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Konzentration im Energiesektor - Bund

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Aufsichtratsmitglied bei den Bayernwerken, kündigte<br />

an, dass der Stadt München die Genehmigung für<br />

entsprechende Ersatzkraftwerke nicht erteilt werden,<br />

wenn sie aus Isar II aussteigen.“ 82 ,<br />

Der Verlauf der Energiekonsensgespräche<br />

1999/2001 zeigt deutlich, wie stark an Macht und<br />

Einflussmöglichkeiten die Energiekonzerne sind.<br />

Obwohl sowohl die Grünen, als auch die Mehrheit der<br />

SPD einen Ausstieg aus der Atomenergie wollten, war<br />

schon frühzeitig deutlich, dass keine Koalitionsmehrheit<br />

gegen die Energiewirtschaft zustande kommen<br />

würde. Eine Vielzahl personeller Verquicken insbesondere<br />

zwischen der SPD und den Energieunternehmen,<br />

ein Wirtschaftsminister, der aus der VEBA-Zentrale<br />

stammte sowie massive Drohungen der Atomkraftwerksbetreiber,<br />

Schadenersatzforderungen in Milliardenhöhe<br />

zu stellen, ließ die Politik schnell einlenken.<br />

Die Gespräche mit den Energieversorgungsunternehmen<br />

brachten letztlich einen Konsens hervor, der für<br />

die großen Vier nicht besser hätte sein können 83 , ein<br />

als Ausstieg deklarierter Bestandsschutz für viele<br />

Jahre.<br />

Greenpeace hat Anfang 2007 in seiner Schrift<br />

„Schwarzbuch Kl<strong>im</strong>averhinderer“ 84 eine lange Liste<br />

der Verflechtungen zwischen Energiekonzernen und<br />

der Politik veröffentlicht Das ARD-Magazin Frontal21<br />

hat seinen Betrag vom 14.8.07: „ Das Kartell - Im Griff<br />

der Energiekonzerne“ 85 ebenfalls ausführlich dem<br />

politisch-wirtschaftlichen Machtkartell gewidmet.<br />

Zur Rolle des ehemaligen Wirtschaftsministers Müller<br />

und des ehemaligen Staatssekretärs Tacke <strong>im</strong> E.ON/<br />

Ruhrgas-Verfahren und ihrer Belohnung durch Posten<br />

bei der RAG wurde bereits ausführlich berichtet (siehe<br />

Kap. 3.6.1). Die RAG ist Auffangbecken für mehrere.<br />

So ist Wilhelm Schmidt Erster Parlamentarischer<br />

Geschäftsführer der SPD-Fraktion während der rotgrünen<br />

Regierungszeit, seit Januar 2008 Gesamtleiter<br />

der Konzernrepräsentanzen in Berlin und Brüssel.<br />

Die Liste der politischen Einflussnahme <strong>im</strong> Sinne der<br />

Konzerne ist lang. Prominentestes Beispiel ist der Ex-<br />

<strong>Bund</strong>eskanzler Gerhard Schröder, der für seine aktive<br />

Förderung der russischen Gaspipeline durch die Ostsee<br />

nach dem Regierungswechsel mit dem Aufsichtsratsvorsitz<br />

der North European Gas Pipeline (NEGP),<br />

seit Oktober 2006 Nord Stream AG, belohnt wurde.<br />

Unter der rot-grünen Regierung wurde unter anderem<br />

eine Kreditbürgschaft über 900 Millionen plus Zinsen<br />

an die russische Gazprom gewährt. Die Nord Stream<br />

AG, die die Ostseepipeline bauen und betreiben soll,<br />

82<br />

ebenda.<br />

83<br />

Reststrommengen, die zu einer Verdoppelung der bisherigen<br />

Laufzeiten führten, Einbeziehung eines gerichtlich stillgelegten AKW<br />

in die Berechnung, Flexibilitäten, die einen Weiterbetrieb der meisten<br />

AKWs bis zu einem Regierungswechsel wahrscheinlich werden ließen,<br />

Abstriche vom bisherigen Sicherheitsstandard, u.v.m<br />

84<br />

Greenpeace e.V. (Hg.): Schwarzbuch Kl<strong>im</strong>averhinderer, Hamburg<br />

2/07.<br />

85<br />

Siehe Judzikowski, Steffen / Koberstein, Hans: Das Kartell – Im Griff<br />

der Energiekonzerne, Manuskript Frontal 21 vom 14.08.2007.<br />

ist ein Gemeinschaftsprojekt von Gazprom (51 %),<br />

BASF Wintershall (24,5 %) und E.ON Ruhrgas (24,5).<br />

Schröders Wirtschaftsminister Wolfgang Clement, der<br />

die Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes und<br />

die Ausgestaltung der Emissionshandelsperiode von<br />

2005 – 2007 ganz <strong>im</strong> Sinne der Industrie regelte, wurde<br />

2006 mit einem Posten als Aufsichtsrat in der RWE<br />

Power AG entlohnt. Im Januar 2008 machte er Schlagzeilen,<br />

weil er indirekt dazu aufrief, der hessischen<br />

SPD, die <strong>im</strong> Wahlkampf auf regenerative Energie statt<br />

Atom und Kohle setzte, die St<strong>im</strong>me nicht zu geben.<br />

Noch enger war die Verflechtung des Staatssekretärs<br />

<strong>im</strong> Wirtschaftsministerium, Georg Wilhelm Adamowitsch,<br />

mit den Energiekonzernen. Dieser wechselte<br />

bereits 1996 von seinen politischen Posten in NRW<br />

zur VEW AG, als Beauftragter für <strong>Bund</strong>es- und Europaangelegenheiten.<br />

1999 kehrte er in die Politik zurück<br />

und ging 2002 mit Wolfgang Clement nach Berlin.<br />

„Er soll die großen Energieversorger stets vorab mit<br />

Informationen und Verordnungsentwürfen versorgt<br />

haben.“ 86 Diese nahmen daraufhin massiv Einfluss,<br />

um ihre Profite <strong>im</strong> Gas- und Stromnetz zu behalten.<br />

In einem „vertraulichen Papier drohen die vier großen<br />

Stromanbieter unverhohlen der Politik. Wenn sie auf<br />

Gewinne verzichten müssten, stünden „Modernisierungs-<br />

und Erneuerungsinvestitionen“ in das Gas- und<br />

Stromnetz auf dem Spiel. Mit dramatischen Folgen:<br />

Investitionen würden „unter Inkaufnahme von Risiken<br />

für die Versorgungssicherung gestrichen oder verschoben.“<br />

Die Drohung wirkt. Im Wirtschaftsministerium<br />

schreibt man einen Entwurf nach den Wünschen<br />

der Konzerne. Wichtige Regeln zur „Ermittlung der<br />

Netznutzungsentgelte“ sind sogar von RWE abgeschrieben.<br />

In den Fußnoten heißt es mehrfach ganz<br />

offen: „Wörtlich RWE“.“ 87<br />

Auch viele <strong>Bund</strong>estagsabgeordnete waren und sind<br />

eng mit den Konzernen verbunden. Hier nur einige<br />

Beispiele aus der 16. Wahlperiode: Der Koordinator<br />

für Energiefragen der CDU-Fraktion, Dr. Joach<strong>im</strong><br />

Pfeiffer, kommt von der Energieversorgung Schwaben<br />

(heute EnBW) und ist <strong>im</strong> Beirat der Hitachi Power<br />

Europe GmbH. Diese haben gerade ein Joint-Venture<br />

mit dem französischen Konzern Areva abgeschlossen,<br />

das eine neue Atomreaktorlinie entwickeln und bauen<br />

will. Auch der energiepolitische Sprecher der SPD-<br />

Fraktion, Rolf Hempelmann, sitzt <strong>im</strong> Beirat der Hitachi<br />

Power Europe GmbH. Er ist darüber hinaus als Präsident<br />

des Fußballclubs Rot-Weiss Essen eng mit den<br />

beiden Hauptsponsoren RWE und STEAG verbunden<br />

und von ihnen abhängig. Weitere sind unter anderem:<br />

Matthias Wissmann (CDU Beirat der EnBW AG), Reinhard<br />

Schultz (SPD Aufsichtsrat Vattenfall Mining AG),<br />

Thomas Oppermann (SPD Beirat EnBW AG).<br />

Auch auf Mitarbeiterebene gibt es personelle Verflechtungen<br />

und „Belohnungen“ mit Beschäftigungs-<br />

86<br />

Greenpeace e.V., a.a.O. S.5<br />

87<br />

Judzikowski / Koberstein, a.a.O.<br />

32

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