Urteil vom 21. April 2011 Strafkammer - Bundesstrafgericht
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8.5 Zudem bestehen erhebliche Zweifel an einem tatbestandsmässigen Verwendungszweck<br />
der Mittel. Gegenstand der Anklage bildet der Vorwurf, dass B35<br />
sich als Mitglied des Rechnungshofes von São Paulo für die Vergabe des Vertrages<br />
B34 an A15 beziehungsweise Alstom beziehungsweise dessen Finanzierung<br />
durch den Bundesstaat São Paulo eingesetzt habe und hiefür entschädigt<br />
worden sei.<br />
8.5.1 Von den französischen und schweizerischen Strafverfolgungsbehörden befragt,<br />
sagten Mitarbeiter der Alstom-Gruppe aus, dass Zahlungen zur Akquirierung und<br />
zur Durchführung von Verträgen sowie Kommissionen an die jeweiligen Agenten<br />
und Berater („agents“) vor Ort geleistet worden seien. Wie die Mittel von den<br />
Agenten und Beratern anschliessend (weiter-)verwendet wurden, vermochte die<br />
Mehrzahl der befragten Mitarbeiter jedoch nicht zu sagen (cl. 14 pag. 12.28.0.20;<br />
…58 [B26]; 12.29.0.4–5; …34; …36 [B23]; 12.30.2; …4; …16–18 [B2]; 12.31.0.3<br />
[B19]; 12.32.0.3; …5–6 [B24]; 12.34.0.17 [B30]; cl. 15 pag. 12.37.0.4 [B28]). Soweit<br />
die Einvernommenen Auskunft über die weitere Verwendung der Gelder<br />
durch die örtlichen Agenten machen konnten oder wollten, handelte es sich um<br />
kaum mehr als Vermutungen (cl. 14 pag. 12.35.0.3 [B39]; 12.36.0.3 [B40]). Die<br />
Aussagen der Befragten stimmten grundsätzlich darin überein, dass keinerlei<br />
Bestechungszahlungen geleistet worden seien (cl. 14 pag. 12.28.0.3 [B26];<br />
12.31.0.3 [B19]; 12.32.0.5 [B24]). Soweit Zahlungen an Lobbyisten und politisch<br />
exponierte Personen geflossen seien, sei dies in den 80er und 90er Jahren auf<br />
dem internationalen Markt üblich und bis 2000 nicht strafbar gewesen (cl. 15<br />
pag. 12.37.0.4 [B28]; 12.38.0.2 [B41]; 12.39.0.5 [B42]; cl. 127 pag. 18.9.1.170;<br />
….175 [B29]). Diese Vorgehensweise habe sich jedoch im Jahr 2000 mit der<br />
Umsetzung der internationalen Korruptionsbestimmungen (gemeint das OECD-<br />
Übereinkommen über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger<br />
im internationalen Geschäftsverkehr <strong>vom</strong> 17. Dezember 1997, SR 0.311.21) geändert<br />
(cl. 14 pag. 12.28.0.18 f. [B26]; 12.30.2; …6; …18 [B2]; cl. 15<br />
pag. 12.37.0.4; …6; 8–9 [B28]; 12.39.0.3 [B42]).<br />
Aufgrund dieser Aussagen bestehen Zweifel, dass die <strong>vom</strong> Beschuldigten im<br />
Jahre 2000 geleisteten Zahlungen zur Bestechung fremder Amtsträger bestimmt<br />
waren, auch wenn diese Möglichkeit nicht ganz ausgeschlossen ist. Beweis können<br />
auch die Aussagen des „VE-Diemer“ nicht bilden: Zum einen beziehen sie<br />
sich auf angeblich über den Beschuldigten an Amtsträger in Asien geflossene<br />
Bestechungszahlungen, die nicht Gegenstand der Anklage bilden; zum anderen<br />
sind die Aussagen nicht verwertbar (E. 4.2, 5.3). Es bestehen demnach nicht<br />
auszuräumende Zweifel daran, dass die der Anklage zugrunde liegenden Überweisungen<br />
zu Bestechungszwecken gemacht wurden, weshalb der Beschuldigte<br />
auch aus diesem Grund freizusprechen ist.