Konzentration im Energiesektor - Bund
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deren Verteilung festlegen. Diese werden von der EU-<br />
Kommission geprüft und gegebenenfalls gebilligt oder<br />
zur Korrektur zurückgegeben. Der erste Allokationsplan<br />
galt von 2005 – 2007, der zweite gilt bis 2012<br />
und ist mit dem Zuteilungsgesetz <strong>im</strong> August 2007 in<br />
Kraft getreten. Während in der ersten Handelsperiode<br />
100 % der Zertifikate den Unternehmen kostenlos<br />
zur Verfügung gestellt wurden, werden in der zweiten<br />
Handelsperiode in Deutschland etwa10 % der Zertifikate<br />
veräußert.<br />
Obwohl die Zertifikate kostenlos ausgegeben wurden,<br />
wurden sie von den Energiekonzernen zu 100 % auf<br />
den Preis umgelegt. Begründung: Die Zertifikate haben<br />
einen Wert, den die Unternehmen erzielen könnten,<br />
falls sie sie verkaufen würden. Behalten sie die<br />
Zertifikate, so sind das Kosten, die sie auf den Preis<br />
aufgeschlagen müssten. Allein <strong>im</strong> Jahr 2005 beliefen<br />
sich die Mitnahmeeffekte auf 8,7 Milliarden Euro.<br />
Anstatt zur Reduktion des CO2-Ausstosses dienen die<br />
Zertifikate so in erster Linie der Erhöhung der Extraprofite<br />
der großen Stromkonzerne.<br />
„Es war von Anfang an allen klar, dass die Energiewirtschaft<br />
vom Emissionshandel profitieren könnte“, sagte<br />
Bernhard Reutersberg, Vertriebsvorstand von E.ON<br />
Energie. „Das kann man einen Windfallprofit nennen,<br />
aber der ist von der Politik so gewollt worden.“ 68<br />
Das <strong>Bund</strong>eskartellamt hat ein Verfahren gegen die<br />
Stromkonzerne eingeleitet, da es den begründeten<br />
Verdacht hatte, dass die volle Einpreisung der kostenlos<br />
ausgegebenen Emissionszertifikate nur aufgrund<br />
der marktbeherrschenden Stellung der großen Konzerne<br />
durchgesetzt werden konnte. Bei vorhandenem<br />
Wettbewerb hätten diese Kosten zumindest nicht in<br />
vollem Umfang auf die Preise aufgeschlagen werden<br />
können.<br />
Es kam zu einem Vergleich, in dem sich das <strong>Bund</strong>eskartellamt<br />
damit zufrieden gab, dass die Energiewirtschaft<br />
ihren Industriekunden Zugeständnisse machten.<br />
„Die Betroffene verpflichtet sich, für den Zeitraum<br />
2009 bis 2012 zwei Stromprodukte - einerseits aus<br />
abgeschriebenen Braunkohleblöcken und andererseits<br />
aus abgeschriebener Steinkohlestromerzeugung -<br />
leistungsgemessenen Industriekunden zur Versteigerung<br />
anzubieten. Dabei soll der Arbeitspreis des<br />
jeweiligen Produkts den tatsächlichen Erzeugungskosten<br />
der spezifischen Kraftwerke entsprechen. Opportunitätskosten<br />
<strong>im</strong> Hinblick auf unentgeltlich zugeteilte<br />
Zertifikate gehören ausweislich der Arbeitspreisformel<br />
nicht dazu, sie werden also mit “null” angesetzt. (...)<br />
Die Versteigerung ist auf leistungsgemessene Strom-<br />
Endkunden begrenzt, vor allem damit eine geschäftsmäßige<br />
Arbitrierung mittels Wiederverkauf durch<br />
Händler und Finanzinstitute unterbleibt.“ 69 Bezahlt<br />
haben den überteuerten Strom alle Verbraucherinnen<br />
und Verbraucher, den Nutzen des Verfahrens des<br />
<strong>Bund</strong>eskartellamtes hatten jedoch nur die industriellen<br />
Kunden.<br />
Resümierend kann festgestellt werden, dass sich bei<br />
vertikaler Integration von Erzeugung und Nachfrage<br />
eine Verschärfung der Marktmachtproblematik<br />
ergibt. „Wenn Anbieter und Nachfrage identisch sind<br />
(bzw. die gleiche Muttergesellschaft haben), könnte<br />
ihr gemeinsames Interesse in einer Hochpreispolitik<br />
be stehen. Wenn der Nachfrager kein inhärentes Interesse<br />
mehr an möglichst niedrigen Preisen hat, ergibt<br />
sich dadurch ein gesteigertes Marktmachtpotential.“ 70<br />
Preismindernd, ebenso wie konzentrationsmindernd,<br />
wirkt hier wiederum die Windenergie. 71 Windstrom<br />
wird nicht an der Börse gehandelt, sondern mit einem<br />
<strong>im</strong> Erneuerbaren Energien Gesetz (EEG) festgelegten<br />
Festbetrag vergütet. An windreichen Tagen sinkt die<br />
Nachfrage an der Strombörse nach konventioneller<br />
Kraftwerksleistung. Damit wird das Hochfahren<br />
teuerer Kraftwerke, die die Grenzkosten best<strong>im</strong>men,<br />
vermieden. Der Strom insgesamt billiger gehandelt.<br />
Experten von E.ON und der Uni Duisburg-Essen,<br />
untersuchten die Preise für Grundlast-Strom auf dem<br />
Spotmarkt eines ganzen Jahres. Das statistisch signifikante<br />
Ergebnis „Pro 1000 MW zusätzlicher Windstromerzeugung<br />
sinkt der EEX-Preis für Baseload am<br />
Spotmarkt um 1,9 €/MWh, also um 0,19 ct/kWh. 72<br />
4.1.4. Spezifische Regelungen <strong>im</strong> Gassektor<br />
Netzzugang<br />
Anders als <strong>im</strong> Strommarkt konnten sich Handelsunternehmen<br />
ohne eigene Netze und Speicher <strong>im</strong><br />
Gasmarkt kaum etablieren, verhindert durch die deutlich<br />
komplizierteren Netzzugangsregeln. Der Nutzer<br />
eines Netzes musste mit jedem einzelnen betroffen<br />
Netzbetreiber einen eigenen Netznutzungsvertrag<br />
abschließen. Bei einem längeren Transport bedeutete<br />
dies eine Vielzahl an notwendigen Nutzungsverträgen.<br />
Inzwischen gilt das Entry-Exit-Modell (Zweivertragsmodell).<br />
Dafür muss der Netznutzer innerhalb eines<br />
Marktgebietes nur noch 2 Verträge abschließen,<br />
einen Ein- und einen Ausspeisevertrag. Obwohl dies<br />
seit dem1.2.2006 vorgeschrieben ist, haben es die<br />
Netzbetreiber geschafft, die tatsächliche Umsetzung<br />
dieser Vorschrift bis zum 1.6.2007 zu verzögern.<br />
Hinzu kommt, dass be<strong>im</strong> Überschreiten von Marktgebietsgrenzen<br />
erneut zwei Verträge notwendig werden.<br />
Noch gibt es 14 Marktgebiete in denen 7 (Erdgas<br />
Münster) bis 216 (E.ON H-Gas) Netzbetreiber tätig<br />
sind.<br />
68<br />
Waldermann, Anselm: Stromerzeuger vor Milliarden Einbußen, Der<br />
Tagesspiegel, 21.11.2005. Windfall-Profits sind unerhofft auftretende<br />
Gewinne.<br />
69<br />
<strong>Bund</strong>eskartellamt, 8. Beschlussabteilung, B 8 –88 /05 – 2 vom 26.<br />
September 2007.<br />
70<br />
V. Hirschhausen u.a., a.a.O. S. 20.<br />
71<br />
Siehe Bode, Sven / Groscurth, Helmuth: Zur Wirkung des EEG auf<br />
den Strompreis, HWWA Discussion Paper , August 2006.<br />
72<br />
Gerecht, Michael: Beeinflussung der Spotmarktpreise durch<br />
Windstromerzeugung, in: Energiewirtschaftliche Tagesfragen 7/2006,<br />
S. 42ff.<br />
30