Urteil vom 21. April 2011 Strafkammer - Bundesstrafgericht
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liche Grenzen überschreitet. Dies gilt umso mehr für eine verdeckte Ermittlung,<br />
welche vor Inkrafttreten des BVE ausgeführt worden ist (BGE 124 IV 34).<br />
5.3.2 Was die Zeit vor dem Inkrafttreten des BVE angeht, so verneint die Literatur<br />
praktisch einstimmig die Verwertbarkeit von Beweismitteln, welche im Wege<br />
rechtlich unzulässiger verdeckter Ermittlungen – die Unzulässigkeit konnte sich<br />
seinerzeit nicht auf die Bestellung sondern nur die Operationen des Ermittlers<br />
beziehen – beschafft werden (PIQUEREZ, Traité de procédure pénale suisse,<br />
2. Aufl., Genf/Zürich/Basel 2006, § 121 N. 989; HAUSER/SCHWERI, Schweizerisches<br />
Strafprozessrecht, 5. Aufl., Basel 2002, § 75 N. 25; BAUMGARTNER, Zum<br />
V-Mann-Einsatz unter besonderer Berücksichtigung des Scheinkaufs im Betäubungsmittelverfahren<br />
und des Zürcher Strafprozesses, Diss. Zürich 1990,<br />
S. 344 f.; BÉNÉDICT, Le sort des preuves illégales dans le procès pénal, Diss.<br />
Lausanne 1994, S. 177; GNÄGI, Der V-Mann-Einsatz nach dem <strong>Urteil</strong> Lüdi des<br />
Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, recht 1994, S. 104 ff., 106; nur<br />
für ein eingeschränktes Verwertungsverbot: CORBOZ, L’agent infiltré, ZStrR<br />
111/1993 S. 307 ff., 321). Das Bundesgericht hat sich, soweit ersichtlich, in diesem<br />
Kontext zur Frage der Beweisverwertung nicht geäussert. Allerdings gilt die<br />
Frage der Verwertbarkeit im Zusammenhang mit dem Alstom-Komplex nicht den<br />
Rapporten, welche auf der Basis von „VE-Diemers“ Berichten erstellt worden<br />
sind, sind diese doch für eine Anklage viel zu wenig konkret und wurde die Anklage<br />
effektiv auch nicht auf diese Informationen abgestützt. Die Frage der Verwertbarkeit<br />
bezieht sich vielmehr auf Sekundärbeweise, namentlich auf die von<br />
der beurlaubten Bankmitarbeiterin B17 edierten Dokumente sowie auf die durch<br />
den Untersuchungsrichter veranlassten Befragungen und beschafften Akten.<br />
In Art. 18 Abs. 5 aBVE regelte der Gesetzgeber die Fernwirkung unverwertbarer<br />
Beweise ausdrücklich für verdeckte Ermittlungen ohne richterliche Genehmigung.<br />
Das Bundesgericht hat sich aber auch schon mit der Situation auseinandergesetzt,<br />
dass der Gesetzgeber explizit nur die Verwertbarkeit des Primärbeweises<br />
regelte (so in Art. 9 Abs. 3 aBÜPF), nicht aber diejenige des Sekundärbeweises<br />
(BGE 133 IV 329). Es entschied sich für ein gemässigtes Verwertungsverbot,<br />
sich darin Schmid (SCHMID, Strafprozessrecht, 4. Aufl., a. a. O., N. 610) anschliessend<br />
(BGE 133 IV 329 E. 4.5). Demnach ist auf Unverwertbarkeit zu<br />
schliessen, wenn der Sekundärbeweis ohne den ungültigen Primärbeweis nicht<br />
hätte erhoben werden können. Hat sich das Gesetz über die Verwertbarkeit eines<br />
illegal erhobenen Primärbeweises nicht ausgesprochen, so soll auch diese<br />
Problematik nach der Konzeption Schmids (und weiterer Autoren) gelöst werden.<br />
Demnach ist zwischen den öffentlichen Interessen an der Strafverfolgung und<br />
den privaten Interessen des Beschuldigten an Freispruch respektive Einstellung<br />
abzuwägen (BGE 131 I 272 E. 4.3 mit Hinweisen).