Kultur.region - Museumsmanagement Niederösterreich
Kultur.region - Museumsmanagement Niederösterreich
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Nachrichten aus der <strong>Kultur</strong>.Region <strong>Niederösterreich</strong> . Juni 2013<br />
schaufenster<br />
<strong>Kultur</strong>.Region<br />
Thema: Gehen<br />
Madeira / Haus der Regionen . Bibelgarten / Museumsdorf Niedersulz<br />
Jazz we can / Musikschulen<br />
P.b.b. · Vertragsnummer 11Z038847 M · Erscheinungsort: 3452 Atzenbrugg · Verlagspostamt: 3451 Michelhausen · DVR: 0933 295
WIEN NORD<br />
ach VorNe<br />
SchaueN.<br />
Wir SchaffeN daS.<br />
Seit 90 JahreN.<br />
Ein Jubiläum ist ein schöner Anlass, um sich zurückzulehnen<br />
und den Blick auf Vergangenes zu richten. Viel lieber<br />
blicken wir aber in die Zukunft und freuen uns auf viele<br />
weitere Jahre in denen wir gemeinsam mit Ihnen<br />
all das schaffen, was Sie sich vornehmen.<br />
www.noevers.at
Editorial / 3<br />
Allerlei Wege<br />
Immer weiter gehen!<br />
Gehen als einfache und für den Menschen elementare Form der Fortbewegung wird in vielen Zusammenhängen<br />
und Bedeutungen verstanden. Weiterkommen und Neues kennen zu lernen, lautet die Devise.<br />
Gemeinsam gehen schafft Vertrauen. Das<br />
miteinander Gehen, so wie es bei einer<br />
noch jungen Liebesbeziehung heißt, bringt<br />
wohl sehr intensive Zeiten, doch erst der<br />
gemeinsam und Schritt für Schritt gegangene<br />
Lebensweg mag fest verbinden: sicher<br />
und beinahe schlafwandlerisch unterwegs<br />
mit einer mehr oder weniger klaren Orientierung.<br />
Der Begriff Gehen eignet sich bestens zur<br />
Metapher, gehen wird in vielen Zusammenhängen<br />
und Bedeutungen verstanden.<br />
So geht manch einer entlang eingefahrener<br />
Geleise während andere gern neue Wege<br />
ausprobieren. Anerkennung genießen jene,<br />
die einen geraden Weg gehen, verpönt<br />
dagegen sind Seitensprünge und das Einschlagen<br />
krummer Touren. Manch einer<br />
bewegt sich unfreiwillig im Kreis, nicht<br />
selten führt aber ein Umweg zum Ziel.<br />
Vor dem Hintergrund dynamischer Entwicklungen<br />
wird Stillstand schlichtweg<br />
als Rückschritt bezeichnet. Auf einem<br />
Schleichweg zu gehen bedeutet all jene zu<br />
überholen, die auf ausgetretenen Pfaden<br />
wandeln. Jemandem ein Haxl zu stellen gilt<br />
als Gemeinheit, Hilfe gebührt dagegen all<br />
jenen, die beim Gehen über ein Hindernis<br />
stolpern.<br />
Das Gehen steht also im Zentrum der aktuellen<br />
Ausgabe unseres Magazins „Schaufenster<br />
<strong>Kultur</strong>.Region“: vom Wandern durch<br />
idyllisch wirkende Landschaften bis zum<br />
Spazieren durch Gärten und Parks, vom<br />
Ausrücken im Gleichschritt der Blasmusik<br />
bis zum Pilgern hoch zu Ross, von den<br />
Handelsreisen der früheren Ölträger, Bandlkramer<br />
und Rastlbinder bis zu touristischen<br />
Ausflügen, ob entlang des beeindruckenden<br />
Welterbesteigs Wachau oder zum Weltgarten<br />
Madeira inmitten des Atlantiks. Schuhe<br />
und Stöcke dienen bei all den Fortbewegungsarten<br />
als unspektakuläre, aber notwendige<br />
und hilfreiche Begleiter.<br />
Nicht zuletzt erscheint das Gehen als die<br />
dem menschlichen Wesen adäquateste Form<br />
der Fortbewegung, andernfalls wir – einer<br />
pointierten Binsenweisheit folgend – mit<br />
Rädern anstelle von Füßen auf die Welt<br />
kämen. Erst Füße und Beine ermöglichen es<br />
zu laufen, rennen, schreiten, schleichen, spazieren,<br />
promenieren, flanieren, stolzieren,<br />
wandern, hüpfen, kraxeln oder schlicht und<br />
einfach zu gehen. Jeder Schritt beim Gehen<br />
am Weg der Erkenntnis kann uns dabei ein<br />
gutes Stück weiterbringen.<br />
Dorli Draxler, Edgar Niemeczek<br />
MusikSCHUL<br />
management<br />
KULTUR . REGION<br />
NIEDERÖSTERREICH<br />
schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013
Top-Termine / 4<br />
Juni 2013<br />
TOP-TERMINE<br />
SPIELEFEST<br />
——————————————————<br />
So, 2. 6. 2013, 13.00–18.00 Uhr<br />
Museumsdorf Niedersulz<br />
——————————————————<br />
Unter dem Motto „Kinderspiele im ganzen<br />
Dorf“ steht das Museumsdorf an diesem<br />
Nachmittag ganz im Zeichen der Kinder.<br />
Alte, teilweise vergessene Kinderspiele von<br />
früher wie Kasten- oder Tempelhüpfen,<br />
Zehnerln, Blinde Kuh, Der Kaiser schickt<br />
Soldaten aus oder einfach nur Sackhüpfen<br />
etc. können ausprobiert und gespielt werden.<br />
Bei der großen Spielwiese von „Müllers<br />
Freunde“ können Kinder auf Stelzen gehen<br />
oder jonglieren. Und im „SpielSalon“ sind<br />
schnelle Reaktion und ein kluger Kopf<br />
gefragt. Am „Lebenden Bauernhof“ können<br />
die zwei Zwergschweine Pondeli und<br />
Patek und alle anderen Bauernhoftiere wie<br />
Schafe, Ziegen, Hasen, Hühner, Gänse etc.<br />
besucht werden. Ein spannender Tag für<br />
Kinder und Eltern abseits von Computer<br />
und Fernseher im historischen Ambiente<br />
des Museumsdorfes Niedersulz.<br />
——————<br />
Information<br />
Museumsdorf Niedersulz<br />
2224 Niedersulz<br />
Tel. 02534 333<br />
www.museumsdorf.at<br />
Foto: Gerald Lechner<br />
DIE BESTEN DER BESTEN<br />
——————————————————<br />
Di, 18. 6. 2013, 18.00 Uhr<br />
Bundespreisträgerkonzert<br />
„prima la musica“<br />
ORF NÖ Landesstudio<br />
——————————————————<br />
Der Musikwettbewerb „prima la musica“<br />
wird jährlich auf Landes- und Bundesebene<br />
ausgetragen. Die niederösterreichischen<br />
Talente wurden bereits im März gekürt,<br />
nun traten die besten unter ihnen beim<br />
Bundeswettbewerb in Sterzing/Südtirol in<br />
den bundesländerweiten Wettstreit. Dabei<br />
präsentierten sie sich in Hochform und<br />
kehrten mit zahlreichen Preisen und Auszeichnungen<br />
zurück. Beim Bundespreisträgerkonzert<br />
im ORF NÖ Landesstudio geben<br />
die niederösterreichischen Bundespreisträger<br />
noch einmal eine Kostprobe ihres<br />
Könnens. Das Konzert wird vom ORF aufgezeichnet<br />
und auf Radio NÖ ausgestrahlt.<br />
——————<br />
Information<br />
Musikschulmanagement <strong>Niederösterreich</strong><br />
www.musikschulmanagement.at<br />
Das groSSe Land<br />
——————————————————<br />
Sa, 1. 6. 2013, 20.15 Uhr, ORF 2<br />
Klingendes Österreich<br />
——————————————————<br />
Seit 1986 präsentiert der Moderator Sepp<br />
Forcher die schönsten Fleckchen Österreichs<br />
mit ihren kulturellen Besonderheiten in<br />
seiner Sendung „Klingendes Österreich“.<br />
Als besonderer Drehort diente das Museumsdorf<br />
Niedersulz, das größte Freilichtmuseum<br />
<strong>Niederösterreich</strong>s. Vor dieser<br />
prächtigen Kulisse gaben das Zistersdorfer<br />
Terzett und die Weinviertler Mährischen<br />
Musikanten Kostproben aus dem reichen<br />
niederösterreichischen Liederschatz.<br />
Die Sendung Klingendes Österreich „Das<br />
große Land – Zwischen Riesenrad und<br />
Kellergassen“ wird am Samstag, 1. Juni<br />
2013 um 20.15 Uhr in ORF 2 ausgestrahlt.<br />
Mitwirkende: Neue Wiener Concert<br />
Schrammeln, Cornelia Mayer, Ö-Streich,<br />
Singkreis Matzen, Weinviertler Mährische<br />
Musikanten, Zistersdorfer Terzett,<br />
Tonkünstlerorchester <strong>Niederösterreich</strong>,<br />
Klangvierterl, Musikverein Feuersbrunn-<br />
Wagram.<br />
schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013
Inhalt / 5<br />
Juni 2013<br />
INHALT<br />
Spazierengehen<br />
6 / Landschaftsparks<br />
——————<br />
Nachlese<br />
9 / aufhOHRchen<br />
in Gloggnitz<br />
——————<br />
Haus der Regionen<br />
10 / Madeira<br />
——————<br />
Chorszene<br />
13 / Der Projektchor<br />
——————<br />
Musikschulen<br />
14 / Porträt Alois Aichberger<br />
——————<br />
Musikschulen<br />
15 / Podium.Jazz<br />
——————<br />
Thema: Gehen<br />
16 / Musik in Bewegung<br />
——————<br />
Waldviertel<br />
17 / Sportlerchor Pöggstall<br />
——————<br />
Thema: Gehen<br />
18 / Entlaufen und Flanieren<br />
——————<br />
Weinviertel<br />
20 / Geschichten & Sagen<br />
——————<br />
Mostviertel<br />
22 / Orchesterluft<br />
——————<br />
Mostviertel<br />
23 / Weisenblasen & Volksmusik<br />
——————<br />
Thema: Gehen<br />
24 / Wandern in der Wachau<br />
——————<br />
Industrieviertel<br />
26 / Leopoldiritt<br />
——————<br />
Industrieviertel<br />
28 / Almwanderung & Tracht<br />
——————<br />
Weinviertel<br />
29 / Mehr als Idylle<br />
——————<br />
Auslage<br />
30 / Bücher, CDs & feine Ware<br />
——————<br />
Forschung<br />
32 / Österreichisches<br />
Museum für Volkskunde<br />
——————<br />
Thema: Gehen<br />
34 / Wiener Typen<br />
——————<br />
Museumsdorf Niedersulz<br />
36 / Schusterwerkstatt<br />
——————<br />
Museumsdorf Niedersulz<br />
37 / Der Bibelgarten<br />
——————<br />
Museum St. Peter in der Au<br />
38 / Carl Zeller<br />
——————<br />
Museum Hernstein<br />
40 / Die Pecher<br />
——————<br />
Viertelfestival<br />
42 / Brandungszonen<br />
——————<br />
Museum Großschönau<br />
44 / Sonnenwelt<br />
——————<br />
Museum Schloss Greillenstein<br />
45 / Spielen & Verspielen<br />
——————<br />
Thema: Gehen<br />
46 / Geschichte des Stocks<br />
——————<br />
<strong>Kultur</strong>.Region<br />
48 / Fortbildung<br />
——————<br />
<strong>Kultur</strong>.Region<br />
49 / Intern<br />
——————<br />
50 / Die letzte Seite<br />
——————<br />
IMPRESSUM<br />
Herausgeber: Dr. Edgar Niemeczek, Dorothea Draxler. Chefredakteurin: Mella Waldstein. Redaktionsteam: Karin Graf, MA, Mag. Michaela Hahn, Mag. Katharina Heger,<br />
Mag. Marion Helmhart, Mag. Andreas Teufl, DI Claudia Lueger, Dr. Freya Martin, Dr. Veronika Plöckinger-Walenta, Mag. Ulrike Vitovec, Mag. Anita Winterer, Mag. Eva Zeindl,<br />
Michaela Zettl, Mag. Doris Zizala. Mitarbeiter dieser Ausgabe: Mag. Doris Buchmann, Mag. Gabriele Burian, Sabine Daxberger, Ing. Thomas Gnedt, Mag. Thomas Hofmann,<br />
Mag. Birgit Johler, Johann Leitner, Mag. Magdalena Puchberger, Dr. Helga Maria Wolf. Produktionsleitung, Marketing, Anzeigen und Beilagen: Mag. Marion Helmhart.<br />
Eigentümer/Medieninhaber: Volkskultur <strong>Niederösterreich</strong> GmbH, 3452 Atzenbrugg, Schlossplatz 1, FN 308711m, LG St. Pölten. Tel. 02275 4660, office@volkskulturnoe.at,<br />
www.volkskulturnoe.at. Geschäftsführung: Dorothea Draxler, Dr. Edgar Niemeczek. Sekretariat: Petra Hofstätter, Tina Schmid. Grafik/Layout: Atelier Olschinsky Grafik und<br />
Design GmbH, 1060 Wien. Druck: good friends Druck- und Werbeagentur GmbH. Verlagspostamt: 3451 Michelhausen. Versandpostamt: Postamt 3112 St. Pölten. ISSN 1680-3434.<br />
Copyrights: <strong>Kultur</strong>.Region.<strong>Niederösterreich</strong> GmbH, 3452 Atzenbrugg. Artikelübernahme nur nach Vereinbarung mit dem Herausgeber. Fotos: Wenn nicht anders angegeben, Bildarchiv<br />
der Volkskultur <strong>Niederösterreich</strong> GmbH. Ziel der Zeitung: Information und Berichterstattung über Kunst und <strong>Kultur</strong> und ihre gesellschaftlichen Bedingtheiten mit besonderer<br />
Berücksichtigung der Regionalkultur im Bundesland <strong>Niederösterreich</strong>, Beiträge aus Wissenschaft und Praxis, Ankündigungen und Hinweise.<br />
Alle in der Zeitschrift verwendeten Begriffe, Personen- und Funktionsbezeichnungen beziehen sich ungeachtet ihrer grammatikalischen Form selbstverständlich in gleicher Weise<br />
auf Frauen und Männer. Namentlich gekennzeichnete Beiträge müssen nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers und der Redaktion widerspiegeln.<br />
Cover: Gregor Semrad, Weißenkirchen in der Wachau.<br />
schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013
Unterwegs in Österreich / 6<br />
Landschaftsparks<br />
GRÜNE SALONS<br />
In englischen Landschaftsparks wurde die aus den Korsetten des Barock „befreite“ Natur inszeniert.<br />
„Unterwegs in Österreich“ spazierte durch die Parklandschaften von Schönau an der Triesting und den<br />
Schlossparks von Ernstbrunn, Artstetten und Grafenegg.<br />
Schlosspark Greillenstein, Waldviertel.<br />
schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013
Unterwegs in Österreich / 7<br />
Harrach’scher Schlosspark in Bruck an der Leitha.<br />
Wer den heute im Privatbesitz befindlichen<br />
Schlosspark von Schönau an der Triesting<br />
im südlichen <strong>Niederösterreich</strong> besuchen<br />
kann, dem steht eine Reise in die Unterwelt<br />
bevor. Ein runder Hügel nahe einem Wasserlauf<br />
in dem Landschaftspark verrät, dass<br />
sich darunter Außergewöhnliches befindet.<br />
Eine Grotte, die seit Jahrhunderten auch als<br />
Tempel der Nacht bekannt ist. Niemand<br />
Geringerer als der große Theaterimpresario<br />
Baron Peter von Braun – er war unter anderem<br />
Wiener Burgtheatervizedirektor – hat<br />
Ende des 18., Anfang des 19. Jahrhunderts<br />
im Schloss gelebt und das Anwesen mit der<br />
Errichtung dieses Tempels zu einem ganz<br />
besonderen Ort gemacht.<br />
Heute würde man von einem Erlebnispark<br />
sprechen. Der geradezu barock anmutende<br />
Erlebnispark seiner Zeit bestand aus mit<br />
massiven Steinen errichteten und mit<br />
Fackeln ausgeleuchteten Räumen, durch die<br />
Führer die Besucher geleiteten. Um zum<br />
Eingang zu gelangen, musste man mit einem<br />
Boot den Teich übersetzen. Tafeln mit fluoreszierender<br />
Schrift erinnerten den Besucher<br />
daran, dass der Gang durch die Grotte<br />
mit dem Leben an sich vergleichbar sei: mal<br />
dunkel, mal hell, mal auf und ab, mal gewunden.<br />
Man wurde mit künstlich errichteten<br />
Wasserfällen überrascht, mit dem Bad der<br />
Diana, einem Raum, der geflutet war wie ein<br />
Wasserbecken, mit Düften und Geräuschkulissen,<br />
nicht zuletzt mit einem Flötenspiel.<br />
Namhafte Künstler wie Salieri oder Cherubini<br />
komponierten extra dafür. Der Höhepunkt<br />
aber war der Tempel selbst, ein runder,<br />
großer Raum getragen von Säulen und<br />
einer riesigen Kuppel mit Sternen und einem<br />
Mond, der sich bewegte, und einem großen<br />
Gespann der Königin der Nacht. Freimaurersymbole<br />
waren allerorts zu finden.<br />
Der Eindruck auf die Besucher muss, so<br />
erzählen es Beschreibungen, gewaltig gewesen<br />
sein. Das große Spektakel des Tempels<br />
der Nacht ist heute nur noch auf alten<br />
Darstellungen nachvollziehbar. Das <strong>Kultur</strong>denkmal<br />
selbst ist aber, bis auf die Kuppel<br />
und die Einrichtung, noch relativ unversehrt,<br />
und wird vom heutigen Besitzer<br />
behutsam erhalten und gesichert. Ein einzigartiger<br />
Schatz.<br />
Schäferidyll<br />
Die Filmdokumentation aus dem ORF Landesstudio<br />
<strong>Niederösterreich</strong> begibt sich für<br />
die Sendereihe „Unterwegs in Österreich“<br />
auf die Spur von ausgewählten Landschaftsparks<br />
in <strong>Niederösterreich</strong> und ihren Besonderheiten.<br />
Allen gemein ist den Landschaftsparks<br />
des 19. Jahrhunderts, egal ob sie barocke<br />
Vorläufer haben oder nicht, die Philosophie,<br />
sich der Natur zuzuwenden. Die Natur<br />
zu gestalten, sie aber auch werden und sein<br />
zu lassen. Das Gedankengut der Aufklärung,<br />
eine neue Freiheit ist zu spüren – auch wenn<br />
diese Landschaftsparks durchaus geplant<br />
sind. Vielfach gehen sie in großen Waldbesitz<br />
über. Wie im Schloss Ernstbrunn im<br />
Weinviertel, wo man heute ja auch auf den<br />
Wildpark trifft. Dort aber findet sich wieder<br />
ein Beispiel für die Idee des Landschaftsparks<br />
mit seinen Wurzeln im englischen<br />
Landschaftsgarten. In Tempelform wurde<br />
dort eine Quelle eingefasst, ein kleines<br />
romantisches Gebäude, im Wildpark ist es<br />
noch zu sehen. Solche Denkmale finden sich<br />
im ganzen Areal. Sichtachsen zum mächtigen<br />
Schloss Ernstbrunn gab es. Und den so<br />
genannten Semmelberg, der auch beweidet<br />
wurde. Denn das Beweiden, etwa mit Schafen,<br />
gehörte zur Vorstellung eines Landschaftsparks,<br />
die von einer befreiten, aber<br />
doch noch zähmbaren Natur ausging.<br />
Romantisierend wurden die Antike oder<br />
andere Epochen zum Vorbild genommen,<br />
um etwa künstliche Ruinen in den Landschaftsparks<br />
zu errichten. Fürst Johann I.<br />
von Liechtenstein ist dafür im 19. Jahrhundert<br />
ein Paradebeispiel; seine Hinterlassenschaften<br />
wie das Amphitheater in Maria<br />
Enzersdorf, nahe der Burg Liechtenstein, die<br />
Pfefferbüchsl genannten Ruinenreste oder<br />
die kleine, auf einem mittelgroßen Felsen<br />
gebaute Ruine Rauchkogel zeugen davon.<br />
Wasserläufe<br />
Wasser war ein beliebtes Element in den<br />
Landschaftsparks des 19. Jahrhunderts. Der<br />
Harrach’sche Schlosspark in Bruck an der<br />
Leitha bezeugt dies heute noch. Durchzogen<br />
schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013
Unterwegs in Österreich / 8<br />
Wirtschaftsgärten der barocken Gartenanlage Schloss Hof.<br />
Harrach’scher Schlosspark: Schäferidylle gehörte zum Konzept eines Landschaftsgartens.<br />
Der Wolkenturm im Schlosspark Grafenegg.<br />
von den Wasserläufen der Leitha, die man<br />
einst anlegte, ist er verwunschen, idyllisch<br />
und heute ein öffentliches Naherholungsgebiet<br />
in Gemeindebesitz. Einst fuhr man<br />
hier mit dem Boot, heute verlocken auch<br />
seltene, alte Bäume, die man bei Parkführungen<br />
kennenlernen kann. Auch die Bäume<br />
im Schlosspark von Grafenegg sind Besonderheiten.<br />
Riesengroße Platanengruppen,<br />
alte Ginkos, Linden und viele andere bezaubern.<br />
Im Schlosspark von Artstetten wiederum<br />
wird österreichische Geschichte lebendig.<br />
Der in Sarajevo ermordete Thronfolger<br />
Franz Ferdinand war ein ausgesprochener<br />
Pflanzenliebhaber, der die Gartenarbeit gerne<br />
selbst überwachte. Die Telegramme, die<br />
von ihm ans Schloss und retour gingen,<br />
belegen das. Und es gibt zahlreiche solcher<br />
Dokumente, die berichten, wie das Wetter<br />
beim Pflanzen war und welche Bäume schon<br />
eingesetzt wurden.<br />
Wie man diese Landschaftsparks in <strong>Niederösterreich</strong><br />
heute erhält, welchen Stellenwert<br />
sie haben und was sie einzigartig macht, das<br />
erkundete das Team des ORF Landesstudio<br />
NÖ für eine Dokumentation in der Serie<br />
„Unterwegs in Österreich“ am 15. Juni 2013<br />
um 16.30 Uhr in ORF 2. /<br />
Text: Sabine Daxberger<br />
Fotos: Natur im Garten/Alexander Haiden<br />
Der Spaziergang im Schlosspark von Grafenegg<br />
wird ebenfalls zu einer Reise in die<br />
Vergangenheit, dorthin, wo sich im historischen<br />
Goldfischteich das Schloss spiegelt<br />
– und wo ein kleines Denkmal berührt: das<br />
Hundegrab, in dem die vierbeinigen Lieblinge<br />
der Fürstenfamilie Metternich ihre<br />
letzte Ruhestätte fanden. Der Schlosspark<br />
von Grafenegg zeigt aber auch, wie der Landschaftspark<br />
heutigen Zeiten angepasst werden<br />
konnte, mit neuer Architektur wie dem<br />
markanten Wolkenturm als Konzertort.<br />
Heute noch ist der Park von Franz Ferdinand<br />
und seinem Vater Erzherzog Karl<br />
Ludwig geprägt: mit einem alten Swimmingpool,<br />
einem Gartenpavillon, einer wunderbaren<br />
Kastanienallee und vielem mehr. Liebevoll<br />
werden der Park und das Gedenken<br />
an Franz Ferdinand von seinen Nachkommen<br />
im Schloss Artstetten hochgehalten.<br />
Für Besucher des Museums und des Parks<br />
die Gelegenheit zu einer Reise in eine andere<br />
Welt.<br />
UNTERWEGS IN ÖSTERREICH<br />
———————————————————<br />
Sa, 15. 6. 2013, 16.30 Uhr, ORF 2<br />
Landschaftsparks in <strong>Niederösterreich</strong><br />
ORF Landesstudio NÖ<br />
Gestaltung: Sabine Daxberger<br />
Kamera: Helmut Muttenthaler<br />
schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013
aufhOHRchen 2013 / 9<br />
Rückblick<br />
Alles Volksmusik<br />
1.000 Mitwirkende, 70 Volksmusik- und Gesangsensembles<br />
in 21 Teilveranstaltungen an mehr als<br />
25 Spielorten hüllten Gloggnitz in eine Klangwolke.<br />
Von schräg bis traditionell, von Tanz bis Musik, vom<br />
Symposium bis zu Schulprojekten – das Festival<br />
aufhOHRchen bot für jeden Gast und jeden Geschmack<br />
das richtige Programm.<br />
400 Kindergartenkinder und Schüler präsentierten Lieder, Tänze und Stückeln bei aufhOHRchen. Im Rahmen des<br />
„klingenden Gloggnitzer Wochenmarkts“ tanzten die Kinder der Musikschule der Stadtgemeinde Gloggnitz.<br />
Fotos: Volkskultur <strong>Niederösterreich</strong> / atelier olschinsky / Helmut Lackinger<br />
Kleiner Star bei aufhOHRchen 2013: Nico Marsoun alias<br />
ZiachnRocker. Der neunjährige Reichenauer wird im<br />
Hans-Lanner-Regionalmusikschulverband unterrichtet.<br />
Auf seiner „Steirischen“ spielt er Volks- und Rockmusik.<br />
Ein Höhepunkt des Festivals: das Konzert „Alles<br />
Volksmusik“ mit dem Oberkrainer-Fan-Quintett mit<br />
Gitti, Heidi und Peter und den virtuosen Tanzgeigern<br />
– eine gekonnte Verbindung von slowenischem Oberkrainer-Sound<br />
mit österreichischer Volksmusik.<br />
Beim Symposium „Oben drüber – unten durch“<br />
wurde über den Semmering-Basistunnel referiert und<br />
gemeinsam diskutiert. 1. Reihe v.l.n.r. <strong>Kultur</strong>stadtrat<br />
Walter Zwarnig, Theres Friewald-Hofbauer, Club<br />
<strong>Niederösterreich</strong>, Dorli Draxler, Volkskultur<br />
<strong>Niederösterreich</strong>, Mag. Astrid Brandstetter,<br />
BH Neunkirchen, Bürgermeisterin Irene Gölles,<br />
Dr. Bruno Maldoner, BMUKK.<br />
2. Reihe v.l.n.r. DI Dieter Haas, ÖBB-Infrastruktur<br />
AG, Mag. Stefan Bauer, <strong>Niederösterreich</strong> Werbung,<br />
LAbg Hermann Hauer, ao. Univ.-Prof. Dr. Friedrich<br />
Zibuschka, NR Johann Hechtl, Dr. Günter Dinhobl.<br />
Vier Tage lang lagen Volksmusik und Volkskultur<br />
in der Luft und verwandelten Gloggnitz in die<br />
Volksmusik-Hauptstadt <strong>Niederösterreich</strong>s.<br />
„Nach 21 Jahren ist das aufhOHRchen-Konzept<br />
aktueller denn je: Die Begegnung von bekannten und<br />
beliebten Größen der Volksmusik mit der örtlichen<br />
<strong>Kultur</strong>szene, die Einbindung der <strong>region</strong>alen Vereine<br />
und Aktiven in das Festival bringen jedes Jahr wachsenden<br />
Erfolg“, freut sich Dorli Draxler über die<br />
6000 Besucher bei aufhORHchen in Gloggnitz.<br />
schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013
Haus der Regionen / 10<br />
Madeira<br />
WEltgarten<br />
Ein Weltgarten inmitten des Atlantiks. Auf der portugiesischen Insel Madeira gedeihen Pflanzen<br />
aus allen Kontinenten sowie das Erbe kolonialer Vergangenheit.<br />
schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013
Haus der Regionen / 11<br />
Die Landwirtschaft ist bis heute der größte Wirtschaftsfaktor der Insel: Oliven …<br />
… und Bananen.<br />
Als seien sie Schmetterlinge, die sich in<br />
Scharen niedergelassen hätten – bunt, leicht<br />
und verspielt –, sitzen die Orchideenblüten<br />
im üppigen Grün. Hoch über der Hauptstadt<br />
Funchal liegt der Jardim Orquídea des<br />
österreichischen Gärtners Josef Pregetter.<br />
Die Pregetters sind Gärtner seit vier Generationen<br />
und spezialisierten sich auf das<br />
Züchten von Zyklamen. Vor 20 Jahren – die<br />
Heizkosten der großen Glashäuser stiegen<br />
immer höher – übersiedelten die Pregetters<br />
von der Oststeiermark auf die portugiesische<br />
Insel Madeira und begannen mit der<br />
Orchideenzucht. „Es sind die idealen Lichtbedingungen<br />
Madeiras“, so der Gärtner, „die<br />
die über 50.000 Orchideen so gut gedeihen<br />
lassen.“ Eine seiner letzten Züchtungen hat<br />
schlanke Blütenblätter die orange und gelb<br />
leuchten. Sie ist auf „Sisi“ getauft und wurde<br />
anlässlich des 175. Geburtstags der Kaiserin<br />
Elisabeth vorgestellt. Die reisefreudige Kaiserin<br />
besuchte Madeira zwei Mal. Für ihren<br />
Großneffen, Kaiser Karl I., wurde die Insel<br />
zur letzten Station seines Exils.<br />
„Hier heroben haben wir nur drei warme<br />
Tage gehabt. Die übrige Zeit hat es geregnet,<br />
gab es Nebel und war immer feucht. Es gibt<br />
kein elektrisches Licht, Wasser nur im ersten<br />
Stock und unten in der Küche. Die Villa<br />
wäre recht hübsch, aber es gibt einfach nicht<br />
genug Platz, obwohl es nur das absolute<br />
Mindestmaß an Personal gibt. Oft schauen<br />
wir neidisch nach Funchal hinunter, wo die<br />
Sonne immer scheint. Das Haus ist so feucht,<br />
dass alles nach Moder riecht. Der Nebel aber<br />
durchzieht alles.“ Das schrieb die Kammerzofe<br />
nach Wien. Wenige Wochen später war<br />
der letzte österreichische Kaiser tot; er<br />
wurde am 5. April 1922 in der Kirche Nossa<br />
Senhora in Monte beerdigt. Ein Ort, der<br />
nicht nur von österreichischen Touristen<br />
besucht wird, sondern seit der Seligsprechung<br />
des Kaisers auch von Gläubigen vieler<br />
Nationen. Das Herrenhaus, das ihm ein<br />
Geschäftsmann zur Verfügung gestellt hatte,<br />
verfiel im Laufe der Zeit. Des Kaisers Garten<br />
aber lädt ein zu Spaziergängen inmitten<br />
prachtvoll angelegter Blumenbeete.<br />
Im Korb bergab<br />
Vom Höhenluftort Monte, wo die gute<br />
Gesellschaft ihre Landhäuser hat, allen voran<br />
errichtet von britischen Weinhändlern und<br />
Zuckerrohrfabrikanten, rutscht der Tourist in<br />
einem Art Wäschekorb bergab. Der Korbschlitten<br />
war einst das adäquate Fortbewegungsmittel<br />
der Oberschicht und wird von<br />
Männern gesteuert, die ebenso stolz, traditionsbewusst<br />
und preisbewusst sind wie ihre<br />
Kollegen Gondoliere in Venedig.<br />
Der Korb als Transportmittel hat auf Madeira<br />
Tradition. Um auf den steilen Terrassenfeldern<br />
Erde, Steine, Früchte bergauf und<br />
bergab zu schleppen, entwickelte sich eine<br />
Vielfalt an Körben. Im Korbmacherdorf<br />
Camacha werden die Weidenrouten, die<br />
vorher gekocht und in der Sonne getrocknet<br />
wurden, verarbeitet. In Körben, waghalsig<br />
auf den Steilwänden der vulkanischen Berglandschaft<br />
hängend, schlugen Arbeiter im<br />
19. Jahrhundert Rinnen in den Fels. Diese<br />
Wasserkanäle – Levaden – durchziehen das<br />
ganze Land und ermöglichen die Fruchtbarkeit<br />
der grünen Insel. Entlang der Levaden<br />
führen Wanderwege durch das Landesinnere.<br />
Auch Kaiserin Elisabeth soll ihre berüchtigten<br />
Gewaltmärsche entlang der Wasserkanäle<br />
gemacht haben.<br />
Weißes Gold und Weinbarone<br />
Zuckerrohr, Bananen, Wein, Blumenzucht:<br />
Die Landwirtschaft ist bis heute der größte<br />
Wirtschaftsfaktor. Vorerst war es der Anbau<br />
von Zuckerrohr, der Madeira in den folgenden<br />
Jahrhunderten Wohlstand brachte.<br />
Das „weiße Gold“ wurde sonst aus weit entfernten<br />
Kolonien importiert.<br />
Madeirawein entstand zufällig. Ähnlich wie<br />
bei Portwein wurde die Gärung des Weins<br />
durch Zugabe von Weinbrand unterbrochen<br />
und so haltbarer gemacht. Der Wein, der in<br />
Fässern gelagert unterwegs in die portugiesischen<br />
Kolonien war, schmeckte nach der<br />
Schiffsreise besser als vorher. Dieser Transport<br />
wurde fortan gezielt durchgeführt. Ausgewählte<br />
Weine in relativ kleinen Fässern<br />
machten die „torna viagem“, wodurch der<br />
Reifungsprozess, die so genannte Madeirisierung,<br />
unterstützt wurde. Dieser Effekt<br />
wird heute durch eine etwa viermonatige<br />
schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013
Haus der Regionen / 12<br />
Die sechs Musikerinnen von Seis Po’ Meia Dúzia an der Küste von Madeira.<br />
Lagerung bei etwa 45 °C, z. B. direkt unter<br />
Wellblechdächern, künstlich erzeugt.<br />
MADEIRA ZU GAST IM HAUS DER REGIONEN<br />
Teatime auf Madeira<br />
Um sich von der Vorherrschaft der Spanier<br />
zu befreien und seine Kolonien zu schützen,<br />
unterschrieb Portugal mehrere Freundschafts-<br />
und Handelsverträge mit England.<br />
Der Vertrag von 1654 öffnete dann alle portugiesischen<br />
Territorien für englische Händler.<br />
Als die Briten durch ein Handelsembargo<br />
keinen französischen Wein mehr importierten,<br />
investierten britische Geschäftsleute<br />
auf der Insel und wurden zu wohlhabenden<br />
„Weinbaronen“.<br />
Einer davon war der Schotte William Reid,<br />
der 1891 das Reid’s Palace erbauen ließt, das<br />
erste Hotel am Platz, wo bis heute die Tradition<br />
der Teatime hochgehalten wird. Serviert<br />
werden Scones und Clotted Cream auf<br />
Wedgwood-Porzellan. Es herrscht kein Krawattenzwang,<br />
aber Turnschuhverbot. Und<br />
von der Terrasse gibt jede Menge „vista<br />
navios“: Schiffsausblicke. /<br />
Text: Mella Waldstein<br />
Fotos: Manfred Föger<br />
Sa, 8. 6. 2013, 19.30 Uhr<br />
Seis Po’ Meia Dúzia<br />
Auf Madeira wird Volksmusik großgeschrieben.<br />
Es existieren viele Gruppen<br />
(Bandas), die sich der traditionellen Musik<br />
verschrieben haben, sei es instrumental<br />
oder vokal. Eine davon ist Seis Po’ Meia<br />
Dúzia: Unter diesem Namen vereinen sich<br />
sechs Sängerinnen, die es sich zum Ziel<br />
gesetzt haben, Volkslieder aus Portugal und<br />
insbesondere Madeira zu pflegen und neu<br />
zu interpretieren. Begleitet durch Perkussionsinstrumente<br />
lässt ihr reiner A-cappella-<br />
Gesang Klangfarben und Rhythmen entstehen,<br />
die von lieblich und sehnsüchtig bis<br />
feurig und schwungvoll reichen.<br />
Sa, 15. 6. 2013, 19.30 Uhr<br />
MedioAtlantico<br />
Auf den Spuren traditioneller Musik<br />
sammelte der madeirische Vollblutmusiker<br />
und Musikwissenschafter Vitor Sardinha<br />
Melodien des Madeira-Archipels. Gemeinsam<br />
mit seinen Professorenkollegen des Konservatoriums<br />
für Musik auf Madeira verleiht<br />
er der Volksmusik seiner Heimatinsel<br />
ihren eigenen Charme. In der Besetzung von<br />
MedioAtlantico findet man die für Madeira<br />
typischen Saiteninstrumente Rajão und<br />
Viola de Arame ebenso wie Flöten und<br />
Akkordeon. Beeinflusst von der unterschiedlichen<br />
Herkunft jener Menschen, die sich<br />
im Laufe der Jahrhunderte auf der Insel<br />
Madeira niederließen, hat die Volksmusik<br />
Madeiras Einflüsse aus der afrikanischen<br />
und südamerikanischen <strong>Kultur</strong> erfahren.<br />
Di, 18. 6. 2013, 19.30 Uhr<br />
Diashow Madeira – Portugals<br />
grüne Perle im Atlantik<br />
Auf kleinstem Raum vereint sie eine Fülle<br />
von Landschaften: imposante Steilküsten,<br />
bizarre Vulkanformationen, weite Täler<br />
ebenso wie Eukalyptus- und Lorbeerwälder.<br />
Der renommierte Innsbrucker Biologe<br />
Manfred Föger verbindet seine Liebe<br />
zur Natur mit der Leidenschaft für das<br />
Fotografieren in zahlreichen Vorträgen,<br />
Büchern und Reiseberichten.<br />
_<br />
Karten<br />
Einzelkonzert:<br />
Kat. I: VVK: EUR 16,00, AK: EUR 18,00<br />
Kat. II: VVK: EUR 14,00, AK: EUR 16,00<br />
Diashow: VVK: EUR 7,00, AK: EUR 9,00<br />
Kombi-Karte für beide Konzerte<br />
und die Diashow der Reihe Madeira:<br />
Kat. I: EUR 36,00, Kat. II: EUR 32,00<br />
Information & Kartenbestellung<br />
Haus der Regionen<br />
3504 Krems-Stein<br />
Donaulände 56<br />
Tel. 02732 85015<br />
www.volkskultureuropa.org<br />
schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013
Chorszene / 13<br />
Projektchor.szeneNö<br />
HORIZONTAL/<br />
VERTIKAL<br />
Einladung zum Mitsingen beim „Projektchor.szeneNö“, der im<br />
Herbst unter dem Motto „Horizontal/Vertikal“ zusammentrifft.<br />
Projektchor beging mit dieser Aufführung im<br />
Festspielhaus St. Pölten sein Debüt: „Der<br />
erste Teil des Abends wurde vom Projektchor.<br />
szeneNö getragen. Von Heinz Ferlesch<br />
zusammengestellt, glänzte er bei seinem<br />
Debüt einmal als gütiger Götterrat, dann als<br />
drohendes Furienpack“, schrieb „Die Presse“<br />
am 11. Juni 2011.<br />
Wieder unter der Leitung von Heinz Ferlesch<br />
wurde für das Herbstkonzert der Chorszene<br />
am 28. Oktober 2012 im Klangraum der<br />
Minoritenkirche Krems Stein der Projektchor<br />
erneut zusammengestellt. Am Programm<br />
standen Jacobus Gallus’ „Pater noster“ und<br />
Johann Sebastian Bachs „Der Geist hilft unsrer<br />
Schwachheit auf “, nachzuhören auf der<br />
CD „Vielstimmig 9“, die in Kürze erhältlich<br />
sein wird. Nach der Produktionen des Festspielhauses<br />
St. Pölten und dem ersten A-cappella-Programm<br />
des Projektchor.szeneNö<br />
möchten wir den eingeschlagenen musikalischen<br />
Weg fortzusetzen. /<br />
Text: Michaela Zettl<br />
Projektchor bei „Orfeo ed Euridice“, Festspielhaus St. Pölten, Juni 2011. Foto: Jürgen Thoma<br />
Unter einem Projektchor versteht man im<br />
Allgemeinen einen Zusammenschluss von<br />
Sängern, die gemeinsam Werke über einen<br />
bestimmten, begrenzten Zeitraum einstudieren<br />
und anschließend zur Aufführung bringen.<br />
Projektchöre sind überwiegend im semiprofessionellen<br />
Bereich anzutreffen und werden<br />
teilweise speziell für bestimmte Konzerte<br />
zusammengestellt. 2011 gründete die Chorszene<br />
<strong>Niederösterreich</strong> den über<strong>region</strong>alen<br />
Projektchor „Projektchor.szeneNö“. Intention<br />
ist es, für ambitionierte Sänger neue Herausforderungen<br />
zu schaffen und ein professionelles<br />
Produktionsniveau zu bieten. Für die<br />
Teilnahme am Chor qualifiziert man sich<br />
durch ein Vorsingen.<br />
Heinz Ferlesch, einer der beiden Koordinatoren<br />
der Chorszene <strong>Niederösterreich</strong>, wurde<br />
mit der Leitung des Projektchor.szeneNö<br />
betraut. Ferlesch hat sich sowohl als Dirigent<br />
seines Originalklangorchesters Barucco als<br />
auch als langjähriger künstlerischer Leiter der<br />
Wiener Singakademie und des Chors Ad<br />
Libitum im österreichischen Musikleben etabliert.<br />
Mit seinen Ensembles ist er Preisträger<br />
nationaler und internationaler Wettbewerbe.<br />
Seit 2002 unterrichtet er an der Universität<br />
für Musik und darstellende Kunst in Wien.<br />
Der erste öffentliche Auftritt des Projektchor.<br />
szeneNö fand im Rahmen einer Kooperationsveranstaltung<br />
mit dem Festspielhaus<br />
St. Pölten statt: Das Festspielhaus (Intendanz:<br />
Joachim Schlömer) hatte die Chorszene <strong>Niederösterreich</strong><br />
eingeladen, für die halbszenische<br />
Produktion von Glucks Oper „Orfeo<br />
ed Euridice“ den Chor zu stellen. Der erste<br />
Projektchor.szeneNö<br />
———————————————————<br />
So, 27. 10. 2013, 18.00 Uhr<br />
Herbstkonzert<br />
der Chorszene <strong>Niederösterreich</strong><br />
im Klangraum der Minoritenkirche<br />
Krems Stein<br />
Programm:<br />
Johann Nepomuk David (1895–1977):<br />
Deutsche Messe op.42 für gemischten<br />
Chor a cappella<br />
Musikalische Leitung: Heinz Ferlesch<br />
Voraussichtlicher Probenplan:<br />
Mi, 11., u. Mo, 16. 9. 2013, 18.00–22.00 Uhr<br />
Sa, 12., und So, 13. 10. 2013:<br />
Probenwochenende<br />
Sa, 26., und So, 27. 10. 2013:<br />
Probe, CD-Aufnahme und Konzert<br />
Sollten Sie Interesse daran haben,<br />
beim Projektchor.szeneNö mitzusingen,<br />
melden Sie sich bitte bei:<br />
Chorszene <strong>Niederösterreich</strong><br />
michaela.zettl@volkskulturnoe.at<br />
Tel. 02742 90666-6117<br />
www.chorszenenoe.at<br />
Unter diesem Kontakt erfahren Sie auch<br />
die Termine für das Vorsingen.<br />
schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013
Musik / 14<br />
Porträt Alois Aichberger<br />
WOS GROOVT, DES FOAHRT!<br />
Für Bewegung sorgt Alois Aichberger. Als Musiker, Bandleader, Leiter der Musikschule Mostviertel<br />
und im kommenden Jahr als Artist in residence bei „musik aktuell – neue musik in nö“.<br />
Aichberger hervorgegangen und heute wichtiger<br />
Bestandteil der niederösterreichischen<br />
Jazzszene ist.<br />
Konzertsäle versus Fußballplätze<br />
Alois Aichberger, Musiker, Bandleader und Leiter der Musikschule Mostviertel.<br />
Eine fließende, musikalische Bewegung,<br />
unabhängig von Genres oder musikalischen<br />
Stilen – das sei Groove, so Alois Aichberger.<br />
„Wenn etwas ‚groovt’, dann ‚fährt’ es auch,<br />
eine Band ‚groovt’, wenn der Rhythmus in<br />
Bauch und Beine geht“, heißt es in der Ausschreibung<br />
von „musik aktuell“. Die Förderschiene<br />
des Landes <strong>Niederösterreich</strong>, die von<br />
der Musikfabrik NÖ umgesetzt wird, hat das<br />
Ziel, die Musik unserer Zeit noch besser <strong>region</strong>al<br />
zu platzieren. Als Artist in residence<br />
trifft Alois Aichberger aus Projekteinreichungen<br />
eine Auswahl, die – von einem<br />
künstlerischen Beirat unterstützt – Veranstaltern<br />
in <strong>Niederösterreich</strong> angeboten und realisiert<br />
werden kann. Unter dem Motto „Groove<br />
– Move“ sollen gewohnte Pfade verlassen und<br />
das Feld erweitert werden.<br />
„Ich persönlich hab’s gern bunt"<br />
Ein weites Betätigungsfeld kann Alois Aichberger<br />
auf alle Fälle vorweisen: „Ich komme<br />
aus der Blasmusik, habe klassische Trompete<br />
studiert, beschäftige mich mit Jazz und Popularmusik<br />
und liebe die Oper.“ Als Musikschullehrer<br />
(und -leiter) ist es ihm wichtig,<br />
ein möglichst breites stilistisches Angebot zu<br />
bereiten. Die Grundlage sei jedoch eine professionelle<br />
Basis auf dem jeweiligen Instrument,<br />
denn Stilrichtungen entwickeln sich im<br />
Laufe der Ausbildung. Dies sollte von Lehrern<br />
erkannt werden, um darauf reagieren zu<br />
können.<br />
Untrennbar mit der musikalischen Ausbildung<br />
verbunden ist für Alois Aichberger<br />
auch das Ensemblespiel, denn „Musik sollte<br />
man im Kollektiv erleben“. Bereits in frühen<br />
Jahren ist das Musizieren im Ensemble sinnvoll<br />
und sollte im Idealfall mit Einzelunterricht<br />
kombiniert werden. Dass auch Jazz<br />
keine Frage des Alters ist, beweisen erfolgreiche<br />
Orchester- und Bandprojekte wie die<br />
„LA BIG BAND“ (LA steht für Lois Aichberger),<br />
die aus der Musikschularbeit von Alois<br />
Die Etablierung einer <strong>region</strong>alen Jazz-Szene<br />
im Mostviertel ist dem Musiker seit 20 Jahren<br />
ein Anliegen und steht auch in engem<br />
Zusammenhang mit der Ausbildung an<br />
Musikschulen sowie der Förderung junger<br />
Talente. „Talentförderung muss zusätzlich zu<br />
Wettbewerben stattfinden. Es sollte ein<br />
Umfeld bzw. Nährboden geschaffen werden,<br />
wo sich junge Künstler entfalten, ihre eigenen<br />
Ideen ausprobieren und sich mit Profis vernetzen<br />
können“, so Aichberger.<br />
Dafür wünscht er sich mutige Veranstalter,<br />
mediale Plattformen wie Printmedien, mehr<br />
Radio- und TV-Formate für die österreichische<br />
Musikszene und zu guter Letzt: dieselbe<br />
Anzahl an Musikclubs oder Konzertsälen<br />
wie an Fußballplätzen. Denn obwohl die<br />
heimische Musikszene lebendig wie nie ist<br />
und die Qualität der Ausbildungen und<br />
Musiker ständig ansteigt, zeigt sich das mediale<br />
Interesse als einseitig. Vom Gegenteil<br />
möchte Alois Aichberger bei „musik aktuell“<br />
2014 überzeugen: durch kreative und innovative<br />
Ideen und durch neue Instrumentenkombinationen<br />
mit Groove – vom professionellen<br />
Kollektiv bis hin zum Musikschulprojekt.<br />
/<br />
Text: Katharina Heger<br />
schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013
Musikschule / 15<br />
Podium.Jazz<br />
JAZZ WE CAN<br />
Um Groove geht es im Juni auch in den Musikschulen <strong>Niederösterreich</strong>, wenn der<br />
Jugendjazzwettbewerb Podium.Jazz vor der Tür steht.<br />
Jugendjazzorchesters <strong>Niederösterreich</strong>, das<br />
im Rahmen der Preisverleihung stattfindet.<br />
Seit rund drei Jahren hat <strong>Niederösterreich</strong><br />
mit dem Jugendjazzorchester eine wahre<br />
Talenteschmiede für den Jazznachwuchs.<br />
Das Projekt des Musikschulmanagement<br />
<strong>Niederösterreich</strong> vereint 25 talentierte junge<br />
Jazz- und Popularmusiker aus niederösterreichischen<br />
Musikschulen, die – unter der Leitung<br />
von Andreas Pranzl – professionelle<br />
Arbeits- und Auftrittserfahrungen sammeln<br />
können. Einigen Mitgliedern gelang bereits<br />
der Sprung von Musikschule zum -studium.<br />
Qualität, jugendliche Frische und Spielfreude: das Jugendjazzorchester <strong>Niederösterreich</strong>.<br />
Der Wettbewerb Podium.Jazz.Pop.Rock versteht<br />
sich als Ergänzung zu den bestehenden<br />
Wettbewerben in den Bereichen Klassik und<br />
Volksmusik. Nachdem im vergangenen Jahr<br />
in <strong>Niederösterreich</strong> die Kategorie Pop.Rock<br />
im Mittelpunkt stand, wird 2013 ein Schwerpunkt<br />
auf Jazz gesetzt.<br />
„Jazz ist nicht tot, er riecht nur<br />
komisch.“ (Frank Zappa)<br />
Acht Ensembles, Bands und Combos treten<br />
am Samstag, 8. Juni, in der Tischlerei Melk<br />
<strong>Kultur</strong>werkstatt in den musikalischen Wettkampf<br />
und beweisen, dass sich der Jazz nicht<br />
länger auf Klischees von verrauchten dunklen<br />
Clubs berufen muss, sondern auch Ausdruck<br />
einer musikalischen Jugend ist. Das<br />
Programm soll die Vielfalt im Jazz spiegeln,<br />
gefordert wird einiges: geachtet wird neben<br />
Kreativität, Interpretation, Technik und Zusammenspiel<br />
insbesondere auf Improvisation,<br />
Performance und Groove. Positiv bewertet<br />
werden Eigenkompositionen sowie<br />
eigene Themen. Eine hochkarätige Fachjury,<br />
vertreten durch Walter Grassmann, Martin<br />
Gasselsberger, Juci Janoska, Clemens Salesny<br />
und Wolfgang Wograndl, gibt den Musikern<br />
neben der Bewertung auch professionelle<br />
Tipps mit auf den Weg.<br />
Jugendjazzorchester<br />
<strong>Niederösterreich</strong><br />
Einen krönenden Abschluss des Wettbewerbs<br />
Podium.Jazz bildet das Konzert des<br />
Jugendjazzorchester <strong>Niederösterreich</strong> – das<br />
steht für eindrucksvolle Qualität, jugendliche<br />
Frische und deutlich hör- und sichtbare<br />
Spielfreude. Überzeugen kann man sich<br />
davon am 8. Juni um 19.00 Uhr in der Tischlerei<br />
Melk. /<br />
Text: Katharina Heger<br />
Foto: Julia Pfeiffer<br />
PODIUM. JAZZ<br />
———————————————————<br />
Sa, 8. 6. 2013, ab 12.30 Uhr<br />
Tischlerei Melk <strong>Kultur</strong>werkstatt<br />
3390 Melk, Jakob-Prandtauer-Straße 11<br />
19.00 Uhr: Preisverleihung und Konzert<br />
des Jugendjazzorchesters <strong>Niederösterreich</strong><br />
Informationen<br />
Musikschulmanagement <strong>Niederösterreich</strong><br />
T. 02742 90666 6110<br />
julia.pfeiffer@musikschulmanagement.at<br />
www.musikschulmanagement.at<br />
schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013
Thema: Gehen / 16<br />
Musik in Bewegung<br />
MICHL, GEH HER!<br />
Wenn Blaskapellen ausrücken …<br />
Tag der Blasmusik in Kleinraming. Foto: Musikkapelle Kleinraming<br />
„Jessas, der Michl! Der Michl war ein Posaunist<br />
in unsrer Dorfblasmusik … Schlecht<br />
gehört hat er halt schon, so alt war er, wie ihm<br />
das passiert ist: nach einer Totenmesse hat die<br />
Blasmusik den Trauerkondukt mit einem<br />
gemächlichen Marsch in Moll von der Leichenhalle<br />
zum Friedhof hinausgeleitet. Da<br />
gibt es zuletzt eine Weggabelung, zum Friedhof<br />
muss man scharf rechts gehen. Der Verstorbene<br />
ist sehr beliebt gewesen, so sind alle<br />
Trauergäste betroffen und mit sich selbst<br />
beschäftigt gewesen. Da fällt plötzlich dem<br />
Trommler ganz hinten auf, dass der Michl mit<br />
seiner Posaune gradaus weitergegangen ist.<br />
‚Michl, geh her!‘, flüstert der so laut wie möglich.<br />
Aber der Michl hat natürlich nichts<br />
gehört. Immer weiter hat er sich vom Kondukt<br />
entfernt und tieftraurig seine Stimme<br />
gespielt. Nur die anderen Musikanten haben<br />
es dergneist, dass der Michl da ein Solostückl<br />
hingelegt hat. Bis der 2. Klarinettist ausgebrochen<br />
ist aus der Reihe und ihn zurückgeholt<br />
hat. Da haben manche Trauergäste betreten<br />
still gelacht …“ So erzählt ein burgenländischer<br />
Leichenbestatter, der die Begebenheit<br />
selbst erlebt hat. Und: „Einmal hat sich eine<br />
kleine Delegation eben dieser Blasmusik bei<br />
dem Begräbnis einer alten Witwe am Grab<br />
eingefunden und Choräle gespielt, dass allen<br />
Trauernden die Tränen gekommen sind. Wie<br />
die Musikanten hinterher ihren Lohn eingefordert<br />
haben, haben sich die Verwandten der<br />
Toten zwar noch einmal recht bedankt für die<br />
schöne Musik, aber nichts bezahlt, denn<br />
bestellt war die Musik nicht. Die Musikanten<br />
hatten sich in der Uhrzeit geirrt, sie hätten für<br />
die Leich’ zwei Stunden früher spielen sollen.“<br />
Musik, marsch!<br />
Blasmusikkapellen spielen natürlich auch zu<br />
fröhlicheren Anlässen, wie beispielsweise für<br />
Hochzeiten. Wirklich und wahrhaftig ist Folgendes<br />
in Ostösterreich passiert: An einem<br />
sommerlich sonnigen Sonntagnachmittag<br />
stimmt die dörfliche Blasmusik vor der Kirche<br />
einen feierlichen Hochzeitsmarsch an und<br />
marschiert mit einer Hochzeitsgesellschaft<br />
zum Gasthaus. Prächtig anzusehen ist der<br />
Zug, zahlreiche Schaulustige säumen den<br />
Weg. Der Stabführer zeigt bei einem Schwenk<br />
in der Kurve die Richtung an, dafür wendet er<br />
den Tambourstab, sodass nicht mehr die<br />
Kugel nach oben zeigt, sondern die Spitze,<br />
und macht ein rechtes Spektakel für die Zaungäste.<br />
Eindrucksvolle Bewegungen führt er<br />
mit dem schmucken Stab aus, die immer<br />
intensiver und kreisender werden, ganz aus<br />
dem lockeren Handgelenk. Plötzlich verliert<br />
er die Kontrolle über den Stab, sodass der mit<br />
gehörigem Schwung gleich einem Speer durch<br />
die Luft fliegt, die Fensterscheibe eines Einfamilienhauses<br />
auf der gegenüberliegenden<br />
Straßenseite durchbricht und im Wohnzimmer<br />
landet. Daselbst sitzt der Hausherr vor<br />
dem Fernseher und wundert sich sehr …<br />
Wuchteln<br />
Auch die Blasmusikanten selber sind dafür<br />
verantwortlich, dass die Musik einen bleibenden<br />
Eindruck hinterlässt. Hunderte Anekdoten<br />
ranken sich um die Einsätze hunderter<br />
Blasmusikkapellen in ganz Österreich. Kollegialen<br />
Ratschlägen nach ist es durchaus sinnvoll,<br />
sich vor dem Ausrücken zu überzeugen,<br />
ob sich das Instrument samt Mundstück im<br />
Instrumentenkoffer befindet, der Tubatrichter<br />
leer ist (es wurden schon Notenblätter, Reinigungsobjekte<br />
oder Ventilölfläschchen darin<br />
gefunden) und die Schlegel für die kleine<br />
Trommel eingepackt sind – einen leisen<br />
Trommelwirbel mit Kochlöffeln auszuführen<br />
ist zwar möglich, aber ungleich schwieriger. /<br />
Text: Gabriele Burian<br />
schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013
Waldviertel / 17<br />
Sportlerchor Pöggstall<br />
FREUNDSCHAFTSSPIEL<br />
Singen und Sport ist ein Freundschaftsspiel, in dem beide gewinnen – das beweist der Sportlerchor Pöggstall.<br />
Es gibt ja auch genug Gemeinsamkeiten: Die<br />
Bühne stellt für den Sportler den Wettbewerb<br />
oder das Spiel dar. Die Proben sind das Training,<br />
daher auch die gute Moral bei den<br />
Proben, denn ohne Training kann man kein<br />
Spiel bestreiten. Aus der Begeisterung für das<br />
Singen erklärt sich auch der Wunsch der<br />
sportlichen Sänger, mehr Auftritte zu absolvieren.<br />
„Er steht im Tor“<br />
Sportlerchor Pöggstall bei aufhOHRchen 2009 in Groß Gerungs.<br />
Normalerweise herrscht das Vorurteil, dass<br />
zwischen Sport und <strong>Kultur</strong> keine Schnittstelle<br />
vorhanden sei. Jedoch nicht so beim Sportlerchor<br />
Pöggstall mit Chorleiterin Christina<br />
Foramitti, der als Projektchor für bestimmte<br />
Auftritte ein Programm einstudiert. Begonnen<br />
hat alles 2008 bei einem Überraschungsfest<br />
anlässlich des 80. Geburtstags von „Tante<br />
Poldi“, der guten Seele des Sportvereins Pöggstall,<br />
die sich seit Jahrzehnten um den Fußballverein<br />
sorgt und kümmert. Bei diesem<br />
Überraschungsfest mit etwa 200 Gästen<br />
wollten einige Sportlerinnen und Sportler,<br />
Funktionäre, Mütter von Kindern der Nachwuchsmannschaften<br />
sowie mehrere Akteure<br />
der Kampfmannschaft der Jubilarin mit dem<br />
Lied „Das ist dein Tag“ von Udo Jürgens gratulieren.<br />
Zur Einstudierung wurde die<br />
Gesangs- und Musikpädagogin Christina<br />
Foramitti um Hilfe gebeten. Die ersten Proben<br />
waren durchaus spannend, da es nicht<br />
für alle Sänger einfach war, die Töne so zu<br />
treffen, wie es der Komponist ursprünglich<br />
vorgesehen hatte. Aber mit jeder Probe wurden<br />
die Sportler sicherer – die Freude am Tun<br />
wuchs derart, dass das Ergebnis sehr ansprechend<br />
war. Bei der Generalprobe entstand die<br />
Idee, sich als Sportlerchor beim Volksmusikfestival<br />
aufhOHRchen 2009 zu präsentieren.<br />
Diese Idee wurde von allen freudig aufgenommen;<br />
letztendlich standen 31 Personen<br />
auf der Chorliste.<br />
Zwischen Training und Probe<br />
Im Vorfeld allerdings sorgte die Teilnahme<br />
für gewissen Aufruhr, da es in den Augen<br />
mancher anscheinend nicht in das Image der<br />
Sportler zu passen schien, singend auf der<br />
Bühne zu stehen. Es wurde sogar eine mögliche<br />
Blamage prophezeit. Doch diese Schnittstelle<br />
zwischen Sport und <strong>Kultur</strong> ist vorhanden.<br />
Und diese Leute sollten eines Besseren<br />
belehrt werden.<br />
Es war von vorneherein klar, dass die meisten<br />
dieser bunt zusammengewürfelten Menschen<br />
nicht auf eine langjährige Chorpraxis zurückgreifen<br />
konnten. So gesehen war es auch nicht<br />
so einfach, gemeinsam mit anderen erfahrenen<br />
Chören auf der Bühne zu (be)stehen.<br />
Die Chorleiterin musste sich also in ihrer<br />
Arbeit zuerst wohl auf grundlegende, einstimmige<br />
Dinge konzentrieren, welche sich erst<br />
später und durch viel Übung in Mehrstimmigkeit<br />
umwandeln sollten. Von Christina<br />
Foramitti am Klavier begleitet, performten die<br />
31 singenden Sportler zwei Fußballlieder:<br />
„Das Ländermatch“ und das Wienerlied<br />
„Hinein, hinein, so brüllt der ganze Sportverein“.<br />
So „rockten“ sie den Kirchenplatz.<br />
Im September 2012, bei wiederaufhOHRchen<br />
in Pöggstall, trat der Chor mit neuen<br />
Fußballliedern abermals auf. Dieses Mal wurden<br />
es „Der Theodor im Fußballtor“, „Er<br />
steht im Tor“ und vom Jugendtrainer und<br />
Christina Foramitti selbstverfasste Fußballgstanzln.<br />
Selten erlebt man eine derartige<br />
Begeisterung für das Singen, für das Sich-<br />
Zeit-Nehmen für Proben und Auftritte wie<br />
beim Sportlerchor Pöggstall. /<br />
Text: Andreas Teufl<br />
schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013
Thema: Gehen / 18<br />
Arbeitswelten<br />
ENTLAUFEN UND FLANIEREN<br />
„Das Wandern ist des Müllers Lust, das Wandern! Das muss ein schlechter Müller sein, dem niemals fiel das<br />
Wandern ein“, reimte der deutsche Dichter Wilhelm Müller vor fast 200 Jahren. Franz Schubert vertonte<br />
den Text in seinem Liederzyklus „Die schöne Müllerin“.<br />
man seine Dokumente verwahrte. Dazu zählte<br />
die „Kundschaft“, ein Arbeitszeugnis auf<br />
einem mit der Ortsansicht gezierten Dokument.<br />
Ohne diese Urkunde fand er keinen<br />
neuen Arbeitsplatz. Die Verhältnisse müssen<br />
oft so unerträglich gewesen sein, dass sie<br />
Handwerksburschen zum „Entlaufen“ zwangen.<br />
Um die Situation der wandernden Gesellen<br />
zu verbessern, gründete der gelernte<br />
Schuhmacher und spätere Priester Adolph<br />
Kolping (1813–1865) Gesellenvereine. Diese<br />
boten in eigenen Häusern Quartier, unterstützten<br />
die Ausbildung, boten Hilfe im<br />
Krankheitsfall und auch Geselligkeit. Kolping<br />
wurde 1991 vom Papst seliggesprochen, der<br />
Heiligsprechungsprozess dauert noch an.<br />
Die Romantik trügt. Handwerksgesellen<br />
bestimmter Zünfte mussten wandern. Die<br />
Walz oder Gesellenwanderung war eine Etappe<br />
ihres Lebensweges: vom Lehrling über den<br />
Gesellen zum Meister. Darauf verweist die<br />
letzte Strophe: „Herr Meister und Frau Meisterin,<br />
lasst mich in Frieden weiter ziehn …“<br />
Die „Tippelbrüder“ legten weite Strecken<br />
zurück, oft quer durch Europa. In der fremden<br />
Stadt mussten sie sich nach einem<br />
Arbeitsplatz umsehen, fanden sie einen, blieben<br />
sie mindestens ein halbes Jahr beim<br />
Meister. Gutes Betragen vorausgesetzt, erwarben<br />
sie nach einigen Jahren das Recht, ein<br />
Meisterstück anzufertigen. Doch auch dieses<br />
war keine Garantie, eine eigene Firma eröffnen<br />
zu dürfen. Die Niederlassungsrechte<br />
Bergwandern auf der Rax in früheren Zeiten.<br />
waren beschränkt. Die Heirat mit der Witwe<br />
oder Tochter eines Meisters bot eine gewisse<br />
Chance, zum angesehenen Bürger aufzusteigen.<br />
Wandernde Gesellen standen – wie auch<br />
andere „Fahrende“, Schausteller usw. – nicht<br />
in gutem Ansehen. Auch sonst waren die<br />
Zünfte, die vom Mittelalter bis Mitte des<br />
19. Jahrhunderts bestanden, voller Regeln<br />
und Rituale, denen sich die Mitglieder zu<br />
beugen hatten. Sie halfen den Gesellen aber<br />
auch. Ein Mitglied begleitete den Neuling bei<br />
der Stellensuche. Fand sich nichts, erhielt er<br />
einen Beitrag zum Weiterziehen. Hatte er<br />
seinen Meister gefunden, wurde er mit derben<br />
Späßen und Trinkgelagen in die Gemeinschaft<br />
der Gesellen aufgenommen. Er legte<br />
den Geselleneid auf die Zunftlade ab, in der<br />
Wandernde Nachrichtenagenturen<br />
„Handel und Wandel“ ist mehr als ein Reimpaar.<br />
Seit ältesten Zeiten waren Händler und<br />
Abenteurer auf den Fernstraßen, wie der<br />
Seidenstraße, unterwegs, um Luxusgüter<br />
nach Europa zu importieren. Weniger edel<br />
waren die Waren, die Wanderhändler in Stadt<br />
und Land vertrieben, meist Lebensmittel<br />
oder Gegenstände des alltäglichen Bedarfs,<br />
aber auch manches, was darüber hinausging.<br />
So beklagten die Behörden, dass Wanderhändler<br />
den Bäuerinnen und Mägden Dinge<br />
aufschwatzten, die diese angeblich gar nicht<br />
benötigten. Zugleich waren die Hausierer<br />
wandernde Nachrichtenagenturen, die Neuigkeiten<br />
aus weit entfernten Gegenden in die<br />
entlegensten Dörfer brachten. Die Versorgung<br />
der Stadt Wien mit Südfrüchten, Haushalts-<br />
und Spielwaren lag in vorindustrieller<br />
Zeit überwiegend in den Händen der vagie-<br />
schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013
Thema: Gehen / 19<br />
Als nach dem Ersten Weltkrieg die Wirtschaft zusammenbrach, kamen die „Tippelbrüder“ wieder in Mode.<br />
Wallfahrt.<br />
renden Händler. Der Kupferstecher Johann<br />
Christian Brand (1722–1795) hat sie in seinen<br />
Kaufrufserien verewigt, sogar die Wiener<br />
Porzellanmanufaktur erwählte die oft bettelarmen<br />
Leute zum Motiv (siehe Seite 34).<br />
Die ältesten Privilegien reichen in das 15. Jahrhundert<br />
zurück. Sie sollten den Einwohnern<br />
wirtschaftlich benachteiligter Gebiete ein<br />
bescheidenes Einkommen verschaffen. Dazu<br />
zählten die „Krainer“ aus der deutschen<br />
Sprachinsel Gotschee (Kocevje) in Slowenien,<br />
die Vieh, Leinwand und Südfrüchte verkaufen<br />
durften. Seit dem 19. Jahrhundert hatten<br />
(Süd-)Tiroler das Privileg, Produkte ihrer<br />
Heimarbeit, wie Schnitzereien, Handarbeiten<br />
oder Teppiche ambulant zu vertreiben. Die<br />
niederösterreichischen Vertreter dieser Vertriebswege<br />
waren die „Bandlkramer“ und<br />
Uhrenhändler aus dem Waldviertel.<br />
Bürgerliche Wanderlust<br />
Während für die Angehörigen aller dieser<br />
Gruppen das Wandern weniger Lust als Last<br />
waren (sie beförderten ihre Waren über weite<br />
Strecken zu Fuß), entdeckten bürgerliche<br />
Kreise im 19. Jahrhundert die Reize der<br />
Landschaft für sich. Der bekannteste unter<br />
ihnen war wohl der Hofkammerbeamte<br />
Joseph Kyselak, der „Skizzen einer Wanderung<br />
nebst einer romantisch-pittoresken Darstellung<br />
mehrerer Gebirgsgegenden und Eisglätscher“<br />
veröffentlichte, die er 1825 unternommen<br />
hatte. Doch verewigte er sich nicht<br />
nur literarisch, sondern hinterließ seinen<br />
Namenszug auch auf etlichen der besuchten<br />
Objekte, am liebsten an schwer zugänglichen<br />
Stellen, etwa an Felswänden. Zwei Jahre vor<br />
ihm schrieb der Hofschauspieler Johann<br />
Anton Friedrich Reil „Ein Tagebuch für<br />
Freunde österreichischer Gegenden“. Reil gilt<br />
als einer der Entdecker des Waldviertels. Bald<br />
entstand eine Fülle an Reiseliteratur, subjektive<br />
Schilderungen, wissenschaftliche<br />
Berichte, baedekerartige Aufzählungen. Von<br />
besonderer Bedeutung waren die drei Bände<br />
„Wiens Umgebungen auf zwanzig Stunden<br />
im Umkreise“, die der Geograf Adolf Schmidl<br />
zwischen 1835 und 1839 herausgab. Der<br />
Wirtschaftshistoriker Wolfgang Häusler, der<br />
Reils Buch nach mehr als eineinhalb Jahrhunderten<br />
neu ediert hat, nennt Schmidls<br />
Werk „in seiner Art noch heute nicht überholt“.<br />
Er meinte, „dass in der Brust dieser<br />
Wanderer zwei Seelen wohnten – der Aufklärer<br />
und der Romantiker“. Als josephinisch<br />
gesinnte Aufklärer kritisierten die Autoren<br />
die Rückständigkeit der Landeskultur, als<br />
Romantiker schwärmten sie von den pittoresken<br />
Szenerien.<br />
Ein ganz altes Motiv zum Wandern ist die<br />
Wallfahrt. Angehöriger aller Völker beschreiten<br />
ihre spezifischen „Wege zur Kraft“. In<br />
Österreich ist es traditionell die Via Sacra, die<br />
von Wien über <strong>Niederösterreich</strong> zum steirischen<br />
Heiligtum Mariazell führt. Bekannte<br />
Etappenziele sind Perchtoldsdorf, Maria<br />
Enzersdorf, Mödling, Hinterbrühl, Gaaden,<br />
Heiligenkreuz, Hafnerberg, Kleinmariazell,<br />
Kaumberg, Lilienfeld, Annaberg und Josefsberg.<br />
Inzwischen ist Österreich von einem<br />
Netz unzähliger Pilger- und spiritueller Wege<br />
durchzogen. In den 1980er Jahren wurde der<br />
Jakobsweg nach Spanien wieder entdeckt.<br />
2.777 Kilometer trennen Wien von Santiago<br />
di Compostela. 2011 zählte man dort 180.000<br />
Pilger. Der Europarat erklärte 1987 den Weg<br />
zum ersten europäischen <strong>Kultur</strong>weg. EU,<br />
Länder, kirchliche und touristische Institutionen<br />
wirken zusammen, um ihn weiter populär<br />
zu machen. So führt eine 162 Kilometer<br />
lange Teilstrecke von Mikulov/Nikolsburg in<br />
Tschechien durch das Weinviertel (Drasenhofen,<br />
Mistelbach, Großrußbach, Stockerau)<br />
nach Krems und Mautern an der Donau, wo<br />
sich die Anschlussstelle zum österreichischen<br />
Jakobsweg entlang der Donau befindet.<br />
Neue Gehkultur<br />
Der Grazer Volkskundler und Journalist<br />
Wolfgang Wehap widmete 1995 der „Gehkultur“<br />
seine Magisterarbeit. Darin zählt er noch<br />
viele Aspekte der Fortbewegung zu Fuß auf,<br />
wie Vaganten und Fahrende, Marsch und<br />
Protest, Promenieren, Spazieren und Flanieren,<br />
moderner Nomadismus. Er beobachtete,<br />
dass Fußgänger in der Autogesellschaft an<br />
den Rand gedrängt wurden. In der Zwischenzeit<br />
hat sich eine Trendwende angebahnt.<br />
Mediziner empfehlen Gehen zum Stressabbau.<br />
In Städten gibt eigene Fußgängerbeauftragte,<br />
allein in Wien werden 28 Prozent aller<br />
Wege zu Fuß zurückgelegt. Gehen schärft die<br />
Wahrnehmung, man entdeckt Dinge, an<br />
denen man üblicherweise achtlos vorbeifährt.<br />
Viele Menschen üben Wandern, Walken und<br />
Laufen als Sport aus. So ist das Wandern ist<br />
nicht nur des Müllers Lust. /<br />
Text: Helga Maria Wolf<br />
Illustrationen: Magdalena Steiner<br />
schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013
Weinviertel / 20<br />
Märchen, Fabeln, Sagen<br />
VON DER KUNST<br />
DES ERZÄHLENS<br />
Märchen und Fabeln auf zwei Bühnen im Weinviertel: „Die Ameise und die Grille“, ein Schulprojekt<br />
aus Hollabrunn im TWW Guntersdorf, und die Weinviertler Bühne mit dem „Teufel mit den<br />
drei goldenen Haaren“ am Brandlhof.<br />
„Der Teufel mit den drei goldenen Haaren“ am Brandlhof, Radlbrunn. Foto: Bühne Weinviertel<br />
Vor mir liegt ein Buch mit Leineneinband<br />
mit dem Titel „Michael Köhlmeiers Märchen<br />
Dekamerone. Eine Weltreise in hundert<br />
Geschichten“, daneben zwei CD-Boxen<br />
„Michael Köhlmeiers Märchenwelt“. Seit<br />
einigen Jahren findet im Frühjahr in <strong>Niederösterreich</strong><br />
das Erzählkunstfestival fabelhaft<br />
statt, initiiert von Folke Tegetthoff. Beides<br />
zeigt: Erzählen ist populär und Märchen<br />
sind international.<br />
Märchen, Fabeln und Sagen gehören zu<br />
jener Literaturgattung, von der gemeinhin<br />
gesagt wird, sie seien aus der mündlichen<br />
Überlieferung tradiert.<br />
Über den Ursprung von Märchen gibt es<br />
viele Theorien, eine davon besagt, dass der<br />
Ursprung in der Seele der Menschen liege.<br />
Denn die Ideen und Motive der Märchen<br />
finden sich in verschiedenen Ländern wieder.<br />
Das Motiv des Märchens „Die zwei<br />
Brüder“, aufgezeichnet von den Brüdern<br />
Grimm, findet sich auch in einem serbischen,<br />
polnischen und ägyptischen Märchen.<br />
Im deutschen Sprachraum ist die Sammlung<br />
der Brüder Grimm wohl die bedeutendste.<br />
Sie verstanden die „Kinder- und Hausmärchen“<br />
als Erzählungen für Erwachsene und<br />
schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013
Weinviertel / 21<br />
Schüler des BG/BRG Hollabrunn bei der Probe<br />
zu „Die Ameise und die Grille“ im Theater<br />
Westliches Weinviertel, Guntersdorf. Foto: z. V. g.<br />
auch Kinder. Johann Karl August Musäus,<br />
der schon im 18. Jahrhundert die Sammlung<br />
„Volksmährchen der Deutschen“ in fünf<br />
Bänden herausgab, sprach vom Hang der<br />
menschlichen Seele zum Wunderbaren.<br />
Fantasie & Wahrheit<br />
Während der Zuhörer im Märchen in eine<br />
fantastische Welt eintaucht, werden in der<br />
Volkssage Erzählungen transportiert, die als<br />
„Wahrheiten“ im Volk leben. Es gibt reale<br />
Bezugspunkte, wie Ort und/oder Zeit. In der<br />
dämonologischen Sage werden Erlebnisse<br />
mit dem Jenseits erzählt, Begegnungen mit<br />
dem Teufel finden sich hier häufig als Motiv.<br />
Die historische Sage knüpft an geschichtliche<br />
Begebenheiten an. Eine der wohl berühmtesten<br />
österreichischen Sagen erzählt<br />
vom Sänger Blondel, der den in Dürnstein<br />
gefangenen Richard Löwenherz sucht.<br />
Die Ameise und die Grille<br />
Der Erzähler, der eine Fabel wiedergibt, will<br />
den Zuhörer belehren. Tiere werden mit<br />
menschlichen Eigenschaften versehen, die<br />
Inhalte sind moralischer Art oder sozialkritisch.<br />
Aufgrund der lehrhaften Struktur<br />
wurde die Fabel besonders in der Aufklärung<br />
populär. Als Zielgruppe wurden<br />
sowohl Erwachsene als auch junge Menschen<br />
gesehen. Viele der uns bekannten<br />
Fabeln gehen auf Äsop zurück, z. B. „Die<br />
Ameise und die Heuschrecke“; von Jean de<br />
La Fontaine kennen wir auch „Die Ameise<br />
und die Grille“, wobei sich allerdings die<br />
Enden unterscheiden. Im Theater Westliches<br />
Weinviertel (TWW) wird die Geschichte<br />
von der Ameise und der Grille ein<br />
Lehrstück auf verschiedenen Ebenen. Die<br />
Projektleiterin Silvia Reiß will das Interesse<br />
und die Lust an der Musik fördern, indem<br />
sie verschiedene Kunstsparten zusammenführt<br />
und nicht nur akustische, sondern<br />
auch visuelle Reize setzt. Ein Anliegen ist es<br />
ihr, Kinder und Jugendliche nicht nur als<br />
Konsumenten anzusprechen, sondern sie<br />
auch in die Produktion einzubeziehen.<br />
Schülern und Schülerinnen der Theatergruppe<br />
des BG/BRG Hollabrunn sind die<br />
Darsteller in diesem Musiktheater, in vorbereitenden<br />
Musikworkshops wird das Publikum<br />
– es ist dies ein Kooperationsprojekt<br />
der Musikschule Hollabrunn mit dem Gymnasium<br />
– auf den Theaterbesuch vorbereitet.<br />
In den öffentlichen Vorstellungen kann sich<br />
jede/jeder auf den Zauber der Musik und<br />
der Geschichte einlassen.<br />
All den Märchen, Fabeln und Sagen ist<br />
gemeinsam, dass sie durch den Erzähler an<br />
Dramatik gewinnen. Aus der Überlieferung<br />
ist bekannt, dass der Erzähler das Publikum<br />
mit Fragestellungen einbezog, sie aufforderte,<br />
Stellung zu beziehen oder mit einfachen<br />
Handlungen die Dramatik der<br />
Erzählung noch zu unterstreichen – etwa<br />
eine Türe zu öffnen oder zu schließen, etwas<br />
anzuzünden etc. Die Dramatisierung des<br />
Märchens ist schon von Hans Sachs bekannt,<br />
Märchenmotive wurden auch im Puppenspiel<br />
und Schattentheater aufgegriffen. Der<br />
bedeutendste Vertreter war Franz von Pocci,<br />
er verwendete mit Vorliebe Motive aus den<br />
Grimm’schen Kinder- und Hausmärchen.<br />
Ganz in dieser Tradition versteht sich die<br />
Bühne Weinviertel, die in diesem Sommer<br />
den „Teufel mit den drei goldenen Haaren“<br />
für Jung und Alt auf die Bühne im Brandlhof<br />
bringen wird.<br />
Der Teufel mit den<br />
drei goldenen Haaren<br />
Hier gerät ein junger Mann, der vom Schicksal<br />
ausersehen ist, immer Glück zu haben, in<br />
die Gegnerschaft mit einem ziemlich hinterhältigen<br />
König und dessen ziemlich einfältigen<br />
Kanzler, erhält ungewollt Hilfe von<br />
ziemlich wilden Räubern und zuletzt sogar<br />
von der Großmutter des Teufels, die sich als<br />
raue, aber sehr gemütvolle Alte erweist. Am<br />
Ende besteht er alle Prüfungen, bekommt<br />
die Prinzessin zur Frau, löst im Vorübergehen<br />
noch ein paar Probleme für die Allgemeinheit<br />
und kann den König auf geschickte<br />
Art und Weise loswerden.<br />
Michael Köhlmeier vergleicht in einem<br />
Interview mit dem „Standard“ das Märchen<br />
mit dem Blues: „Der Blues ist eine erschütternd<br />
einfache Form, meist bestehend aus<br />
nur drei Akkorden, manchmal aus zwei, im<br />
Spätwerk von John Lee Hooker nur noch aus<br />
einem Akkord. Aber die Möglichkeiten, sich<br />
in dieser Form auszudrücken, sind unendlich.<br />
Einen guten Blues zu spielen erfordert<br />
Ernsthaftigkeit, Liebe, Konzentration und<br />
ein Gespür für das Feine, die Nuance. Ich<br />
glaube, man kann diese Beobachtung auf die<br />
erzählende Literatur übertragen. Dort steht<br />
das Märchen für den Blues.“ /<br />
Text: Eva Zeindl<br />
INFORMATION<br />
———————————————————<br />
Sa, 22. 6. 2013, 15.00 und 17.00 Uhr<br />
Die Ameise und die Grille<br />
Theater Westliches Weinviertel<br />
2042 Guntersdorf<br />
Bahnstraße 201<br />
Information & Karten<br />
Tel. 02951 2909<br />
www.tww.at<br />
Der Teufel mit den drei<br />
goldenen Haaren<br />
Open-Air-Bühne Brandlhof<br />
3710 Radlbrunn 24<br />
Bei Schlechtwetter: Halle Fam. Brandl<br />
Vorstellungstermine:<br />
Sa, 29. 6. 2013, 20.00 Uhr (Premiere)<br />
Sa, 6. 7. 2013, 20.00 Uhr<br />
So, 7. 7. 2013, 18.00 Uhr<br />
Fr, 12. 7. 2013, 20.00 Uhr<br />
Sa, 13. 7. 2013, 20.00 Uhr<br />
So, 14. 7. 2013, 18.00 Uhr<br />
Information & Karten<br />
VVK: EUR 17,00 / AK: EUR 19,00<br />
6–14 Jahre: EUR 10,00<br />
Premierenvorstellung inkl. Essen:<br />
EUR 27,00–29,00<br />
Tel. 0664 8208595 (Eva Zeindl)<br />
www.volkskulturnoe.at/brandlhof<br />
schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013
Mostviertel / 22<br />
Musikschule<br />
ORCHESTERLUFT<br />
spontana, 20 Musikschüler aus den Regionen<br />
Mostviertel und NÖ Mitte ergänzen dieses.<br />
Unter der Leitung von Dirigent Bernhard<br />
Thain, Fachgruppenkoordinator für Blechblasinstrumente<br />
beim Musikschulmanagement<br />
<strong>Niederösterreich</strong>, wurde ein Programm<br />
erarbeitet, das von Hits aus dem Bereich<br />
Musical bis zur Filmmusik reicht und Werke<br />
wie Pirates of the Carribean oder Lord of the<br />
rings konzertant auf die Bühne bringt. /<br />
… schnuppern Musikschüler aus dem Mostviertel und<br />
der Region NÖ Mitte.<br />
Ausgehend von der Idee, einmal im Jahr<br />
gezielt den Streichertalenten aus den Musikschulen<br />
eine Plattform zu bieten, um Orchesterluft<br />
schnuppern zu können, entstand im<br />
Mostviertel ein Projekt, das im Juni in Kilb<br />
realisiert wird. Beim Filmmusik- und Musicalkonzert<br />
im K4 Kilb haben Musikschülerinnen<br />
und -schüler die Möglichkeit, mit Profis auf<br />
der Bühne zu stehen und gemeinsam auf<br />
hohem Niveau zu musizieren.<br />
Den Grundstock in der Größe von rund<br />
60 Musikern – unter ihnen viele Musikschullehrer<br />
– liefert das Kammerorchester musica<br />
konzert<br />
———————————————————<br />
Fr, 28. 6. 2013, 20.00 Uhr<br />
K4 Kilb, 3233 Kilb, Marktplatz 4<br />
Kammerorchester musica spontana &<br />
Streichertalente aus den Musikschulen<br />
der Regionen Mostviertel und NÖ Mitte<br />
Information & Karten<br />
Gemeinde Kilb K4<br />
Tel. 02748 7321 15<br />
www.musica-spontana.at<br />
Eine musikalische<br />
KOMÖDIE<br />
von Strahl/Nachmann/Runyon<br />
REGIE: Marcus Strahl<br />
MIT Dagmar Hellberg,<br />
Susanna Hirschler,<br />
Verena Scheitz,<br />
Stephan Paryla-Raky u.a.<br />
24. JULI BIS 25. AUGUST 2013<br />
Infos und Karten unter Tel. 02715/2268<br />
und www.wachaufestspiele.com<br />
WWW.FACEBOOK.COM/WACHAUFESTSPIELE
Mostviertel / 23<br />
Ybbsitz – Wilhelmsburg<br />
aufspielen<br />
Pielachtal und Traisental zugenommen und<br />
erfreut sich großer Beliebtheit.<br />
Gruppen aus der Stadtkapelle Wilhelmsburg<br />
und Gastformationen benachbarter Kapellen<br />
(Hofstetten, Traisen) werden den Besuchern<br />
auch in diesem Jahr beliebte und bekannte<br />
Melodien zu Gehör bringen. /<br />
Volksmusikanten laden zum Mitmachen in Ybbsitz und in Wilhelmsburg<br />
zum Weisenblasen ein.<br />
Die Musikanten aus Ybbsitz laden zum<br />
gemeinsamen Musizieren und Singen ein.<br />
Schwungvoll und mitreißend, ohne Bühne,<br />
ohne festgelegtes Programm und moderiert<br />
von Sepp Ritzinger und Franz Fuchsluger,<br />
können alle mitmusizieren und singen. Christl<br />
Fallmann singt bekannte und weniger bekann-<br />
te Lieder passend zur jeweiligen Jahreszeit mit<br />
allen, die Freude am Singen haben, und Heinz<br />
Fallmann unterhält in bewährter Weise mit<br />
seinen launigen Gedichten.<br />
Die Tradition des Echo- und Weisenblasens<br />
hat in den letzten Jahren in den Regionen<br />
MUSIKANTEN SPIELEN AUF<br />
———————————————————<br />
So, 16. 6. 2013, 18.00 Uhr<br />
Volksmusi-Treff<br />
Mostheuriger Klein-Eibenberg,<br />
Josef Hönickl<br />
3341 Ybbsitz, Haselgraben 14<br />
Tel. 07443 86346<br />
Weitere Termine: 18. 8. und 20. 10. 2013<br />
Sa, 29. 6. 2013, 15.00 Uhr<br />
Weisenblasen<br />
Antiquitäten Renz<br />
3150 Wilhelmsburg, Kreisbach
Thema: Gehen / 24<br />
Welterbesteig Wachau<br />
zur schönen aussicht<br />
Wandern durch Wein- und Obstgärten, durch Wälder und Wiesen, zwischen Felslandschaften und entlang<br />
der Donauauen: Der „Welterbesteig Wachau“ präsentiert das Gesamtkunstwerk einer <strong>Kultur</strong>landschaft.<br />
Blick von der Ruine Dürnstein.<br />
Gäbe es eine Weltmeisterschaft der schönen<br />
Blicke – die Wachau wäre ganz vorne dabei.<br />
Fixstarter sind der Blick von Rossatzbach<br />
über die Donau nach Dürnstein und der<br />
Blick von der Ruine Aggstein auf das Wipfelrauschen<br />
des Dunkelsteiner Waldes. Der<br />
Blick von der Weigl-Warte am Sandl über<br />
das sich in den Horizont wellende Waldviertel.<br />
Der Blick von der Kanzel auf die zerklüfteten<br />
Felsen rund um Dürnstein und der<br />
Blick vom Höhenweg bei Weißenkirchen auf<br />
die steilen Stufen der Terrassenweingärten.<br />
Der „Welterbesteig Wachau“ verbindet diese<br />
Blickdichte und auf 180 Kilometern alle Orte<br />
der Wachau. Der Rundweg ist in 14 Etappen<br />
gegliedert und einheitlich markiert.<br />
Ein Großteil der Streckenführung ist als<br />
Höhenweg angelegt und verläuft an der<br />
Grenze zwischen Weingärten und Wald- und<br />
Wiesenlandschaft. Die Kontraste zwischen<br />
dem südlich anmutenden Tal der Wachau<br />
und den rauen Hochebenen lassen die Landschaft<br />
mit allen Sinnen erleben.<br />
Wandern – eine <strong>Kultur</strong>geschichte<br />
Im 19. Jahrhundert gründeten der Österreichische<br />
Alpenklub und der Österreichische<br />
Touristenklub Sektionen in der Wachau.<br />
1881 wurde ein hölzerner Aussichtsturm am<br />
Sandl (723 Meter) errichtet, der 1901 zu<br />
einer steinernen Aussichtswarte erweitert<br />
wurde. Die Warte ist nach Augustin Weigl<br />
(Fabrikdirektor, 1845–1914) benannt, der<br />
den Tourismus in der Wachau förderte und<br />
finanzierte. Die Entdeckung der Wachau<br />
schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013
Thema: Gehen / 25<br />
Terrassenweingärten …<br />
... Ried Achleiten, Weißenkirchen.<br />
erfolgte durch die Maler der Jahrhundertwende,<br />
die das Bild der Landschaft hinaustrugen<br />
und in den verwinkelten Ortschaften<br />
jene pittoresken „Malerwinkel“ festhielten,<br />
die bis heute kaum verändert sind. Die<br />
Maler gingen noch zu Fuß, wie etwa Eduard<br />
Zetsche (1844–1927) auf den Vogelberg<br />
oberhalb von Dürnstein: „Vom Kamme des<br />
Vogelbergs sieht man wohl am schönsten<br />
zwischen den überhängenden Felshörnern,<br />
die in finsteren Hochwald abstürzen, die<br />
klippenreiche, gewundene Schlucht des<br />
Thalgrabens hinab zur Donau. Der Strom<br />
liegt nun, scheinbar rings von Bergen<br />
umschlossen, wie ein stiller See im Grunde<br />
unten, vom Städtchen Dürnstein lugt eben<br />
noch der zierliche Barockthurm der Pfarrkirche<br />
herauf, neben dem steil der Berg mit<br />
der Schlossruine aufsteigt.“<br />
Der Tourismus wurde mit den Errichtungen<br />
von Schifffahrtsstationen und dem Bau der<br />
Donauuferbahn im Jahre 1909 vorangetrieben.<br />
Mit der Motorisierung in den Wirtschaftswunderjahren<br />
nach dem Zweiten<br />
Weltkrieg entwickelte sich die Wachau zu<br />
einem klassischen Ausflugsziel für Automobilisten,<br />
die die Landschaft vom Auto aus<br />
entdeckten. Der Bau der „Romantikstraße“<br />
entlang der Donau förderte das Schauen auf<br />
vier Rädern.<br />
Die Ökologiebewegung der 1980er Jahre<br />
einerseits und der Fitnesstrend andererseits<br />
brachten den Radtourismus auf Touren. Auf<br />
ehemaligen Treppelwegen (auf diesen zogen<br />
einst Pferdegespanne die Schiffe stromaufwärts)<br />
führt der Donauradweg durch die<br />
Wachau bis ans Schwarze Meer.<br />
Wandern auf die sanfte Tour<br />
Mit dem „Welterbesteig Wachau“ kommt<br />
das Wandern zurück in die Wachau. In der<br />
Tradition des 19. Jahrhunderts, in dem viele<br />
Höhenwege als „Steig“ benannt wurden, ist<br />
der Name gewählt. Außerdem folgt das<br />
Konzept der neuen Wanderroute dem<br />
erfolgreichen „Rheinsteig“ in Deutschland.<br />
Mit den überall aufliegenden Wanderkarten<br />
kann jede erdenkliche Route zusammengestellt<br />
werden. Eine Etappe hat durchschnittlich<br />
eine Länge von zwölf Kilometern. Drei<br />
Rollfähren (Dürnstein–Rossatzbach, Weißenkirchen–St.<br />
Lorenz, Spitz–Hofarnsdorf) sowie<br />
die Donaubrücken in Stein und Melk<br />
ermöglichen das Wechseln von einem Ufer<br />
zum anderen.<br />
Wanderbare Vielfalt<br />
Wandern wird in der Wachau ein <strong>Kultur</strong>erlebnis.<br />
Der Welterbesteig bindet die historische<br />
Struktur der Ortschaften ein, führt an<br />
Wehrkirchen, Lesehöfen und Winzerhäusern<br />
vorbei. Er zieht sich durch die Altstädte<br />
von Dürnstein, Krems und Stein, durch<br />
Mautern und Rossatz. Die <strong>Kultur</strong>landschaft<br />
wird in all ihrer Vielfalt erfasst und führt<br />
durch die Obstgärten mit Marillen, Birnen,<br />
Äpfeln und Pfirsichen in Hofarnsdorf oder<br />
zu den Mohnfeldern am Jauerling.<br />
Die Jauerling-Etappen führen weit ins Waldviertel<br />
hinauf und über den Mühldorfer<br />
Steig zum höchstgelegenen Weingarten <strong>Niederösterreich</strong>s<br />
und weiter zur Wallfahrtskirche<br />
Maria Laach. Der Jauerling ist das<br />
„Dach der Donau“; die Jauerling-Warte liegt<br />
auf 960 Meter Seehöhe.<br />
Jede der einzelnen Wanderetappen hat ihre<br />
landschaftlichen Schwerpunkte. Die alten<br />
Hutweiden wie am Höhereck bei Loiben mit<br />
der Trockenrasenvegetation oder die Aulandschaft<br />
bei St. Lorenz: auf der einen Seite<br />
extreme Trockenstandorte, auf der anderen<br />
die mit Altarmen durchzogene „Venediger<br />
Au“. Die Trauben der weltberühmten Rieslinge<br />
reifen in Spitz und Weißenkirchen.<br />
Der Welterbesteig führt an den Rieden Rotes<br />
Tor und Singerriedel in Spitz sowie Achleiten<br />
und Ried Klaus in Weißenkirchen<br />
vorbei. Und überall im Blickpunk: die<br />
Donau, die sich wie ein blaues Band durch<br />
das Tal zieht. /<br />
Text: Mella Waldstein<br />
Fotos: Gregor Semrad<br />
WELTERBESTEIG<br />
———————————————————<br />
Regionalbüro Wachau-Nibelungengau-<br />
Kremstal<br />
3620 Spitz/Donau, Schlossgasse 3<br />
Tel. 02713 300 60-60<br />
www.welterbesteig.at<br />
schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013
350 Jahre Landespatron / 26<br />
Hl. Leopold<br />
WALLFAHRT<br />
MIT ROSS UND REITER<br />
Die Verehrung des Markgrafen Leopold III. setzte bereits bald nach seinem Tode 1136 ein.<br />
Bis heute stellen sich Scharen von Pilgerinnen und Pilgern bei seinem Grab in Klosterneuburg ein.<br />
Reliqienschrein des hl. Leopold in der Leopoldskapelle, Stift Klosterneuburg.<br />
erreichbar befindet sich die Leopoldskapelle<br />
– die Wallfahrtskapelle zum Grab des<br />
hl. Leopold. Wir schreiben das Jahr 1136.<br />
Markgraf Leopold III. stirbt am 15. November,<br />
vermutlich auf der Jagd, eines plötzlichen<br />
Todes und wird im Kapitelsaal des<br />
Stiftes Klosterneuburg beigesetzt. Während<br />
seiner Zeit als Markgraf von Österreich hatte<br />
sich Leopold aus dem Geschlecht der Babenberger<br />
durch praktizierten Glauben, Liebe<br />
zu seiner Familie und zum Volk sowie soziales<br />
Wirken und konsequente Friedenspolitik<br />
ausgezeichnet. Diese konsequente Friedenspolitik<br />
während seines Wirkens in Klosterneuburg<br />
war für die Entwicklung Österreichs<br />
ein wichtiges Element zur Ausbildung<br />
der Landeshoheit und des Landesfürstentums.<br />
In der Heiligsprechungsbulle von<br />
Papst Innozenz VIII. wird Leopold mit folgenden<br />
Worten beschrieben: „Während andere<br />
Länder unter Mord und Blutvergießen<br />
litten, hat er die ihm anvertraute Mark Österreich<br />
in gottgefälligem Frieden erhalten.“<br />
Dem Klosterneuburger Chorherrn Floridus<br />
Röhrig, dem Doyen der Geschichtsforschung<br />
des Landespatrons, war bis vor<br />
Kurzem ausschließlich Klosterneuburg als<br />
Wallfahrtsziel zum hl. Leopold bekannt.<br />
Röhrig äußerte sich wertschätzend, dass in<br />
dem 2009 erschienenen Buch „Pilgerwege<br />
durch den Wienerwald“ auch Klausen-Leopoldsdorf<br />
als Leopoldi-Gnadenort vorgestellt<br />
wurde. Im gegenständlichen Buch<br />
wurde zudem der neu kreierte „Wallfahrts-<br />
Weg WienerWald“ präsentiert. Beginnend<br />
beim Grab des hl. Leopold in Klosterneuburg<br />
(Klosterneuburg ist erstmals Ausgangspunkt<br />
eines Pilgerweges) werden alle<br />
Wallfahrtsorte des Wienerwaldes in Form<br />
eines Rundweges miteinander verbunden,<br />
u. a. auch die drei Gründungen des hl. Leopold<br />
– Klosterneuburg, Heiligenkreuz und<br />
Klein-Mariazell – sowie die zwei Leopoldi-<br />
Gnadenorte Klosterneuburg und Klausen-<br />
Leopoldsdorf.<br />
Der „große“ Leopoldi-<br />
Wallfahrtsort Klosterneuburg<br />
Unmittelbar neben der Stiftsbasilika Mariä<br />
Geburt und direkt vom Kreuzgang aus<br />
Das früheste Zeugnis einer Verehrung des<br />
Markgrafen verfasste ein Chorherr um<br />
1170 für die Klosterneuburger Annalen. Im<br />
15. Jahrhundert werden dem milden Markgrafen<br />
zahlreiche Gebetserhörungen zugeschrieben.<br />
1485 wurde Markgraf Leopold<br />
III. von Papst Innozenz VIII. in die Schar<br />
der Heiligen aufgenommen. Der Kapitelsaal<br />
verlor endgültig seine Funktion und wurde<br />
als Leopoldskapelle das Zentrum des nunmehr<br />
offiziell anerkannten Wallfahrtsortes<br />
Klosterneuburg. Am 15. Februar 1506 erfolgte<br />
im Beisein von Kaiser Maximilian I.<br />
im Rahmen einer prunkvollen Feier die Erhebung<br />
der Gebeine (Translatio Leopoldi).<br />
schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013
350 Jahre Landespatron / 27<br />
Gnadenbild des hl. Leopold in Klausen-Leopoldsdorf.<br />
Reiterin in der neuen Reit- und Fahrtracht am Kleinen Leopolditag 2013, Klein Mariazell. Foto: NOEPS<br />
Meines Erachtens war die feierliche Translation<br />
in gewisser Hinsicht ein erster Schritt<br />
zur viel später vorgenommenen Erhebung<br />
Leopolds zum Landespatron von Österreich.<br />
Im 17. Jahrhundert war es nämlich Kaiser<br />
Leopold I., der fast jedes Jahr am 15. November<br />
nach Klosterneuburg pilgerte. Er erklärte<br />
1663 den hl. Leopold zum Landespatron<br />
von Österreich.<br />
Der 15. Februar, das Fest der Erhebung der<br />
Gebeine des hl. Leopold, der „Kleine Leopolditag“,<br />
ist im Vergleich zum 15. November<br />
wenig bekannt. Vielmehr finden wie eh<br />
und je der 15. November, das Hochfest des<br />
hl. Leopold, und die Tage davor und danach<br />
großen Zuspruch. Die niederösterreichische<br />
Landesregierung mit dem Landeshauptmann<br />
an der Spitze feiert traditionell das<br />
Pontifikalamt am 15. November in Klosterneuburg<br />
mit. Eindrucksvoll stellt der Landeshauptmann<br />
anlässlich des <strong>Niederösterreich</strong>ischen<br />
Landesfeiertages die Bedeutung<br />
des Lebens des Markgrafen Leopold III. für<br />
die Geschicke des Landes heute dar.<br />
Der „kleine“ Leopoldi-Wallfahrtsort<br />
Klausen-Leopoldsdorf<br />
Kaiser Leopold I. hatte die ersten Holzknechte<br />
im Gebiet des Wienerwalds angesiedelt,<br />
in dem sich später der Ort Klausen-<br />
Leopoldsdorf entwickelte. Es war also naheliegend,<br />
den ersten Kirchenbau im Jahr<br />
1754 dem Namenspatron des Kaisers zu<br />
weihen: dem hl. Leopold. Der heute einfache<br />
barocke Bau mit einem Dachreiter beinhaltet<br />
einen schlichten Hochaltar mit einem<br />
Altarblatt des hl. Leopold aus dem Jahr<br />
1830.<br />
Dechant Josef Kantusch, der vor seiner<br />
Ernennung zum Pfarrer von Klausen-Leopoldsdorf<br />
einen Bauernhof dortselbst bewirtschaftet<br />
hatte, bekundet im persönlichen<br />
Gespräch seine Freude, dass in letzter Zeit,<br />
ähnlich wie in seiner Kindheit, wieder<br />
zunehmend mehr Menschen zum hl. Leopold<br />
nach Klausen-Leopoldsdorf pilgern.<br />
Der „kleine“ Leopoldi-Wallfahrtsort ist ein<br />
Beispiel für jene Gnadenorte (ja, diese gibt<br />
es!), die eher nur den „Wallfahrtsinsidern“<br />
bekannt sind und in Publikationen kaum<br />
vorzufinden sind.<br />
<strong>Niederösterreich</strong>ische<br />
Rosswallfahrt<br />
Der <strong>Niederösterreich</strong>ische Pferdesportverband<br />
veranstaltet als Beitrag zum Jubiläum<br />
„350 Jahre Landespatron hl. Leopold“ die<br />
2. <strong>Niederösterreich</strong>ische Rosswallfahrt von<br />
Klosterneuburg nach Klausen-Leopoldsdorf.<br />
Am Kleinen Leopolditag, dem<br />
15. Februar 2013, wurden in Klein-Mariazell<br />
das Programm der 2. <strong>Niederösterreich</strong>ischen<br />
Rosswallfahrt und eine neu kreierte Reit- und<br />
Fahrtracht, die in Zusammenarbeit mit Gexi<br />
Tostmann entstanden ist, der Öffentlichkeit<br />
präsentiert. Mit der Rosswallfahrt und der<br />
Reit- und Fahrtracht wird beabsichtigt, einerseits<br />
einen Beitrag für das Land zu leisten und<br />
andererseits sich in die Vielfalt der authentisch-positiven<br />
Bräuche einzureihen.<br />
Höhepunkte der Rosswallfahrt sind zweifelsohne<br />
der Auftakt am 22. Juni 2013 in<br />
Klosterneuburg um 15.30 Uhr auf dem Rathausplatz<br />
und der Abschluss am 30. Juni<br />
2013 in Klausen-Leopoldsdorf um 15 Uhr<br />
auf dem Platz vor der Kirche, jeweils mit<br />
Leopoldi-Segen und Festakt. Die Rosswallfahrt<br />
auf der Teilstrecke Klosterneuburg–<br />
Klausen-Leopoldsdorf des WallfahrtsWegs<br />
WienerWald trifft u. a. am 25. Juni 2013 in<br />
Heiligenkreuz und am 30. Juni 2013 in<br />
Klein-Mariazell ein. /<br />
Text und Fotos: Otto Kurt Knoll<br />
ROSSWALLFAHRT<br />
———————————————————<br />
Sa, 22.–So, 30. 6. 2013<br />
Klosterneuburg–Heiligenkreuz–<br />
Klein-Mariazell–Klausen-Leopoldsdorf<br />
www.noe-pferdesport.at<br />
schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013
Industrieviertel / 28<br />
Schwaigen-Reigen<br />
hoch auf<br />
der alm<br />
Pressbaum<br />
Grün wie<br />
der Wald<br />
Schwaigen-Reigen nennt sich das Festival der<br />
Almhütten im Wechselgebiet.<br />
Das Pressbaumer Dirndl wurde anlässlich<br />
der Stadterhebung kreiert.<br />
Foto: Franz Zwickl<br />
Von den weiten Hochebenen über<br />
der Baumgrenze ist das Fernsicht<br />
uferlos – von den Karpaten in der<br />
Slowakei über die ungarische Tiefebene<br />
bis nach Slowenien reicht<br />
die Sicht an klaren Tagen. Mit<br />
1.743 Meter überragt der Hochwechsel<br />
das weitläufige Bergland<br />
und ist die östlichste Erhebung der<br />
Alpen. Unzählige Wanderwege<br />
führen über Wiesen und durch<br />
Wälder zu den „Schwaigen“, den<br />
meist bewirtschafteten Hütten auf<br />
den Melkalmen.<br />
Zum siebten Mal findet eine Woche nach Almauftrieb, am 15. Juni,<br />
der Schwaigen-Reigen statt. Auf 16 Almhütten und Schwaigen auf<br />
steirischer und niederösterreichischer Seite des Wechselgebietes wird<br />
gesungen, getanzt und gejodelt. Musikanten, Sänger und Tänzer aus<br />
<strong>Niederösterreich</strong>, der Steiermark und Gäste aus Ungarn erwarten die<br />
Wanderer auf den Hütten. Die Organisatoren des Schwaigen-Reigen<br />
nahmen das erste Treffen der über 200 Mitwirkenden zum Anlass,<br />
um den aktuellen musikalischen Reichtum der Region zu erforschen<br />
und zu dokumentieren. Die Geschichte der Almhütten und Schwaigen,<br />
ausgewählte Notenbeispiele sowie Musikerinnen und Musiker<br />
sind im Buch „Schwaigen Reigen Echo“ vorgestellt. /<br />
SCHWAIGEN-REIGEN<br />
————————————————————————————————<br />
Sa, 15. 6. 2013<br />
www.schwaigen-reigen.at<br />
Gratis-Shuttle-Bus von Aspang bis zum Wetterkoglerhaus<br />
sowie von/nach Aspang über St. Corona und Kirchberg auf den<br />
Feistritzsattel<br />
Erika Sieder und Walter Deutsch: „Schwaigen Reigen Echo“<br />
ISBN 978-3-85252-921-9, Verlag Bibliothek der Provinz<br />
EUR 28,00<br />
V. l. n. r.: Bgm. Josef Schmidl-Haberleitner, Verena Brabec-Wolf, Uschi<br />
Niemeczek, LH Dr. Erwin Pröll, Ök.-Rat Lieselotte Wolf, Dr. Edgar Niemeczek.<br />
Der Wunsch vieler Gemeinden nach einer eigenen Tracht ist groß. Für<br />
eine gelungene Trachtenneuschöpfung sind gute Beratung durch Fachleute<br />
und genaue Recherchearbeit unbedingte Voraussetzungen und<br />
verhindern ästhetische Missgriffe. Als die Pressbaumer Frauen anlässlich<br />
der Stadterhebung der Marktgemeinde Pressbaum ein eigenes<br />
Pressbaumer Dirndl kreierten, entschieden sie sich für einen bestimmten<br />
Kriterienkatalog. Das Dirndl sollte dauerhaft etwas über die Region<br />
aussagen und keine bloße Modeerscheinung sein. In Zusammenarbeit<br />
von Uschi Niemeczek und Trachtenexpertin Gexi Tostmann wurde der<br />
Entwurf für das Pressbaumer Dirndl erarbeitet. Das Dirndl wurde<br />
nach den Kriterien einer Volkstracht entworfen und damit bezüglich<br />
Schnitt, Farben, Knöpfen, und Stoffart genau definiert. Trotz dieser<br />
Vorgaben wird eine Volkstracht nie zur Uniform. Die Variation liegt<br />
im Detail. Farbnuance, Stoffmusterung, Zusammenstellung der Kleidund<br />
Schürzenfarben sowie Blusenschnitt, Strumpfwahl und Schuhwahl<br />
– dies alles wird von der Trägerin individuell entschieden. Der<br />
Leib des Dirndls kann in den Farben Blau oder Grün getragen werden,<br />
die Knöpfe sind mit dem Pressbaumer Wappen verziert. Der Rock ist<br />
aus Baumwolle und hat ein Streumuster in der gleichen Farbe wie das<br />
Leibchen. Je nach Anlass und Geschmack kann das Dirndlkleid mit<br />
Baumwoll- oder Seidenschürzen mit eingewebten Streumuster in allen<br />
Blau- oder Grüntönen, die gut mit Gelb kombinierbar sind, getragen<br />
werden. Uschi Niemeczek: „Wichtig war uns, dass bei diesem Dirndl<br />
klar erkennbar ist, dass wir zusammengehören, aber jede trotzdem ihr<br />
,eigenes Dirndl‘ gestalten kann.“ /<br />
schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013
Weinviertel / 29<br />
Weinviertel-Buch<br />
mehr als idylle<br />
Das „Weinviertel. Mehr als Idylle“: Im Buch der Volkskultur <strong>Niederösterreich</strong> wird ein vielschichtiges<br />
Porträt der Region gezeigt. Der Text- und Bildband komplettiert die Reihe über <strong>Niederösterreich</strong>s Viertel.<br />
Kellerkühler Wein inklusive<br />
Rebzeilen schwingen sich ordentlich gekämmt über die Hügellandschaft. Foto: Manfred Horvath<br />
Gibt es das Weinviertler Dorf? Mit dieser<br />
Frage beginnt in dem Text- und Bildband<br />
eine Erkundungsreise, dessen thematischer<br />
Schwerpunkt die Erforschung sozialer und<br />
historischer, volkskundlicher und architektonischer<br />
Strukturen ist. Basis des Weinviertler<br />
Dorfes war und ist die Landwirtschaft,<br />
die – und das scheint ein Erfolgsrezept<br />
der Region zu sein – schon seit ihrer<br />
Anlage Acker- und Weinbau gleichermaßen,<br />
also Brot und Wein, umfasst. Vom Dorf geht<br />
es hinaus in die Gärten und deren traditionelle<br />
<strong>Kultur</strong>pflanzen und natürlich in die<br />
Kellergassen bis zu den Gutshöfen, die wie<br />
„Schiffe im Weizenmeer“ ankern und bis in<br />
die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts ein<br />
eigner wirtschaftlicher und vor allem sozialer<br />
Kosmos waren. Die historischen Beiträge<br />
beschäftigen sich mit der reichen Urgeschichte<br />
des Landes; die – oft zugedeckt vom<br />
Löß – aber auch weithin sichtbar ist, wie die<br />
Tumuli, Grabstätten aus der Hallstattkultur.<br />
Mit dem Boden befasst sich auch die<br />
Geschichte des Erdöls, die vor 100 Jahren an<br />
der March ihren Ausgang nahm.<br />
Die Geschichte ist eine schmerzliche. Sie ist<br />
an den Kriegsschauplätzen der Jahrhunderte<br />
festzumachen, deren das Weinviertel zahlreiche<br />
hatte. Die Verfolgung, Vertreibung<br />
und Auslöschung von Minderheiten beginnt<br />
zwar nicht bei den Hutterern, die aus Westen<br />
ins Weinviertel und Südmähren kamen, hat<br />
aber hoffentlich nach dem Zweiten Weltkrieg,<br />
nach der Auslöschung der jüdischen<br />
Gemeinden im Weinviertel und den Qualen<br />
der Zwangsarbeiter in Strasshof ein Ende<br />
gefunden. Danach verharrte das Weinviertel<br />
für Jahrzehnte im Schatten des Eisernen<br />
Vorhangs.<br />
Für <strong>Kultur</strong>, und das zeigt sich auch an der<br />
Atelierdichte bei den alljährlichen „Tagen<br />
der offenen Ateliers“, stehen die Tore und<br />
Türen im Weinviertel weit offen. Im Buch<br />
wird die Geschichte der Weinviertler Kirtagsmusik<br />
beschrieben – bis hin zum Erfinder<br />
des Synthesizers. Die Beiträge beschäftigen<br />
sich mit den Landschaftsmalern bis zur<br />
Kunst in der Landschaft. In der Kellergasse<br />
beginnt das gesellschaftlichen Leben beim<br />
„Grean gehen“ zu Ostern und endet im<br />
„Advent in der Kellergasse“: In der Festkultur<br />
verstehen es die Weinviertler, „Tradition<br />
als Trademark“ zu etablieren.<br />
Zu guter Letzt: Die Texte werden von Bildern<br />
der Weinviertler Landschaft begleitet.<br />
So heißt es im Vorwort der Herausgeber:<br />
„Schwingen da nicht sanfte, weizenblonde<br />
Hügel, spannt sich da nicht ein weiter, sommerheißer<br />
Himmel, gleißt nicht ein weißgekalktes<br />
Presshaus mit einem Hollerbusch<br />
daneben, kellerkühler Wein inklusive? Aber<br />
halt! Da ist ja mehr als Idylle.“ /<br />
DAS WEINVIERTEL –<br />
MEHR ALS IDYLLE<br />
———————————————————<br />
Verlag Bibliothek der Provinz<br />
ISBN: 978-3-901820-80-9<br />
EUR 29,70<br />
Erhältlich in der Galerie der Regionen,<br />
Krems-Stein<br />
office@volkskulturnoe.at<br />
schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013
Bücher, CDs & feine Ware / 30<br />
Auslage<br />
HALT ES FEST DAS LEBEN<br />
—————————————————————<br />
OBACHT!<br />
——————————————————————<br />
Musik aus Bayern Vol. 3<br />
EUR 17,95<br />
Erhältlich über<br />
www.galileo-mc.de<br />
Obacht! Die bayerische Volksmusik ist nicht das,<br />
wofür sie vielfach fälschlich gehalten wird:<br />
Volksmusik ist nicht billiges Stadlgrinsen, nicht<br />
Schunkel- oder Schenkelklopf-Treibstoff, nicht<br />
Kehlkopfakrobatik vor künstlicher Alpenkulisse.<br />
Volksmusik in Bayern ist oft tief empfundene<br />
Musik, die nicht unbedingt für große Säle<br />
geschaffen wurde: teils ist sie sehr intim, steht<br />
aber auch für fetzigen Tanz oder für Geborgenheit,<br />
für Kritik oder Frotzelei. Bereits seit Ende<br />
der 1920er Jahre entstand eine Szene, die sich<br />
bewusst der nicht kommerziellen Volksmusik<br />
verschrieb. Paul Kiem, ein mit dem Schriftsteller<br />
Ludwig Thoma befreundeter Musiker, begab sich<br />
auf Sammelreise, notierte und publizierte Lieder<br />
– vor allem aber stellte er auch Ensembles<br />
zusammen, die im Rundfunk auftreten konnten.<br />
Kiem Pauli und seine Freunde hatten ein<br />
attraktives Podium für ihre musikalische Botschaft<br />
der echten Volksmusik – und der Rundfunk<br />
hatte gute und originelle Musik, mit der<br />
sich Bayern auf hohem Niveau präsentieren<br />
konnte.<br />
Wer in Bayern aufwächst, wächst auch mit<br />
„echter“ Volksmusik auf, die ihm täglich in den<br />
bayerischen Radiosendern begegnet, die in Schulen<br />
und Universitäten vermittelt wird, die durch<br />
die bayerischen Bezirke und ihre Institutionen<br />
gepflegt und durch Organisationen wie dem<br />
Bayerischen Landesverein für Heimatpflege<br />
gefördert wird. Dass bayerische Volksmusik<br />
nicht einheitlich definiert werden kann, sondern<br />
sich aus geografischen und zeitlichen Komponenten<br />
immer wieder neu zusammensetzt, wird<br />
inzwischen weitgehend als Tatsache anerkannt<br />
und vermittelt. „Obacht 3“ begibt sich diesmal<br />
auf musikalische Spurensuche in bayerische<br />
Regionen und ihre Geschichte(n). Mit Unterstützung<br />
der Volksmusikredaktion des Bayerischen<br />
Rundfunks konnte es gelingen, auch rare Aufnahmen<br />
von Wirtshaussängern aus Bayern und<br />
den angrenzenden Regionen zu präsentieren.<br />
Die, wie die übrigen Lieder, Jodler und Tänze,<br />
ein Ziel haben: Der bayerischen Tradition in<br />
allen Facetten Respekt zu zollen. /<br />
Halt es fest das Leben.<br />
Lieder von Walter Deutsch<br />
nach Gedichten von Emil Breisach<br />
EUR 18,00<br />
Erhältlich über<br />
www.volkskulturnoe.at<br />
Seit vielen Jahren prägt Walter Deutsch sowohl<br />
die Forschung als auch die Praxis im Bereich der<br />
traditionellen Volksmusik, ob als Wissenschaftler,<br />
Autor, Vortragender oder Gestalter von<br />
Rundfunk- und Fernsehsendungen. Weniger<br />
bekannt ist das kompositorische Schaffen von<br />
Walter Deutsch. Als ausgebildeter Komponist<br />
und Dirigent ließ er sich speziell von Gedichten,<br />
Gedankensplittern und Epigrammen des Autors<br />
Emil Breisach inspirieren. Berührt von seinen<br />
heiteren, trauernden, belehrenden, fordernden<br />
oder oft auch nur beschreibenden lyrisch formulierten<br />
Zeilen entstanden die vorliegenden Vertonungen.<br />
Aus dem dichten Klaviersatz der freitonalen<br />
Charakterstücke tritt die Gesangstimme selbständig<br />
hervor. Sie findet über akkordisch<br />
gestützte Motive kühn ihren Weg und durchwandert<br />
rhythmisch akzentuierte Klangbilder.<br />
Die Motive steigen und fallen, sie stehen, trauern<br />
und jubeln. Sie halten das Leben fest.<br />
Aus Anlass des 90. Geburtstags von Prof. Walter<br />
Deutsch ist diese Jubiläums-CD mit seinen<br />
Kompositionen erschienen, interpretiert von<br />
der Sängerin Agnes Palmisano und der Pianistin<br />
Clara Frühstück. /<br />
RUNDUMADUM<br />
——————————————————————<br />
Eine musikalische Reise um die Welt<br />
und zurück zum Ammersee<br />
EUR 16,90<br />
Verlag Kein & Aber<br />
www.keinundaber.ch<br />
Juhuu, endlich Ferien, jetzt nichts wie weg! Aber<br />
wohin? Ganz egal, nur möglichst weit weg! Bloß<br />
mit dem Hinfliegen ist es nicht getan, denn wie<br />
redet man im fremden Land, wie benimmt man<br />
sich dort? Dieses Buch ist eine musikalische<br />
Pauschalreise von Land zu Land – von Italien,<br />
Irland, Spanien über Russland, China, Amerika<br />
bis nach Afrika –, auf der landesspezifische<br />
Eigenheiten aus der Sicht eines Kindes im Stil<br />
traditioneller Reiselieder vergnüglich aufgespießt<br />
werden. Immer schön umadum, nicht einfach<br />
rundherum um die Welt, denn egal, wo man ist,<br />
man bleibt immer noch Bayer. Und muss als solcher,<br />
trotz Tschaitrunk in Indien und Tarantella-Tanz<br />
in Italien, feststellen: Zu Hause am<br />
Ammersee ist’s immer noch am schönsten! Ein<br />
lustiges Liederbuch, das hilft, die Welt ein klein<br />
wenig besser zu verstehen. /<br />
schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013
Bücher, CDs & feine Ware / 31<br />
ZWANGSARBEIT<br />
——————————————————————<br />
Dieter Bacher/Stefan Karner (Hg.):<br />
Zwangsarbeit in Österreich. 1939–1945<br />
und ihr Nachkriegsschicksal<br />
EUR 39,90<br />
ISBN 978-3-7065-5217-2<br />
Studien Verlag<br />
www.studienverlag.at<br />
Schwere landwirtschaftliche Arbeit ohne angemessene<br />
Bekleidung hatte Anna O. aus Polen zu<br />
verrichten. Eine Nachbarin hatte Mitleid und<br />
gab ihr Kleider und Schuhe. Der herzlose Bauer<br />
verbrannte diese Geschenke. Ein Wehrmachtssoldat<br />
schlug ihr einen Gewehrkolben auf die<br />
linke Kopfseite, sodass das Trommelfell platzte.<br />
Ein Stier verletzte ihren Fuß schwer, die Wunde<br />
blieb unbehandelt. Schließlich wurde Anna O.<br />
auch noch zwangssterilisiert.<br />
Für die Betriebe in Nazi-Deutschland, aber auch<br />
für die landwirtschaftliche Produktion spielten<br />
Zwangsarbeiter eine wichtige Rolle: Bereits ab<br />
1938 wurden Zwangsarbeiter auf dem Gebiet<br />
der heutigen Republik Österreich eingesetzt.<br />
Nach Kriegsbeginn 1939 – die Wirtschaft im<br />
Deutschen Reich litt aufgrund der Aufrüstung<br />
und der Wehrpflicht für deutsche und österreichische<br />
Männer rasch unter einem Mangel an<br />
Arbeitskräften – brachte man Menschen aus<br />
den besetzten Gebieten (zunächst Polen, Frankreich,<br />
Gebiet des früheren Jugoslawien) als<br />
Kriegsgefangene und zivile Zwangsarbeiter ins <br />
Deutsche Reich. Es gab regelrechte Menschenjagden<br />
auf Dorfplätzen, vor Schulen und Kirchen.<br />
Ohne Zwangsarbeiter wäre die Kriegsmaschinerie<br />
bereits 1942/43 zusammengebrochen. Der<br />
Auf- und Ausbau österreichischer Industrieanlagen<br />
war wesentlich vom Einsatz ausländischer<br />
Zwangsarbeiter abhängig. Im Herbst 1944 stand<br />
alleine in den „Alpen- und Donau-Reichsgauen“,<br />
also im Wesentlichen auf dem Gebiet des heutigen<br />
Österreich, 1,7 Millionen „freien“ inländischen<br />
Arbeitskräften fast eine Million ausländischer<br />
Zwangsarbeiter gegenüber.<br />
Das Buch widmet sich einen bis dato noch wenig<br />
erforschtem Themenkomplex und entstand auf<br />
Basis der Grundlagen des Österreichischen Versöhnungsfonds,<br />
der 132.000 Anträge ehemaliger<br />
Sklaven- bzw. Zwangsarbeiter genehmigte. /<br />
FÜR ALLE ZEITLAGEN<br />
——————————————————————<br />
Martin Lammerhuber:<br />
Zeitimpulse durch das Jahr<br />
EUR 9,90<br />
ISBN: 978-3-99024-157-8<br />
Kral Verlag<br />
www.kral-verlag.at<br />
„Es geht um die große Zeitsehnsucht vieler Menschen<br />
und um Anregungen für mehr Zeitbewusstsein“,<br />
so der Marketingmanager und<br />
Autor. Das Buch bringt Tipps und Anregungen<br />
durch alle Jahreszeiten und Monate; der Autor<br />
holt den Leser dort ab, wo er gerade steht und<br />
seine Zeitsehnsucht ihn begleitet. Ob Arbeit,<br />
Karriere, Familie, Urlaub, Freizeit – für alle<br />
Lebens- und Zeitlagen sind Impulse dabei. Der<br />
Nutzen ist ganz klar: mehr Zeit für die Zeit.<br />
Wer sehnt sich nicht nach Entschleunigung,<br />
Auszeit, Zeit für sich selbst? Das Buch bietet<br />
Hilfe mit praktischen Beispielen, einen Zeittest,<br />
Zeitlyrik, philosophische Gedanken und spielerische<br />
Elemente. /<br />
AUGENWEIDE<br />
——————————————————————<br />
Joachim Brocks: Natur im Garten<br />
EUR 24,90<br />
ISBN 9783901392313<br />
Stein Verlag<br />
www.steinverlag.at<br />
Seit mehr als zehn Jahren sorgt die Aktion<br />
„Natur im Garten“ dafür, dass Gärten vielfältiger,<br />
ökologischer und naturnäher werden. Weit<br />
über 100.000 Gartenfreunde folgen in <strong>Niederösterreich</strong><br />
der Aktion, mehr als 10.000 Gärten<br />
wurden bereits mit der Plakette für ihre ökologische<br />
Gestaltung und Pflege ausgezeichnet. Die<br />
Schaugärten von „Natur im Garten“ locken weit<br />
über drei Millionen Besucher an.<br />
Dieser Bildband ist eine Augenweide – man<br />
meint, die Blüten zu riechen, greift zu den sonnendurchleuchteten<br />
Beeren, es zirpt und<br />
raschelt. Es ist eine Bestätigung für all jene, die<br />
nach den Richtlinien der ökologischen Gartenpflege<br />
arbeiten. Und für die, die noch nicht<br />
Natur im Garten haben, eine unwiderstehliche<br />
Anregung. /<br />
DAS GEWISSE KARO<br />
——————————————————————<br />
Kalmuck ist ein doppeltes Baumwollgewebe,<br />
welches mit jeweils zwei Kett- und Schussfadensystemen<br />
als zwei Gewebe miteinander gewoben<br />
und verbunden wird. Aufgrund seiner Robustheit<br />
wurden Jacken aus Kalmuck von Flößern<br />
und Schiffern getragen – so kam der Stoff in<br />
diesem typischen Karo in die Wachau und<br />
wurde von den Winzern übernommen. Der<br />
Kalmuck-Janker zählt seither zur traditionellen<br />
Wachauer Tracht. Der Stoff (Breite 150 cm)<br />
einer Tiroler Weberei ist in der Galerie der<br />
Regionen in braunem und blauem Karo erhältlich.<br />
Weiters gibt es Kalmuck jetzt zum Einwickeln.<br />
Das Geschenkpapier mit Kalmuckmuster<br />
einer Kremser Druckerei ist ein nette<br />
Aufmerksamkeit. Und vielleicht ist ja dann<br />
schon ein Kalmuck-Janker drinnen, noch besser<br />
samt diesem feschen Model … /<br />
Galerie der Regionen<br />
3504 Krems-Stein, Donaulände 56<br />
Tel. 02732 85015 15<br />
Di–Fr, 10.00–12.00 und 15.00–18.00 Uhr,<br />
jeden 1. Sa im Monat 10.00–12.00 und<br />
14.00–17.00 Uhr, an Konzerttagen bis 21.00 Uhr<br />
www.volkskultureuropa.org/galerie<br />
schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013
Forschung / 32<br />
Volkskunde<br />
MUSEUM ZWISCHEN<br />
STADT UND LAND<br />
Die vielfältigen Beziehungen des Österreichischen Museums für Volkskunde<br />
zu <strong>Niederösterreich</strong> in der Zwischenkriegszeit.<br />
Palais Schönborn in Wien, Gartenansicht, seit 1917 Österreichisches Museum für Volkskunde.<br />
Seit 2010 beschäftigt sich ein Forschungsprojekt<br />
mit der wechselvollen Geschichte<br />
des Österreichischen Museums für Volkskunde<br />
in Wien. Der Forschungsschwerpunkt<br />
liegt dabei auf den Jahren zwischen<br />
1930 und 1950, die für das Museum vielschichtige<br />
Veränderungen bedeuteten. Vom<br />
eher unterfinanzierten Liebhaber-Museum<br />
entwickelte sich das Haus in intensivem<br />
Austausch mit gesellschaftlichen wie (kultur)politischen<br />
Strömungen in Wien und<br />
Österreich zu einem zentralen und publikumswirksamen<br />
Ort für „authentische“<br />
Volkstumserlebnisse. Das Museum gewährleistete<br />
diese durch eine atmosphärisch<br />
dichte Mischung aus wissenschaftlichen<br />
Erkenntnissen und heimatpflegerischen wie<br />
volksbildnerischen Bestrebungen, die auch<br />
in die jeweiligen politischen <strong>Kultur</strong>auffassungen<br />
integriert wurden.<br />
Seit 1917 befindet sich das Volkskundemuseum<br />
in der Laudongasse im 8. Wiener<br />
Gemeindebezirk. Bis zu diesem Zeitpunkt<br />
hatte es ein eher unauffälliges Dasein in<br />
einigen wenigen Räumlichkeiten in der<br />
Wiener Börse geführt. Für das damalige<br />
„k. k. Museum für Volkskunde“ signalisierte<br />
dieser Umzug in ein eigenes Gebäude ein<br />
Aufbruch in eine neue Zeit, die Ausrufung<br />
der Ersten Republik 1918 jedoch veränderte<br />
schlagartig die institutionellen Rahmenbedingungen<br />
wie auch die wissenschaftliche<br />
Ausrichtung: Hatte sich das Museum bislang<br />
in seinen Sammlungen im Wesentlichen an<br />
den Möglichkeiten des Vielvölkerstaates ori-<br />
schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013
Forschung / 33<br />
entiert, war nun die wichtige „politischwissenschaftliche<br />
Stütze des Staatsgedankens<br />
der Monarchie“ obsolet geworden. Die<br />
große Inflation brachte das nunmehrige<br />
Museum für Volkskunde in existenzielle<br />
Schwierigkeiten. Obwohl 1920 die meisten<br />
Schauräume eröffnet werden konnten, blieb<br />
die Situation angespannt und verschärfte<br />
sich erneut im Zuge der Weltwirtschaftkrise<br />
um 1930. Eine Verbesserung der Situation<br />
zeichnete sich für das Museum erst mit der<br />
Etablierung des austrofaschistischen Ständestaates<br />
1933/34 ab, die eine staatliche Aufwertung<br />
von Volkskultur bedeutete: Erhöhte<br />
Subventionen des Bundes, der Stadt Wien<br />
oder auch der Kammer für Handel, Gewerbe<br />
und Industrie erlaubten dem Haus eine<br />
intensivere Ausstellungstätigkeit, führten zu<br />
größeren Infrastrukturmaßnahmen oder<br />
auch zu neuen volkskundlichen Unternehmungen.<br />
Ort für Wissenschaft<br />
und Anwendung<br />
Das Volkskundemuseum hatte sich im Wien<br />
der Zwischenkriegszeit zum zentralen Ort<br />
volkskundlicher Wissensproduktion entwickelt<br />
– ein eigenes Universitätsinstitut für<br />
das Fach Volkskunde existierte bedeutungsvollerweise<br />
erst ab 1939. Hier herrschte ein<br />
intensiver Austausch, der zum einen Unterhaltungs-<br />
und Wissenselemente aus Stadt<br />
und Land aufnahm, aber auch über verschiedenste<br />
Veranstaltungen, Ausstellungen<br />
oder Vorträge wieder zurückwirkte. Professionisten<br />
und Laien gleichermaßen konzentrierten<br />
sich in der Laudongasse auf „Pflege<br />
und Erhaltung“ von „Volkskultur“. Vor allem<br />
Volkstanz, Lied und Spiel sowie die Förderung<br />
bzw. Belebung nationaler Hausindustrie<br />
und des Trachtenwesens nahmen einen<br />
breiten Raum in der Vermittlung von Inhalten<br />
des Museums ein und fanden auch Einzug<br />
in den Alltag der Wiener Bevölkerung.<br />
Als besonderes, weil jedes Jahr viele Besucher<br />
anziehendes Beispiel seien hier die<br />
Aufführungen des St. Pöltner Krippenspiels<br />
genannt. Dieses wurde ab 1931 jährlich in<br />
der Adventszeit bis in den Jänner in einem<br />
Nebenraum des Museums von der „Österreichischen<br />
Heimatgesellschaft“ aufgeführt,<br />
die 1927 von einem Mitarbeiter des Museums<br />
gegründet worden war. Bemerkenswert<br />
am St. Pöltner Krippenspiel ist, dass sich die<br />
Wiener volkskundlichen Akteure bewusst<br />
für ein Spiel aus der niederösterreichischen<br />
Kleinstadt entschieden hatten. Auch so<br />
wurden der als gefährlich beschriebenen<br />
und vielleicht auch tatsächlich so empfundenen<br />
Großstadt anheimelnde Elemente aus<br />
der gediegenen Atmosphäre des Kleinstädtischen<br />
entgegengesetzt.<br />
Allgemein wandte sich die „Österreichische<br />
Heimatgesellschaft“ explizit an ein breites<br />
Publikum und versuchte dieses für die<br />
Belange und Ziele der Volkskunde zu gewinnen.<br />
Sie vermittelte zwischen der wissenschaftlichen<br />
Volkskunde und etwa den vielen<br />
Trachten- und Traditionsvereinen, die<br />
sich „Volkskultur“ auf ihre Vereinsfahnen<br />
geschrieben hatten. Diese Vereine, in denen<br />
sich viele „neue“ Wienerinnen und Wiener<br />
der ersten und zweiten Generation einfanden,<br />
stellten das Bindeglied zwischen der<br />
Großstadt und der „Provinz“ dar, so auch<br />
zum niederösterreichischen Umland. Allerdings,<br />
dies gilt es zu betonen, waren sowohl<br />
die Aktivitäten des Volkskundemuseums<br />
wie auch der Heimatgesellschaft schon vor<br />
1933/34 in den Dienst einer zeitpolitisch<br />
bzw. sozial zu verortenden „Heimat“-Idee<br />
gestellt worden. Im Verlauf der 1930er Jahre<br />
jedoch mischten sich neben den nationalkonservativ<br />
bis völkisch eingestellten Verbänden<br />
nun auch kulturpolitische Organisationen<br />
des Austrofaschismus in die traditionalistische<br />
Heimatpflege des Museums und<br />
in dessen Ausstellungsprogramm.<br />
Die Reichweite des Museums gelangte weit<br />
über den lokalen, also den urbanen Wiener<br />
Handlungsraum hinaus. So etablierten der<br />
Direktor des Hauses, Arthur Haberlandt,<br />
und die „Österreichische Heimatgesellschaft“<br />
das Volkskundemuseum als zentrale<br />
Anlaufstelle in allen Belangen der Tracht<br />
und der so genannten Trachtenpflege. Zahlreiche<br />
Anfragen aus ganz Österreich erreichten<br />
die ab 1935 offiziell am Museum eingerichtete<br />
„Trachtenberatungsstelle“, auf die<br />
Haberlandt und sein Mitarbeiter Antwort<br />
gaben. Dabei verstanden sie sich als Gutachter,<br />
die über die „richtige Tracht“ entschieden<br />
und etwa „verkitschte“ Neuschöpfungen<br />
kritisierten bzw. ablehnten.<br />
„Heimatland“, 1936 – Zeitschrift der<br />
„Österreichischen Heimatgesellschaft“.<br />
Für das Museum blieb das mächtige Bundesland<br />
<strong>Niederösterreich</strong> bis in die Zweite<br />
Republik ein optimaler Partner in der Verwirklichung<br />
der kulturpolitischen Ziele.<br />
Einer der ersten Ausstellungsräume des seit<br />
1946 wirkenden neuen Sammlungsleiters<br />
und späteren Direktors Leopold Schmidt<br />
war dem Land <strong>Niederösterreich</strong> gewidmet.<br />
Das Museum hatte sich nun von der „großdeutschen“<br />
Rhetorik gelöst und betonte das<br />
Österreichische, ganz im Sinne der neuen<br />
Staatsdoktrin. Dass dabei das Wien umgebende<br />
Bundesland eine zentrale Rolle<br />
spielte, zeigen auch personelle Verbindungen:<br />
So war etwa Franz Hurdes als neuer<br />
niederösterreichischer Volksbildungsreferent<br />
im wieder gegründeten Verein für<br />
Volkskunde in Wien als Funktionär tätig.<br />
Damit nahm er Verbindungen aus den<br />
1930er Jahren wieder auf, als er im bäuerlichen<br />
Volksbildungsheim in Hubertendorf<br />
bei Amstetten federführend an der ständestaatlichen<br />
Umsetzung des Volkskulturgedankens<br />
beteiligt war.<br />
Bei den praktischen Ausbildungskursen und<br />
Volkskulturwochen waren viele der Volkskundler<br />
aus Wien gern gesehene Vortragende.<br />
Von diesen intensiven Arbeitsbeziehungen<br />
zeugen auch Kooperationen von<br />
bedeutender Größe wie die Gründung der<br />
Außenstelle des Museums auf Schloss<br />
Gobelsburg, wo 1966 die erste Sonderausstellung<br />
eröffnet wurde. /<br />
Text: Birgit Johler, Magdalena Puchberger<br />
Foto: Österreichisches Museum für Volkskunde<br />
schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013
Thema: Gehen / 34<br />
Wiener Typen<br />
ÖLTRÄGER, GAIKRÄMER,<br />
RASTLBINDER<br />
Sie gingen singend und rufend von Haus zu Haus, waren in exotische Tracht gehüllt, was gleichzeitig<br />
Werbung für ihre Produkte war: Hausierer und Wanderhändler, dargestellt in Serien der „Kaufrufe“.<br />
Johann Christian Brand, Salamiverkäufer, nach 1798 (Detail). Foto: Wien Museum<br />
schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013
Thema: Gehen / 35<br />
Die Kaufruf-Darstellungen wurden im<br />
Rokoko modern, als die Bürger begannen,<br />
die Natur und mit frühem ethnologischen<br />
Interesse das „gemeine Volk“ zu entdecken.<br />
Johann Christian Brand (1722–1795) schuf<br />
eine berühmte Kupferstichserie mit etwa<br />
40 Wiener Kaufrufen. „Im 18. Jahrhundert<br />
erlebte das Genre der Kaufrufe in Wien seinen<br />
Höhepunkt“, schreibt der Historiker<br />
Gerhard Milchram im Katalog zur Ausstellung<br />
„Wiener Typen – Klischee und Wirklichkeit“<br />
im Wien Museum. Einige der Wanderhändler<br />
waren nach ihrer Herkunft<br />
benannt (welsche Salamimänner, Zwiefel’-<br />
krawat oder Tiroler Teppichhändler), andere<br />
nach ihrem Produkt (Ölträger, Rastelbinder,<br />
Vogelfänger).<br />
Tiroler Teppichhändler<br />
Wanderhändler legten oft große Distanzen<br />
zurück, so waren Tiroler Händler aus dem<br />
Westen der k. u. k. Monarchie bis in deren<br />
östliche Kronländer wie Galizien unterwegs.<br />
Die Tiroler Teppichhändler aus dem Defreggental<br />
setzten Tracht, Dialekt und Humor<br />
zur Geschäftsanbahnung ein und waren<br />
bekannt für ihr weit verzweigtes Handelsnetz.<br />
Sie waren sogar in Ägypten anzutreffen.<br />
Der Niedergang des Tiroler Teppichhandels<br />
setzte ab den 1820er Jahren ein.<br />
Kroaten und Slowenen finden sich in den<br />
Abbildungen als Ko’löffelkrawat, Zwiefel’-<br />
krawat und Leinwandhändler sowie Rastelbinder.<br />
Die Rastelbinder aus der Slowakei<br />
stellten Drahtkörbe her und reparierten mit<br />
Draht zerbrochenes Geschirr. Als Ölträger<br />
verkauften sie selbsthergestellte ätherische<br />
Öle, Balsame und Pülverchen als Arzneien.<br />
Italiener sind als „welscher Figurenhändler“<br />
und „welsche Würst-Krämer“ zu sehen.<br />
Viele kamen aus dem Friaul und gingen in<br />
Eilmärschen in nur acht bis neun Tagen<br />
nach Wien, das entspricht einem Durchschnitt<br />
von 50 Kilometer pro Tag. Die Salami<br />
hatten sie übrigens nicht im Gepäck – sie<br />
wurden unter ihrer Anleitung in Wien hergestellt.<br />
Jüdische Wanderhändler und Hausierer<br />
haben in den „Wiener Typen“-Serien ihren<br />
festen Platz. Als marginalisierte und häufig<br />
angefeindete Minderheit waren sie noch viel<br />
stärker von lokalen Faktoren und gesetzlichen<br />
Bestimmungen abhängig als ihre<br />
Georg Emanuel Opitz, „Ein herrschaftlicher Jäger, mit einem Regensburger Dienstmädchen, und ein<br />
Tyroler Teppichhandler, in Wien. / Le Chasseur au Service, d’une haute Noblesse, avec une Servante de<br />
Ratisbonne et un Tyrolois, qui vend des Tapis de Vienne.“ (Detail). Foto: Wien Musuem<br />
christlichen Kollegen. Vor allem waren sie in<br />
einem „viel stärkeren Ausmaß Einschränkungen<br />
bezüglich Niederlassung, Berufswahl<br />
und Mobilität unterworfen“, schreibt<br />
der Historiker Gerhard Milchram.<br />
„Unnötige Ware“<br />
und Handelspatente<br />
Das Verhältnis der Obrigkeit zu den wandernden<br />
Händlern war von tiefem Misstrauen<br />
geprägt: Gefährdung der öffentlichen<br />
Sicherheit, Verleiten zum Ankauf unnötiger<br />
Ware, Liederlichkeit – um ein paar Schlagworte<br />
zu nennen.<br />
Unter Maria Theresia und Sohn Joseph II.<br />
wurden Handelspatente ausgegeben. Ab<br />
Mitte des 18. Jahrhunderts wurde das Gesetz<br />
auch dazu genutzt, um der Bevölkerung<br />
bestimmter strukturschwacher Gebiete einen<br />
zusätzlichen Erwerb zu ermöglichen<br />
bzw. den Handel auf eine neue rechtliche<br />
Basis zu stellen. Im Hausierpatent von 1852<br />
findet sich eine umfassende Liste mit solchen<br />
Gebieten und deren Bewohnern, etwa<br />
die Bewohner der Gottschee (Slowenien),<br />
die Untertanen des so genannten Bändelkrämerbezirks<br />
(Waidhofen/Thaya) und die<br />
böhmischen Glashändler, die wie bisher in<br />
Böhmen und Mähren hausieren und die<br />
kleineren Jahrmärkte und Kirchtage in <strong>Niederösterreich</strong><br />
besuchen durften.<br />
Der Versuch der gesetzlichen Regelungen<br />
des Wanderhandels im 18. und 19. Jahrhundert<br />
spiegelt auch eine soziale Realität in<br />
vielen ländlichen Gegenden dieser Zeit<br />
wider, in der die dörfliche Subsistenzwirtschaft<br />
nicht mehr funktionsfähig war,<br />
ungünstige Boden- und Klimaverhältnisse,<br />
Realteilung und Überbevölkerung Dörfer in<br />
ihrer agrarischen Existenz bedrohten und<br />
Menschen dazu zwang, sich andere Erwerbsformen<br />
zu suchen. Daher begannen die<br />
Einwohner, manchmal ganzer Landstriche,<br />
mit dem Hausierhandel, der oft die einzige<br />
Möglichkeit zur Einkommenssicherung<br />
bot. /<br />
Zusammenfassung des Beitrags: „Tiroler Teppichhändler,<br />
Italienische Figurenverkäufer, Zwiebelkroaten,<br />
Jüdische Trödler und Griechische Kaufleute“ von<br />
Gerhard Milchram in: „Wiener Typen – Klischees<br />
und Wirklichkeit“, Wien 2013<br />
WIENER TYPEN<br />
———————————————————<br />
Klischee und Wirklichkeit<br />
Wien Museum<br />
1040 Wien, Karlsplatz 8<br />
Öffnungszeiten<br />
Bis So, 6. 10. 2013<br />
Di–So und Feiertage 10.00–18.00 Uhr<br />
www.wienmuseum.at<br />
schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013
Thema: Gehen / 36<br />
Werkstatt<br />
BLEIB BEI DEINEN LEISTEN<br />
Seitdem wir von den Bäumen herabgestiegen sind, begleiten sie uns das ganze Leben – die Schuhe.<br />
Ein Besuch in der Schusterwerkstatt von einst.<br />
Es riecht streng. Nach Leder und Schweiß,<br />
nach Schuhcreme und Staub. Wir Kinder<br />
gingen mit gemischten Gefühlen zum Schuster<br />
– Faszination und Furcht vor den strengen<br />
Blicken des Meisters: Massenware! Und:<br />
Wie konnte man bloß so lange zuwarten und<br />
die Absätze derart schief laufen? Bis kommende<br />
Woche? – Keinesfalls!<br />
Stellen wir uns die Werkstatt so vor. Ein paar<br />
Stufen führen hinunter in das Souterrain, die<br />
Tür quietscht. Es ist dunkel und kühl. Im<br />
hintersten Eck ein Regal mit den Leisten. Die<br />
Holzform ist die Nachbildung des Fußes:<br />
entweder als Maßleiste oder als Konfektionsleiste.<br />
Die Leistenform – ob Wiener oder<br />
Budapester, französischer oder englischer<br />
Leisten – ist Geschmacks- und Gewohnheitssache<br />
und eigentlich nur Thema bei Schuhmachern,<br />
die vorzugsweise auch noch „k. u. k.<br />
Hoflieferant“ als Titel tragen. Aber in einer<br />
kleinen Dorfschusterei waren solche Fragen<br />
kein Thema. Der Leisten wurde, wenn der<br />
Schuster geschickt war, selbst aus dem Rohling<br />
geformt oder vom Wagner hergestellt.<br />
Die Nähmaschinen Marke Singer oder Adler<br />
sind in einer alten Werkstatt die einzigen<br />
Maschinen. Darauf werden die Einzelteile des<br />
Oberteiles zusammengenäht. Dann nagelt<br />
der Schuster die Brandsohle auf den Leisten,<br />
zieht die zusammengenähten Teile des Oberteils<br />
mit der Ambosszange über den Schaft<br />
und vernäht sie mit der Brandsohle. Wie<br />
schon gesagt, es ist recht dunkel in der Werkstatt,<br />
die Schuster behalfen sich in früheren<br />
Zeiten mit der so genannten Schusterkugel,<br />
einer mit Wasser gefüllten Glaskugel, die das<br />
Licht verstärkte und so platziert wurde, dass<br />
der Lichtstrahl aufs Werkstück trifft.<br />
Rahmengenäht, zwiefachgenäht<br />
Ein weiteres Hilfsmittel des Schusters kennen<br />
wir aus Nestroys „Lumpazivagabundus“. Die<br />
drei Handwerker in der Posse um Geld,<br />
Glück und Liebe tragen sprechende Namen:<br />
Leim, Zwirn und Knieriem. Mit dem Knieriem<br />
befestigt der Schuster, um beide Hände<br />
frei zu haben, den Schuh am Oberschenkel.<br />
Kehren wir zum halbfertigen Schuh zurück.<br />
Der Schaftteil ist mit Brandsohle vernäht,<br />
jetzt kommt der Rahmen auf den Schuh. Der<br />
Lederrahmen wird mit kleinen Holzstiften<br />
aus Pappelholz auf die Unterseite des Schuhs<br />
genagelt, danach werden die herausragenden<br />
Stifte mit einer Raspel abgeschliffen. Dann<br />
wird die Laufsohle angeklebt. Der Rahmen –<br />
Stichwort „rahmengenäht“ – verbindet<br />
Schuhschaft (Oberteil) mit der Sohle. Um<br />
den Zwirn haltbar und auch schlüpfriger zu<br />
machen, zieht der Schuster den Zwirn durch<br />
ein Wachs- oder Pechstück. Mit der Ahle<br />
fertigt er die Löcher im Rahmen an, anschließend<br />
näht er mit zwei Nadeln gleichzeitig –<br />
die eine führt er von oben, die andere von<br />
unten gleichzeitig durch das Loch. „Zwiefachgenäht“<br />
festigt den Schuh und schont<br />
den Zwirn, der bei diesem Vorgang nicht<br />
durch ein zweites Nachnähen verletzt wird.<br />
Anschließend wurde die Naht verpecht.<br />
Um den Schuh haltbarer zu machen, wird die<br />
Sohle mit Eisen beschlagen. Dazu kommt der<br />
Schuh auf den Schusteramboss und die Stahlnägel<br />
werden eingeschlagen. Arbeitsschuhe<br />
hatten ein Leben lang zu halten, das andere<br />
Paar Schuhe – das Sonntagspaar – wurden so<br />
lange als möglich repariert. Und wenn ein<br />
Peter Huber in der Schusterwerkstatt des<br />
Museumsdorfs Niedersulz.<br />
Stiefel nicht mehr zu flicken ging, wurde der<br />
Stiefelschaft abgetrennt. Der Schaft wurde im<br />
Weinviertel mit Boden und Tragegurt versehen<br />
und fand als Kellerzegerl Verwendung.<br />
Ein paar Stufen führen hinunter in das Souterrain,<br />
die Tür quietscht. Es hat sich wenig<br />
verändert seit den ersten Besuchen in Kindheitstagen.<br />
Der alte Meister ist längst gestorben<br />
und der Sohn bereits grauhaarig. Er<br />
blickt kritisch auf die abgetragenen Sohlen.<br />
Wie konnte man bloß so lange zuwarten … /<br />
Text: Mella Waldstein<br />
SCHUSTERWERKSTATT<br />
———————————————————<br />
Museumsdorf Niedersulz<br />
2224 Niedersulz, Tel. 02534 333<br />
www.museumsdorf.at<br />
schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013
Museumsdorf Niedersulz / 37<br />
Bibelgarten<br />
GOTTES GARTEN<br />
Im kürzlich eröffneten Bibelgarten im Museumsdorf Niedersulz wachsen Pflanzen,<br />
die im Alten und Neuen Testament genannt sind.<br />
Der Feigenbaum. Foto: z. V. g.<br />
Granatäpfel, Ölbaum und Feigen verbreiten<br />
seit kurzem ihren südländischen Charme im<br />
Weinviertler Museumsdorf Niedersulz. Auf<br />
einem sonnigen Platz zwischen Täuferhaus,<br />
Lenneskapelle und Lutherischer Geheimkapelle<br />
wurde in Zusammenarbeit mit der<br />
Österreichischen Bibelgesellschaft ein Garten<br />
errichtet, wie er in dieser Form einmalig in<br />
<strong>Niederösterreich</strong> ist. Es ist der Bibelgarten,<br />
der sich mit dem Thema „Pflanzen der Bibel“<br />
und ihrem Stellenwert in der historischen<br />
Gartenkultur auseinandersetzt. Er ist Teil der<br />
Gartenausstellung „Kümmel, Koriander und<br />
Co.“, einer Kooperation mit der <strong>Niederösterreich</strong>ischen<br />
Landesausstellung 2013, die sich<br />
den Pflanzen rund um Brot und Wein widmet.<br />
Auf dem an die 300 Quadratmeter großen-<br />
Areal wurden Trockensteinmauern errichtet,<br />
um den Höhenunterschied auszugleichen.<br />
Sie sind für Pflanzen, die Trockenheit und<br />
Wärme lieben, eine gute Basis und unterstreichen<br />
gemeinsam mit den geschotterten<br />
Wegen den südlichen Charakter des Gartens.<br />
Außerdem stellen Trockenmauern ein<br />
wertvolles Naturgartenelement dar, wie es<br />
Teil der Richtlinien der Aktion „Natur im<br />
Garten“ ist, nach denen sich die ökologische<br />
Pflege des Grünraums orientiert. Einige<br />
kälteempfindliche Pflanzen wachsen in<br />
Holzgefäßen, wie das auch schon vor über<br />
150 Jahren im Weinviertel üblich war, und<br />
überwintern in einem frostfreien, hellen<br />
Innenraum.<br />
Pflanzen der Bibel<br />
Pflanzen spielen in der Bibel eine grundlegende<br />
Rolle. Vom Schöpfungspsalm an, in<br />
dem von Wein, Öl und Brot die Rede ist, über<br />
das Hohelied Salomos bis hin zu den vielen<br />
Gleichnissen Jesu.<br />
„Ein Lustgarten sprosst aus dir, / Granatbäume<br />
mit köstlichen Früchten, / Hennadolden,<br />
Nardenblüten, / Narde, Krokus, Gewürzrohr<br />
und Zimt, / alle Weihrauchbäume, / Myrrhe<br />
und Aloe, / allerbester Balsam.“<br />
(Hohelied 4,12–14)<br />
Der Mensch wird in der Bibel als Gärtner<br />
bezeichnet, aber auch mit Pflanzen oder<br />
Samen verglichen, manche Stellen erscheinen<br />
wie eine <strong>Kultur</strong>anleitung. Gartenthemen, die<br />
auch heute im Mittelpunkt der Gartenkultur<br />
stehen, finden sich in der Bibel: Düfte und<br />
Heilwirkung, Paradies- und Nutzgarten, Blumen<br />
und Wein, Besinnung und Lust. Über<br />
allem aber steht immer der Symbolgehalt der<br />
Pflanzen.<br />
Die etwa 110 in der Bibel erwähnten Pflanzenarten<br />
sind großteils in Israel, Palästina<br />
und Ägypten beheimatet oder kamen über<br />
Handelswege ins Land. Für den Bibelgarten<br />
im Museumsdorf wurden nach Möglichkeit<br />
an unsere klimatischen Verhältnisse angepasste<br />
Sorten ausgesucht. In vielen Fällen<br />
kann man eine historische Verwendung in<br />
den Gärten <strong>Niederösterreich</strong>s nachweisen.<br />
So finden sich die Madonnenlilien als Lilien<br />
des Feldes (Matthäus 6,28-29), der bei uns<br />
heimische Bocksdorn anstelle des europäischen<br />
Bocksdorns der Bibel oder der Flaschenkürbis,<br />
der im Weinviertel als Weinheber<br />
verwendet worden ist. Marien- und<br />
Benediktendisteln stellen die Disteln und<br />
Dornen dar, eine heimische Eiche steht für<br />
die Taboreiche Israels.<br />
Alle Pflanzen sind beschriftet und mit Hinweisen<br />
auf die entsprechenden Bibelstellen<br />
versehen. Diese sowie das dazugehörende<br />
Begleitheft wurden von der Bibelgesellschaft<br />
verfasst. /<br />
Text: Ulrike Nehiba<br />
MUSEUMSDORF NIEDERSULZ<br />
———————————————————<br />
Museumsdorf Niedersulz<br />
2224 Niedersulz<br />
Tel. 02534 333<br />
Öffnungszeiten<br />
Bis Fr, 1. 11. 2013, tägl. 9.30–18.00 Uhr<br />
www.museumsdorf.at<br />
schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013
Museum / 38<br />
St. Peter in der Au<br />
DIE OPERETTE LEBT<br />
Das neue Carl Zeller-Museum im Schloss St. Peter in der Au macht Leben und Gesamtwerk des<br />
Komponisten der Operette „Der Vogelhändler“ unmittelbar erlebbar.<br />
Bühnenbild zu Carl Zellers Operette „Der Vogelhändler“.<br />
Als Carl Zeller am 17. August 1898 in Baden<br />
bei Wien starb, war er bereits als großer Meister<br />
der Operette anerkannt. Vergessen war<br />
zum Zeitpunkt seines Todes und viele Jahre<br />
danach aber seine Herkunft aus dem Mostviertel.<br />
Dies blieb auch so, bis in den 1920er<br />
Jahren der hier musikalisch engagierte<br />
Gemeindearzt Dr. Karl Wittwar St. Peter in<br />
der Au wieder weithin als Geburtsort des<br />
berühmten Operettenkomponisten bekannt<br />
machte.<br />
Carl Adam Johann Nepomuk Zeller wurde<br />
am 19. Juni 1842 als einziges Kind des Wundarztes<br />
Johann Zeller und seiner Frau Maria<br />
Anna Elisabeth (geb. Dierl) in St. Peter in der<br />
Au geboren. Ab Herbst 1849 besuchte Carl<br />
Zeller hier die Volksschule. Dort erteilte ihm<br />
der alte Schulmeister Josef Brandstetter den<br />
ersten Musikunterricht. Mit sieben Jahren<br />
spielte Carl Zeller bereits auf der Orgel der<br />
Pfarrkirche, erlernte verschiedene Orchesterinstrumente<br />
und sang bei Messen das Sopransolo.<br />
Im Alter von elf Jahren kam er zur<br />
Hofmusikkapelle nach Wien. In den vier<br />
Jahren als Sängerknabe genoss er den Klavier-<br />
und Kompositionsunterricht des hochgeachteten<br />
Musikpädagogen Simon Sechter,<br />
der auch Lehrer von Anton Bruckner und<br />
Franz Schubert war. Ab 1860 besuchte Carl<br />
Zeller das Gymnasium des Stiftes Melk und<br />
legte dort im August 1861 die Matura ab. Ab<br />
1862 studierte er an der Universität Wien<br />
Rechtswissenschaften und promovierte 1869<br />
in Graz zum Doktor der Rechte.<br />
Staatsdienst &<br />
Nebenberufskomponist<br />
Nach seiner Promotion war Carl Zeller zuerst<br />
an Gerichten tätig, ehe er 1873 in den Staatsdienst<br />
berufen wurde. Bedächtig kletterte er<br />
schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013
Museum / 39<br />
Das neu adaptierte Carl Zeller-Museum in St. Peter in der Au …<br />
... mit Multimediastationen.<br />
mit den Jahren die Karriereleiter im Ministerium<br />
für Cultus und Unterricht hinauf. Zeller<br />
war zuletzt Ministerialrat und leitete das<br />
Kunstreferat.<br />
Carl Zeller komponierte sein Leben lang nur<br />
nebenberuflich als Hobby. Trotzdem war er<br />
als Komponist Zeit seines Lebens als Meister<br />
des Operettenfaches anerkannt und geschätzt.<br />
Seine Musikerkarriere begann er mit Liederspielen<br />
und komischen Opern. Seinen musikalischen<br />
Höhepunkt erreichte er 1886 mit<br />
der Operette „Der Vagabund“. Wenn Zeller<br />
heute als Klassiker der goldenen Operettenära<br />
gesehen wird, so hat seine Meisteroperette<br />
„Der Vogelhändler“ den entscheidenden<br />
Anteil an dieser Wertschätzung. Das<br />
1891 uraufgeführte Werk besticht in der<br />
meisterlichen Ausformung des Orchestersatzes<br />
und vor allem durch die kunstvollen<br />
Ensembles, die mit „Schenkt man sich Rosen<br />
in Tirol“ ihren Höhepunkt erreichen. Der<br />
Erfolg seiner nächsten Operette, „Der Obersteiger“,<br />
lag wieder in den volkstümlichen<br />
Ensembles und in der geschickten Verwendung<br />
von Bühnenmusik.<br />
Carl Zeller verlebte seine letzten Jahre als<br />
schwerkranker Mann. 1897 schied Carl Zeller<br />
aus seiner Stellung im Ministerium. Er zog<br />
sich aus allen gesellschaftlichen Kreisen<br />
zurück und war in einen bösen Erbschaftsprozess<br />
verwickelt. Am Abend des 17. August<br />
1898 starb Carl Zeller in Baden bei Wien im<br />
Alter von nur 56 Jahren. Eine Nachlass-Operette<br />
mit dem Titel „Der Kellermeister“<br />
wurde 1901 im Raimundtheater in Wien<br />
uraufgeführt. In seinem Geburtsort St. Peter<br />
in der Au erinnern heute neben einer<br />
Gedenktafel am Geburtshaus noch der<br />
Vogelhändler-Brunnen, das Grab seines<br />
Vaters am Ortsfriedhof, einige Straßennamen,<br />
die nach ihm benannte Musikschule<br />
und das Carl Zeller-Museum an den berühmtesten<br />
Sohn dieser Marktgemeinde.<br />
Schauen, Staunen, Mitmachen<br />
Das mit Unterbrechungen seit 1934 in verschiedenen<br />
Räumlichkeiten bestehende Carl<br />
Zeller-Museum wurde nun im Schloss St.<br />
Peter in der Au neu eröffnet. Als modernes<br />
Musikermuseum kann es jetzt dem interessierten<br />
Besucher Leben und musikalisches<br />
Gesamtwerk Carl Zellers unmittelbar erlebbar<br />
machen. Das Museum wurde so gestaltet,<br />
dass sowohl eine individuelle Besichtigung in<br />
Eigenregie als auch eine geführte Besichtigung<br />
möglich ist. Kleine Zusatzausstellungen<br />
zu Sonderthemen werden zu wiederholtem<br />
Besuch einladen. Projekte und Workshops<br />
mit den Schulen unter dem Motto „Schauen,<br />
Staunen, Mitmachen“ sollen den Komponisten<br />
auch für die jüngeren Altersgruppen<br />
interessant machen.<br />
Mittels mehrerer Multimedia-Stationen mit<br />
zahlreichen Audio- und Videobeispielen wird<br />
das gesamte Spektrum von Carl Zellers kompositorischem<br />
Schaffen gezeigt. Neben Gesamtaufnahmen<br />
von Bühnenaufführungen<br />
und Konzerten sind auch historische Aufnahmen<br />
von Sängern und Sängerinnen der<br />
Uraufführungen der Zeller-Operetten zu hören<br />
und zu sehen. So gibt es etwa den Operettenstar<br />
Alexander Girardi – er war der erste<br />
Vogelhändler „Adam“ – in einem kurzen<br />
Stummfilm zu sehen, der dank vorhandener<br />
Schellack-Aufnahme und moderner Computertechnik<br />
vertont werden konnte.<br />
Wiedergefundene Verwandtschaft<br />
Durch die Lage im Schloss, wo auch das<br />
Gemeindeamt untergebracht ist, gibt es für<br />
individuelle Besichtigungen regelmäßige Öffnungszeiten<br />
an den Wochentagen. Gruppenund<br />
Einzelführungen werden nach Vereinbarung<br />
angeboten. Das neue Carl Zeller-Museum<br />
im Schloss St. Peter in der Au wurde am<br />
7. April 2013 neu eröffnet. Bei dieser Feier<br />
war der erst vor kurzem gefundene Urenkel<br />
von Carl Zeller, Ing. Gottfried Hecher, mit<br />
seiner Familie erstmals in St. Peter in der Au<br />
zu Besuch. /<br />
Text und Fotos: Thomas Gnedt<br />
CARL ZELLER-MUSEUM<br />
———————————————————<br />
3352 St. Peter in der Au<br />
Hofgasse 6<br />
Tel. 07477 42111-0 oder 0680 2059678<br />
Öffnungszeiten<br />
Mo 8.00–12.00 u. 13.00–18.00 Uhr,<br />
Di–Fr 8.00–12.00 Uhr<br />
und nach Voranmeldung<br />
www.carlzeller.at<br />
schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013
Museum / 40<br />
Hernstein<br />
GLÜCK DURCH PECH<br />
Die Pecherei prägte im letzten Jahrhundert nicht nur ganze Landschaften, sondern auch die Menschen darin.<br />
Das Museum für Pecherei in Hernstein präsentiert die Geschichte dieses Berufsstandes.<br />
Die Schwarzföhren geben ein qualitativ hochwertiges Pech.<br />
Schon vor 2.000 Jahren verwendeten die<br />
alten Römer und Griechen Pech zum<br />
Abdichten ihrer Schiffe, als Zusatz für die<br />
Erzeugung des wertvollen Papiers und als<br />
Medizin. Die ursprüngliche volkswirtschaftliche<br />
Bedeutung der Pecherei war enorm:<br />
1715 wurden laut Aufzeichnungen Schwarzföhren<br />
in Hernstein gepecht. Im Bannbuch<br />
von Grillenberg aus dem Jahre 1747 wird<br />
das „Kohlhaufen anlegen und das Pechbaum<br />
anhacken“ ebenfalls erwähnt. 1913 wurden<br />
in der Region um Wiener Neustadt geschätzte<br />
5.000 Tonnen Harz produziert, dem<br />
gegenüber stand allerdings ein geschätzter<br />
Importbedarf von etwa 40.000 Tonnen.<br />
Nicht nur die Lack-, Seifen- und Papierindustrie<br />
war von diesem Rohstoff abhängig,<br />
sondern auch bestimmte Bereiche der<br />
Kriegswirtschaft, und es wurden große<br />
Anstrengungen unternommen, um einerseits<br />
die Pecherei in <strong>Niederösterreich</strong> zu<br />
forcieren und andererseits die Schwarzföhrengebiete<br />
in Bosnien und Herzegowina für<br />
die Harznutzung zu erschließen. Selbst in<br />
der jüngsten Vergangenheit waren von der<br />
Harzgewinnung ganze Industriezweige<br />
abhängig. Erst durch den Ersatz der Destillationsprodukte<br />
Kolophonium, Harzöl und<br />
Terpentinöl durch synthetische Stoffe um<br />
1960 begann der Niedergang der Pecherei,<br />
bis dann Anfang der 1970er Jahre das endgültige<br />
„Aus“ kam.<br />
schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013
Museum / 41<br />
Das Pech wird in Kübeln gesammelt …<br />
…. davor aber muss der Baum durch Schnitte verletzt werden.<br />
Mit Leiter und Rutschfleck<br />
Das Pechermuseum in Hernstein<br />
Im Frühjahr begann die wichtigste Arbeit<br />
des Pechers. Die vorbereiteten Scharten auf<br />
den Stämmen der Schwarzkiefer wurden<br />
geplätzt oder gehobelt. In Abstand von<br />
wenigen Tagen wurde ein Stückchen Rinde<br />
mehr entfernt: Die Baumwunde – „Lachte“<br />
genannt – wurde immer größer. Das Harz<br />
aus der Wunde tropfte in den darunter angebrachten<br />
Topf. Drei bis vier Mal pro Sommersaison<br />
wurde der Pechtopf in ein dafür<br />
vorbereitetes und im Waldboden vergrabenen<br />
Fass entleert. Auf der Baumwunde<br />
kristallisierte den Sommer über das Harz,<br />
welches im Herbst „abgescherrt“ wurde.<br />
Neben den verschiedenen Hobeln und<br />
Äxten war die Leiter das auffälligste Werkzeug<br />
der Pecher. Sie wurde von ihnen selbst<br />
hergestellt und war bis zu sechs Meter lang.<br />
Der Pecher stieg am Tag mehrere hundert<br />
Mal hinauf, um mit dem Hobel den Harzfluss<br />
anzuregen. Hinunter rutschte er. Dazu<br />
benützte er an Oberschenkeln und Knien<br />
befestigte „Rutschfleck’n“ aus Leder.<br />
Nur in Hernstein, als einzigem Ort Österreichs,<br />
hat die Harzgewinnung im eingeschränkten<br />
Rahmen bis heute Bestand. Dem<br />
Niedergang der Pecherei folge auch, dass die<br />
Schwarzföhre zunehmend an Bedeutung<br />
verlor, in Vergessenheit geriet – vielen Menschen<br />
ist heute nicht mehr bewusst, wie<br />
sehr dieser Baum zur Entwicklung ganzer<br />
Regionen in <strong>Niederösterreich</strong> beigetragen<br />
hat.<br />
1989 wurde erstmalig das Pechermuseum in<br />
Hernstein eröffnet, wo die ehemaligen<br />
Pecherwerkzeuge ausgestellt und in Führungen<br />
präsentiert wurden. Das nun 2013<br />
wieder eröffnete und völlig neu adaptierte<br />
Museum wurde an die modernen Richtlinien<br />
der Museumspädagogik angepasst.<br />
Hautnah und unterstützt durch multimediale<br />
Elemente kann ein intensiver Blick in<br />
eine vergangene Epoche geworfen werden.<br />
Nicht nur zahlreiche Werkzeuge sind ausgestellt,<br />
sondern auch echte Schaubäume,<br />
die auf Waldboden angesiedelt sind und ein<br />
tiefes Gefühl der Identifikation mit dem<br />
Lebensraum der ehemaligen Pecher vermitteln.<br />
1988 wurde ein Pecherlehrpfad angelegt, wo<br />
bei einem gemütlichen und barrierefreien<br />
Spaziergang durch die freie Natur die Arbeit<br />
der ehemaligen Pecher an lebendigen Bäumen<br />
studiert werden kann. Erweitert wird<br />
der Lehrpfad durch die architektonisch<br />
modern gestaltete Vinzenzkapelle, die auch<br />
gleichzeitig einen Hort der Ruhe und Besinnung<br />
ist und zum Verweilen einlädt.<br />
Die Bestrebung, die Pecherei zu bewahren,<br />
wurde 2011 auch von der UNESCO anerkannt<br />
und „Die Pecherei in <strong>Niederösterreich</strong>“<br />
zum immateriellen <strong>Kultur</strong>erbe erklärt.<br />
/<br />
Text: Johannes Leitner<br />
Fotos: Manfred Horvath<br />
Der Vorgang wird im Museum von Hernstein<br />
anschaulich präsentiert. Foto: Leopold Schneidhofer.<br />
PECHEREIMUSEUM<br />
———————————————————<br />
2560 Hernstein<br />
Pfarrgasse 2<br />
Tel. 02633 47205 oder 0664 5568611<br />
marktgemeinde@hernstein.gv.at<br />
Öffnungszeiten<br />
Mai–Oktober, So 10.00–12.00 Uhr<br />
sowie gegen Voranmeldung<br />
schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013
Weinviertel / 42<br />
Brandung = Konfrontation = Begegnung<br />
BRANDUNGSZONE<br />
Das Viertelfestival NÖ, heuer im Weinviertel zu Gast, präsentiert 69 Kunstprojekte:<br />
geologisch-kulturelle Grenzüberschreitungen im Weinviertel.<br />
Küste in der Bretagne. So können wir uns die Eggenburger Granitküste vor 20 Millionen Jahren vorstellen – eine Brandungsküste. Foto: Thomas Hofmann<br />
„Brandungszone“, das Motto des „Viertelfestival<br />
NÖ – Weinviertel 2013“, weckt Assoziationen<br />
an steile Küsten, Gischt, an Naturgewalten.<br />
In der sanften Hügellandschaft des<br />
Weinviertels wirken „Brandungszonen“ befremdlich.<br />
Im Lößland, dem Schauplatz des<br />
heurigen Festivals, gelten andere Gesetze. Es<br />
gilt tiefer bzw. unter den Löß zu blicken.<br />
Knapp unter der Bodenkrumme liegen hier<br />
die (Ge-)Schichten. Sie (er)öffnen Fenster in<br />
vergangene Welten, die man nicht vermuten<br />
würde. Den überzeugendsten Beweis liefert<br />
der Ort der Festivaleröffnung: das Austernriff<br />
von Stetten („Fossilienwelt Weinviertel“).<br />
Wer im Viertel unter dem Manhartsberg mit<br />
dem „Blick zurück“ unterwegs ist, wird<br />
immer wieder auf Brandung, im Sinne von<br />
Begegnung(en) oder Konfrontationen, stoßen.<br />
„Brandungszone“ wächst hier allerorts<br />
über den naturwissenschaftlicher Ansatz<br />
hinaus, wird zur identitätsstiftenden Metapher<br />
für die Region. Begegnungen, Konfrontationen<br />
verschiedener Menschen, <strong>Kultur</strong>en,<br />
fremde Heere und Krieger, aber auch Arbeit<br />
suchende Familien, die seit Jahrtausenden<br />
Prozesse des Anbrandens, des Auflaufens bis<br />
hin zur Integration mitmach(t)en, präg(t)en<br />
das Weinviertel nachhaltig. Bezeichnend<br />
dafür ist das Projekt der Schüler und Schülerinnen<br />
in Hohenau, die die Situation der hier<br />
neu An- bzw. Hinzugekommenen thematisieren<br />
„Brandungszone – in Hohenau angekommen!<br />
Von neuen und alten Hohenauern“.<br />
Brandungszone Eiserner Vorhang<br />
Noch bis 1989 war die gesamte Grenze des<br />
Weinviertels eine Brandungszone, wenn man<br />
den einstigen Eisernen Vorhang so bezeichnen<br />
will – ein Aneinandertreffen zweier politischer<br />
Großmächte. Exakt am Schnittpunkt,<br />
der Grenze der einstigen Regime, deren Exis-<br />
schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013
Weinviertel / 43<br />
tenz vor 25 Jahren man heute an der Grünen<br />
Grenze nur mehr sehr vage erahnen kann,<br />
positioniert Michael Kos sein Projekt „HIN &<br />
HER – Ein Schiff wird kommen“. Konkret:<br />
eine Schiffschaukel, wie man sie von Kirtagen<br />
kennt. Sie lädt gleich neben der Straße von<br />
Ottenthal nach Mikulov/Nikolsburg „ähnlichem<br />
einem Metronom“ (Michael Kos) ein,<br />
hin und her zu schaukeln bzw. Grenzen im<br />
Sekundentakt zu wechseln. Einmal mehr<br />
möge der Standort der Schaukel zur Rückschau<br />
animieren. Der in der Nähe befindliche<br />
Kreuzberg bei Kleinschweinbarth war über<br />
Jahrzehnte den aus ihrer Heimat vertriebenen<br />
Südmährern ein Ausflugsziel, um<br />
wehmütig in ihre einstige Heimat rund um<br />
Mikulov/Nikolsburg zu blicken. Apropos<br />
Schiffe: Die passen gut in die Weinviertler<br />
Landschaft, denn alle geologischen Ablagerungen<br />
(Schichten) im Weinviertel (Löß und<br />
Granit ausgenommen) sind im Wasser entstanden.<br />
Zeitlich beginnt die aquatische Vielfalt<br />
vor 150 Millionen Jahren mit dem Ernstbrunner<br />
Kalk und reicht mit dem Marchsand<br />
und Donauschotter bis in unsere Tage. Die<br />
Geologie erzählt Geschichten von tropischen<br />
Lagunen, tiefen Meeren, weiten Seen oder<br />
breit strömenden Flüssen, wo sich überall<br />
buntes Leben tummelte.<br />
Auch die Ostgrenze des Weinviertels zur heutigen<br />
Slowakei ist Schauplatz eines grenzüberschreitenden<br />
Projekts: „MOLASSE-<br />
MEER und MARCHKULTUR. Was blieb<br />
vom vielen Wasser“ von Reinhold Schwab ist<br />
in Marchegg angesiedelt. Diese Aktion beginnt<br />
und endet beim Zollwachedenkmal<br />
an der March, wo am 22. Juni 2013 gegen<br />
22 Uhr 1.000 Kerzen entlang des Grenzflusses<br />
schwimmen. Diese Lichter gewinnen angesichts<br />
jener Menschen, die in Zeiten des<br />
Kalten Krieges die March durchschwommen<br />
haben, um dem kommunistischen Regime zu<br />
entfliehen, eine weitere Dimension. Neben<br />
Projekten, die direkt Bezug auf die einstige<br />
politische Grenz- bzw. Brandungssituation<br />
nehmen, greifen eine Reihe anderer Initiativen<br />
geologische Fakten auf, die ihrerseits<br />
Keimzellen künstlerischer Interventionen<br />
darstellen.<br />
Geologisch inspirierte<br />
Interventionen<br />
Ganz im Westen des Weinviertels, wo vor<br />
rund 20 Millionen Jahren das Meer der Paratethys<br />
an den harten Maissauer Granit<br />
anbrandete, lebten in stillen Buchten rund<br />
Die Urdonau – Schifffahrt in Hollabrunn, Fotomontage. Foto: Viertelfestival NÖ<br />
um Eggenburg unzählige Seekühe. Allein<br />
ihr Name, Metaxytherium krahuletzi, ist<br />
Geschichte; 1895 benannte Charles Deperet<br />
die wenigen Knochen, die damals bekannt<br />
waren, nach dem umtriebigen Heimatforscher<br />
und Museumsgründer Johann Krahuletz<br />
(1848–1928). Rund 100 Jahre später gruben<br />
eifrige Paläontologen eine ganze Herde<br />
aus; ein Exemplar wurde als „Letzi“ zum<br />
Maskottchen und erlebt nun dank der Initiative<br />
von Tania Berger neue Ehren. „Letzi is<br />
back. Die Rückkehr der Seekühe“ erinnert in<br />
Form von Seekuhförmigen Windsäcken an<br />
die Fundorte und die einstigen Lebensräume<br />
der Seekühe rund um Eggenburg.<br />
Ebenfalls in Eggenburg und thematisch nahe<br />
verwandt ist das Projekt von Jochen Sengseis<br />
und Gregor Kremser: „Another Evolution.<br />
Was wäre wenn?“. So wird die Frage aufgeworfen,<br />
welche Gesteine und Lebewesen es<br />
gäbe, wenn die Evolution seit dem Eggenburger<br />
Meer anders verlaufen wäre. Konkret<br />
werden im Krahuletz-Museum „falsche“<br />
Fundstücke ausgestellt werden. Weiters soll<br />
ein Blick in die Zukunft klären, was aus den<br />
2010er Jahren in 1.000 Jahren gesammelt<br />
werden wird.<br />
In Hollabrunn erinnern sich Franz Stockinger<br />
und Robert Petschinka an die Urdonau,<br />
die vor rund elf Millionen Jahren auf der<br />
Höhe von Hollabrunn und Mistelbach quer<br />
durch das Weinviertel floss. Unter dem Titel<br />
„Die Urdonau – Schifffahrt in Hollabrunn“<br />
positionieren sie eine neun Meter lange Zille<br />
an verschiedenen Orten der Stadt. Die Gruppe<br />
„4stimmig“ und das Theater Westliches<br />
Weinviertel (TWW) sorgen für den musikalischen<br />
Rahmen der urbanen Seereise. Auch<br />
Mistelbach unterwirft sich einer Zeitreise<br />
unter dem Motto „Bewegung verändert. Geologie<br />
und Wirtschaft in Mistelbach“. Das<br />
Archiv des Stadtmuseums Mistelbach zeigt<br />
einen Überblick über die Erd- und Wirtschaftsgeschichte<br />
der Stadt Mistelbach im<br />
östlichen Weinviertel. Neben paläontologischen<br />
Funden gibt es auch Rückblenden:<br />
Begegnungen mit der einstigen Zentralmolkerei<br />
Mistelbach und dem „Bienenvater“<br />
Guido Sklenar (1871–1953).<br />
Zu guter Letzt noch ein brandaktuelles<br />
Thema. An sieben Orten gelangt „Schwarzer<br />
Veltliner – Das Schiefergas-Theater“ zur Aufführung:<br />
eine satirisch überhöhte Auseinandersetzung<br />
mit dem (Tabu-)Thema Schiefergas,<br />
das in der jüngeren Vergangenheit die<br />
Wogen hoch gehen ließ. Der Ankündigung<br />
ist zu entnehmen: „Wir schreiben das Jahr<br />
2020. Weltweit herrscht Energieknappheit.<br />
Im Weinviertel wird deshalb nach Schiefergas<br />
gebohrt …“ Das mutige Aufgreifen dieses<br />
Themas zeigt einmal mehr, dass Kunst keine<br />
Konfrontationen scheuen darf. Das ist gut so<br />
und möge sich auch nicht ändern! /<br />
Text: Thomas Hofmann<br />
BRANDUNGSZONE<br />
———————————————————<br />
Viertelfestival NÖ im Weinviertel<br />
Bis So, 11. 8. 2013<br />
69 Kunstprojekte vor der Haustür<br />
Tel. 02572 34234-0<br />
viertelfestival@kulturvernetzung.at<br />
http://2013.viertelfestival-noe.at/<br />
schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013
Museum / 44<br />
Baugeschichte & Energie<br />
WOHN(T)RÄUME<br />
Die multimediale Sonnenwelt in Großschönau zeigt die Geschichte<br />
des Wohnens in Hinblick auf Energieeffizienz und Nachhaltigkeit.<br />
Das Mittelalter betritt der Besucher durch<br />
ein großes Holztor. Hier werden verschiedene<br />
Holzkonstruktionen und deren Verbindungen<br />
dargestellt; immer kombiniert mit<br />
weiterführenden Informationen auf Touchscreens<br />
und Medientischen, die für eine<br />
Balance von realer und virtueller Welt sorgen.<br />
Viele werden sich wohl in den nachgebauten<br />
vier Wänden eines Hauses aus den<br />
1960er/70er Jahren wiederfinden. In der Zeit<br />
der Hausbaubooms – schön in Szene gesetzt<br />
durch passende großflächige Mustertapeten<br />
– gibt es wohl die größten Sünden im Wohnbau:<br />
einerseits durch fehlende Dämmungen,<br />
andererseits durch giftige Baustoffe.<br />
Gegenwart & Zukunft<br />
Die Ausstellungsräume gruppieren sich auf<br />
zwei Ebenen um den zentralen runden Mittelteil.<br />
Hier wird dem Namen „Sonnenwelt“<br />
Rechnung getragen. Eine Lichtsimulation<br />
taucht uns im Zeitraffer in einen Sonnentag.<br />
Nachhaltig wohnen – Flächenverbrauch damals und heute. Foto: Sonnenwelt<br />
Zu Beginn gibt’s eine kleine Einschulung.<br />
Der handliche Touchscreen, der mit einem<br />
Kopfhörer – aber nur einem – kombiniert ist,<br />
denn man will den Besuchern auch noch die<br />
Möglichkeit lassen, mit ihrer Umwelt analog<br />
zu kommunizieren, leitet durch eine spektakuläre<br />
Ausstellungarchitektur. Interaktiv ist<br />
hier das Stichwort. Und gleich nach der<br />
Begrüßung will der smarte elektronische<br />
Guide ein Bild von seinem Benutzer. Solcherart<br />
digitalisiert, taucht der Besucher als<br />
interaktive Figur in Erscheinung: als Mammutjäger,<br />
Römer oder Dienstmagd.<br />
Die Sonnenwelt – deren etwas irreleitender<br />
Name mit dem angrenzenden „Sonnenplatz“<br />
im Zusammenhang steht – will die Besucher<br />
auf nachhaltiges Bauen, auf die Energieeffizienz,<br />
-reduktion bei Neubauten und bei Altbausanierung<br />
sowie auf die energieneutrale<br />
Bauweise von Passivhäusern aufmerksam<br />
machen bzw. begeistern. Der „Sonnenplatz“<br />
ist einerseits ein Forschungs- und Kompetenzzentrum<br />
für Passivhausbau, andererseits<br />
können Passivhäuser, die am Rande des<br />
Marktes Großschönau stehen, fürs Probewohnen<br />
gemietet werden.<br />
Wohnen in der Vergangenheit<br />
Da es ums Wohnen geht, beginnt die Reise<br />
durch die Sonnenwelt beim Sesshaftwerden<br />
der Menschheit. In zwölf Zeithorizonten<br />
wird von der Urform des Wohnens bis in die<br />
Zukunft das Thema Wohnen & Energie dargestellt.<br />
Da geht es um das Nützen und Vermeiden<br />
von Sonneneinstrahlung, um Klimafaktoren,<br />
um Bauformen und Bautechniken.<br />
Ägyptische Windtürme versinnbildlichen<br />
angepasste Bautechnik und römische Bauten<br />
zeigen die Entwicklung des Bogens zum<br />
konstruktiven Element.<br />
In der Gegenwart angelangt, zeigt die Sonnenwelt<br />
die Funktion eines Passivhauses.<br />
Mittels elektronischem Guide kann der<br />
Besucher selber wählen, wie weit er sich in<br />
die Materie vertiefen will. Es gibt weiterführende<br />
Expertentexte, es gibt eine Benutzeroberfläche<br />
für Kinder sowie für Erwachsene.<br />
Auf jeden Fall sollte man gut aufpassen, denn<br />
der Guide animiert mit Quizaufgaben zum<br />
Sammeln von Punkten. Am Schluss gibt es<br />
einen Klima- und Energiepass und praktische<br />
Tipps für den Haushalt. /<br />
Text: Mella Waldstein<br />
SONNENWELT<br />
———————————————————<br />
3922 Großschönau, Sonnenplatz 1<br />
Tel. 02815 77270<br />
Öffnungszeiten<br />
Di–So 9.00–17.00 Uhr<br />
www.sonnenwelt.at<br />
schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013
Ausstellung / 45<br />
spielen & verspielen<br />
ABENDLICHE HÄUSER<br />
Die Ausstellung „spielen & verspielen“ zeigt die Gesellschaftsspiele der adeligen Gesellschaft<br />
vom 16. bis ins 19. Jahrhundert.<br />
Biedermeierliches Solitaire-Spiel.<br />
„Von da geht man in eine cammer, so man<br />
woll einen saal nennen, worinen mehr alß 20<br />
tisch stehen mit grünen sammetten tepichen<br />
mit golten franien, umb allerhandt spiel zu<br />
spillen.“ So berichtet Herzogin Elisabeth<br />
Charlotte von Orleáns an ihre Schwägerin,<br />
die Kurfürstin Ernestin von der Pfalz, im<br />
Jahre 1862 aus dem Schloss von Versailles.<br />
Schloss Greillenstein im Waldviertel ist nicht<br />
Versailles, deshalb haben keine 20 Spieltische<br />
Platz im Salon, aber das was Elisabeth Charlotte<br />
nicht verstand, wurde in Landschlössern<br />
allemal gespielt: „… undt wie mancherley<br />
spiel da gespilt werden ist nicht zu begreifen:<br />
lands knecht, tricktrack, piquet, reversi, lombre,<br />
…“ Lombre (oder l’hombre) ist ein Kartenspiel<br />
aus Spanien, das über den Hof von<br />
Ludwig XIV. – wo die eingangs zitierte Elisabeth<br />
Charlotte es kennenlernte – sich in den<br />
Salons von Europa verbreitete. Die eher komplizierten<br />
Spielregeln konnte man in Spielbüchern<br />
nachlesen, die selbstverständlich in<br />
französischer Sprache verfasst wurden und<br />
auch im Schloss Greillenstein zu finden sind.<br />
Im Renaissanceschloss Greillenstein ist alles<br />
authentisch: das knarrende Parkett, die<br />
herumwuselnden Havaneser, der dunkle Plafond<br />
im Rauchsalon, die Führung mit der<br />
Hausherrin Elisabeth Kuefstein, die die<br />
Gesellschaftsspiele aus Laden und Truhen<br />
hervorgekramt hat. Die von ihr kuratierte<br />
Ausstellung, vom Historiker Manfred Zöllinger<br />
wissenschaftlich unterstützt, besticht<br />
durch ihre Integration in den Räumlichkeiten<br />
des Schlosses. In den Salons sind Spieltische<br />
aufgestellt, auf denen die Brett- und<br />
Kartenspiele liegen, als wären die Spieler<br />
gerade kurz in den Park gegangen. „Die<br />
Tische, manche mit integrierten Spielbrettern,<br />
Kartentische wiederum mit Ausbuchtungen,<br />
stammen aus unseren Depots“, so<br />
Elisabeth Kuefstein „ebenso die Gesellschaftsspiele<br />
vom 16. bis ins 19. Jahrhundert.“<br />
Seit dem 16. Jahrhundert ist die Familie<br />
in Greillenstein ansässig.<br />
Verteidigungsspiel<br />
Die Materialien der Spiele sind Holz und<br />
Elfenbein, Speckstein und Perlmutt, Knochen<br />
und Onyx. Aus Onyx sind die Steine<br />
eines besonders schönen Solitärspiels aus<br />
dem Biedermeier. Fuchs und Henne etwa<br />
erkannte der preußische König Friedrich der<br />
Große als nützliches Verteidigungsspiel, es<br />
wurde für adelige Buben empfohlen und<br />
unter dem Namen „Verteidigungsspiel“ gespielt.<br />
Die Motive am Kartenblatt waren bis<br />
ins 16. Jahrhundert <strong>region</strong>al sehr unterschiedlich,<br />
erst dann setzte sich das französische<br />
und das deutsche Blatt durch. Da man<br />
früher – auch in adeligen Häusern – ungleich<br />
sparsamer mit dem kostbaren Material<br />
umging, gibt es auch eine Kartenpresse aus<br />
dem späten 19. Jahrhundert zu sehen.<br />
Das Spiel war in adeligen Häusern ein integraler<br />
Bestandteil der Abendgestaltung und<br />
gehörte zum guten Ton. Für große Runden<br />
und Familien eignete sich die „Romantische<br />
Reise um die Welt“ für zwölf bis 16 Personen.<br />
Die Damen saßen in den blauen, roten und<br />
grünen Salons und die Herren im Rauchsalon.<br />
Dieser ist in Greillenstein erstmals<br />
öffentlich zugänglich. „Er hat alles, was die<br />
Herren brauchen“, meint Elisabeth Kuefstein,<br />
„hier der Spiegel, damit man dem anderen<br />
ins Blatt sehen kann, und da die nackten<br />
Damen an der Wand.“<br />
Der letzte Teil widmet sich dem Verspielen.<br />
Im Gerichtssaal des Hauses, in dem die<br />
Pflichten und Rechte einer Grundherrschaft<br />
dokumentiert sind, sind die Codices aufgeschlagen.<br />
1696 wurde Basette verboten, ein<br />
Spiel, das manchen das Vermögen und später<br />
beim Duell auch das Leben gekostet hat.<br />
Ebenso wurde „Landsknecht“ untersagt, ein<br />
Glücksspiel aus dem Dreißigjährigen Krieg. /<br />
Text: Mella Waldstein<br />
Foto: Elisabeth Kuefstein<br />
SCHLOSS GREILLENSTEIN<br />
———————————————————<br />
Spielen & verspielen<br />
Greillenstein, 3592 Röhrenbach<br />
Tel. 02989 8080-13 oder 0664 8576371<br />
Öffnungszeiten: täglich 9.30−17.00 Uhr<br />
www.greillenstein.at<br />
schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013
Thema: Gehen / 46<br />
Stöcke<br />
STOCK UND EHRE<br />
Der Stock – Machtsymbol, Accessoire, Gehilfe. Eine kleine <strong>Kultur</strong>geschichte.<br />
Arbeitsgerätschaft, wie etwa der Hirtenstab.<br />
Darauf stützen sich einerseits die Hirten beim<br />
stundenlangen Beobachten der Herde, andererseits<br />
zogen sie mit seinem Krummgriff das<br />
verlorene Tier aus dem Abgrund. Manche<br />
Hirten gingen auf Stelzen, um einen besseren<br />
Überblick zu haben, und der lange Hirtenstab<br />
diente ihnen als Stütze. Durch die Symbolik<br />
des „guten Hirten“ wurde der Hirtenstab zum<br />
Bischofsstab.<br />
Der Stock ist ein Sportgerät – vom Reifendrehen,<br />
übers Skifahren bis zum Golfspielen.<br />
Der Stock ist eine Gehhilfe. Und die Assoziation<br />
zwischen Alter und Stock führt wiederum<br />
zurück zum Statussymbol: In der patriarchalischen<br />
Gesellschaft sind es die weisen,<br />
alten Männer, die Ansehen und Macht haben.<br />
Das Stockmachen<br />
Carl Spitzweg, Der Sonntagsspaziergang, 1841, Öl auf Leinwand, Museum Carolino Augusteum Salzburg.<br />
„Die große Zeit war in den Wirtschaftswunderjahren.<br />
Da lieferten wir im Frühjahr bis zu<br />
45.000 Stöcke nach Innsbruck“, erzählt der<br />
Stockfabrikant i. R. Dietrich Litschauer. Das<br />
war die Zeit, als ein Wanderurlaub in Österreich<br />
bei unseren deutschen Nachbarn obligatorisch<br />
war. Die Touristenstöcke mit Rundhaken<br />
waren aus Edelkastanie, Hasel oder<br />
Esche und hatten gerne ein geflammtes Edelweißmotiv<br />
und den Urlaubsort vermerkt.<br />
Dazu sammelte man gerne die Wandernadeln,<br />
jene bunten Blechmarken, die auf Hütten<br />
und in Souvenirläden zu bekommen<br />
waren.<br />
Das Symbol<br />
Der Stock ist ein Machtsymbol. Das Zepter<br />
als Insignie des Herrschens ist ein Stock in<br />
seiner wertvollsten Ausformung. Der Stock<br />
ist eine Waffe – die erste, die unsere Urahnen<br />
in die Hand nahmen, um sich gegen wilde<br />
Tiere zu verteidigen. Manch harmloser Spazierstock<br />
barg im Inneren eine spitze Klinge.<br />
Dieser sehr beliebte Waffenstock wurde unter<br />
der Regentschaft Maria Theresias verboten –<br />
und ist es bis heute, erklärt Dietrich Litschauer,<br />
da er Harmlosigkeit und somit falsche<br />
Tatsachen vorspiegelt. Der Stock ist eine<br />
Das Stockmachen hat sich über die Jahrhunderte<br />
kaum geändert. Stöcke werden aus dem<br />
Stockausschlag eines Baumes geschnitten.<br />
Damit die Stöcke keine Astlöcher haben, werden<br />
die Triebe am wachsenden Holz abgezwickt.<br />
Das obere Ende des Stockes wird über<br />
Dampf oder durch Erhitzen im Wasser gebogen,<br />
der Schuss wird geradegezogen. Danach<br />
kommt der Stock in die Trockenkammer. Hat<br />
er keinen Rundhaken, bekommt er einen<br />
Knauf, der geschnitzt sein kann, aus Silber,<br />
Edelstein, Horn, früher auch aus Elfenbein<br />
oder Teil des Wurzelstocks ist. Die Länge,<br />
genannt der Schuss, bietet auch viele Möglichkeiten<br />
der Verzierung; ob geschnitzt oder<br />
geflammt oder als „Kongostock“ – die Kastanienstocktriebe<br />
wurden beim Wuchs mit<br />
schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013
Thema: Gehen / 47<br />
einer Zange verletzt, sodass das Holz mit<br />
Noppen vernarbte.<br />
Die Unternehmerfamilie Litschauer hatte in<br />
der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts Weichselplantagen<br />
in Sauerbrunn (Burgenland), wo<br />
sie Rauchwarenzubehör (Pfeifen, Zigarettenspitze)<br />
herstellten und die Fabrikation auf<br />
Stöcke erweiterten. Als die Produktion eingestellt<br />
wurde, hat Dietrich Litschauer die alten<br />
Maschinen alten Maschinen hat Dietrich<br />
Litschauer dem Stockmuseum in Lindewerra<br />
(Thüringen) vermacht, das als Stockmacherdorf<br />
in Deutschland bekannt ist.<br />
Bei einer Gehhilfe ist weder der Rundhaken<br />
noch der Knauf als Griff geeignet, sondern<br />
eine ergonomisch geformte Krücke. Da gibt<br />
es die englische Form „Derby“ – sie ist praktischer,<br />
weil sie so gebogen ist, „dass der Stock<br />
auf dem Arm hängen kann, z. B. wenn man<br />
in die Straßenbahn einsteigt“, so Herr<br />
Litschauer, oder die einfachere Form namens<br />
„Fritz“. Möglicherweise wurde der Fritzstock<br />
nach Friedrich dem Großen (1712–1786)<br />
benannt. Von ihm ist jedenfalls nach dem<br />
Siebenjährigen Krieg jener Ausspruch überliefert:<br />
„Mir ist nichts geblieben, außer Hut,<br />
Stock, Ehre und Porzellan.“<br />
Der Stock hat an seinem Ende einen Eisenspitz,<br />
der Zwinge genannt wird, oder eine<br />
Gummikappe. Manche haben beides. Das<br />
sind die Alpen- oder Jagdstöcke. Sie haben<br />
eine Eisenspitze auf dem einen, die Gummikappe<br />
auf dem anderen Ende. Und wenn der<br />
Jäger etwa bei der Gamsjagd über Felsen<br />
steigt, dreht er den Spieß, also den Stock um<br />
und erzeugt keinen Lärm durch klapperndes<br />
Eisen. Manche Stöcke mussten fast gar nichts<br />
können – außer schön sein. Das war im 18.<br />
und 19. Jahrhundert, als der Stock ein Accessoire<br />
des bürgerlichen Herren wurde. Der<br />
Stock wurde jeweils passend zu Handschuhen<br />
und Hut gewählt. Besonders in Mode<br />
war das „Spanische Rohr“ mit Silberknauf,<br />
fein ziseliert und mit Monogramm. Manche<br />
Stöcke konnten mehr als Stocksein. Das<br />
Die klassischen Touristenstöcke, auch „Haglstock“<br />
genannt, auf einer Scheune. Foto: Willi Erasmus<br />
waren die so genannten Systemstöcke. Sie<br />
ließen sich aufschrauben – da kamen alle<br />
möglichen und unmöglichen Dinge und<br />
Funktionen zu Tage: Die schon erwähnte<br />
Waffe, ein Besteck fürs Picknick, ein Schnapsglas<br />
samt dünner Glasviole für Hochprozentiges,<br />
eine Pfeife, eine Landkarte, Kompass,<br />
Brillen, Angelrute mit Haken und Fliege,<br />
Maßstab, Dirigentenstab, ja sogar Notenpulte<br />
und ganze Klari-netten. Nur eines konnte<br />
man nicht – telefonieren. /<br />
Text: Mella Waldstein<br />
Sa, 29. Juni | 20:00 | Wolkenturm Grafenegg<br />
TONKÜNSTLER ORCHESTER & BENJAMIM TAUBKIN, TATIANA<br />
PARRA, JONATHAN NASCIMENTO<br />
„The Girl From Ipanema”<br />
Sa, 6. Juli | 16:30 Einstieg Schiffsstation Krems-Stein<br />
TÖNENDE SCHIFFSFAHRT DURCH DIE WACHAU<br />
Sa, 13. Juli | 20:00 | Klangraum Krems Minoritenkirche<br />
MARTIN PTAK & ENSEMBLE feat. OKKYUNG LEE | A/USA/NL<br />
“River Tales”<br />
Do, 18. Juli | 20:00 | Schloß zu Spitz<br />
GEORG BREINSCHMID - BENI SCHMID - STIAN CARSTENSEN | A/N<br />
„Classic Impro“<br />
Sa, 20. Juli | 19:00 | Ruine Aggstein<br />
BODO HELL, RENALD DEPPE & DIE WACHAUER PESTBLÄSER<br />
„Ritter, Räuber, Rutschpartien - Nemesis Divina und die<br />
ausgleichende Gerechtigkeit“<br />
Mi, 24. Juli | 18:00 | Winzer Krems, Sandgrube 13<br />
Piano Forte – Ein exquisiter Klavierabend<br />
von Norwegen bis Kuba<br />
PAUL GULDA & GYPSY DEVILS | A/SK<br />
CHRISTIAN WALLUMRØD ENSEMBLE | N<br />
CHUCHO VALDÉS & AFROCUBAN MESSENGERS | CUB<br />
Do, 25. Juli | 18:00 | Winzer Krems, Sandgrube 13<br />
Poesie Album – Songs aus drei Kontinenten<br />
DAVID MOSS & MARINO FORMENTI | USA/D/A/I<br />
SAM LEE & FRIENDS | GB<br />
KEZIAH JONES TRIO | NGR<br />
So, 28. Juli | 17:00 | Winzer Krems, Sandgrube 13<br />
Handgemacht – Seltsame Instrumente<br />
von Japan bis in die Neue Welt<br />
CABEZAS DE CERA feat. FRANZ HAUTZINGER | MEX/A<br />
SENYAWA feat. KAZUHISA UCHIHASHI | IDN/J<br />
HERMETO PASCOAL & BAND | BRA
<strong>Kultur</strong>.Region / 48<br />
Fortbildung<br />
REPARIEREN<br />
——————————————————————<br />
Umgang mit Objekten aus Papier<br />
Sa., 20. 7. 2013, 9.00–17.00 Uhr<br />
Brandlhof, Radlbrunn 24, 3710 Ziersdorf<br />
Referentin: Mag. Ilse Mühlbacher<br />
Wie man bei Reparaturen von Buchseiten,<br />
Urkunden und alten Zeitungsausschnitten<br />
unansehnliche Klebebänder vermeidet, vermittelt<br />
dieser Grundkurs. Mit Hilfe von Japanpapier<br />
können kleinere Risse, abgetrennte Ecken<br />
und sonstige Beschädigungen fachgerecht gesichert<br />
und repariert werden. Anmeldung beim<br />
<strong>Museumsmanagement</strong> <strong>Niederösterreich</strong> erforderlich!<br />
Anmeldung & Information<br />
<strong>Museumsmanagement</strong> <strong>Niederösterreich</strong><br />
Tel. 02732 73999<br />
Fax 02732 73999 33<br />
museen@volkskulturnoe.at<br />
www.noemuseen.at<br />
_<br />
INVENTARISIEREN<br />
——————————————————————<br />
Sammlungsbestände inventarisieren<br />
Sa, 3. 8. 2013, 9.00–17.00 Uhr<br />
Brandlhof, Radlbrunn 24, 3710 Ziersdorf<br />
Referent: Mag. Rocco Leuzzi<br />
Im Zentrum dieses Einzelkurses steht die Vermittlung<br />
der Grundlagen der Inventarisierung<br />
sowie die professionelle Erfassung von Museumsbeständen.<br />
Neben dem theoretischen Teil<br />
liegt der Schwerpunkt auf praktischen Übungen<br />
mit Objekten der Übungssammlung des<br />
Brandlhofs. Verwendet wird das EDV-Programm<br />
Imdas-Pro, welches von Joanneum<br />
Research in enger Zusammenarbeit mit Museologen<br />
und <strong>Kultur</strong>experten entwickelt wurde.<br />
Anmeldung & Information<br />
<strong>Museumsmanagement</strong> <strong>Niederösterreich</strong><br />
Tel. 02732 73999<br />
Fax 02732 73999 33<br />
museen@volkskulturnoe.at<br />
www.noemuseen.at<br />
_<br />
Absender:<br />
Bitte<br />
ausreichend<br />
frankieren<br />
Volkskultur <strong>Niederösterreich</strong> GmbH<br />
Haus der Regionen<br />
Donaulände 56<br />
3504 Krems-Stein<br />
in der reihe: hast du töne?<br />
keine CHANCE DEM BURN-OUT<br />
——————————————————————<br />
Vom Glück und der Zufriedenheit<br />
Mi, 12. 6. 2013, 18.00–21.00 Uhr<br />
BHW NÖ, 1030 Wien, Schimmelgasse 13–15<br />
Referentin: Dr. Brigitte Krupitza<br />
Stress und Burn-out sind die Jahrhundertkrankheiten.<br />
Vielfach setzen wir uns selbst<br />
in der reihe: hast du töne?<br />
tanz&Musikwoche<br />
unter Druck; für musikanten, die tänzer Stressfaktoren, und sänger denen wir<br />
uns hilflos Ortausgeliefert fühlen, sind oft hausgemacht.<br />
3343 Wir Hollenstein/Ybbs, sind für uns Dornleiten – aber 1 auch für<br />
unsere Mitarbeiter, terMin Kollegen und unsere<br />
So 7. Juli (18.00 Uhr) bis Sa 13. Juli 2013 (10.00 Uhr)<br />
Familie<br />
Anmeldeschluss:<br />
– verantwortlich.<br />
7. Juni 2013<br />
Und nur wenn Körper,<br />
Geist und Seele in Balance sind, können<br />
kOsten<br />
wir ein Seminarbeitrag erfülltes Leben pro Person: führen. Und das ist<br />
_ Erwachsene: EUR 170,00<br />
nicht nur _ Mitglieder für uns der Regionalkultur selbst gut, <strong>Niederösterreich</strong>: sondern für EUR 150,00<br />
_ Erwachsene mit Ensemble oder Familie, Kinder/Jugendliche<br />
unser gesamtes bis 17 Jahre privates und Studenten und bis 27 berufliches<br />
Jahre: EUR 110,00<br />
_ Kinder bei Teilnahme mit Mehrkindfamilie: EUR 50,00<br />
Umfeld. Es zahlt sich also aus, in uns selbst<br />
Nächtigung Vollpension pro Person:<br />
ein wenig _ Erwachsene: Zeit zu EUR investieren! 230,00 Entwickeln Sie<br />
_ Jugendliche 12 bis 17 Jahre: EUR 170,00<br />
Ihr persönliches _ Kinder 3 bis 11 Konzept Jahre: EUR 110,00 für ein Leben in<br />
Balance Erlagschein und lernen wird zugeschickt. Sie Methoden zum Selbstcoaching<br />
und zur Reflexion kennen, um nicht<br />
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Für Familien mit NÖ Familienpass gibt es die Möglichkeit eines<br />
wieder in Urlaubszuschusses: alte Fahrwasser Information zu auf kommen.<br />
www.noe.familienpass.at<br />
Fachschule Unterleiten für ökologische Land- und Hauswirtschaft<br />
oder unter Tel. 02742/9005-1-9005.<br />
Information<br />
Eine Veranstaltung der Volkskultur <strong>Niederösterreich</strong> GmbH<br />
<strong>Kultur</strong>vernetzung NÖ – Büro Industrieviertel<br />
Für den Inhalt verantwortlich: Dorothea Draxler, Dr. Edgar Niemeczek<br />
3452 Atzenbrugg, Schlossplatz 1, Tel.: 02275 4660, Fax: 02275 4660 27<br />
Tel. 02639 office@volkskulturnoe.at, 2552 (Stephanie www.volkskulturnoe.at Brettschneider)<br />
FN 308711m, LG St. Pölten, UID ATU64194589.<br />
seminaranmeldung@kulturvernetzung.at<br />
Fotos: z.V.g.<br />
www.kulturvernetzung.at<br />
Änderungen vorbehalten.<br />
bezogenen Formulierungen auf weibliche und männliche Personen.<br />
_<br />
für musikanten, tänzer und sänger<br />
Auch wenn im Text nicht explizit ausgeschrieben, beziehen sich alle personen-<br />
MusiksCHuL<br />
management<br />
KULTUR . REGION<br />
NIEDERÖSTERREICH<br />
tanz&MUSIKwoche<br />
——————————————————————<br />
So, 7.–Sa, 13. 7. 2013<br />
3343 Hollenstein/Ybbs, LFS Unterleiten<br />
Wer sieben Tage lang „aufspielen, ansingen,<br />
drüberschlagen, zuwipassen und drahn“<br />
möchte, ist im Sommer in Hollenstein richtig.<br />
Die tanz&MUSIKwoche lädt auch dieses Jahr<br />
wieder zum Mitmachen, Lernen und zum<br />
gemütlichen Beisammensein ein. Heuer erstmals<br />
im ehemaligen „Rothschild-Schloss“ und<br />
umgeben von der herrlichen Landschaft des<br />
oberen Ybbstals. Speziell für die Jüngsten gibt<br />
es Kindertanz, Spiel und Abenteuer.<br />
Anmeldung & Information<br />
Volkskultur <strong>Niederösterreich</strong><br />
Tel. 02732 85015 23 (Birgit Bosch)<br />
birgit.bosch@volkskulturnoe.at<br />
www.volkskulturnoe.at<br />
in der reihe:<br />
hast du töne?<br />
tanz&<br />
Musik<br />
woche<br />
für musikanten, tänzer und sänger<br />
7. bis 13. Juli 2013<br />
Hollenstein / Ybbs<br />
Fachschule Unterleiten<br />
Mostviertel<br />
TanzMusikWoche_2013.indd 1 22.03.13 07:17<br />
schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013
<strong>Kultur</strong>.Region / 49<br />
INTERN<br />
IN MEmoriam<br />
——————————————————————<br />
Foto: NLK / Schleich<br />
Altlandeshauptmann Siegfried Ludwig<br />
ist am 16. April 2013 verstorben.<br />
Siegfried Ludwig stammte aus Südmähren.<br />
Am 14. Februar 1926 wurde er in Wostiz/<br />
Vlasatice als Sohn einer bäuerlichen Familie<br />
geboren. Von 1981 bis 1992 war er Landeshauptmann<br />
von <strong>Niederösterreich</strong>. Mit der<br />
Einleitung der Diskussion über die Schaffung<br />
einer Landeshauptstadt und der Durchführung<br />
der ersten Volksbefragung in <strong>Niederösterreich</strong><br />
setzte Ludwig einen besonderen<br />
Markstein der Landesentwicklung. Der<br />
Spatenstich zum neuen Landhaus am<br />
13. September 1992 gehörte zu seinen letzten<br />
Aktivitäten als Landeshauptmann.<br />
Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll: „Siegfried<br />
Ludwig hat diesem Land ein starkes Herz und<br />
ein neues Selbstbewusstsein gegeben. Denn die<br />
Entscheidung für eine eigene Landeshauptstadt<br />
war eine Weichenstellung, von der noch<br />
viele Generationen profitieren werden.“<br />
Siegfried Ludwig war Ehrenringträger der<br />
Volkskultur <strong>Niederösterreich</strong>. Durch seinen<br />
Tod verliert die Volkskultur <strong>Niederösterreich</strong><br />
einen Förderer der ersten Stunde.<br />
_<br />
Wir gratulieren<br />
——————————————————————<br />
Ihren runden Geburtstag feiern unsere<br />
Ehrenmitglieder:<br />
Abg. z. NR a. D. Bgm. a. D. Johann Kurzbauer<br />
(70), Neulengbach, 11. Juni<br />
Helmut Plessl (70), Wullersdorf, 12. Juni<br />
Seinen runden Geburtstag<br />
feiert unser Mitglied:<br />
Ing. Josef Kozisnik (60), Texing, 17. Juni<br />
_<br />
90. Geburtstag<br />
Walter Deutsch<br />
——————————————————————<br />
Zu Ehren von Prof. Walter Deutsch wurde am<br />
29. April im Haus der Regionen in Krems-<br />
Stein eine neue CD präsentiert. Die Lieder<br />
von Walter Deutsch nach Gedichten von<br />
Emil Breisach wurden von Agnes Palmisano,<br />
begleitet am Klavier von Clara Frühstück,<br />
vorgetragen.<br />
Im Bild: Jubilar Prof. Walter Deutsch mit<br />
Dorli Draxler und Edgar Niemeczek, Volkskultur<br />
<strong>Niederösterreich</strong>.<br />
_<br />
VOLKSMUSIKSENDUNGEN<br />
DES ORF<br />
———————————————————<br />
ORF 2<br />
Wetter-Panorama<br />
täglich 7.30–9.00 Uhr<br />
Klingendes Österreich<br />
Sa, 1. 6., 20.15 Uhr:„Das große Land“ –<br />
Zwischen Wien und Grafenegg<br />
Mei liabste Weis<br />
Sa, 22. 6., 20.15 Uhr, aus dem Weinviertel<br />
_<br />
ORF 3<br />
Unser Österreich<br />
Sa, 17.00 Uhr; Mo, 12.00 Uhr<br />
_<br />
RADIO NIEDERÖSTERREICH<br />
aufhOHRchen, Di, 20.00–21.00 Uhr<br />
4. 6.: Sing- und Musizierwochen in NÖ<br />
Gestaltung: Norbert Hauer<br />
11. 6.: Volkskultur aus <strong>Niederösterreich</strong><br />
Gestaltung: Dorli Draxler<br />
18. 6.: Brot & Co.<br />
Gestaltung: Edgar Niemeczek<br />
25. 6.: Volksmusikalische Kostbarkeiten<br />
Gestaltung: Walter Deutsch<br />
„vielstimmig“ – Die Chorszene <strong>Niederösterreich</strong>,<br />
Do, 20.00–20.30 Uhr<br />
6. 6.: Gestaltung: Heinz Ferlesch<br />
20. 6.: Gestaltung: Gottfried Zawichowski<br />
G’sungen und g’spielt &<br />
Für Freunde der Blasmusik,<br />
Mi, Do, 20.00–21.00 Uhr<br />
Kremser Kamingespräche,<br />
Mi, 19. 6., 21.00 Uhr<br />
Musikanten spielt’s auf,<br />
Fr, 20.00–21.00 Uhr<br />
Frühschoppen,<br />
So, 11.00–12.00 Uhr<br />
_<br />
Programmänderungen vorbehalten,<br />
Detailprogramme auf www.orf.at<br />
schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013
Die letzte Seite / 50<br />
2 nd life<br />
Schon einmal ein Tor im 5. Gang aufgemacht?<br />
Wahrscheinlich nicht. Doch diese<br />
Garagentore eines Autohändlers lassen sich<br />
im Rückwärtsgang schließen. Wozu einen<br />
Riegel aus dem Baumarkt kaufen, wenn es<br />
eigene Qualitätsprodukte gibt?<br />
Hiermit beantwortet sich die Frage, welcher<br />
der längstlebende Teil eines Autos ist von<br />
selbst – der Knüppel einer Gangschaltung.<br />
Und Motorkundige wissen sicher, welches<br />
Auto er einmal bewegt hat – wir aber wollen<br />
keine Schleichwerbung betreiben … /<br />
Landeinwärts<br />
MAGNETISMUS DER<br />
NÄCHSTEN STRASSENECKE<br />
Das Gehen an sich ist selten geworden. Seitdem<br />
das Gehen als selbstverständliche Art<br />
der Fortbewegung beinahe ausgestorben ist,<br />
hat es sich – wie die übrige Welt – hochgradig<br />
spezialisiert: entweder spirituell gehen, also<br />
pilgern, oder mit einem Paar Stöcken powerwalken,<br />
entweder am Lehrpfad oder am<br />
Laufband.<br />
Das Gehen nicht gleich Gehen ist, zeigt die<br />
russische Sprache. Sie kennt über 100 Verben<br />
der Bewegung, vielleicht auch deshalb, weil<br />
das Land so riesig ist und die Fortbewegung<br />
von A nach B meist Thema eines Gesprächs<br />
ist. Und in Deutschland geht man allgemein<br />
ein Stückchen schneller als anderswo, man<br />
läuft nämlich. Unter der Woche heißt das<br />
Gehen hetzen, Haus-Arbeit-Einkauf-Haus,<br />
am Wochenende spazieren, bummeln, joggen,<br />
laufen, wandern. Das Wandern als eine<br />
neue Art der Fortbewegung begann in der<br />
Zeit der Aufklärung, wo sich das Bürgertum<br />
vom Adel emanzipierte und wandernd die<br />
Welt durchaus kritisch erkundete.<br />
Die Romantiker nahmen dem Wandern den<br />
politischen Impetus und sahen die Natur als<br />
Spiegel ihrer Empfindung. Diese Einstellung<br />
haben wir übernommen und geben den<br />
Wanderwegen – die bis Ende des vergangenen<br />
Jahrhunderts noch nüchterne Zahlen<br />
trugen – klingende Namen wie etwa Alpannonia<br />
(Wechselgebiet Burgenland Ungarn),<br />
Adlerweg (Tirol), Welterbesteing (Wachau)<br />
sowie Genusswege, Sonnenpfade, Hexensteige<br />
etc.<br />
Eine besondere Stellung gegenüber allen<br />
anderen Fußläufigkeiten nimmt das Flanieren<br />
ein. „Den Flanierenden leitet die Straße in<br />
eine entschwundene Zeit“, schreibt Walter<br />
Benjamin, der den Flaneur als Denker der<br />
Moderne in die Literatur einbrachte. Ihn<br />
treibt, so Benjamin, der „Magnetismus der<br />
nächsten Straßenecke“.<br />
Der Flaneur – und das auch im Gegensatz<br />
zum Spaziergänger, der ein Ziel verfolgt:<br />
nämlich wieder am Ausgangspunkt anzukommen<br />
– lässt sich treiben, schlendert ziellos<br />
umher, bewegt sich ins Ungewisse. /<br />
Mella Waldstein<br />
schaufenster / <strong>Kultur</strong>.Region / Juni 2013
Damit Visionen Wirklichkeit werden, ermöglicht Raiffeisen<br />
viele <strong>Kultur</strong>veranstaltungen durch seine <strong>region</strong>alen und<br />
lokalen Förderungen. Denn Realisierung und Erfolg von<br />
<strong>Kultur</strong>initiativen hängen nicht nur von Ideen, sondern auch<br />
von fi nanziellen Mitteln ab. Gemeinsam ist man einfach<br />
stärker. www.raiffeisen.at
Die Volkskultur <strong>Niederösterreich</strong> präsentiert<br />
Das Weinviertel<br />
Mehr als Idylle<br />
Anlässlich der <strong>Niederösterreich</strong>ischen Landesausstellung 2013<br />
erscheint als Fortsetzung zu den Bänden Das Mostviertel, Das Waldviertel<br />
und Das Industrieviertel nunmehr der letzte Viertelsband Das Weinviertel.<br />
In 27 Kapiteln porträtieren Fachleute aus Wissenschaft, Forschung und Medien das<br />
Weinviertel, eine Region, die es zu entdecken lohnt.<br />
304 Seiten, mit zahlreichen Bildern<br />
von Manfred Horvath.<br />
Alle vier Viertelsbücher sind zum Paketpreis von EUR 84,70<br />
bei der Volkskultur <strong>Niederösterreich</strong> erhältlich.<br />
Einzelpreis „Das Weinviertel. Mehr als Idylle“: EUR 32,90<br />
(Preise zzgl. Versand)<br />
Volkskultur <strong>Niederösterreich</strong> GmbH<br />
3452 Atzenbrugg · Schlossplatz 1<br />
www.volkskulturnoe.at