Urteil vom 21. April 2011 Strafkammer - Bundesstrafgericht
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7.3.3 Selbst wenn abstrakt von einer doppelten Strafbarkeit auszugehen wäre, ist festzuhalten,<br />
dass die erwähnten Untersuchungen der französischen Strafverfolgungsbehörden,<br />
namentlich in Bezug auf die Zahlungen der Alstom-Gruppe an<br />
brasilianische Destinatäre, zum Ergebnis führten, dass weder Bestechung noch<br />
„abus des biens sociaux“ oder Hehlerei verübt worden war, weshalb das Verfahren<br />
eingestellt wurde. Zudem wären allfällige Straftaten im Sinne von art. 314-1<br />
CP-F und art. L.242-6 Code de commerce nach französischem Recht verjährt.<br />
Bei beiden Tatbeständen handelt es sich nämlich um ein „délit“ (Vergehen), für<br />
das die Verjährung der Strafverfolgung (action publique) drei Jahre beträgt (art. 8<br />
Code de procédure pénale française). Die letzte in der Anklageschrift als Tathandlung<br />
der ungetreuen Geschäftsbesorgung aufgeführte Überweisung datiert<br />
<strong>vom</strong> 5. <strong>April</strong> 2000. Das erwähnte Rechtshilfegesuch wurde am 9. Mai 2007, also<br />
zu einem Zeitpunkt gestellt, als die den Gegenstand der Anklage bildenden<br />
Handlungen der Alstom-Manager bereits verjährt waren und strafprozessuale<br />
Handlungen in Frankreich die Verjährung nicht mehr unterbrechen konnten.<br />
7.3.4 Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der angeklagte Sachverhalt kein strafbares<br />
Verhalten nach französischem Recht darstellt. Mangels strafbarer Haupttat<br />
kann kein Schuldspruch wegen Gehilfenschaft ergehen.<br />
7.4 Strafbarkeit nach schweizerischem Recht<br />
Nach der von der Bundesanwaltschaft vertretenen Ansicht – welcher das Gericht<br />
aufgrund der vorstehenden Erwägungen nicht folgen konnte –, dass der angeklagte<br />
Sachverhalt ausschliesslich nach schweizerischem Strafrecht zu beurteilen<br />
sei, wäre zu prüfen, ob die französischen Verantwortlichen B22, B19, B26<br />
und B2 sich im Anklagepunkt 2 der ungetreuen Geschäftsbesorgung im Sinne<br />
von Art. 158 StGB schuldig gemacht haben und der Beschuldigte hiezu Gehilfenschaft<br />
geleistet hat.<br />
7.4.1 Ungetreue Geschäftsbesorgung als Haupttat<br />
Der ungetreuen Geschäftsbesorgung im Sinne von Art. 158 Ziff. 1 Abs. 1 StGB<br />
macht sich schuldig, wer aufgrund des Gesetzes, eines behördlichen Auftrages<br />
oder eines Rechtsgeschäfts damit betraut ist, Vermögen eines andern zu verwalten<br />
oder eine solche Vermögensverwaltung zu beaufsichtigen, und dabei unter<br />
Verletzung seiner Pflichten bewirkt oder zulässt, dass der andere am Vermögen<br />
geschädigt wird. Wer als Geschäftsführer ohne Auftrag gleich handelt, wird mit<br />
der gleichen Strafe belegt (Art. 158 Ziff. 1 Abs. 2 StGB). Der Tatbestand der ungetreuen<br />
Geschäftsführung ist ein Verletzungs-, nicht ein Gefährdungsdelikt. Der<br />
Tatbestand ist erfüllt, wenn der Täter in der Stellung eines Geschäftsführers<br />
treuwidrig eine Schutzpflicht zur Wahrung fremder Vermögensinteressen verletzt