Konzentration im Energiesektor - Bund
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Das <strong>Bund</strong>eskartellamt ging in seiner Ablehnung der<br />
Fusion von einer marktbeherrschenden Stellung<br />
von Ruhrgas auf dem Markt für die Erstbelieferung<br />
von Gas und von E.ON (zusammen mit RWE) auf<br />
den bundesweiten Märkten für die Belieferung von<br />
industri ellen/gewerblichen Stromgroßkunden und<br />
von weiterverteilenden Stromversorgungsunternehmen<br />
(REVU und Stadtwerke) aus. „Durch diese<br />
Marktmacht und das damit verbundene Drohpotential<br />
bezüglich der Belieferung mit Strom und Gas können<br />
die beiden Duopolisten Wettbewerbshandlungen ihrer<br />
Beteiligungsunternehmen unterbinden. 52<br />
Nach der Untersagung der Fusion durch das <strong>Bund</strong>eskartellamt<br />
kam es in einem aufsehenerregenden<br />
politischen Verfahren 2002 zu einer Ministererlaubnis.<br />
Minister Werner Müller warb bereits auf dem<br />
Steinkohletag 2001 für einen deutschen Global Player<br />
<strong>im</strong> <strong>Energiesektor</strong> und wurde darin von <strong>Bund</strong>eskanzler<br />
Schröder unterstützt.<br />
Dies und seine Herkunft aus dem VEBA Vorstand<br />
brachte Müller den Vorwurf der Befangenheit ein. Er<br />
gab die Entscheidung über die Ministererlaubnis an<br />
seinem Staatssekretär Alfred Tacke ab. Dieser erteilte<br />
die Ministererlaubnis, ohne bei der einzigen mündlichen<br />
Anhörung der Beigeladenen anwesend zu sein,<br />
ohne ihnen ein rechtliches Gehör in Bezug auf die mit<br />
E.ON/Ruhrgas ausgehandelten Auflagen zu geben<br />
und ohne sie über die <strong>im</strong> Verfahren neu entwickelten<br />
Auflagenvorschläge zu informieren. Das OLG Düsseldorf<br />
stoppte daraufhin die Fusion. Bei der mündlichen<br />
Verhandlung zum Hauptsacheverfahren am 29.1.2003<br />
wurde deutlich, dass das Gericht nicht beabsichtigte,<br />
seine einstweilige Verfügung aufzuheben. Am<br />
31.1.2003 gelang es E.ON/Ruhrgas in einer außergerichtlichen<br />
Einigung die neun Beschwerdeführer, zum<br />
Rückzug ihrer Einsprüche zu bewegen und die Fusion<br />
zu vollziehen. Vom Inhalt der Einigung wurde wenig<br />
öffentlich bekannt. Auf jeden Fall war es für E.ON eine<br />
Punktlandung. Denn nur so konnten, ebenfalls am<br />
31.1.2003, wie geplant die Ruhrgas-Aktien der RAG<br />
mit den Degussa-Aktien der E.ON getauscht werden.<br />
Am 1. Juni 2003 wurde der ehemalige Wirtschaftsminister<br />
Werner Müller Vorstandvorsitzender der<br />
RAG. Erst <strong>im</strong> Jahr 2005 wurde übrigens bekannt,<br />
dass Müller bereits seit Januar 2002 eine Rente von<br />
E.ON bezogen hatte. Für Alfred Tacke gereichte der<br />
Deal auch nicht zum Schaden, er wechselte später<br />
ebenfalls in die RAG und leitet derzeit die RAG-Tochter<br />
STEAG GmbH.<br />
E.ON/Ruhrgas vereinigt in sich den Marktanteil von<br />
ca. 60 % der ehemaligen Ruhrgas AG auf der Ferngasstufe<br />
mit den Beteiligungen des E.ON Konzern an ca.<br />
30 % der regionalen und örtlichen Gasversorger. An<br />
Gazprom hält E.ON/Ruhrgas einen Anteil von 6,5 %.<br />
52<br />
Beschlüsse des <strong>Bund</strong>eskartellamtes, 17.1.2002 E.ON/Ruhrgas I und<br />
26.2.2002 E.ON/Ruhrgas II.<br />
3.6.2. Die Aktivitäten der anderen drei<br />
Verbundunternehmen <strong>im</strong> Gassektor<br />
Auch RWE verstärkte sein Engagement <strong>im</strong> Gasbereich<br />
und integrierte alle Wertschöpfungsstufen <strong>im</strong> Konzern.<br />
In der Gasproduktion war RWE bereits vorher<br />
über RWE-DEA tätig. 1997 übernahm RWE von den<br />
Bayernwerken einen 50 %-Anteil an Thyssengas, <strong>im</strong><br />
Jahr 2000 weitere 25 % von Esso Deutschland und<br />
2003 die restlichen 25 % von Shell Petroleum. Mit<br />
dem Ausbau der Beteiligungen an Regionalversorgern<br />
und Stadtwerken erweiterte der RWE-Konzern auch<br />
seine Vertriebsmöglichkeiten für Gas. Dazu kommen<br />
diverse Beteiligungen an Regionalversorgern.<br />
EnBW als drittgrößter Energiekonzern übernahm 2002<br />
die Mehrheit an der Gasversorgung Süddeutschland<br />
GmbH. Die GVS war bis dahin <strong>im</strong> Besitz von Land<br />
und Gemeinden. Sie versorgt rund 750 Städte und<br />
Gemeinden in Baden-Württemberg mit Erdgas und ist<br />
der viertgrößte deutsche Gasversorger. Neben Baden-<br />
Württemberg werden Gebiete in Liechtenstein, der<br />
Schweiz und in Österreich mit Erdgas beliefert. Die<br />
EnBW betreibt keine eigene Exploration und Förderung<br />
von Gas.<br />
Vattenfall ist zu 36,85 % an der Berliner Gasag<br />
beteiligt. Ansonsten konzentriert sich Vattenfall auf<br />
das Fernwärmegeschäft als Konkurrenz zur Erdgasversorgung,<br />
da Vattenfall über das große ostdeutsche<br />
Fernwärmenetz und einige KWK-Kraftwerke verfügt.<br />
3.6.3. Weitere Entwicklungen auf dem<br />
Gassektor<br />
Durch die Fusion der beiden amerikanischen Erdölgiganten<br />
Exxon Corporation und Mobile Corporation zur<br />
Exxon Mobil Corporation wurden auch ihre Tochtergesellschaften<br />
zusammengeführt. Die Produktionsaktivitäten<br />
der Mobil Erdgas-Erdöl-GmbH und der BEB<br />
Erdgas und Erdöl GmbH wurden in der ExxonMobil<br />
Production Deutschland (EMPG) konzentriert. Das<br />
Erdgashandelsgeschäft wurde am 1.4.2004 an die<br />
EMGMKG (ExxonMobil) und die SEMKG (Shell-Tochter,<br />
Shell war an der Produktion nicht mehr beteiligt)<br />
übertragen. Die BEB ist seitdem nur als Dienstleister<br />
<strong>im</strong> Transport- und Speicherbereich tätig.<br />
Bereits in den 90er Jahren ist Gaz de France in den<br />
deutschen Markt eingestiegen. Im Produktionsbereich<br />
übernahm GdF 1994 die Erdöl-Erdgas-Gommern<br />
GmbH und 2003 die Preussag Energie GmbH. An der<br />
Berliner Gasag, dem größten kommunalen Gasversorgungsunternehmen<br />
Westeuropas hält die GdF<br />
31,575 %, Vattenfall Europa ebenfalls 31,575 % und<br />
die E.ON Tochter Thüga 36,85 %.<br />
Der russische Gaskonzern Gazprom hat seinen Anteil<br />
an Wingas, einem Joint Venture mit der deutschen<br />
Wintershall AG, <strong>im</strong> Oktober 2007 von 36 % auf 49,96%<br />
aufgestockt. 2006 haben Gazprom und BASF eine<br />
weitere Tochter gegründet – jeder hält einen 50 %<br />
Anteil - die WINGAS Europa, die den Gashandel<br />
außerhalb Deutschlands übern<strong>im</strong>mt. WINGAS ist<br />
neben Deutschland in Großbritannien, Frankreich,<br />
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