeczek: „Wichtig war uns, dass bei diesem Dirndl<br />

klar erkennbar ist, dass wir zusammengehören, aber jede trotzdem ihr<br />

,eigenes Dirndl‘ gestalten kann.“ /<br />

schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013


Weinviertel / 29<br />

Weinviertel-Buch<br />

mehr als idylle<br />

Das „Weinviertel. Mehr als Idylle“: Im Buch der Volkskultur <strong>Niederösterreich</strong> wird ein vielschichtiges<br />

Porträt der Region gezeigt. Der Text- und Bildband komplettiert die Reihe über <strong>Niederösterreich</strong>s Viertel.<br />

Kellerkühler Wein inklusive<br />

Rebzeilen schwingen sich ordentlich gekämmt über die Hügellandschaft. Foto: Manfred Horvath<br />

Gibt es das Weinviertler Dorf? Mit dieser<br />

Frage beginnt in dem Text- und Bildband<br />

eine Erkundungsreise, dessen thematischer<br />

Schwerpunkt die Erforschung sozialer und<br />

historischer, volkskundlicher und architektonischer<br />

Strukturen ist. Basis des Weinviertler<br />

Dorfes war und ist die Landwirtschaft,<br />

die – und das scheint ein Erfolgsrezept<br />

der Region zu sein – schon seit ihrer<br />

Anlage Acker- und Weinbau gleichermaßen,<br />

also Brot und Wein, umfasst. Vom Dorf geht<br />

es hinaus in die Gärten und deren traditionelle<br />

<strong>Kultur</strong>pflanzen und natürlich in die<br />

Kellergassen bis zu den Gutshöfen, die wie<br />

„Schiffe im Weizenmeer“ ankern und bis in<br />

die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts ein<br />

eigner wirtschaftlicher und vor allem sozialer<br />

Kosmos waren. Die historischen Beiträge<br />

beschäftigen sich mit der reichen Urgeschichte<br />

des Landes; die – oft zugedeckt vom<br />

Löß – aber auch weithin sichtbar ist, wie die<br />

Tumuli, Grabstätten aus der Hallstattkultur.<br />

Mit dem Boden befasst sich auch die<br />

Geschichte des Erdöls, die vor 100 Jahren an<br />

der March ihren Ausgang nahm.<br />

Die Geschichte ist eine schmerzliche. Sie ist<br />

an den Kriegsschauplätzen der Jahrhunderte<br />

festzumachen, deren das Weinviertel zahlreiche<br />

hatte. Die Verfolgung, Vertreibung<br />

und Auslöschung von Minderheiten beginnt<br />

zwar nicht bei den Hutterern, die aus Westen<br />

ins Weinviertel und Südmähren kamen, hat<br />

aber hoffentlich nach dem Zweiten Weltkrieg,<br />

nach der Auslöschung der jüdischen<br />

Gemeinden im Weinviertel und den Qualen<br />

der Zwangsarbeiter in Strasshof ein Ende<br />

gefunden. Danach verharrte das Weinviertel<br />

für Jahrzehnte im Schatten des Eisernen<br />

Vorhangs.<br />

Für <strong>Kultur</strong>, und das zeigt sich auch an der<br />

Atelierdichte bei den alljährlichen „Tagen<br />

der offenen Ateliers“, stehen die Tore und<br />

Türen im Weinviertel weit offen. Im Buch<br />

wird die Geschichte der Weinviertler Kirtagsmusik<br />

beschrieben – bis hin zum Erfinder<br />

des Synthesizers. Die Beiträge beschäftigen<br />

sich mit den Landschaftsmalern bis zur<br />

Kunst in der Landschaft. In der Kellergasse<br />

beginnt das gesellschaftlichen Leben beim<br />

„Grean gehen“ zu Ostern und endet im<br />

„Advent in der Kellergasse“: In der Festkultur<br />

verstehen es die Weinviertler, „Tradition<br />

als Trademark“ zu etablieren.<br />

Zu guter Letzt: Die Texte werden von Bildern<br />

der Weinviertler Landschaft begleitet.<br />

So heißt es im Vorwort der Herausgeber:<br />

„Schwingen da nicht sanfte, weizenblonde<br />

Hügel, spannt sich da nicht ein weiter, sommerheißer<br />

Himmel, gleißt nicht ein weißgekalktes<br />

Presshaus mit einem Hollerbusch<br />

daneben, kellerkühler Wein inklusive? Aber<br />

halt! Da ist ja mehr als Idylle.“ /<br />

DAS WEINVIERTEL –<br />

MEHR ALS IDYLLE<br />

———————————————————<br />

Verlag Bibliothek der Provinz<br />

ISBN: 978-3-901820-80-9<br />

EUR 29,70<br />

Erhältlich in der Galerie der Regionen,<br />

Krems-Stein<br />

office@volkskulturnoe.at<br />

schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013


Bücher, CDs & feine Ware / 30<br />

Auslage<br />

HALT ES FEST DAS LEBEN<br />

—————————————————————<br />

OBACHT!<br />

——————————————————————<br />

Musik aus Bayern Vol. 3<br />

EUR 17,95<br />

Erhältlich über<br />

www.galileo-mc.de<br />

Obacht! Die bayerische Volksmusik ist nicht das,<br />

wofür sie vielfach fälschlich gehalten wird:<br />

Volksmusik ist nicht billiges Stadlgrinsen, nicht<br />

Schunkel- oder Schenkelklopf-Treibstoff, nicht<br />

Kehlkopfakrobatik vor künstlicher Alpenkulisse.<br />

Volksmusik in Bayern ist oft tief empfundene<br />

Musik, die nicht unbedingt für große Säle<br />

geschaffen wurde: teils ist sie sehr intim, steht<br />

aber auch für fetzigen Tanz oder für Geborgenheit,<br />

für Kritik oder Frotzelei. Bereits seit Ende<br />

der 1920er Jahre entstand eine Szene, die sich<br />

bewusst der nicht kommerziellen Volksmusik<br />

verschrieb. Paul Kiem, ein mit dem Schriftsteller<br />

Ludwig Thoma befreundeter Musiker, begab sich<br />

auf Sammelreise, notierte und publizierte Lieder<br />

– vor allem aber stellte er auch Ensembles<br />

zusammen, die im Rundfunk auftreten konnten.<br />

Kiem Pauli und seine Freunde hatten ein<br />

attraktives Podium für ihre musikalische Botschaft<br />

der echten Volksmusik – und der Rundfunk<br />

hatte gute und originelle Musik, mit der<br />

sich Bayern auf hohem Niveau präsentieren<br />

konnte.<br />

Wer in Bayern aufwächst, wächst auch mit<br />

„echter“ Volksmusik auf, die ihm täglich in den<br />

bayerischen Radiosendern begegnet, die in Schulen<br />

und Universitäten vermittelt wird, die durch<br />

die bayerischen Bezirke und ihre Institutionen<br />

gepflegt und durch Organisationen wie dem<br />

Bayerischen Landesverein für Heimatpflege<br />

gefördert wird. Dass bayerische Volksmusik<br />

nicht einheitlich definiert werden kann, sondern<br />

sich aus geografischen und zeitlichen Komponenten<br />

immer wieder neu zusammensetzt, wird<br />

inzwischen weitgehend als Tatsache anerkannt<br />

und vermittelt. „Obacht 3“ begibt sich diesmal<br />

auf musikalische Spurensuche in bayerische<br />

Regionen und ihre Geschichte(n). Mit Unterstützung<br />

der Volksmusikredaktion des Bayerischen<br />

Rundfunks konnte es gelingen, auch rare Aufnahmen<br />

von Wirtshaussängern aus Bayern und<br />

den angrenzenden Regionen zu präsentieren.<br />

Die, wie die übrigen Lieder, Jodler und Tänze,<br />

ein Ziel haben: Der bayerischen Tradition in<br />

allen Facetten Respekt zu zollen. /<br />

Halt es fest das Leben.<br />

Lieder von Walter Deutsch<br />

nach Gedichten von Emil Breisach<br />

EUR 18,00<br />

Erhältlich über<br />

www.volkskulturnoe.at<br />

Seit vielen Jahren prägt Walter Deutsch sowohl<br />

die Forschung als auch die Praxis im Bereich der<br />

traditionellen Volksmusik, ob als Wissenschaftler,<br />

Autor, Vortragender oder Gestalter von<br />

Rundfunk- und Fernsehsendungen. Weniger<br />

bekannt ist das kompositorische Schaffen von<br />

Walter Deutsch. Als ausgebildeter Komponist<br />

und Dirigent ließ er sich speziell von Gedichten,<br />

Gedankensplittern und Epigrammen des Autors<br />

Emil Breisach inspirieren. Berührt von seinen<br />

heiteren, trauernden, belehrenden, fordernden<br />

oder oft auch nur beschreibenden lyrisch formulierten<br />

Zeilen entstanden die vorliegenden Vertonungen.<br />

Aus dem dichten Klaviersatz der freitonalen<br />

Charakterstücke tritt die Gesangstimme selbständig<br />

hervor. Sie findet über akkordisch<br />

gestützte Motive kühn ihren Weg und durchwandert<br />

rhythmisch akzentuierte Klangbilder.<br />

Die Motive steigen und fallen, sie stehen, trauern<br />

und jubeln. Sie halten das Leben fest.<br />

Aus Anlass des 90. Geburtstags von Prof. Walter<br />

Deutsch ist diese Jubiläums-CD mit seinen<br />

Kompositionen erschienen, interpretiert von<br />

der Sängerin Agnes Palmisano und der Pianistin<br />

Clara Frühstück. /<br />

RUNDUMADUM<br />

——————————————————————<br />

Eine musikalische Reise um die Welt<br />

und zurück zum Ammersee<br />

EUR 16,90<br />

Verlag Kein & Aber<br />

www.keinundaber.ch<br />

Juhuu, endlich Ferien, jetzt nichts wie weg! Aber<br />

wohin? Ganz egal, nur möglichst weit weg! Bloß<br />

mit dem Hinfliegen ist es nicht getan, denn wie<br />

redet man im fremden Land, wie benimmt man<br />

sich dort? Dieses Buch ist eine musikalische<br />

Pauschalreise von Land zu Land – von Italien,<br />

Irland, Spanien über Russland, China, Amerika<br />

bis nach Afrika –, auf der landesspezifische<br />

Eigenheiten aus der Sicht eines Kindes im Stil<br />

traditioneller Reiselieder vergnüglich aufgespießt<br />

werden. Immer schön umadum, nicht einfach<br />

rundherum um die Welt, denn egal, wo man ist,<br />

man bleibt immer noch Bayer. Und muss als solcher,<br />

trotz Tschaitrunk in Indien und Tarantella-Tanz<br />

in Italien, feststellen: Zu Hause am<br />

Ammersee ist’s immer noch am schönsten! Ein<br />

lustiges Liederbuch, das hilft, die Welt ein klein<br />

wenig besser zu verstehen. /<br />

schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013


Bücher, CDs & feine Ware / 31<br />

ZWANGSARBEIT<br />

——————————————————————<br />

Dieter Bacher/Stefan Karner (Hg.):<br />

Zwangsarbeit in Österreich. 1939–1945<br />

und ihr Nachkriegsschicksal<br />

EUR 39,90<br />

ISBN 978-3-7065-5217-2<br />

Studien Verlag<br />

www.studienverlag.at<br />

Schwere landwirtschaftliche Arbeit ohne angemessene<br />

Bekleidung hatte Anna O. aus Polen zu<br />

verrichten. Eine Nachbarin hatte Mitleid und<br />

gab ihr Kleider und Schuhe. Der herzlose Bauer<br />

verbrannte diese Geschenke. Ein Wehrmachtssoldat<br />

schlug ihr einen Gewehrkolben auf die<br />

linke Kopfseite, sodass das Trommelfell platzte.<br />

Ein Stier verletzte ihren Fuß schwer, die Wunde<br />

blieb unbehandelt. Schließlich wurde Anna O.<br />

auch noch zwangssterilisiert.<br />

Für die Betriebe in Nazi-Deutschland, aber auch<br />

für die landwirtschaftliche Produktion spielten<br />

Zwangsarbeiter eine wichtige Rolle: Bereits ab<br />

1938 wurden Zwangsarbeiter auf dem Gebiet<br />

der heutigen Republik Österreich eingesetzt.<br />

Nach Kriegsbeginn 1939 – die Wirtschaft im<br />

Deutschen Reich litt aufgrund der Aufrüstung<br />

und der Wehrpflicht für deutsche und österreichische<br />

Männer rasch unter einem Mangel an<br />

Arbeitskräften – brachte man Menschen aus<br />

den besetzten Gebieten (zunächst Polen, Frankreich,<br />

Gebiet des früheren Jugoslawien) als<br />

Kriegsgefangene und
 zivile Zwangsarbeiter ins
<br />

Deutsche Reich. Es gab regelrechte Menschenjagden<br />

auf Dorfplätzen, vor Schulen und Kirchen.<br />

Ohne Zwangsarbeiter wäre die Kriegsmaschinerie<br />

bereits 1942/43 zusammengebrochen. Der<br />

Auf- und Ausbau österreichischer Industrieanlagen<br />

war wesentlich vom Einsatz ausländischer<br />

Zwangsarbeiter abhängig. Im Herbst 1944 stand<br />

alleine in den „Alpen- und Donau-Reichsgauen“,<br />

also im Wesentlichen auf dem Gebiet des heutigen<br />

Österreich, 1,7 Millionen „freien“ inländischen<br />

Arbeitskräften fast eine Million ausländischer<br />

Zwangsarbeiter gegenüber.<br />

Das Buch widmet sich einen bis dato noch wenig<br />

erforschtem Themenkomplex und entstand auf<br />

Basis der Grundlagen des Österreichischen Versöhnungsfonds,<br />

der 132.000 Anträge ehemaliger<br />

Sklaven- bzw. Zwangsarbeiter genehmigte. /<br />

FÜR ALLE ZEITLAGEN<br />

——————————————————————<br />

Martin Lammerhuber:<br />

Zeitimpulse durch das Jahr<br />

EUR 9,90<br />

ISBN: 978-3-99024-157-8<br />

Kral Verlag<br />

www.kral-verlag.at<br />

„Es geht um die große Zeitsehnsucht vieler Menschen<br />

und um Anregungen für mehr Zeitbewusstsein“,<br />

so der Marketingmanager und<br />

Autor. Das Buch bringt Tipps und Anregungen<br />

durch alle Jahreszeiten und Monate; der Autor<br />

holt den Leser dort ab, wo er gerade steht und<br />

seine Zeitsehnsucht ihn begleitet. Ob Arbeit,<br />

Karriere, Familie, Urlaub, Freizeit – für alle<br />

Lebens- und Zeitlagen sind Impulse dabei. Der<br />

Nutzen ist ganz klar: mehr Zeit für die Zeit.<br />

Wer sehnt sich nicht nach Entschleunigung,<br />

Auszeit, Zeit für sich selbst? Das Buch bietet<br />

Hilfe mit praktischen Beispielen, einen Zeittest,<br />

Zeitlyrik, philosophische Gedanken und spielerische<br />

Elemente.
/<br />

AUGENWEIDE<br />

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Joachim Brocks: Natur im Garten<br />

EUR 24,90<br />

ISBN 9783901392313<br />

Stein Verlag<br />

www.steinverlag.at<br />

Seit mehr als zehn Jahren sorgt die Aktion<br />

„Natur im Garten“ dafür, dass Gärten vielfältiger,<br />

ökologischer und naturnäher werden. Weit<br />

über 100.000 Gartenfreunde folgen in <strong>Niederösterreich</strong><br />

der Aktion, mehr als 10.000 Gärten<br />

wurden bereits mit der Plakette für ihre ökologische<br />

Gestaltung und Pflege ausgezeichnet. Die<br />

Schaugärten von „Natur im Garten“ locken weit<br />

über drei Millionen Besucher an.<br />

Dieser Bildband ist eine Augenweide – man<br />

meint, die Blüten zu riechen, greift zu den sonnendurchleuchteten<br />

Beeren, es zirpt und<br />

raschelt. Es ist eine Bestätigung für all jene, die<br />

nach den Richtlinien der ökologischen Gartenpflege<br />

arbeiten. Und für die, die noch nicht<br />

Natur im Garten haben, eine unwiderstehliche<br />

Anregung. /<br />

DAS GEWISSE KARO<br />

——————————————————————<br />

Kalmuck ist ein doppeltes Baumwollgewebe,<br />

welches mit jeweils zwei Kett- und Schussfadensystemen<br />

als zwei Gewebe miteinander gewoben<br />

und verbunden wird. Aufgrund seiner Robustheit<br />

wurden Jacken aus Kalmuck von Flößern<br />

und Schiffern getragen – so kam der Stoff in<br />

diesem typischen Karo in die Wachau und<br />

wurde von den Winzern übernommen. Der<br />

Kalmuck-Janker zählt seither zur traditionellen<br />

Wachauer Tracht. Der Stoff (Breite 150 cm)<br />

einer Tiroler Weberei ist in der Galerie der<br />

Regionen in braunem und blauem Karo erhältlich.<br />

Weiters gibt es Kalmuck jetzt zum Einwickeln.<br />

Das Geschenkpapier mit Kalmuckmuster<br />

einer Kremser Druckerei ist ein nette<br />

Aufmerksamkeit. Und vielleicht ist ja dann<br />

schon ein Kalmuck-Janker drinnen, noch besser<br />

samt diesem feschen Model … /<br />

Galerie der Regionen<br />

3504 Krems-Stein, Donaulände 56<br />

Tel. 02732 85015 15<br />

Di–Fr, 10.00–12.00 und 15.00–18.00 Uhr,<br />

jeden 1. Sa im Monat 10.00–12.00 und<br />

14.00–17.00 Uhr, an Konzerttagen bis 21.00 Uhr<br />

www.volkskultureuropa.org/galerie<br />

schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013


Forschung / 32<br />

Volkskunde<br />

MUSEUM ZWISCHEN<br />

STADT UND LAND<br />

Die vielfältigen Beziehungen des Österreichischen Museums für Volkskunde<br />

zu <strong>Niederösterreich</strong> in der Zwischenkriegszeit.<br />

Palais Schönborn in Wien, Gartenansicht, seit 1917 Österreichisches Museum für Volkskunde.<br />

Seit 2010 beschäftigt sich ein Forschungsprojekt<br />

mit der wechselvollen Geschichte<br />

des Österreichischen Museums für Volkskunde<br />

in Wien. Der Forschungsschwerpunkt<br />

liegt dabei auf den Jahren zwischen<br />

1930 und 1950, die für das Museum vielschichtige<br />

Veränderungen bedeuteten. Vom<br />

eher unterfinanzierten Liebhaber-Museum<br />

entwickelte sich das Haus in intensivem<br />

Austausch mit gesellschaftlichen wie (kultur)politischen<br />

Strömungen in Wien und<br />

Österreich zu einem zentralen und publikumswirksamen<br />

Ort für „authentische“<br />

Volkstumserlebnisse. Das Museum gewährleistete<br />

diese durch eine atmosphärisch<br />

dichte Mischung aus wissenschaftlichen<br />

Erkenntnissen und heimatpflegerischen wie<br />

volksbildnerischen Bestrebungen, die auch<br />

in die jeweiligen politischen <strong>Kultur</strong>auffassungen<br />

integriert wurden.<br />

Seit 1917 befindet sich das Volkskundemuseum<br />

in der Laudongasse im 8. Wiener<br />

Gemeindebezirk. Bis zu diesem Zeitpunkt<br />

hatte es ein eher unauffälliges Dasein in<br />

einigen wenigen Räumlichkeiten in der<br />

Wiener Börse geführt. Für das damalige<br />

„k. k. Museum für Volkskunde“ signalisierte<br />

dieser Umzug in ein eigenes Gebäude ein<br />

Aufbruch in eine neue Zeit, die Ausrufung<br />

der Ersten Republik 1918 jedoch veränderte<br />

schlagartig die institutionellen Rahmenbedingungen<br />

wie auch die wissenschaftliche<br />

Ausrichtung: Hatte sich das Museum bislang<br />

in seinen Sammlungen im Wesentlichen an<br />

den Möglichkeiten des Vielvölkerstaates ori-<br />

schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013


Forschung / 33<br />

entiert, war nun die wichtige „politischwissenschaftliche<br />

Stütze des Staatsgedankens<br />

der Monarchie“ obsolet geworden. Die<br />

große Inflation brachte das nunmehrige<br />

Museum für Volkskunde in existenzielle<br />

Schwierigkeiten. Obwohl 1920 die meisten<br />

Schauräume eröffnet werden konnten, blieb<br />

die Situation angespannt und verschärfte<br />

sich erneut im Zuge der Weltwirtschaftkrise<br />

um 1930. Eine Verbesserung der Situation<br />

zeichnete sich für das Museum erst mit der<br />

Etablierung des austrofaschistischen Ständestaates<br />

1933/34 ab, die eine staatliche Aufwertung<br />

von Volkskultur bedeutete: Erhöhte<br />

Subventionen des Bundes, der Stadt Wien<br />

oder auch der Kammer für Handel, Gewerbe<br />

und Industrie erlaubten dem Haus eine<br />

intensivere Ausstellungstätigkeit, führten zu<br />

größeren Infrastrukturmaßnahmen oder<br />

auch zu neuen volkskundlichen Unternehmungen.<br />

Ort für Wissenschaft<br />

und Anwendung<br />

Das Volkskundemuseum hatte sich im Wien<br />

der Zwischenkriegszeit zum zentralen Ort<br />

volkskundlicher Wissensproduktion entwickelt<br />

– ein eigenes Universitätsinstitut für<br />

das Fach Volkskunde existierte bedeutungsvollerweise<br />

erst ab 1939. Hier herrschte ein<br />

intensiver Austausch, der zum einen Unterhaltungs-<br />

und Wissenselemente aus Stadt<br />

und Land aufnahm, aber auch über verschiedenste<br />

Veranstaltungen, Ausstellungen<br />

oder Vorträge wieder zurückwirkte. Professionisten<br />

und Laien gleichermaßen konzentrierten<br />

sich in der Laudongasse auf „Pflege<br />

und Erhaltung“ von „Volkskultur“. Vor allem<br />

Volkstanz, Lied und Spiel sowie die Förderung<br />

bzw. Belebung nationaler Hausindustrie<br />

und des Trachtenwesens nahmen einen<br />

breiten Raum in der Vermittlung von Inhalten<br />

des Museums ein und fanden auch Einzug<br />

in den Alltag der Wiener Bevölkerung.<br />

Als besonderes, weil jedes Jahr viele Besucher<br />

anziehendes Beispiel seien hier die<br />

Aufführungen des St. Pöltner Krippenspiels<br />

genannt. Dieses wurde ab 1931 jährlich in<br />

der Adventszeit bis in den Jänner in einem<br />

Nebenraum des Museums von der „Österreichischen<br />

Heimatgesellschaft“ aufgeführt,<br />

die 1927 von einem Mitarbeiter des Museums<br />

gegründet worden war. Bemerkenswert<br />

am St. Pöltner Krippenspiel ist, dass sich die<br />

Wiener volkskundlichen Akteure bewusst<br />

für ein Spiel aus der niederösterreichischen<br />

Kleinstadt entschieden hatten. Auch so<br />

wurden der als gefährlich beschriebenen<br />

und vielleicht auch tatsächlich so empfundenen<br />

Großstadt anheimelnde Elemente aus<br />

der gediegenen Atmosphäre des Kleinstädtischen<br />

entgegengesetzt.<br />

Allgemein wandte sich die „Österreichische<br />

Heimatgesellschaft“ explizit an ein breites<br />

Publikum und versuchte dieses für die<br />

Belange und Ziele der Volkskunde zu gewinnen.<br />

Sie vermittelte zwischen der wissenschaftlichen<br />

Volkskunde und etwa den vielen<br />

Trachten- und Traditionsvereinen, die<br />

sich „Volkskultur“ auf ihre Vereinsfahnen<br />

geschrieben hatten. Diese Vereine, in denen<br />

sich viele „neue“ Wienerinnen und Wiener<br />

der ersten und zweiten Generation einfanden,<br />

stellten das Bindeglied zwischen der<br />

Großstadt und der „Provinz“ dar, so auch<br />

zum niederösterreichischen Umland. Allerdings,<br />

dies gilt es zu betonen, waren sowohl<br />

die Aktivitäten des Volkskundemuseums<br />

wie auch der Heimatgesellschaft schon vor<br />

1933/34 in den Dienst einer zeitpolitisch<br />

bzw. sozial zu verortenden „Heimat“-Idee<br />

gestellt worden. Im Verlauf der 1930er Jahre<br />

jedoch mischten sich neben den nationalkonservativ<br />

bis völkisch eingestellten Verbänden<br />

nun auch kulturpolitische Organisationen<br />

des Austrofaschismus in die traditionalistische<br />

Heimatpflege des Museums und<br />

in dessen Ausstellungsprogramm.<br />

Die Reichweite des Museums gelangte weit<br />

über den lokalen, also den urbanen Wiener<br />

Handlungsraum hinaus. So etablierten der<br />

Direktor des Hauses, Arthur Haberlandt,<br />

und die „Österreichische Heimatgesellschaft“<br />

das Volkskundemuseum als zentrale<br />

Anlaufstelle in allen Belangen der Tracht<br />

und der so genannten Trachtenpflege. Zahlreiche<br />

Anfragen aus ganz Österreich erreichten<br />

die ab 1935 offiziell am Museum eingerichtete<br />

„Trachtenberatungsstelle“, auf die<br />

Haberlandt und sein Mitarbeiter Antwort<br />

gaben. Dabei verstanden sie sich als Gutachter,<br />

die über die „richtige Tracht“ entschieden<br />

und etwa „verkitschte“ Neuschöpfungen<br />

kritisierten bzw. ablehnten.<br />

„Heimatland“, 1936 – Zeitschrift der<br />

„Österreichischen Heimatgesellschaft“.<br />

Für das Museum blieb das mächtige Bundesland<br />

<strong>Niederösterreich</strong> bis in die Zweite<br />

Republik ein optimaler Partner in der Verwirklichung<br />

der kulturpolitischen Ziele.<br />

Einer der ersten Ausstellungsräume des seit<br />

1946 wirkenden neuen Sammlungsleiters<br />

und späteren Direktors Leopold Schmidt<br />

war dem Land <strong>Niederösterreich</strong> gewidmet.<br />

Das Museum hatte sich nun von der „großdeutschen“<br />

Rhetorik gelöst und betonte das<br />

Österreichische, ganz im Sinne der neuen<br />

Staatsdoktrin. Dass dabei das Wien umgebende<br />

Bundesland eine zentrale Rolle<br />

spielte, zeigen auch personelle Verbindungen:<br />

So war etwa Franz Hurdes als neuer<br />

niederösterreichischer Volksbildungsreferent<br />

im wieder gegründeten Verein für<br />

Volkskunde in Wien als Funktionär tätig.<br />

Damit nahm er Verbindungen aus den<br />

1930er Jahren wieder auf, als er im bäuerlichen<br />

Volksbildungsheim in Hubertendorf<br />

bei Amstetten federführend an der ständestaatlichen<br />

Umsetzung des Volkskulturgedankens<br />

beteiligt war.<br />

Bei den praktischen Ausbildungskursen und<br />

Volkskulturwochen waren viele der Volkskundler<br />

aus Wien gern gesehene Vortragende.<br />

Von diesen intensiven Arbeitsbeziehungen<br />

zeugen auch Kooperationen von<br />

bedeutender Größe wie die Gründung der<br />

Außenstelle des Museums auf Schloss<br />

Gobelsburg, wo 1966 die erste Sonderausstellung<br />

eröffnet wurde. /<br />

Text: Birgit Johler, Magdalena Puchberger<br />

Foto: Österreichisches Museum für Volkskunde<br />

schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013


Thema: Gehen / 34<br />

Wiener Typen<br />

ÖLTRÄGER, GAIKRÄMER,<br />

RASTLBINDER<br />

Sie gingen singend und rufend von Haus zu Haus, waren in exotische Tracht gehüllt, was gleichzeitig<br />

Werbung für ihre Produkte war: Hausierer und Wanderhändler, dargestellt in Serien der „Kaufrufe“.<br />

Johann Christian Brand, Salamiverkäufer, nach 1798 (Detail). Foto: Wien Museum<br />

schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013


Thema: Gehen / 35<br />

Die Kaufruf-Darstellungen wurden im<br />

Rokoko modern, als die Bürger begannen,<br />

die Natur und mit frühem ethnologischen<br />

Interesse das „gemeine Volk“ zu entdecken.<br />

Johann Christian Brand (1722–1795) schuf<br />

eine berühmte Kupferstichserie mit etwa<br />

40 Wiener Kaufrufen. „Im 18. Jahrhundert<br />

erlebte das Genre der Kaufrufe in Wien seinen<br />

Höhepunkt“, schreibt der Historiker<br />

Gerhard Milchram im Katalog zur Ausstellung<br />

„Wiener Typen – Klischee und Wirklichkeit“<br />

im Wien Museum. Einige der Wanderhändler<br />

waren nach ihrer Herkunft<br />

benannt (welsche Salamimänner, Zwiefel’-<br />

krawat oder Tiroler Teppichhändler), andere<br />

nach ihrem Produkt (Ölträger, Rastelbinder,<br />

Vogelfänger).<br />

Tiroler Teppichhändler<br />

Wanderhändler legten oft große Distanzen<br />

zurück, so waren Tiroler Händler aus dem<br />

Westen der k. u. k. Monarchie bis in deren<br />

östliche Kronländer wie Galizien unterwegs.<br />

Die Tiroler Teppichhändler aus dem Defreggental<br />

setzten Tracht, Dialekt und Humor<br />

zur Geschäftsanbahnung ein und waren<br />

bekannt für ihr weit verzweigtes Handelsnetz.<br />

Sie waren sogar in Ägypten anzutreffen.<br />

Der Niedergang des Tiroler Teppichhandels<br />

setzte ab den 1820er Jahren ein.<br />

Kroaten und Slowenen finden sich in den<br />

Abbildungen als Ko’löffelkrawat, Zwiefel’-<br />

krawat und Leinwandhändler sowie Rastelbinder.<br />

Die Rastelbinder aus der Slowakei<br />

stellten Drahtkörbe her und reparierten mit<br />

Draht zerbrochenes Geschirr. Als Ölträger<br />

verkauften sie selbsthergestellte ätherische<br />

Öle, Balsame und Pülverchen als Arzneien.<br />

Italiener sind als „welscher Figurenhändler“<br />

und „welsche Würst-Krämer“ zu sehen.<br />

Viele kamen aus dem Friaul und gingen in<br />

Eilmärschen in nur acht bis neun Tagen<br />

nach Wien, das entspricht einem Durchschnitt<br />

von 50 Kilometer pro Tag. Die Salami<br />

hatten sie übrigens nicht im Gepäck – sie<br />

wurden unter ihrer Anleitung in Wien hergestellt.<br />

Jüdische Wanderhändler und Hausierer<br />

haben in den „Wiener Typen“-Serien ihren<br />

festen Platz. Als marginalisierte und häufig<br />

angefeindete Minderheit waren sie noch viel<br />

stärker von lokalen Faktoren und gesetzlichen<br />

Bestimmungen abhängig als ihre<br />

Georg Emanuel Opitz, „Ein herrschaftlicher Jäger, mit einem Regensburger Dienstmädchen, und ein<br />

Tyroler Teppichhandler, in Wien. / Le Chasseur au Service, d’une haute Noblesse, avec une Servante de<br />

Ratisbonne et un Tyrolois, qui vend des Tapis de Vienne.“ (Detail). Foto: Wien Musuem<br />

christlichen Kollegen. Vor allem waren sie in<br />

einem „viel stärkeren Ausmaß Einschränkungen<br />

bezüglich Niederlassung, Berufswahl<br />

und Mobilität unterworfen“, schreibt<br />

der Historiker Gerhard Milchram.<br />

„Unnötige Ware“<br />

und Handelspatente<br />

Das Verhältnis der Obrigkeit zu den wandernden<br />

Händlern war von tiefem Misstrauen<br />

geprägt: Gefährdung der öffentlichen<br />

Sicherheit, Verleiten zum Ankauf unnötiger<br />

Ware, Liederlichkeit – um ein paar Schlagworte<br />

zu nennen.<br />

Unter Maria Theresia und Sohn Joseph II.<br />

wurden Handelspatente ausgegeben. Ab<br />

Mitte des 18. Jahrhunderts wurde das Gesetz<br />

auch dazu genutzt, um der Bevölkerung<br />

bestimmter strukturschwacher Gebiete einen<br />

zusätzlichen Erwerb zu ermöglichen<br />

bzw. den Handel auf eine neue rechtliche<br />

Basis zu stellen. Im Hausierpatent von 1852<br />

findet sich eine umfassende Liste mit solchen<br />

Gebieten und deren Bewohnern, etwa<br />

die Bewohner der Gottschee (Slowenien),<br />

die Untertanen des so genannten Bändelkrämerbezirks<br />

(Waidhofen/Thaya) und die<br />

böhmischen Glashändler, die wie bisher in<br />

Böhmen und Mähren hausieren und die<br />

kleineren Jahrmärkte und Kirchtage in <strong>Niederösterreich</strong><br />

besuchen durften.<br />

Der Versuch der gesetzlichen Regelungen<br />

des Wanderhandels im 18. und 19. Jahrhundert<br />

spiegelt auch eine soziale Realität in<br />

vielen ländlichen Gegenden dieser Zeit<br />

wider, in der die dörfliche Subsistenzwirtschaft<br />

nicht mehr funktionsfähig war,<br />

ungünstige Boden- und Klimaverhältnisse,<br />

Realteilung und Überbevölkerung Dörfer in<br />

ihrer agrarischen Existenz bedrohten und<br />

Menschen dazu zwang, sich andere Erwerbsformen<br />

zu suchen. Daher begannen die<br />

Einwohner, manchmal ganzer Landstriche,<br />

mit dem Hausierhandel, der oft die einzige<br />

Möglichkeit zur Einkommenssicherung<br />

bot. /<br />

Zusammenfassung des Beitrags: „Tiroler Teppichhändler,<br />

Italienische Figurenverkäufer, Zwiebelkroaten,<br />

Jüdische Trödler und Griechische Kaufleute“ von<br />

Gerhard Milchram in: „Wiener Typen – 
Klischees<br />

und Wirklichkeit“, Wien 2013<br />

WIENER TYPEN<br />

———————————————————<br />

Klischee und Wirklichkeit<br />

Wien Museum<br />

1040 Wien, Karlsplatz 8<br />

Öffnungszeiten<br />

Bis So, 6. 10. 2013<br />

Di–So und Feiertage 10.00–18.00 Uhr<br />

www.wienmuseum.at<br />

schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013


Thema: Gehen / 36<br />

Werkstatt<br />

BLEIB BEI DEINEN LEISTEN<br />

Seitdem wir von den Bäumen herabgestiegen sind, begleiten sie uns das ganze Leben – die Schuhe.<br />

Ein Besuch in der Schusterwerkstatt von einst.<br />

Es riecht streng. Nach Leder und Schweiß,<br />

nach Schuhcreme und Staub. Wir Kinder<br />

gingen mit gemischten Gefühlen zum Schuster<br />

– Faszination und Furcht vor den strengen<br />

Blicken des Meisters: Massenware! Und:<br />

Wie konnte man bloß so lange zuwarten und<br />

die Absätze derart schief laufen? Bis kommende<br />

Woche? – Keinesfalls!<br />

Stellen wir uns die Werkstatt so vor. Ein paar<br />

Stufen führen hinunter in das Souterrain, die<br />

Tür quietscht. Es ist dunkel und kühl. Im<br />

hintersten Eck ein Regal mit den Leisten. Die<br />

Holzform ist die Nachbildung des Fußes:<br />

entweder als Maßleiste oder als Konfektionsleiste.<br />

Die Leistenform – ob Wiener oder<br />

Budapester, französischer oder englischer<br />

Leisten – ist Geschmacks- und Gewohnheitssache<br />

und eigentlich nur Thema bei Schuhmachern,<br />

die vorzugsweise auch noch „k. u. k.<br />

Hoflieferant“ als Titel tragen. Aber in einer<br />

kleinen Dorfschusterei waren solche Fragen<br />

kein Thema. Der Leisten wurde, wenn der<br />

Schuster geschickt war, selbst aus dem Rohling<br />

geformt oder vom Wagner hergestellt.<br />

Die Nähmaschinen Marke Singer oder Adler<br />

sind in einer alten Werkstatt die einzigen<br />

Maschinen. Darauf werden die Einzelteile des<br />

Oberteiles zusammengenäht. Dann nagelt<br />

der Schuster die Brandsohle auf den Leisten,<br />

zieht die zusammengenähten Teile des Oberteils<br />

mit der Ambosszange über den Schaft<br />

und vernäht sie mit der Brandsohle. Wie<br />

schon gesagt, es ist recht dunkel in der Werkstatt,<br />

die Schuster behalfen sich in früheren<br />

Zeiten mit der so genannten Schusterkugel,<br />

einer mit Wasser gefüllten Glaskugel, die das<br />

Licht verstärkte und so platziert wurde, dass<br />

der Lichtstrahl aufs Werkstück trifft.<br />

Rahmengenäht, zwiefachgenäht<br />

Ein weiteres Hilfsmittel des Schusters kennen<br />

wir aus Nestroys „Lumpazivagabundus“. Die<br />

drei Handwerker in der Posse um Geld,<br />

Glück und Liebe tragen sprechende Namen:<br />

Leim, Zwirn und Knieriem. Mit dem Knieriem<br />

befestigt der Schuster, um beide Hände<br />

frei zu haben, den Schuh am Oberschenkel.<br />

Kehren wir zum halbfertigen Schuh zurück.<br />

Der Schaftteil ist mit Brandsohle vernäht,<br />

jetzt kommt der Rahmen auf den Schuh. Der<br />

Lederrahmen wird mit kleinen Holzstiften<br />

aus Pappelholz auf die Unterseite des Schuhs<br />

genagelt, danach werden die herausragenden<br />

Stifte mit einer Raspel abgeschliffen. Dann<br />

wird die Laufsohle angeklebt. Der Rahmen –<br />

Stichwort „rahmengenäht“ – verbindet<br />

Schuhschaft (Oberteil) mit der Sohle. Um<br />

den Zwirn haltbar und auch schlüpfriger zu<br />

machen, zieht der Schuster den Zwirn durch<br />

ein Wachs- oder Pechstück. Mit der Ahle<br />

fertigt er die Löcher im Rahmen an, anschließend<br />

näht er mit zwei Nadeln gleichzeitig –<br />

die eine führt er von oben, die andere von<br />

unten gleichzeitig durch das Loch. „Zwiefachgenäht“<br />

festigt den Schuh und schont<br />

den Zwirn, der bei diesem Vorgang nicht<br />

durch ein zweites Nachnähen verletzt wird.<br />

Anschließend wurde die Naht verpecht.<br />

Um den Schuh haltbarer zu machen, wird die<br />

Sohle mit Eisen beschlagen. Dazu kommt der<br />

Schuh auf den Schusteramboss und die Stahlnägel<br />

werden eingeschlagen. Arbeitsschuhe<br />

hatten ein Leben lang zu halten, das andere<br />

Paar Schuhe – das Sonntagspaar – wurden so<br />

lange als möglich repariert. Und wenn ein<br />

Peter Huber in der Schusterwerkstatt des<br />

Museumsdorfs Niedersulz.<br />

Stiefel nicht mehr zu flicken ging, wurde der<br />

Stiefelschaft abgetrennt. Der Schaft wurde im<br />

Weinviertel mit Boden und Tragegurt versehen<br />

und fand als Kellerzegerl Verwendung.<br />

Ein paar Stufen führen hinunter in das Souterrain,<br />

die Tür quietscht. Es hat sich wenig<br />

verändert seit den ersten Besuchen in Kindheitstagen.<br />

Der alte Meister ist längst gestorben<br />

und der Sohn bereits grauhaarig. Er<br />

blickt kritisch auf die abgetragenen Sohlen.<br />

Wie konnte man bloß so lange zuwarten … /<br />

Text: Mella Waldstein<br />

SCHUSTERWERKSTATT<br />

———————————————————<br />

Museumsdorf Niedersulz<br />

2224 Niedersulz, Tel. 02534 333<br />

www.museumsdorf.at<br />

schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013


Museumsdorf Niedersulz / 37<br />

Bibelgarten<br />

GOTTES GARTEN<br />

Im kürzlich eröffneten Bibelgarten im Museumsdorf Niedersulz wachsen Pflanzen,<br />

die im Alten und Neuen Testament genannt sind.<br />

Der Feigenbaum. Foto: z. V. g.<br />

Granatäpfel, Ölbaum und Feigen verbreiten<br />

seit kurzem ihren südländischen Charme im<br />

Weinviertler Museumsdorf Niedersulz. Auf<br />

einem sonnigen Platz zwischen Täuferhaus,<br />

Lenneskapelle und Lutherischer Geheimkapelle<br />

wurde in Zusammenarbeit mit der<br />

Österreichischen Bibelgesellschaft ein Garten<br />

errichtet, wie er in dieser Form einmalig in<br />

<strong>Niederösterreich</strong> ist. Es ist der Bibelgarten,<br />

der sich mit dem Thema „Pflanzen der Bibel“<br />

und ihrem Stellenwert in der historischen<br />

Gartenkultur auseinandersetzt. Er ist Teil der<br />

Gartenausstellung „Kümmel, Koriander und<br />

Co.“, einer Kooperation mit der <strong>Niederösterreich</strong>ischen<br />

Landesausstellung 2013, die sich<br />

den Pflanzen rund um Brot und Wein widmet.<br />

Auf dem an die 300 Quadratmeter großen-<br />

Areal wurden Trockensteinmauern errichtet,<br />

um den Höhenunterschied auszugleichen.<br />

Sie sind für Pflanzen, die Trockenheit und<br />

Wärme lieben, eine gute Basis und unterstreichen<br />

gemeinsam mit den geschotterten<br />

Wegen den südlichen Charakter des Gartens.<br />

Außerdem stellen Trockenmauern ein<br />

wertvolles Naturgartenelement dar, wie es<br />

Teil der Richtlinien der Aktion „Natur im<br />

Garten“ ist, nach denen sich die ökologische<br />

Pflege des Grünraums orientiert. Einige<br />

kälteempfindliche Pflanzen wachsen in<br />

Holzgefäßen, wie das auch schon vor über<br />

150 Jahren im Weinviertel üblich war, und<br />

überwintern in einem frostfreien, hellen<br />

Innenraum.<br />

Pflanzen der Bibel<br />

Pflanzen spielen in der Bibel eine grundlegende<br />

Rolle. Vom Schöpfungspsalm an, in<br />

dem von Wein, Öl und Brot die Rede ist, über<br />

das Hohelied Salomos bis hin zu den vielen<br />

Gleichnissen Jesu.<br />

„Ein Lustgarten sprosst aus dir, / Granatbäume<br />

mit köstlichen Früchten, / Hennadolden,<br />

Nardenblüten, / Narde, Krokus, Gewürzrohr<br />

und Zimt, / alle Weihrauchbäume, / Myrrhe<br />

und Aloe, / allerbester Balsam.“<br />

(Hohelied 4,12–14)<br />

Der Mensch wird in der Bibel als Gärtner<br />

bezeichnet, aber auch mit Pflanzen oder<br />

Samen verglichen, manche Stellen erscheinen<br />

wie eine <strong>Kultur</strong>anleitung. Gartenthemen, die<br />

auch heute im Mittelpunkt der Gartenkultur<br />

stehen, finden sich in der Bibel: Düfte und<br />

Heilwirkung, Paradies- und Nutzgarten, Blumen<br />

und Wein, Besinnung und Lust. Über<br />

allem aber steht immer der Symbolgehalt der<br />

Pflanzen.<br />

Die etwa 110 in der Bibel erwähnten Pflanzenarten<br />

sind großteils in Israel, Palästina<br />

und Ägypten beheimatet oder kamen über<br />

Handelswege ins Land. Für den Bibelgarten<br />

im Museumsdorf wurden nach Möglichkeit<br />

an unsere klimatischen Verhältnisse angepasste<br />

Sorten ausgesucht. In vielen Fällen<br />

kann man eine historische Verwendung in<br />

den Gärten <strong>Niederösterreich</strong>s nachweisen.<br />

So finden sich die Madonnenlilien als Lilien<br />

des Feldes (Matthäus 6,28-29), der bei uns<br />

heimische Bocksdorn anstelle des europäischen<br />

Bocksdorns der Bibel oder der Flaschenkürbis,<br />

der im Weinviertel als Weinheber<br />

verwendet worden ist. Marien- und<br />

Benediktendisteln stellen die Disteln und<br />

Dornen dar, eine heimische Eiche steht für<br />

die Taboreiche Israels.<br />

Alle Pflanzen sind beschriftet und mit Hinweisen<br />

auf die entsprechenden Bibelstellen<br />

versehen. Diese sowie das dazugehörende<br />

Begleitheft wurden von der Bibelgesellschaft<br />

verfasst. /<br />

Text: Ulrike Nehiba<br />

MUSEUMSDORF NIEDERSULZ<br />

———————————————————<br />

Museumsdorf Niedersulz<br />

2224 Niedersulz<br />

Tel. 02534 333<br />

Öffnungszeiten<br />

Bis Fr, 1. 11. 2013, tägl. 9.30–18.00 Uhr<br />

www.museumsdorf.at<br />

schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013


Museum / 38<br />

St. Peter in der Au<br />

DIE OPERETTE LEBT<br />

Das neue Carl Zeller-Museum im Schloss St. Peter in der Au macht Leben und Gesamtwerk des<br />

Komponisten der Operette „Der Vogelhändler“ unmittelbar erlebbar.<br />

Bühnenbild zu Carl Zellers Operette „Der Vogelhändler“.<br />

Als Carl Zeller am 17. August 1898 in Baden<br />

bei Wien starb, war er bereits als großer Meister<br />

der Operette anerkannt. Vergessen war<br />

zum Zeitpunkt seines Todes und viele Jahre<br />

danach aber seine Herkunft aus dem Mostviertel.<br />

Dies blieb auch so, bis in den 1920er<br />

Jahren der hier musikalisch engagierte<br />

Gemeindearzt Dr. Karl Wittwar St. Peter in<br />

der Au wieder weithin als Geburtsort des<br />

berühmten Operettenkomponisten bekannt<br />

machte.<br />

Carl Adam Johann Nepomuk Zeller wurde<br />

am 19. Juni 1842 als einziges Kind des Wundarztes<br />

Johann Zeller und seiner Frau Maria<br />

Anna Elisabeth (geb. Dierl) in St. Peter in der<br />

Au geboren. Ab Herbst 1849 besuchte Carl<br />

Zeller hier die Volksschule. Dort erteilte ihm<br />

der alte Schulmeister Josef Brandstetter den<br />

ersten Musikunterricht. Mit sieben Jahren<br />

spielte Carl Zeller bereits auf der Orgel der<br />

Pfarrkirche, erlernte verschiedene Orchesterinstrumente<br />

und sang bei Messen das Sopransolo.<br />

Im Alter von elf Jahren kam er zur<br />

Hofmusikkapelle nach Wien. In den vier<br />

Jahren als Sängerknabe genoss er den Klavier-<br />

und Kompositionsunterricht des hochgeachteten<br />

Musikpädagogen Simon Sechter,<br />

der auch Lehrer von Anton Bruckner und<br />

Franz Schubert war. Ab 1860 besuchte Carl<br />

Zeller das Gymnasium des Stiftes Melk und<br />

legte dort im August 1861 die Matura ab. Ab<br />

1862 studierte er an der Universität Wien<br />

Rechtswissenschaften und promovierte 1869<br />

in Graz zum Doktor der Rechte.<br />

Staatsdienst &<br />

Nebenberufskomponist<br />

Nach seiner Promotion war Carl Zeller zuerst<br />

an Gerichten tätig, ehe er 1873 in den Staatsdienst<br />

berufen wurde. Bedächtig kletterte er<br />

schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013


Museum / 39<br />

Das neu adaptierte Carl Zeller-Museum in St. Peter in der Au …<br />

... mit Multimediastationen.<br />

mit den Jahren die Karriereleiter im Ministerium<br />

für Cultus und Unterricht hinauf. Zeller<br />

war zuletzt Ministerialrat und leitete das<br />

Kunstreferat.<br />

Carl Zeller komponierte sein Leben lang nur<br />

nebenberuflich als Hobby. Trotzdem war er<br />

als Komponist Zeit seines Lebens als Meister<br />

des Operettenfaches anerkannt und geschätzt.<br />

Seine Musikerkarriere begann er mit Liederspielen<br />

und komischen Opern. Seinen musikalischen<br />

Höhepunkt erreichte er 1886 mit<br />

der Operette „Der Vagabund“. Wenn Zeller<br />

heute als Klassiker der goldenen Operettenära<br />

gesehen wird, so hat seine Meisteroperette<br />

„Der Vogelhändler“ den entscheidenden<br />

Anteil an dieser Wertschätzung. Das<br />

1891 uraufgeführte Werk besticht in der<br />

meisterlichen Ausformung des Orchestersatzes<br />

und vor allem durch die kunstvollen<br />

Ensembles, die mit „Schenkt man sich Rosen<br />

in Tirol“ ihren Höhepunkt erreichen. Der<br />

Erfolg seiner nächsten Operette, „Der Obersteiger“,<br />

lag wieder in den volkstümlichen<br />

Ensembles und in der geschickten Verwendung<br />

von Bühnenmusik.<br />

Carl Zeller verlebte seine letzten Jahre als<br />

schwerkranker Mann. 1897 schied Carl Zeller<br />

aus seiner Stellung im Ministerium. Er zog<br />

sich aus allen gesellschaftlichen Kreisen<br />

zurück und war in einen bösen Erbschaftsprozess<br />

verwickelt. Am Abend des 17. August<br />

1898 starb Carl Zeller in Baden bei Wien im<br />

Alter von nur 56 Jahren. Eine Nachlass-Operette<br />

mit dem Titel „Der Kellermeister“<br />

wurde 1901 im Raimundtheater in Wien<br />

uraufgeführt. In seinem Geburtsort St. Peter<br />

in der Au erinnern heute neben einer<br />

Gedenktafel am Geburtshaus noch der<br />

Vogelhändler-Brunnen, das Grab seines<br />

Vaters am Ortsfriedhof, einige Straßennamen,<br />

die nach ihm benannte Musikschule<br />

und das Carl Zeller-Museum an den berühmtesten<br />

Sohn dieser Marktgemeinde.<br />

Schauen, Staunen, Mitmachen<br />

Das mit Unterbrechungen seit 1934 in verschiedenen<br />

Räumlichkeiten bestehende Carl<br />

Zeller-Museum wurde nun im Schloss St.<br />

Peter in der Au neu eröffnet. Als modernes<br />

Musikermuseum kann es jetzt dem interessierten<br />

Besucher Leben und musikalisches<br />

Gesamtwerk Carl Zellers unmittelbar erlebbar<br />

machen. Das Museum wurde so gestaltet,<br />

dass sowohl eine individuelle Besichtigung in<br />

Eigenregie als auch eine geführte Besichtigung<br />

möglich ist. Kleine Zusatzausstellungen<br />

zu Sonderthemen werden zu wiederholtem<br />

Besuch einladen. Projekte und Workshops<br />

mit den Schulen unter dem Motto „Schauen,<br />

Staunen, Mitmachen“ sollen den Komponisten<br />

auch für die jüngeren Altersgruppen<br />

interessant machen.<br />

Mittels mehrerer Multimedia-Stationen mit<br />

zahlreichen Audio- und Videobeispielen wird<br />

das gesamte Spektrum von Carl Zellers kompositorischem<br />

Schaffen gezeigt. Neben Gesamtaufnahmen<br />

von Bühnenaufführungen<br />

und Konzerten sind auch historische Aufnahmen<br />

von Sängern und Sängerinnen der<br />

Uraufführungen der Zeller-Operetten zu hören<br />

und zu sehen. So gibt es etwa den Operettenstar<br />

Alexander Girardi – er war der erste<br />

Vogelhändler „Adam“ – in einem kurzen<br />

Stummfilm zu sehen, der dank vorhandener<br />

Schellack-Aufnahme und moderner Computertechnik<br />

vertont werden konnte.<br />

Wiedergefundene Verwandtschaft<br />

Durch die Lage im Schloss, wo auch das<br />

Gemeindeamt untergebracht ist, gibt es für<br />

individuelle Besichtigungen regelmäßige Öffnungszeiten<br />

an den Wochentagen. Gruppenund<br />

Einzelführungen werden nach Vereinbarung<br />

angeboten. Das neue Carl Zeller-Museum<br />

im Schloss St. Peter in der Au wurde am<br />

7. April 2013 neu eröffnet. Bei dieser Feier<br />

war der erst vor kurzem gefundene Urenkel<br />

von Carl Zeller, Ing. Gottfried Hecher, mit<br />

seiner Familie erstmals in St. Peter in der Au<br />

zu Besuch. /<br />

Text und Fotos: Thomas Gnedt<br />

CARL ZELLER-MUSEUM<br />

———————————————————<br />

3352 St. Peter in der Au<br />

Hofgasse 6<br />

Tel. 07477 42111-0 oder 0680 2059678<br />

Öffnungszeiten<br />

Mo 8.00–12.00 u. 13.00–18.00 Uhr,<br />

Di–Fr 8.00–12.00 Uhr<br />

und nach Voranmeldung<br />

www.carlzeller.at<br />

schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013


Museum / 40<br />

Hernstein<br />

GLÜCK DURCH PECH<br />

Die Pecherei prägte im letzten Jahrhundert nicht nur ganze Landschaften, sondern auch die Menschen darin.<br />

Das Museum für Pecherei in Hernstein präsentiert die Geschichte dieses Berufsstandes.<br />

Die Schwarzföhren geben ein qualitativ hochwertiges Pech.<br />

Schon vor 2.000 Jahren verwendeten die<br />

alten Römer und Griechen Pech zum<br />

Abdichten ihrer Schiffe, als Zusatz für die<br />

Erzeugung des wertvollen Papiers und als<br />

Medizin. Die ursprüngliche volkswirtschaftliche<br />

Bedeutung der Pecherei war enorm:<br />

1715 wurden laut Aufzeichnungen Schwarzföhren<br />

in Hernstein gepecht. Im Bannbuch<br />

von Grillenberg aus dem Jahre 1747 wird<br />

das „Kohlhaufen anlegen und das Pechbaum<br />

anhacken“ ebenfalls erwähnt. 1913 wurden<br />

in der Region um Wiener Neustadt geschätzte<br />

5.000 Tonnen Harz produziert, dem<br />

gegenüber stand allerdings ein geschätzter<br />

Importbedarf von etwa 40.000 Tonnen.<br />

Nicht nur die Lack-, Seifen- und Papierindustrie<br />

war von diesem Rohstoff abhängig,<br />

sondern auch bestimmte Bereiche der<br />

Kriegswirtschaft, und es wurden große<br />

Anstrengungen unternommen, um einerseits<br />

die Pecherei in <strong>Niederösterreich</strong> zu<br />

forcieren und andererseits die Schwarzföhrengebiete<br />

in Bosnien und Herzegowina für<br />

die Harznutzung zu erschließen. Selbst in<br />

der jüngsten Vergangenheit waren von der<br />

Harzgewinnung ganze Industriezweige<br />

abhängig. Erst durch den Ersatz der Destillationsprodukte<br />

Kolophonium, Harzöl und<br />

Terpentinöl durch synthetische Stoffe um<br />

1960 begann der Niedergang der Pecherei,<br />

bis dann Anfang der 1970er Jahre das endgültige<br />

„Aus“ kam.<br />

schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013


Museum / 41<br />

Das Pech wird in Kübeln gesammelt …<br />

…. davor aber muss der Baum durch Schnitte verletzt werden.<br />

Mit Leiter und Rutschfleck<br />

Das Pechermuseum in Hernstein<br />

Im Frühjahr begann die wichtigste Arbeit<br />

des Pechers. Die vorbereiteten Scharten auf<br />

den Stämmen der Schwarzkiefer wurden<br />

geplätzt oder gehobelt. In Abstand von<br />

wenigen Tagen wurde ein Stückchen Rinde<br />

mehr entfernt: Die Baumwunde – „Lachte“<br />

genannt – wurde immer größer. Das Harz<br />

aus der Wunde tropfte in den darunter angebrachten<br />

Topf. Drei bis vier Mal pro Sommersaison<br />

wurde der Pechtopf in ein dafür<br />

vorbereitetes und im Waldboden vergrabenen<br />

Fass entleert. Auf der Baumwunde<br />

kristallisierte den Sommer über das Harz,<br />

welches im Herbst „abgescherrt“ wurde.<br />

Neben den verschiedenen Hobeln und<br />

Äxten war die Leiter das auffälligste Werkzeug<br />

der Pecher. Sie wurde von ihnen selbst<br />

hergestellt und war bis zu sechs Meter lang.<br />

Der Pecher stieg am Tag mehrere hundert<br />

Mal hinauf, um mit dem Hobel den Harzfluss<br />

anzuregen. Hinunter rutschte er. Dazu<br />

benützte er an Oberschenkeln und Knien<br />

befestigte „Rutschfleck’n“ aus Leder.<br />

Nur in Hernstein, als einzigem Ort Österreichs,<br />

hat die Harzgewinnung im eingeschränkten<br />

Rahmen bis heute Bestand. Dem<br />

Niedergang der Pecherei folge auch, dass die<br />

Schwarzföhre zunehmend an Bedeutung<br />

verlor, in Vergessenheit geriet – vielen Menschen<br />

ist heute nicht mehr bewusst, wie<br />

sehr dieser Baum zur Entwicklung ganzer<br />

Regionen in <strong>Niederösterreich</strong> beigetragen<br />

hat.<br />

1989 wurde erstmalig das Pechermuseum in<br />

Hernstein eröffnet, wo die ehemaligen<br />

Pecherwerkzeuge ausgestellt und in Führungen<br />

präsentiert wurden. Das nun 2013<br />

wieder eröffnete und völlig neu adaptierte<br />

Museum wurde an die modernen Richtlinien<br />

der Museumspädagogik angepasst.<br />

Hautnah und unterstützt durch multimediale<br />

Elemente kann ein intensiver Blick in<br />

eine vergangene Epoche geworfen werden.<br />

Nicht nur zahlreiche Werkzeuge sind ausgestellt,<br />

sondern auch echte Schaubäume,<br />

die auf Waldboden angesiedelt sind und ein<br />

tiefes Gefühl der Identifikation mit dem<br />

Lebensraum der ehemaligen Pecher vermitteln.<br />

1988 wurde ein Pecherlehrpfad angelegt, wo<br />

bei einem gemütlichen und barrierefreien<br />

Spaziergang durch die freie Natur die Arbeit<br />

der ehemaligen Pecher an lebendigen Bäumen<br />

studiert werden kann. Erweitert wird<br />

der Lehrpfad durch die architektonisch<br />

modern gestaltete Vinzenzkapelle, die auch<br />

gleichzeitig einen Hort der Ruhe und Besinnung<br />

ist und zum Verweilen einlädt.<br />

Die Bestrebung, die Pecherei zu bewahren,<br />

wurde 2011 auch von der UNESCO anerkannt<br />

und „Die Pecherei in <strong>Niederösterreich</strong>“<br />

zum immateriellen <strong>Kultur</strong>erbe erklärt.<br />

/<br />

Text: Johannes Leitner<br />

Fotos: Manfred Horvath<br />

Der Vorgang wird im Museum von Hernstein<br />

anschaulich präsentiert. Foto: Leopold Schneidhofer.<br />

PECHEREIMUSEUM<br />

———————————————————<br />

2560 Hernstein<br />

Pfarrgasse 2<br />

Tel. 02633 47205 oder 0664 5568611<br />

marktgemeinde@hernstein.gv.at<br />

Öffnungszeiten<br />

Mai–Oktober, So 10.00–12.00 Uhr<br />

sowie gegen Voranmeldung<br />

schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013


Weinviertel / 42<br />

Brandung = Konfrontation = Begegnung<br />

BRANDUNGSZONE<br />

Das Viertelfestival NÖ, heuer im Weinviertel zu Gast, präsentiert 69 Kunstprojekte:<br />

geologisch-kulturelle Grenzüberschreitungen im Weinviertel.<br />

Küste in der Bretagne. So können wir uns die Eggenburger Granitküste vor 20 Millionen Jahren vorstellen – eine Brandungsküste. Foto: Thomas Hofmann<br />

„Brandungszone“, das Motto des „Viertelfestival<br />

NÖ – Weinviertel 2013“, weckt Assoziationen<br />

an steile Küsten, Gischt, an Naturgewalten.<br />

In der sanften Hügellandschaft des<br />

Weinviertels wirken „Brandungszonen“ befremdlich.<br />

Im Lößland, dem Schauplatz des<br />

heurigen Festivals, gelten andere Gesetze. Es<br />

gilt tiefer bzw. unter den Löß zu blicken.<br />

Knapp unter der Bodenkrumme liegen hier<br />

die (Ge-)Schichten. Sie (er)öffnen Fenster in<br />

vergangene Welten, die man nicht vermuten<br />

würde. Den überzeugendsten Beweis liefert<br />

der Ort der Festivaleröffnung: das Austernriff<br />

von Stetten („Fossilienwelt Weinviertel“).<br />

Wer im Viertel unter dem Manhartsberg mit<br />

dem „Blick zurück“ unterwegs ist, wird<br />

immer wieder auf Brandung, im Sinne von<br />

Begegnung(en) oder Konfrontationen, stoßen.<br />

„Brandungszone“ wächst hier allerorts<br />

über den naturwissenschaftlicher Ansatz<br />

hinaus, wird zur identitätsstiftenden Metapher<br />

für die Region. Begegnungen, Konfrontationen<br />

verschiedener Menschen, <strong>Kultur</strong>en,<br />

fremde Heere und Krieger, aber auch Arbeit<br />

suchende Familien, die seit Jahrtausenden<br />

Prozesse des Anbrandens, des Auflaufens bis<br />

hin zur Integration mitmach(t)en, präg(t)en<br />

das Weinviertel nachhaltig. Bezeichnend<br />

dafür ist das Projekt der Schüler und Schülerinnen<br />

in Hohenau, die die Situation der hier<br />

neu An- bzw. Hinzugekommenen thematisieren<br />

„Brandungszone – in Hohenau angekommen!<br />

Von neuen und alten Hohenauern“.<br />

Brandungszone Eiserner Vorhang<br />

Noch bis 1989 war die gesamte Grenze des<br />

Weinviertels eine Brandungszone, wenn man<br />

den einstigen Eisernen Vorhang so bezeichnen<br />

will – ein Aneinandertreffen zweier politischer<br />

Großmächte. Exakt am Schnittpunkt,<br />

der Grenze der einstigen Regime, deren Exis-<br />

schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013


Weinviertel / 43<br />

tenz vor 25 Jahren man heute an der Grünen<br />

Grenze nur mehr sehr vage erahnen kann,<br />

positioniert Michael Kos sein Projekt „HIN &<br />

HER – Ein Schiff wird kommen“. Konkret:<br />

eine Schiffschaukel, wie man sie von Kirtagen<br />

kennt. Sie lädt gleich neben der Straße von<br />

Ottenthal nach Mikulov/Nikolsburg „ähnlichem<br />

einem Metronom“ (Michael Kos) ein,<br />

hin und her zu schaukeln bzw. Grenzen im<br />

Sekundentakt zu wechseln. Einmal mehr<br />

möge der Standort der Schaukel zur Rückschau<br />

animieren. Der in der Nähe befindliche<br />

Kreuzberg bei Kleinschweinbarth war über<br />

Jahrzehnte den aus ihrer Heimat vertriebenen<br />

Südmährern ein Ausflugsziel, um<br />

wehmütig in ihre einstige Heimat rund um<br />

Mikulov/Nikolsburg zu blicken. Apropos<br />

Schiffe: Die passen gut in die Weinviertler<br />

Landschaft, denn alle geologischen Ablagerungen<br />

(Schichten) im Weinviertel (Löß und<br />

Granit ausgenommen) sind im Wasser entstanden.<br />

Zeitlich beginnt die aquatische Vielfalt<br />

vor 150 Millionen Jahren mit dem Ernstbrunner<br />

Kalk und reicht mit dem Marchsand<br />

und Donauschotter bis in unsere Tage. Die<br />

Geologie erzählt Geschichten von tropischen<br />

Lagunen, tiefen Meeren, weiten Seen oder<br />

breit strömenden Flüssen, wo sich überall<br />

buntes Leben tummelte.<br />

Auch die Ostgrenze des Weinviertels zur heutigen<br />

Slowakei ist Schauplatz eines grenzüberschreitenden<br />

Projekts: „MOLASSE-<br />

MEER und MARCHKULTUR. Was blieb<br />

vom vielen Wasser“ von Reinhold Schwab ist<br />

in Marchegg angesiedelt. Diese Aktion beginnt<br />

und endet beim Zollwachedenkmal<br />

an der March, wo am 22. Juni 2013 gegen<br />

22 Uhr 1.000 Kerzen entlang des Grenzflusses<br />

schwimmen. Diese Lichter gewinnen angesichts<br />

jener Menschen, die in Zeiten des<br />

Kalten Krieges die March durchschwommen<br />

haben, um dem kommunistischen Regime zu<br />

entfliehen, eine weitere Dimension. Neben<br />

Projekten, die direkt Bezug auf die einstige<br />

politische Grenz- bzw. Brandungssituation<br />

nehmen, greifen eine Reihe anderer Initiativen<br />

geologische Fakten auf, die ihrerseits<br />

Keimzellen künstlerischer Interventionen<br />

darstellen.<br />

Geologisch inspirierte<br />

Interventionen<br />

Ganz im Westen des Weinviertels, wo vor<br />

rund 20 Millionen Jahren das Meer der Paratethys<br />

an den harten Maissauer Granit<br />

anbrandete, lebten in stillen Buchten rund<br />

Die Urdonau – Schifffahrt in Hollabrunn, Fotomontage. Foto: Viertelfestival NÖ<br />

um Eggenburg unzählige Seekühe. Allein<br />

ihr Name, Metaxytherium krahuletzi, ist<br />

Geschichte; 1895 benannte Charles Deperet<br />

die wenigen Knochen, die damals bekannt<br />

waren, nach dem umtriebigen Heimatforscher<br />

und Museumsgründer Johann Krahuletz<br />

(1848–1928). Rund 100 Jahre später gruben<br />

eifrige Paläontologen eine ganze Herde<br />

aus; ein Exemplar wurde als „Letzi“ zum<br />

Maskottchen und erlebt nun dank der Initiative<br />

von Tania Berger neue Ehren. „Letzi is<br />

back. Die Rückkehr der Seekühe“ erinnert in<br />

Form von Seekuhförmigen Windsäcken an<br />

die Fundorte und die einstigen Lebensräume<br />

der Seekühe rund um Eggenburg.<br />

Ebenfalls in Eggenburg und thematisch nahe<br />

verwandt ist das Projekt von Jochen Sengseis<br />

und Gregor Kremser: „Another Evolution.<br />

Was wäre wenn?“. So wird die Frage aufgeworfen,<br />

welche Gesteine und Lebewesen es<br />

gäbe, wenn die Evolution seit dem Eggenburger<br />

Meer anders verlaufen wäre. Konkret<br />

werden im Krahuletz-Museum „falsche“<br />

Fundstücke ausgestellt werden. Weiters soll<br />

ein Blick in die Zukunft klären, was aus den<br />

2010er Jahren in 1.000 Jahren gesammelt<br />

werden wird.<br />

In Hollabrunn erinnern sich Franz Stockinger<br />

und Robert Petschinka an die Urdonau,<br />

die vor rund elf Millionen Jahren auf der<br />

Höhe von Hollabrunn und Mistelbach quer<br />

durch das Weinviertel floss. Unter dem Titel<br />

„Die Urdonau – Schifffahrt in Hollabrunn“<br />

positionieren sie eine neun Meter lange Zille<br />

an verschiedenen Orten der Stadt. Die Gruppe<br />

„4stimmig“ und das Theater Westliches<br />

Weinviertel (TWW) sorgen für den musikalischen<br />

Rahmen der urbanen Seereise. Auch<br />

Mistelbach unterwirft sich einer Zeitreise<br />

unter dem Motto „Bewegung verändert. Geologie<br />

und Wirtschaft in Mistelbach“. Das<br />

Archiv des Stadtmuseums Mistelbach zeigt<br />

einen Überblick über die Erd- und Wirtschaftsgeschichte<br />

der Stadt Mistelbach im<br />

östlichen Weinviertel. Neben paläontologischen<br />

Funden gibt es auch Rückblenden:<br />

Begegnungen mit der einstigen Zentralmolkerei<br />

Mistelbach und dem „Bienenvater“<br />

Guido Sklenar (1871–1953).<br />

Zu guter Letzt noch ein brandaktuelles<br />

Thema. An sieben Orten gelangt „Schwarzer<br />

Veltliner – Das Schiefergas-Theater“ zur Aufführung:<br />

eine satirisch überhöhte Auseinandersetzung<br />

mit dem (Tabu-)Thema Schiefergas,<br />

das in der jüngeren Vergangenheit die<br />

Wogen hoch gehen ließ. Der Ankündigung<br />

ist zu entnehmen: „Wir schreiben das Jahr<br />

2020. Weltweit herrscht Energieknappheit.<br />

Im Weinviertel wird deshalb nach Schiefergas<br />

gebohrt …“ Das mutige Aufgreifen dieses<br />

Themas zeigt einmal mehr, dass Kunst keine<br />

Konfrontationen scheuen darf. Das ist gut so<br />

und möge sich auch nicht ändern! /<br />

Text: Thomas Hofmann<br />

BRANDUNGSZONE<br />

———————————————————<br />

Viertelfestival NÖ im Weinviertel<br />

Bis So, 11. 8. 2013<br />

69 Kunstprojekte vor der Haustür<br />

Tel. 02572 34234-0<br />

viertelfestival@kulturvernetzung.at<br />

http://2013.viertelfestival-noe.at/<br />

schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013


Museum / 44<br />

Baugeschichte & Energie<br />

WOHN(T)RÄUME<br />

Die multimediale Sonnenwelt in Großschönau zeigt die Geschichte<br />

des Wohnens in Hinblick auf Energieeffizienz und Nachhaltigkeit.<br />

Das Mittelalter betritt der Besucher durch<br />

ein großes Holztor. Hier werden verschiedene<br />

Holzkonstruktionen und deren Verbindungen<br />

dargestellt; immer kombiniert mit<br />

weiterführenden Informationen auf Touchscreens<br />

und Medientischen, die für eine<br />

Balance von realer und virtueller Welt sorgen.<br />

Viele werden sich wohl in den nachgebauten<br />

vier Wänden eines Hauses aus den<br />

1960er/70er Jahren wiederfinden. In der Zeit<br />

der Hausbaubooms – schön in Szene gesetzt<br />

durch passende großflächige Mustertapeten<br />

– gibt es wohl die größten Sünden im Wohnbau:<br />

einerseits durch fehlende Dämmungen,<br />

andererseits durch giftige Baustoffe.<br />

Gegenwart & Zukunft<br />

Die Ausstellungsräume gruppieren sich auf<br />

zwei Ebenen um den zentralen runden Mittelteil.<br />

Hier wird dem Namen „Sonnenwelt“<br />

Rechnung getragen. Eine Lichtsimulation<br />

taucht uns im Zeitraffer in einen Sonnentag.<br />

Nachhaltig wohnen – Flächenverbrauch damals und heute. Foto: Sonnenwelt<br />

Zu Beginn gibt’s eine kleine Einschulung.<br />

Der handliche Touchscreen, der mit einem<br />

Kopfhörer – aber nur einem – kombiniert ist,<br />

denn man will den Besuchern auch noch die<br />

Möglichkeit lassen, mit ihrer Umwelt analog<br />

zu kommunizieren, leitet durch eine spektakuläre<br />

Ausstellungarchitektur. Interaktiv ist<br />

hier das Stichwort. Und gleich nach der<br />

Begrüßung will der smarte elektronische<br />

Guide ein Bild von seinem Benutzer. Solcherart<br />

digitalisiert, taucht der Besucher als<br />

interaktive Figur in Erscheinung: als Mammutjäger,<br />

Römer oder Dienstmagd.<br />

Die Sonnenwelt – deren etwas irreleitender<br />

Name mit dem angrenzenden „Sonnenplatz“<br />

im Zusammenhang steht – will die Besucher<br />

auf nachhaltiges Bauen, auf die Energieeffizienz,<br />

-reduktion bei Neubauten und bei Altbausanierung<br />

sowie auf die energieneutrale<br />

Bauweise von Passivhäusern aufmerksam<br />

machen bzw. begeistern. Der „Sonnenplatz“<br />

ist einerseits ein Forschungs- und Kompetenzzentrum<br />

für Passivhausbau, andererseits<br />

können Passivhäuser, die am Rande des<br />

Marktes Großschönau stehen, fürs Probewohnen<br />

gemietet werden.<br />

Wohnen in der Vergangenheit<br />

Da es ums Wohnen geht, beginnt die Reise<br />

durch die Sonnenwelt beim Sesshaftwerden<br />

der Menschheit. In zwölf Zeithorizonten<br />

wird von der Urform des Wohnens bis in die<br />

Zukunft das Thema Wohnen & Energie dargestellt.<br />

Da geht es um das Nützen und Vermeiden<br />

von Sonneneinstrahlung, um Klimafaktoren,<br />

um Bauformen und Bautechniken.<br />

Ägyptische Windtürme versinnbildlichen<br />

angepasste Bautechnik und römische Bauten<br />

zeigen die Entwicklung des Bogens zum<br />

konstruktiven Element.<br />

In der Gegenwart angelangt, zeigt die Sonnenwelt<br />

die Funktion eines Passivhauses.<br />

Mittels elektronischem Guide kann der<br />

Besucher selber wählen, wie weit er sich in<br />

die Materie vertiefen will. Es gibt weiterführende<br />

Expertentexte, es gibt eine Benutzeroberfläche<br />

für Kinder sowie für Erwachsene.<br />

Auf jeden Fall sollte man gut aufpassen, denn<br />

der Guide animiert mit Quizaufgaben zum<br />

Sammeln von Punkten. Am Schluss gibt es<br />

einen Klima- und Energiepass und praktische<br />

Tipps für den Haushalt. /<br />

Text: Mella Waldstein<br />

SONNENWELT<br />

———————————————————<br />

3922 Großschönau, Sonnenplatz 1<br />

Tel. 02815 77270<br />

Öffnungszeiten<br />

Di–So 9.00–17.00 Uhr<br />

www.sonnenwelt.at<br />

schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013


Ausstellung / 45<br />

spielen & verspielen<br />

ABENDLICHE HÄUSER<br />

Die Ausstellung „spielen & verspielen“ zeigt die Gesellschaftsspiele der adeligen Gesellschaft<br />

vom 16. bis ins 19. Jahrhundert.<br />

Biedermeierliches Solitaire-Spiel.<br />

„Von da geht man in eine cammer, so man<br />

woll einen saal nennen, worinen mehr alß 20<br />

tisch stehen mit grünen sammetten tepichen<br />

mit golten franien, umb allerhandt spiel zu<br />

spillen.“ So berichtet Herzogin Elisabeth<br />

Charlotte von Orleáns an ihre Schwägerin,<br />

die Kurfürstin Ernestin von der Pfalz, im<br />

Jahre 1862 aus dem Schloss von Versailles.<br />

Schloss Greillenstein im Waldviertel ist nicht<br />

Versailles, deshalb haben keine 20 Spieltische<br />

Platz im Salon, aber das was Elisabeth Charlotte<br />

nicht verstand, wurde in Landschlössern<br />

allemal gespielt: „… undt wie mancherley<br />

spiel da gespilt werden ist nicht zu begreifen:<br />

lands knecht, tricktrack, piquet, reversi, lombre,<br />

…“ Lombre (oder l’hombre) ist ein Kartenspiel<br />

aus Spanien, das über den Hof von<br />

Ludwig XIV. – wo die eingangs zitierte Elisabeth<br />

Charlotte es kennenlernte – sich in den<br />

Salons von Europa verbreitete. Die eher komplizierten<br />

Spielregeln konnte man in Spielbüchern<br />

nachlesen, die selbstverständlich in<br />

französischer Sprache verfasst wurden und<br />

auch im Schloss Greillenstein zu finden sind.<br />

Im Renaissanceschloss Greillenstein ist alles<br />

authentisch: das knarrende Parkett, die<br />

herumwuselnden Havaneser, der dunkle Plafond<br />

im Rauchsalon, die Führung mit der<br />

Hausherrin Elisabeth Kuefstein, die die<br />

Gesellschaftsspiele aus Laden und Truhen<br />

hervorgekramt hat. Die von ihr kuratierte<br />

Ausstellung, vom Historiker Manfred Zöllinger<br />

wissenschaftlich unterstützt, besticht<br />

durch ihre Integration in den Räumlichkeiten<br />

des Schlosses. In den Salons sind Spieltische<br />

aufgestellt, auf denen die Brett- und<br />

Kartenspiele liegen, als wären die Spieler<br />

gerade kurz in den Park gegangen. „Die<br />

Tische, manche mit integrierten Spielbrettern,<br />

Kartentische wiederum mit Ausbuchtungen,<br />

stammen aus unseren Depots“, so<br />

Elisabeth Kuefstein „ebenso die Gesellschaftsspiele<br />

vom 16. bis ins 19. Jahrhundert.“<br />

Seit dem 16. Jahrhundert ist die Familie<br />

in Greillenstein ansässig.<br />

Verteidigungsspiel<br />

Die Materialien der Spiele sind Holz und<br />

Elfenbein, Speckstein und Perlmutt, Knochen<br />

und Onyx. Aus Onyx sind die Steine<br />

eines besonders schönen Solitärspiels aus<br />

dem Biedermeier. Fuchs und Henne etwa<br />

erkannte der preußische König Friedrich der<br />

Große als nützliches Verteidigungsspiel, es<br />

wurde für adelige Buben empfohlen und<br />

unter dem Namen „Verteidigungsspiel“ gespielt.<br />

Die Motive am Kartenblatt waren bis<br />

ins 16. Jahrhundert <strong>region</strong>al sehr unterschiedlich,<br />

erst dann setzte sich das französische<br />

und das deutsche Blatt durch. Da man<br />

früher – auch in adeligen Häusern – ungleich<br />

sparsamer mit dem kostbaren Material<br />

umging, gibt es auch eine Kartenpresse aus<br />

dem späten 19. Jahrhundert zu sehen.<br />

Das Spiel war in adeligen Häusern ein integraler<br />

Bestandteil der Abendgestaltung und<br />

gehörte zum guten Ton. Für große Runden<br />

und Familien eignete sich die „Romantische<br />

Reise um die Welt“ für zwölf bis 16 Personen.<br />

Die Damen saßen in den blauen, roten und<br />

grünen Salons und die Herren im Rauchsalon.<br />

Dieser ist in Greillenstein erstmals<br />

öffentlich zugänglich. „Er hat alles, was die<br />

Herren brauchen“, meint Elisabeth Kuefstein,<br />

„hier der Spiegel, damit man dem anderen<br />

ins Blatt sehen kann, und da die nackten<br />

Damen an der Wand.“<br />

Der letzte Teil widmet sich dem Verspielen.<br />

Im Gerichtssaal des Hauses, in dem die<br />

Pflichten und Rechte einer Grundherrschaft<br />

dokumentiert sind, sind die Codices aufgeschlagen.<br />

1696 wurde Basette verboten, ein<br />

Spiel, das manchen das Vermögen und später<br />

beim Duell auch das Leben gekostet hat.<br />

Ebenso wurde „Landsknecht“ untersagt, ein<br />

Glücksspiel aus dem Dreißigjährigen Krieg. /<br />

Text: Mella Waldstein<br />

Foto: Elisabeth Kuefstein<br />

SCHLOSS GREILLENSTEIN<br />

———————————————————<br />

Spielen & verspielen<br />

Greillenstein, 3592 Röhrenbach<br />

Tel. 02989 8080-13 oder 0664 8576371<br />

Öffnungszeiten: täglich 9.30−17.00 Uhr<br />

www.greillenstein.at<br />

schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013


Thema: Gehen / 46<br />

Stöcke<br />

STOCK UND EHRE<br />

Der Stock – Machtsymbol, Accessoire, Gehilfe. Eine kleine <strong>Kultur</strong>geschichte.<br />

Arbeitsgerätschaft, wie etwa der Hirtenstab.<br />

Darauf stützen sich einerseits die Hirten beim<br />

stundenlangen Beobachten der Herde, andererseits<br />

zogen sie mit seinem Krummgriff das<br />

verlorene Tier aus dem Abgrund. Manche<br />

Hirten gingen auf Stelzen, um einen besseren<br />

Überblick zu haben, und der lange Hirtenstab<br />

diente ihnen als Stütze. Durch die Symbolik<br />

des „guten Hirten“ wurde der Hirtenstab zum<br />

Bischofsstab.<br />

Der Stock ist ein Sportgerät – vom Reifendrehen,<br />

übers Skifahren bis zum Golfspielen.<br />

Der Stock ist eine Gehhilfe. Und die Assoziation<br />

zwischen Alter und Stock führt wiederum<br />

zurück zum Statussymbol: In der patriarchalischen<br />

Gesellschaft sind es die weisen,<br />

alten Männer, die Ansehen und Macht haben.<br />

Das Stockmachen<br />

Carl Spitzweg, Der Sonntagsspaziergang, 1841, Öl auf Leinwand, Museum Carolino Augusteum Salzburg.<br />

„Die große Zeit war in den Wirtschaftswunderjahren.<br />

Da lieferten wir im Frühjahr bis zu<br />

45.000 Stöcke nach Innsbruck“, erzählt der<br />

Stockfabrikant i. R. Dietrich Litschauer. Das<br />

war die Zeit, als ein Wanderurlaub in Österreich<br />

bei unseren deutschen Nachbarn obligatorisch<br />

war. Die Touristenstöcke mit Rundhaken<br />

waren aus Edelkastanie, Hasel oder<br />

Esche und hatten gerne ein geflammtes Edelweißmotiv<br />

und den Urlaubsort vermerkt.<br />

Dazu sammelte man gerne die Wandernadeln,<br />

jene bunten Blechmarken, die auf Hütten<br />

und in Souvenirläden zu bekommen<br />

waren.<br />

Das Symbol<br />

Der Stock ist ein Machtsymbol. Das Zepter<br />

als Insignie des Herrschens ist ein Stock in<br />

seiner wertvollsten Ausformung. Der Stock<br />

ist eine Waffe – die erste, die unsere Urahnen<br />

in die Hand nahmen, um sich gegen wilde<br />

Tiere zu verteidigen. Manch harmloser Spazierstock<br />

barg im Inneren eine spitze Klinge.<br />

Dieser sehr beliebte Waffenstock wurde unter<br />

der Regentschaft Maria Theresias verboten –<br />

und ist es bis heute, erklärt Dietrich Litschauer,<br />

da er Harmlosigkeit und somit falsche<br />

Tatsachen vorspiegelt. Der Stock ist eine<br />

Das Stockmachen hat sich über die Jahrhunderte<br />

kaum geändert. Stöcke werden aus dem<br />

Stockausschlag eines Baumes geschnitten.<br />

Damit die Stöcke keine Astlöcher haben, werden<br />

die Triebe am wachsenden Holz abgezwickt.<br />

Das obere Ende des Stockes wird über<br />

Dampf oder durch Erhitzen im Wasser gebogen,<br />

der Schuss wird geradegezogen. Danach<br />

kommt der Stock in die Trockenkammer. Hat<br />

er keinen Rundhaken, bekommt er einen<br />

Knauf, der geschnitzt sein kann, aus Silber,<br />

Edelstein, Horn, früher auch aus Elfenbein<br />

oder Teil des Wurzelstocks ist. Die Länge,<br />

genannt der Schuss, bietet auch viele Möglichkeiten<br />

der Verzierung; ob geschnitzt oder<br />

geflammt oder als „Kongostock“ – die Kastanienstocktriebe<br />

wurden beim Wuchs mit<br />

schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013


Thema: Gehen / 47<br />

einer Zange verletzt, sodass das Holz mit<br />

Noppen vernarbte.<br />

Die Unternehmerfamilie Litschauer hatte in<br />

der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts Weichselplantagen<br />

in Sauerbrunn (Burgenland), wo<br />

sie Rauchwarenzubehör (Pfeifen, Zigarettenspitze)<br />

herstellten und die Fabrikation auf<br />

Stöcke erweiterten. Als die Produktion eingestellt<br />

wurde, hat Dietrich Litschauer die alten<br />

Maschinen alten Maschinen hat Dietrich<br />

Litschauer dem Stockmuseum in Lindewerra<br />

(Thüringen) vermacht, das als Stockmacherdorf<br />

in Deutschland bekannt ist.<br />

Bei einer Gehhilfe ist weder der Rundhaken<br />

noch der Knauf als Griff geeignet, sondern<br />

eine ergonomisch geformte Krücke. Da gibt<br />

es die englische Form „Derby“ – sie ist praktischer,<br />

weil sie so gebogen ist, „dass der Stock<br />

auf dem Arm hängen kann, z. B. wenn man<br />

in die Straßenbahn einsteigt“, so Herr<br />

Litschauer, oder die einfachere Form namens<br />

„Fritz“. Möglicherweise wurde der Fritzstock<br />

nach Friedrich dem Großen (1712–1786)<br />

benannt. Von ihm ist jedenfalls nach dem<br />

Siebenjährigen Krieg jener Ausspruch überliefert:<br />

„Mir ist nichts geblieben, außer Hut,<br />

Stock, Ehre und Porzellan.“<br />

Der Stock hat an seinem Ende einen Eisenspitz,<br />

der Zwinge genannt wird, oder eine<br />

Gummikappe. Manche haben beides. Das<br />

sind die Alpen- oder Jagdstöcke. Sie haben<br />

eine Eisenspitze auf dem einen, die Gummikappe<br />

auf dem anderen Ende. Und wenn der<br />

Jäger etwa bei der Gamsjagd über Felsen<br />

steigt, dreht er den Spieß, also den Stock um<br />

und erzeugt keinen Lärm durch klapperndes<br />

Eisen. Manche Stöcke mussten fast gar nichts<br />

können – außer schön sein. Das war im 18.<br />

und 19. Jahrhundert, als der Stock ein Accessoire<br />

des bürgerlichen Herren wurde. Der<br />

Stock wurde jeweils passend zu Handschuhen<br />

und Hut gewählt. Besonders in Mode<br />

war das „Spanische Rohr“ mit Silberknauf,<br />

fein ziseliert und mit Monogramm. Manche<br />

Stöcke konnten mehr als Stocksein. Das<br />

Die klassischen Touristenstöcke, auch „Haglstock“<br />

genannt, auf einer Scheune. Foto: Willi Erasmus<br />

waren die so genannten Systemstöcke. Sie<br />

ließen sich aufschrauben – da kamen alle<br />

möglichen und unmöglichen Dinge und<br />

Funktionen zu Tage: Die schon erwähnte<br />

Waffe, ein Besteck fürs Picknick, ein Schnapsglas<br />

samt dünner Glasviole für Hochprozentiges,<br />

eine Pfeife, eine Landkarte, Kompass,<br />

Brillen, Angelrute mit Haken und Fliege,<br />

Maßstab, Dirigentenstab, ja sogar Notenpulte<br />

und ganze Klari-netten. Nur eines konnte<br />

man nicht – telefonieren. /<br />

Text: Mella Waldstein<br />

Sa, 29. Juni | 20:00 | Wolkenturm Grafenegg<br />

TONKÜNSTLER ORCHESTER & BENJAMIM TAUBKIN, TATIANA<br />

PARRA, JONATHAN NASCIMENTO<br />

„The Girl From Ipanema”<br />

Sa, 6. Juli | 16:30 Einstieg Schiffsstation Krems-Stein<br />

TÖNENDE SCHIFFSFAHRT DURCH DIE WACHAU<br />

Sa, 13. Juli | 20:00 | Klangraum Krems Minoritenkirche<br />

MARTIN PTAK & ENSEMBLE feat. OKKYUNG LEE | A/USA/NL<br />

“River Tales”<br />

Do, 18. Juli | 20:00 | Schloß zu Spitz<br />

GEORG BREINSCHMID - BENI SCHMID - STIAN CARSTENSEN | A/N<br />

„Classic Impro“<br />

Sa, 20. Juli | 19:00 | Ruine Aggstein<br />

BODO HELL, RENALD DEPPE & DIE WACHAUER PESTBLÄSER<br />

„Ritter, Räuber, Rutschpartien - Nemesis Divina und die<br />

ausgleichende Gerechtigkeit“<br />

Mi, 24. Juli | 18:00 | Winzer Krems, Sandgrube 13<br />

Piano Forte – Ein exquisiter Klavierabend<br />

von Norwegen bis Kuba<br />

PAUL GULDA & GYPSY DEVILS | A/SK<br />

CHRISTIAN WALLUMRØD ENSEMBLE | N<br />

CHUCHO VALDÉS & AFROCUBAN MESSENGERS | CUB<br />

Do, 25. Juli | 18:00 | Winzer Krems, Sandgrube 13<br />

Poesie Album – Songs aus drei Kontinenten<br />

DAVID MOSS & MARINO FORMENTI | USA/D/A/I<br />

SAM LEE & FRIENDS | GB<br />

KEZIAH JONES TRIO | NGR<br />

So, 28. Juli | 17:00 | Winzer Krems, Sandgrube 13<br />

Handgemacht – Seltsame Instrumente<br />

von Japan bis in die Neue Welt<br />

CABEZAS DE CERA feat. FRANZ HAUTZINGER | MEX/A<br />

SENYAWA feat. KAZUHISA UCHIHASHI | IDN/J<br />

HERMETO PASCOAL & BAND | BRA


<strong>Kultur</strong>.Region / 48<br />

Fortbildung<br />

REPARIEREN<br />

——————————————————————<br />

Umgang mit Objekten aus Papier<br />

Sa., 20. 7. 2013, 9.00–17.00 Uhr<br />

Brandlhof, Radlbrunn 24, 3710 Ziersdorf<br />

Referentin: Mag. Ilse Mühlbacher<br />

Wie man bei Reparaturen von Buchseiten,<br />

Urkunden und alten Zeitungsausschnitten<br />

unansehnliche Klebebänder vermeidet, vermittelt<br />

dieser Grundkurs. Mit Hilfe von Japanpapier<br />

können kleinere Risse, abgetrennte Ecken<br />

und sonstige Beschädigungen fachgerecht gesichert<br />

und repariert werden. Anmeldung beim<br />

<strong>Museumsmanagement</strong> <strong>Niederösterreich</strong> erforderlich!<br />

Anmeldung & Information<br />

<strong>Museumsmanagement</strong> <strong>Niederösterreich</strong><br />

Tel. 02732 73999<br />

Fax 02732 73999 33<br />

museen@volkskulturnoe.at<br />

www.noemuseen.at<br />

_<br />

INVENTARISIEREN<br />

——————————————————————<br />

Sammlungsbestände inventarisieren<br />

Sa, 3. 8. 2013, 9.00–17.00 Uhr<br />

Brandlhof, Radlbrunn 24, 3710 Ziersdorf<br />

Referent: Mag. Rocco Leuzzi<br />

Im Zentrum dieses Einzelkurses steht die Vermittlung<br />

der Grundlagen der Inventarisierung<br />

sowie die professionelle Erfassung von Museumsbeständen.<br />

Neben dem theoretischen Teil<br />

liegt der Schwerpunkt auf praktischen Übungen<br />

mit Objekten der Übungssammlung des<br />

Brandlhofs. Verwendet wird das EDV-Programm<br />

Imdas-Pro, welches von Joanneum<br />

Research in enger Zusammenarbeit mit Museologen<br />

und <strong>Kultur</strong>experten entwickelt wurde.<br />

Anmeldung & Information<br />

<strong>Museumsmanagement</strong> <strong>Niederösterreich</strong><br />

Tel. 02732 73999<br />

Fax 02732 73999 33<br />

museen@volkskulturnoe.at<br />

www.noemuseen.at<br />

_<br />

Absender:<br />

Bitte<br />

ausreichend<br />

frankieren<br />

Volkskultur <strong>Niederösterreich</strong> GmbH<br />

Haus der Regionen<br />

Donaulände 56<br />

3504 Krems-Stein<br />

in der reihe: hast du töne?<br />

keine CHANCE DEM BURN-OUT<br />

——————————————————————<br />

Vom Glück und der Zufriedenheit<br />

Mi, 12. 6. 2013, 18.00–21.00 Uhr<br />

BHW NÖ, 1030 Wien, Schimmelgasse 13–15<br />

Referentin: Dr. Brigitte Krupitza<br />

Stress und Burn-out sind die Jahrhundertkrankheiten.<br />

Vielfach setzen wir uns selbst<br />

in der reihe: hast du töne?<br />

tanz&Musikwoche<br />

unter Druck; für musikanten, die tänzer Stressfaktoren, und sänger denen wir<br />

uns hilflos Ortausgeliefert fühlen, sind oft hausgemacht.<br />

3343 Wir Hollenstein/Ybbs, sind für uns Dornleiten – aber 1 auch für<br />

unsere Mitarbeiter, terMin Kollegen und unsere<br />

So 7. Juli (18.00 Uhr) bis Sa 13. Juli 2013 (10.00 Uhr)<br />

Familie<br />

Anmeldeschluss:<br />

– verantwortlich.<br />

7. Juni 2013<br />

Und nur wenn Körper,<br />

Geist und Seele in Balance sind, können<br />

kOsten<br />

wir ein Seminarbeitrag erfülltes Leben pro Person: führen. Und das ist<br />

_ Erwachsene: EUR 170,00<br />

nicht nur _ Mitglieder für uns der Regionalkultur selbst gut, <strong>Niederösterreich</strong>: sondern für EUR 150,00<br />

_ Erwachsene mit Ensemble oder Familie, Kinder/Jugendliche<br />

unser gesamtes bis 17 Jahre privates und Studenten und bis 27 berufliches<br />

Jahre: EUR 110,00<br />

_ Kinder bei Teilnahme mit Mehrkindfamilie: EUR 50,00<br />

Umfeld. Es zahlt sich also aus, in uns selbst<br />

Nächtigung Vollpension pro Person:<br />

ein wenig _ Erwachsene: Zeit zu EUR investieren! 230,00 Entwickeln Sie<br />

_ Jugendliche 12 bis 17 Jahre: EUR 170,00<br />

Ihr persönliches _ Kinder 3 bis 11 Konzept Jahre: EUR 110,00 für ein Leben in<br />

Balance Erlagschein und lernen wird zugeschickt. Sie Methoden zum Selbstcoaching<br />

und zur Reflexion kennen, um nicht<br />

Preise inkl. 10% USt.<br />

Für Familien mit NÖ Familienpass gibt es die Möglichkeit eines<br />

wieder in Urlaubszuschusses: alte Fahrwasser Information zu auf kommen.<br />

www.noe.familienpass.at<br />

Fachschule Unterleiten für ökologische Land- und Hauswirtschaft<br />

oder unter Tel. 02742/9005-1-9005.<br />

Information<br />

Eine Veranstaltung der Volkskultur <strong>Niederösterreich</strong> GmbH<br />

<strong>Kultur</strong>vernetzung NÖ – Büro Industrieviertel<br />

Für den Inhalt verantwortlich: Dorothea Draxler, Dr. Edgar Niemeczek<br />

3452 Atzenbrugg, Schlossplatz 1, Tel.: 02275 4660, Fax: 02275 4660 27<br />

Tel. 02639 office@volkskulturnoe.at, 2552 (Stephanie www.volkskulturnoe.at Brettschneider)<br />

FN 308711m, LG St. Pölten, UID ATU64194589.<br />

seminaranmeldung@kulturvernetzung.at<br />

Fotos: z.V.g.<br />

www.kulturvernetzung.at<br />

Änderungen vorbehalten.<br />

bezogenen Formulierungen auf weibliche und männliche Personen.<br />

_<br />

für musikanten, tänzer und sänger<br />

Auch wenn im Text nicht explizit ausgeschrieben, beziehen sich alle personen-<br />

MusiksCHuL<br />

management<br />

KULTUR . REGION<br />

NIEDERÖSTERREICH<br />

tanz&MUSIKwoche<br />

——————————————————————<br />

So, 7.–Sa, 13. 7. 2013<br />

3343 Hollenstein/Ybbs, LFS Unterleiten<br />

Wer sieben Tage lang „aufspielen, ansingen,<br />

drüberschlagen, zuwipassen und drahn“<br />

möchte, ist im Sommer in Hollenstein richtig.<br />

Die tanz&MUSIKwoche lädt auch dieses Jahr<br />

wieder zum Mitmachen, Lernen und zum<br />

gemütlichen Beisammensein ein. Heuer erstmals<br />

im ehemaligen „Rothschild-Schloss“ und<br />

umgeben von der herrlichen Landschaft des<br />

oberen Ybbstals. Speziell für die Jüngsten gibt<br />

es Kindertanz, Spiel und Abenteuer.<br />

Anmeldung & Information<br />

Volkskultur <strong>Niederösterreich</strong><br />

Tel. 02732 85015 23 (Birgit Bosch)<br />

birgit.bosch@volkskulturnoe.at<br />

www.volkskulturnoe.at<br />

in der reihe:<br />

hast du töne?<br />

tanz&<br />

Musik<br />

woche<br />

für musikanten, tänzer und sänger<br />

7. bis 13. Juli 2013<br />

Hollenstein / Ybbs<br />

Fachschule Unterleiten<br />

Mostviertel<br />

TanzMusikWoche_2013.indd 1 22.03.13 07:17<br />

schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013


<strong>Kultur</strong>.Region / 49<br />

INTERN<br />

IN MEmoriam<br />

——————————————————————<br />

Foto: NLK / Schleich<br />

Altlandeshauptmann Siegfried Ludwig<br />

ist am 16. April 2013 verstorben.<br />

Siegfried Ludwig stammte aus Südmähren.<br />

Am 14. Februar 1926 wurde er in Wostiz/<br />

Vlasatice als Sohn einer bäuerlichen Familie<br />

geboren. Von 1981 bis 1992 war er Landeshauptmann<br />

von <strong>Niederösterreich</strong>. Mit der<br />

Einleitung der Diskussion über die Schaffung<br />

einer Landeshauptstadt und der Durchführung<br />

der ersten Volksbefragung in <strong>Niederösterreich</strong><br />

setzte Ludwig einen besonderen<br />

Markstein der Landesentwicklung. Der<br />

Spatenstich zum neuen Landhaus am<br />

13. September 1992 gehörte zu seinen letzten<br />

Aktivitäten als Landeshauptmann.<br />

Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll: „Siegfried<br />

Ludwig hat diesem Land ein starkes Herz und<br />

ein neues Selbstbewusstsein gegeben. Denn die<br />

Entscheidung für eine eigene Landeshauptstadt<br />

war eine Weichenstellung, von der noch<br />

viele Generationen profitieren werden.“<br />

Siegfried Ludwig war Ehrenringträger der<br />

Volkskultur <strong>Niederösterreich</strong>. Durch seinen<br />

Tod verliert die Volkskultur <strong>Niederösterreich</strong><br />

einen Förderer der ersten Stunde.<br />

_<br />

Wir gratulieren<br />

——————————————————————<br />

Ihren runden Geburtstag feiern unsere<br />

Ehrenmitglieder:<br />

Abg. z. NR a. D. Bgm. a. D. Johann Kurzbauer<br />

(70), Neulengbach, 11. Juni<br />

Helmut Plessl (70), Wullersdorf, 12. Juni<br />

Seinen runden Geburtstag<br />

feiert unser Mitglied:<br />

Ing. Josef Kozisnik (60), Texing, 17. Juni<br />

_<br />

90. Geburtstag<br />

Walter Deutsch<br />

——————————————————————<br />

Zu Ehren von Prof. Walter Deutsch wurde am<br />

29. April im Haus der Regionen in Krems-<br />

Stein eine neue CD präsentiert. Die Lieder<br />

von Walter Deutsch nach Gedichten von<br />

Emil Breisach wurden von Agnes Palmisano,<br />

begleitet am Klavier von Clara Frühstück,<br />

vorgetragen.<br />

Im Bild: Jubilar Prof. Walter Deutsch mit<br />

Dorli Draxler und Edgar Niemeczek, Volkskultur<br />

<strong>Niederösterreich</strong>.<br />

_<br />

VOLKSMUSIKSENDUNGEN<br />

DES ORF<br />

———————————————————<br />

ORF 2<br />

Wetter-Panorama<br />

täglich 7.30–9.00 Uhr<br />

Klingendes Österreich<br />

Sa, 1. 6., 20.15 Uhr:„Das große Land“ –<br />

Zwischen Wien und Grafenegg<br />

Mei liabste Weis<br />

Sa, 22. 6., 20.15 Uhr, aus dem Weinviertel<br />

_<br />

ORF 3<br />

Unser Österreich<br />

Sa, 17.00 Uhr; Mo, 12.00 Uhr<br />

_<br />

RADIO NIEDERÖSTERREICH<br />

aufhOHRchen, Di, 20.00–21.00 Uhr<br />

4. 6.: Sing- und Musizierwochen in NÖ<br />

Gestaltung: Norbert Hauer<br />

11. 6.: Volkskultur aus <strong>Niederösterreich</strong><br />

Gestaltung: Dorli Draxler<br />

18. 6.: Brot & Co.<br />

Gestaltung: Edgar Niemeczek<br />

25. 6.: Volksmusikalische Kostbarkeiten<br />

Gestaltung: Walter Deutsch<br />

„vielstimmig“ – Die Chorszene <strong>Niederösterreich</strong>,<br />

Do, 20.00–20.30 Uhr<br />

6. 6.: Gestaltung: Heinz Ferlesch<br />

20. 6.: Gestaltung: Gottfried Zawichowski<br />

G’sungen und g’spielt &<br />

Für Freunde der Blasmusik,<br />

Mi, Do, 20.00–21.00 Uhr<br />

Kremser Kamingespräche,<br />

Mi, 19. 6., 21.00 Uhr<br />

Musikanten spielt’s auf,<br />

Fr, 20.00–21.00 Uhr<br />

Frühschoppen,<br />

So, 11.00–12.00 Uhr<br />

_<br />

Programmänderungen vorbehalten,<br />

Detailprogramme auf www.orf.at<br />

schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013


Die letzte Seite / 50<br />

2 nd life<br />

Schon einmal ein Tor im 5. Gang aufgemacht?<br />

Wahrscheinlich nicht. Doch diese<br />

Garagentore eines Autohändlers lassen sich<br />

im Rückwärtsgang schließen. Wozu einen<br />

Riegel aus dem Baumarkt kaufen, wenn es<br />

eigene Qualitätsprodukte gibt?<br />

Hiermit beantwortet sich die Frage, welcher<br />

der längstlebende Teil eines Autos ist von<br />

selbst – der Knüppel einer Gangschaltung.<br />

Und Motorkundige wissen sicher, welches<br />

Auto er einmal bewegt hat – wir aber wollen<br />

keine Schleichwerbung betreiben … /<br />

Landeinwärts<br />

MAGNETISMUS DER<br />

NÄCHSTEN STRASSENECKE<br />

Das Gehen an sich ist selten geworden. Seitdem<br />

das Gehen als selbstverständliche Art<br />

der Fortbewegung beinahe ausgestorben ist,<br />

hat es sich – wie die übrige Welt – hochgradig<br />

spezialisiert: entweder spirituell gehen, also<br />

pilgern, oder mit einem Paar Stöcken powerwalken,<br />

entweder am Lehrpfad oder am<br />

Laufband.<br />

Das Gehen nicht gleich Gehen ist, zeigt die<br />

russische Sprache. Sie kennt über 100 Verben<br />

der Bewegung, vielleicht auch deshalb, weil<br />

das Land so riesig ist und die Fortbewegung<br />

von A nach B meist Thema eines Gesprächs<br />

ist. Und in Deutschland geht man allgemein<br />

ein Stückchen schneller als anderswo, man<br />

läuft nämlich. Unter der Woche heißt das<br />

Gehen hetzen, Haus-Arbeit-Einkauf-Haus,<br />

am Wochenende spazieren, bummeln, joggen,<br />

laufen, wandern. Das Wandern als eine<br />

neue Art der Fortbewegung begann in der<br />

Zeit der Aufklärung, wo sich das Bürgertum<br />

vom Adel emanzipierte und wandernd die<br />

Welt durchaus kritisch erkundete.<br />

Die Romantiker nahmen dem Wandern den<br />

politischen Impetus und sahen die Natur als<br />

Spiegel ihrer Empfindung. Diese Einstellung<br />

haben wir übernommen und geben den<br />

Wanderwegen – die bis Ende des vergangenen<br />

Jahrhunderts noch nüchterne Zahlen<br />

trugen – klingende Namen wie etwa Alpannonia<br />

(Wechselgebiet Burgenland Ungarn),<br />

Adlerweg (Tirol), Welterbesteing (Wachau)<br />

sowie Genusswege, Sonnenpfade, Hexensteige<br />

etc.<br />

Eine besondere Stellung gegenüber allen<br />

anderen Fußläufigkeiten nimmt das Flanieren<br />

ein. „Den Flanierenden leitet die Straße in<br />

eine entschwundene Zeit“, schreibt Walter<br />

Benjamin, der den Flaneur als Denker der<br />

Moderne in die Literatur einbrachte. Ihn<br />

treibt, so Benjamin, der „Magnetismus der<br />

nächsten Straßenecke“.<br />

Der Flaneur – und das auch im Gegensatz<br />

zum Spaziergänger, der ein Ziel verfolgt:<br />

nämlich wieder am Ausgangspunkt anzukommen<br />

– lässt sich treiben, schlendert ziellos<br />

umher, bewegt sich ins Ungewisse. /<br />

Mella Waldstein<br />

schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013


Damit Visionen Wirklichkeit werden, ermöglicht Raiffeisen<br />

viele <strong>Kultur</strong>veranstaltungen durch seine <strong>region</strong>alen und<br />

lokalen Förderungen. Denn Realisierung und Erfolg von<br />

<strong>Kultur</strong>initiativen hängen nicht nur von Ideen, sondern auch<br />

von fi nanziellen Mitteln ab. Gemeinsam ist man einfach<br />

stärker. www.raiffeisen.at


Die Volkskultur <strong>Niederösterreich</strong> präsentiert<br />

Das Weinviertel<br />

Mehr als Idylle<br />

Anlässlich der <strong>Niederösterreich</strong>ischen Landesausstellung 2013<br />

erscheint als Fortsetzung zu den Bänden Das Mostviertel, Das Waldviertel<br />

und Das Industrieviertel nunmehr der letzte Viertelsband Das Weinviertel.<br />

In 27 Kapiteln porträtieren Fachleute aus Wissenschaft, Forschung und Medien das<br />

Weinviertel, eine Region, die es zu entdecken lohnt.<br />

304 Seiten, mit zahlreichen Bildern<br />

von Manfred Horvath.<br />

Alle vier Viertelsbücher sind zum Paketpreis von EUR 84,70<br />

bei der Volkskultur <strong>Niederösterreich</strong> erhältlich.<br />

Einzelpreis „Das Weinviertel. Mehr als Idylle“: EUR 32,90<br />

(Preise zzgl. Versand)<br />

Volkskultur <strong>Niederösterreich</strong> GmbH<br />

3452 Atzenbrugg · Schlossplatz 1<br />

www.volkskulturnoe.at

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