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Urteil vom 21. April 2011 Strafkammer - Bundesstrafgericht

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zum Sachverhalt). Das enthielt die Aufforderung: „Hören Sie mit den Ermittlungen<br />

gegen H. auf. Denken Sie an Ihre Familie“ und war deshalb in hohem Masse<br />

geeignet, dem Beschuldigten oder ihm nahe stehenden Personen angelastet zu<br />

werden; die wahre Urheberschaft liess sich glücklicherweise nach kurzer Zeit klären.<br />

Dazu kommt der Umstand, dass sich die Polizei eines (ersten) verdeckten<br />

Ermittlers mit mehr als zweifelhaftem Leumund bediente und dass sie mit der Billigung<br />

von höchster Stelle (vgl. Buchstabe R zum Sachverhalt mit Hinweisen) die<br />

richterliche Wahrheitsfindung erheblich erschwerte, indem sie dem Gericht sachdienliche<br />

Unterlagen über diese Ermittlung vorenthielt. Die hiefür vorgetragene<br />

Argumentation, es handle sich beim Einsatz „Ramos“’ um eine ausserhalb der<br />

Ermittlung liegende, geheim zu haltende polizeiliche Aktion, trifft nicht zu<br />

(E. 4.2.1); die anders lautende Beurteilung der I. Beschwerdekammer (cl. 139<br />

pag. 139.683.3 ff.) bindet den Sachrichter nicht, steht die Entscheidung, ob und<br />

welche Akten zum Schutze polizeilicher und anderer Interessen geheim gehalten<br />

werden können, – als Ausfluss des Fairnessprinzips – doch gerade ihm alleine<br />

zu (<strong>Urteil</strong> des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte i. S. Rowe und<br />

Davis gegen Vereinigtes Königreich <strong>vom</strong> 16. Februar 2000, Nr. 28901/95,<br />

Ziff. 64–65). Im Lichte all dieser Faktoren kommt dem öffentlichen Interesse an<br />

Verurteilung und Bestrafung ein geringer Wert zu.<br />

b) Dem steht nicht nur ein allgemeines Interesse des Beschuldigten, freigesprochen<br />

zu werden, gegenüber. Konkret wird dieses durch die lange Dauer des Verfahrens,<br />

durch mannigfache Berichterstattung in der Presse – wegen der Grundinformation<br />

über das laufende Verfahren und den Beschuldigten nachteilig, selbst<br />

insoweit sie gegenüber den Behörden kritisch lautet – und dadurch akzentuiert,<br />

dass die strafrechtlichen Ermittlungen mit grossem Aufwand in belastende, aber<br />

kaum in entlastende Richtung geführt wurden, obwohl ein wenig verlässlicher Anfangsverdacht<br />

eine zurückhaltende Arbeitshypothese geboten hätte. Diese Umstände<br />

bedeuten eine empfindliche Belastung. Dass der Beschuldigte seine Stellung<br />

in der Tempus Bank verlor, hat dem gegenüber weniger Gewicht, weil diese<br />

sich schon vor der Verhaftung des Beschuldigten in einer kritischen Situation befand<br />

und nur kurz nach dessen Haft ihre eigenständige Existenzgrundlage verlor<br />

(Schlussbericht, S. 104 f., cl. 27 pag. 24.1.0.104 f.), musste auch der dem Beschuldigten<br />

nachfolgende Bankdirektor seine Stelle aufgeben.<br />

c) In der Gegenüberstellung hat das persönliche Interesse des Beschuldigten<br />

ein höheres Gewicht. Das führt zur Unverwertbarkeit der Beweise, welche die<br />

Anklagevorwürfe im Kontext Alstom belegen sollen. Die Folge ist ein Freispruch.<br />

5.4 Unter dem Eventualgesichtspunkt ist es angebracht, im Folgenden (E. 6–9) zu<br />

prüfen, ob und allenfalls inwieweit sich der Beschuldigte bezüglich der Tatvorwürfe<br />

im Zusammenhang mit Alstom (alle Anklagepunkte mit Ausnahme von

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