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DIE PHILANTROPHIE UND DIE ROLLE DER FRAUEN IN UNGARN*

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sönlicher Freund von Erasmus, war der Erzieher des Königs. Um ihn gruppierten sich die ungarischen<br />

Hochadeligen: Die Thurzós, Nádasdys, Batthyánys und Perényis? Nach der Schlacht von Mohács, dem<br />

Tod von Lajos U. und der Abreise der Königin Maria ins Ausland hat der Königshof in Buda aufgehört<br />

zu existieren.<br />

In den von den Türken unbesetzten Grenzrandgebieten ist weiterhin die .Ausstrahlung" humanistischer<br />

Kultur zu beobachten. So wurden im 16. und 17. Jahrhundert an der Westgrenze die Stadt Sárvár,<br />

wo sich die Besitztümer der Nádasdys befanden, sowie Németújvár, Sitz der Batthyánys sowie im<br />

Osten die sich im Besitz der Perényis befindliche Stadt Sárospatak zu den geistigen Zentren der<br />

Reformation. 9<br />

Tamás Nádasdy (1498-1562), Palatin und Ban von Kroatien, verheiratet mit Orsolya<br />

Kanizsai, war ein hochgebildeter, an italienischen Universitäten geschulter Angehöriger des Hochadels.<br />

In seiner Zeit wird Sárvár zu einem wahren Kulturzentrum. Er stiftete eine Druckerei und eine Schule,<br />

der höchste Zielsetzung die Pflege und Förderung der ungarischen Sprache ist. In seiner Druckerei in<br />

Sárvár-Ujsziget wird das erste Neue Testament in ungarischer Sprache in der Übersetzung von János<br />

Sylvester gedruckt. 10 Ein anderes Zentrum humanistischen Geistes befindet sich in Németújvár<br />

(Westungarn), auf dem Hof der Batthyánys, zu Lebzeiten des Bans Ferenc Batthyány (1497-1566) und<br />

seiner Ehefrau Kata Bánjfy (1500/10 - vor 1564). Auf dem Hof des Tamás Nádasdy und des Ferenc<br />

Batthyány kamen in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts auch aus Siebenbürgen sowie aus Kroatien<br />

„Famiiiares" (Verwandte), um sich dort erziehen und unterrichten zu lassen. Obhut und Dienst fanden<br />

hier auch die aus den türkisch besetzten Gebieten geflüchteten adligen Jungen und Mädchen. Für die<br />

Aussteuer der letzteren trug selbstverständlich die Herrin des Schlosses Sorge. Mit der Lebensform der<br />

Famiiiares kann man sich anhand der in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts entstandenen „Missilis-<br />

Briefe" vertraut machen, Ban Ferenc Batthyány ist einer der ersten, die anstelle bis dahin üblichen<br />

Lateins ungarische korrespondierten und denen schon auf Ungarisch geantwortet wurde. Während der<br />

Türkenherrschaft erwies sich diese Form der Korrespondenz zu Aufrechterhaltung von persönlichen<br />

Kontakten als unentbehrlich. 11<br />

Die Entfaltung familiären Briefwechsels ermöglichte in der ersten Hälfte<br />

des 16. Jahrhunderts die Verbreitung des ungarischen Sprachgebrauchs. Der regelmässige Briefwechsel<br />

war teils durch die dauerhafte Abwesenheit des Ehepartners, teils durch die Verkehrsunsicherheiten<br />

bedingt, die sich aus den ständigen türkischen Streifzügen ergaben. Zur Verbreitung der Korrespondenz<br />

in ungarischer Sprache trug auch der Umstand bei, dass die weiblichen Briefpartner kaum oder überhaupt<br />

nicht lateinisch konnten. Infolge ihrer lenkenden und organisatorischen Funktionen war jedoch<br />

das Kontakthalten mit ihren Ehegatten oder den benachbarten Gutsbesitzer unentbehrlich. Aber etwa<br />

1500 bis zum Ende des 17. Jahrhunderts wendeten sich Adelige und bauern gleichfalls in Briefen an die<br />

„Edelfrauen", um sich Rat, manchmal auch Medikamente bei ihr einzuholen. 12<br />

Etliche erhaltengebliebene<br />

Erkundigungschreiben Beweisen die „medizinische" Tätigkeit unserer Frauen.<br />

Der ungarische Hochadel verbrachte sein leben inmitten ständiger Kämpfe mit den Türken, von denen<br />

er sich erst entfernte, wenn seine persönliche Anwesenheit an Komitats- oder Landessitzungen verlangt<br />

wurde, oder in der Erntezeit im Sommer, als die Kämpfe ablauften. Die Verwaltung des Gutbesitzes und<br />

der W T irtschaft verblieb also bei der zuhause gebliebenen Ehefrau, die für den ganzen Familienhof Sorge<br />

trug. Neben dem Fisch- und Vogelfang erzielte sie besonders im Gartenbau hervorragende Ergebnisse.<br />

8<br />

Horváth, J.: A reformáció jegyében. (Im Zeichen der Reformation) Bp. 1957. 5—80, 135—173.<br />

' Horváth, J.: Az irodalmi műveltség megoszlása. (Die Verteilung literarischen Bildung). Bp. 1935. 234—259.<br />

Trencsényi-Waldapfel I.: Erasmus és magyar barátai. Humanizmus és nemzeti irodalom. (Erasmus und seine<br />

ungarischen Freunde. Humanizmus und Nationalliteratur). Bp. 1966., 50—132.<br />

10<br />

Kerecsényi, D.: Elvi kérdések a régi magyar irodalomban (Prinzipiellen Fragen in der alten ungarischen)<br />

Literatur. Minerva II. 1923. 163. Irodalomtörténeti Közlemények (Literaturgeschichthche Mitteilungen) III. 1893.<br />

90—100. vgl. Sinkovics I.: Európai műveltség a magyar végvárak mögött. (Auropäische Kultur hinter den<br />

ungarischen Grenzfestungen,) Századok (Jahrhunderte). 1943. 164—172.<br />

11<br />

Régi magyar levelestár. XVI—XVII. század. (Alte ungarische Briefsammlung. 16—17. Jahrhundert.) 1—2<br />

Bde. Bp. 1981. Einleitung. Hargittay, E. 5—34.<br />

12<br />

Magyar levelestár II. Magyar hölgyek levelei (Ungarische Briefsammlung II. Briefe ungarischer Damen) Red.<br />

Deák F. Bp. 1879.

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