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Konzentration im Energiesektor - Bund

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multinationaler Ölgesellschaften, die auch an Unternehmen<br />

auf der Transport- und Verteilebene beteiligt waren.<br />

Der größte Player auf der Transportebene, die Ruhrgas<br />

AG, war ursprünglich 1926 in Essen von mehreren<br />

Bergwerksgesellschaften gegründet worden, um das bei<br />

der Verkokung von Kohle entstehende Kokereigas an<br />

umliegende Stadtwerke zu verkaufen und hatte sich vor<br />

allem seit den 60er Jahren zu einer international agierenden<br />

Importfirma entwickelt.<br />

Einziger Wettbewerber auf der Ferngasebene war die<br />

1990 gegründete Wingas GmbH, ein gemeinsames<br />

Unternehmen der BASF-Tochter Wintershall (65 %)<br />

und von OAO Gazprom (35 %). Die Wingas GmbH<br />

baute ihre Gasleitungen parallel zum bestehenden<br />

Netz auf, um russisches Gas direkt zu vermarkten.<br />

Kunden der Wingas waren ausschließlich Stadtwerke<br />

und Großkunden. „Es ist jedoch anzumerken, dass<br />

Wingas nicht uneingeschränkt in Konkurrenz zu den<br />

etablierten Ferngas gesellschaften trat, sondern<br />

teilweise selbst als Lieferant in das Beschaffungsportfolio<br />

regionaler Ferngasgesellschaften aufgenommen<br />

wurde (z.B. bei Bayerngas und RWE Gas), was für eine<br />

wettbewerbliche Beruhigung dahingehend sorgte,<br />

dass eine Belieferung von Kunden dieser Gesellschaften<br />

durch die Wingas dann regelmäßig unterblieb.“ 12<br />

2.4. Blick über die Ländergrenzen<br />

Vor der Liberalisierung der europäischen Energiemärkte<br />

war der länderübergreifende Stromhandel beschränkt.<br />

Die nationalen Märkte waren entweder in der Hand eines<br />

staatlichen Energieversorgers wie in Frankreich, Schweden,<br />

Italien oder Niederlande oder von privaten oder<br />

teilprivaten Versorgern mit festgelegten Versorgungsgebieten<br />

wie in Deutschland oder Spanien. An dieser Stelle<br />

sei nur auf die beiden größten Länder Frankreich und<br />

Großbritannien eingegangen.<br />

In Frankreich hatte der französische Staat die Energiepolitik<br />

der Industriepolitik völlig untergeordnet. Der<br />

staatliche Energieversorger Electricité de France /<br />

Gaz de France wurde 1946 durch Vergesellschaftung<br />

bzw. Verstaatlichung der rund 1300 Kraftwerks- und<br />

Stromnetzbetreiber geschaffen. EdF und GdF wurden<br />

erst in den neunziger Jahren in zwei administrative<br />

Bereiche aufgeteilt. Die Energiewirtschaft zählte zu<br />

den Wirtschaftszweigen in Frankreich für die eine<br />

lückenlose nationale Kontrolle bestand. „Diese<br />

Kontrolle erstreckt sich nicht nur auf die nationalisierten<br />

Teile der Energiewirtschaft: auf den Bergbau, die<br />

öffentliche Elektrizitäts- und Gasversorgung, sondern<br />

auch auf die Öl- und Erdgaswirtschaft, in der der<br />

französische Staat sich gleichfalls unternehmerisch<br />

betätigt (Staatsbeteili gungen). (…) Das Schwergewicht<br />

der staatlichen Maßnahmen liegt eindeutig bei der<br />

direkten Regulierung von Mengen und Preisen.“ 13 Eine<br />

derartig staatlich dirigierte Energiepolitik hat es in<br />

12<br />

Zenke/Neveling/Lokau, a.a.O., S. 27.<br />

13<br />

Schneider, Hans K.: Energiepolitik in Frankreich – Konzeption und<br />

Vollzug, in: Wirtschaftsdienst, Hamburg, 4/1964, S. 156.<br />

Deutschland nie gegeben, nicht einmal während der<br />

nationalsozialistischen Kriegswirtschaft.<br />

In der Annahme, eine serielle Errichtung von Atomkraftwerke<br />

würde die Kosten der Stromerzeugung<br />

reduzieren, verpflichtete der Staat die EdF zu einem<br />

massiven Ausbau der Atomenergie bei nicht kostendeckenden<br />

Strompreisen. Die Konsequenz war, dass<br />

die EdF bis 1994 Schulden von 252 Mrd. Francs<br />

aufgehäuft hatte (das entspräche heute etwa 38 Mrd.<br />

€), mehr als das Doppelte des damaligen gesamten<br />

Jahresumsatzes des Konzerns.<br />

Prägend für die französische Energieversorgung ist die<br />

enge Verflechtung zwischen Staat und Atomindustrie<br />

und zwischen ziviler und militärischer Atomenergienutzung<br />

Auch die Brennelementfertigung und der Betrieb<br />

der zivil und militärisch genutzten Wiederaufarbeitungsanlage<br />

in La Hague war in Händen eines Staatskonzerns,<br />

der Cogema. Die derzeitige „Verkaufstour“<br />

von Atomtechnologie in den arabischen Staaten durch<br />

Präsident Sarkozy ist nur eine Fortführung der französischen<br />

zivil-militärischen Interessen in der Energiepolitik.<br />

Nur aufgrund massiven Drucks der EU-Kommission<br />

war der französische Staat bereit, Anteile der EdF an<br />

die Börse zu bringen. Bisher wurden 2,47 % verkauft.<br />

Demgegenüber war Großbritannien das erste europäische<br />

Land, das unter der Amtszeit von Margret<br />

Thatcher bereits mit dem Oil and Gas Act von 1982 und<br />

dem Electricity Act von 1983 versuchte, den Strom- und<br />

Gasmarkt für den Wettbewerb um Großkunden zu öffnen,<br />

wenngleich anfangs mit wenig Erfolg. Erst mit dem<br />

Gas Act von 1986 und dem Electricity Act von 1989<br />

wurden die staatlichen Versorgungsgesellschaften<br />

privatisiert. Gerade <strong>im</strong> Gassektor führte die Privatisierung<br />

ohne Entflechtung zu einem Weiterbestehen des<br />

Monopols von British Gas. Im Stromsektor wurde von<br />

Anfang an eine stärkere Entflechtung durchgesetzt, die<br />

allerdings weder die Atomenergie 14 , noch die Entflechtung<br />

von Transport und Versorgung umfasste.<br />

Inzwischen ist E.ON UK einer der führenden Energieversorger<br />

in Großbritannien. Derzeit kontrollieren die<br />

„Big Six“ British Gas, E.ON UK, EdF, Npower (RWE),<br />

Scottish Power und Scottish and Southern 98 % des<br />

britischen Energiemarktes.<br />

Anfang 2008 schlugen Informationen über Preisabsprachen<br />

unter den „Big Six“ hohe Wellen. Die RWE-<br />

Tochter Npower kündigte zum Jahresbeginn 2008 eine<br />

Preiserhöhung bei Strom von 17,2 % und bei Gas von<br />

12,7 % an. In einer Umfrage, die die Sunday T<strong>im</strong>es in<br />

Auftrag gegeben hatte, sagten 89 % der Befragten,<br />

dass sie der Meinung seien, die Verbraucher würden<br />

von den Energieunternehmen „ausgeraubt“ werden. 15<br />

14<br />

Damalige Versuche, die britischen Atomkraftwerke zu privatisieren<br />

scheiterten an der Risikoeinschätzung der Banken. Die erklärten,<br />

das finanzielle Risiko der Atomenergienutzung nicht übernehmen zu<br />

wollen.<br />

15<br />

Sunday T<strong>im</strong>es Umfrage, http://extras.t<strong>im</strong>esonline.co.uk/<br />

pollresults.pdf<br />

13

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