DIE PHILANTROPHIE UND DIE ROLLE DER FRAUEN IN UNGARN*
DIE PHILANTROPHIE UND DIE ROLLE DER FRAUEN IN UNGARN*
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Schulbuch „Orbis Pictus" geschrieben. 29<br />
Dieses Werk diente auch als Vorbild für das Basedowsche<br />
„Elementarwerk". Als ein weiterer, grosser Verdienst von Zsuzsanna Lórántffy soll die Gründung der<br />
ersten rumänischen Schule von Fogaras (1657) erwähnt werden, die in ihrer Zeit die bedeutendste<br />
Institution des siebenbürgischen Rumänentums war. 30<br />
Frau Lórántffys Hof von Sárospatak erinnert an<br />
die Höfe der ungarischen Königsfrauen im Mittelalter. Als siebenbürgische Fürstengattin war sie eine in<br />
nationalen Maßstäben denkende „Edelfrau", die Sárospatak zum Kulturzentrum der reformierten Kirche<br />
machen wollte. Sie war eine Vorläuferin der Aufklärung, indem sie das Erziehungswesen durch die<br />
Verbindung von Berufung und Organisation in den Dienst gesellschaftlichen Fortschrittes stellen<br />
wollte.<br />
Die letzte „Edelfrau", Kata Bethlen (1700—1759). wurde in jener Periode geboren, in der das<br />
Fürstentums Siebenbürgen als souveräner Staat zu existieren aufhörte und die religiöse Intoleranz<br />
Oberwasser bekam. Den letzten Fürsten Mihály Apafi II., zwangen 1701 die Habsburger, auf den<br />
siebenbürgischen Fürstentitel zu verzichten.<br />
In Siebenbürgen, wo 1557 die gegenseitige Tolerierung der vier anerkannten Konfessionen das erste<br />
Mal in Europa verwirklicht wurde, hatte man auf Drängen der Gegenreformation versucht, die<br />
Bevölkerung in den Schoß der römisch-katholischen Kirche zurückzuholen. Kata Bethlen war eine hervorragende<br />
Gestalt von protestantisch-pietistischer Kultur. Ihre bigotte Antipathie gegen den<br />
Katholizismus wurde nur noch gesteigert durch ihren ersten Ehemann, dessen Familie die gemeinsamen<br />
Kinder von der protestantischen Mutter wegnehmen ließ. Kata Bethlen wandte ihre Aufmerksamkeit<br />
nicht nur der Religion, sondern auch der Medizin und dem Erziehungswesen zu. 31<br />
Die auch ein zweites<br />
Mal verwitwete Gräfin widmete ihr Leben ihren Gütern in Hévíz bzw. ihrem Hof in Fogaras. Sie<br />
errichtete eine Gärtnerei, führte die Aufsicht über die Papiermühle und Glashütte usw. Inzwischen<br />
absolvierte sie eine wirkliche „medizinische Privatschule", wobei sie sich Kenntnisse von den<br />
berühmten Medizinern Siebenbürgens Sámuel Köleséri, Márton Borosnyai und Márton Simoni<br />
aneignete. 32<br />
Sie wurde in der medizinischen Praxis von Sámuel Kölcséri (1663-—1732) unterrichtet, der<br />
an der Universität von Franecker die philosophische und an der Leydener Universität auch die medizinische<br />
Doktorwüde erlangte und als ein überaus wirkungsvoller Vermittlet der deutschen<br />
Frühaufklärung bekannt war. Botanische Kenntnisse erwarb sie sich vom Arzt Márton Borosnyai, dem<br />
Protomedicus des siebenbürgischen Guberniums, der als gründlicher Kenner der siebenbürgischen<br />
Flora galt. litre Vertrautheit mit ser Ophthalmologie verdankte sie Márton Simoni. In der aus Anlaß<br />
ihres Todes gedichteten Ode betont der Dichter Péter Bod ihre in der Staroperation bewiesene<br />
Fähigkeiten. 33 Ihre medizinischen Fachkenntnisse und ihre Praxis schätzte man bereits im 18.<br />
Jahrhundert. Ihre Biographic wird unter denen der Ärzte angeführt, und zwar von Péter Bod, dem hervorragenden<br />
Repräsentanten siebenbürgischer Kultur und dem Hofpfarrer der Kata Bethlen, in der<br />
Sammlung von Schriftsteller-Biographien „Magyar Athenas" (1766) sowie von István Weszprémi in<br />
der „Succincta Medicorum Hungáriáé et Transylvaniae Biographia" (1774)." Nach dem Gedicht von<br />
Péter Bod seien die Kranken aus fernen Gegenden in Scharen zu ihr gekommen; sie haben die heilende<br />
Kraft der Kräuter wohl gekannt und sei der Ophtalmologie kundig gewesen. Schließlich wurden in dem<br />
7<br />
- Mészáros. I.: Az iskolaügy története Magyarországon. (Die Geschichte des Schulwesens in Ungarn) Bp. 1981.<br />
312—320., 347—359.; Vida, M.: a.a.O. (Fußnote Nr. 16.)<br />
30<br />
Ratiu, I.: Sçoaîa româneasca de la Fogaras. Folia Scolastica. 1911. Nr. 11. vgl. Náhlik, Z.: Lórántffy Zsuzsanna<br />
fogarasi román iskolája. (Die rumänische Schule von Zsuzsanna Lórántffy in Fogaras.) Tanulmányok a magyar<br />
nevelésügy XVII—-XX. századi történetéből. (Studien aus der Geschichte des ungarischen Erziehungswesen in den<br />
XVII—XX. Jahrhunderten.) Bp. 1980. 17—29.<br />
31<br />
Széki gr. Teleki József özvegye, Bethleni Bethlen Kata grófnő írásai és levelezése (1700—1759). (Schriftc und<br />
Korrespondenz der Witwe des Grafen Josef Teleki von Szék. geb Gräfin Kata Bethlen von Bethlen. 1700—1759.)<br />
1—2 Bd. Einl. Szádeczky, L.: Bethlen Kata önéletírása. (Die Autobiographie von Kata Bethlen) Vorwort: Sükösd.<br />
M., Bp. 1963.<br />
32<br />
Hegyaljai Kiss, G.: Árva Bethlen Kata. Bp. 1923. 111 — 116.<br />
33<br />
Bod, P.: Tiszta fényes drága bíbor azaz halotti beszéd gr. Bethlen Kata felett. (Reiner, heller, teurer Purpur,<br />
oder eine Gedenkrede über dem Grab der Gräfin Kata Bethlen) Kolozsvár, 1762.<br />
34<br />
Bod, P.: Magyar Athenas. Nagyszeben. 1766.; Weszprémi, I.: Magyarország és Erdély orvosainak rövid életrajza.<br />
(Kurze Biographien der Mediziner Ungarns und Siebenbürgens.) 1. Bd. Bp. 1962. 36—39.