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Militärpolitik und Streitkräfte der Republik Belarus - DSS

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schen Besatzer gegen die Zivilbevölkerung fiel fast je<strong>der</strong> dritte Einwohner des<br />

Landes zum Opfer. Es gab kaum eine Familie, die verschont wurde. Kein an<strong>der</strong>es<br />

Land hat einen <strong>der</strong>artig hohen Blutzoll zahlen müssen. Der Antifaschismus, den<br />

ich dort traf, ist daher überwiegend we<strong>der</strong> verordnet noch zum Ritual verkommen.<br />

Wer das verstehen will, <strong>der</strong> sollte zum Memorial „Chatyn“ bei Minsk fahren.<br />

Wer jedoch seine antikommunistischen o<strong>der</strong> pseudosozialistischen Feinbil<strong>der</strong> neu<br />

beleben <strong>und</strong> bestätigen will, auch <strong>der</strong> findet in <strong>Belarus</strong> reichlich Munition. Wer<br />

nicht mehr ohne die eingebrannten Leitsätze des Kalten Krieges leben kann, <strong>der</strong><br />

wird sofort freudig vermerken, dass <strong>Belarus</strong> „noch richtig sowjetisch“ ist: Man hat<br />

kaum Denkmäler geschleift, das Verteidigungsministerium befindet sich in <strong>der</strong><br />

„Kommunistischen Straße“, am Mahnmal in <strong>der</strong> Festung Brest stehen Mitglie<strong>der</strong><br />

des Jugendverbandes Ehrenwache. Am Ende des Festzuges zum „Tag des Sieges“<br />

am 09. Mai 2006 lief unbehelligt eine kleine Gruppe von Veteranen mit einem Stalinbild.<br />

Der „Diktator“ Lukaschenko wird nicht müde zu betonen, dass er alles für<br />

das Wohl des Volkes tun wird <strong>und</strong> verhin<strong>der</strong>n will, dass ausländische Großkonzerne<br />

das Land beherrschen <strong>und</strong> <strong>der</strong> Geheimdienst heißt nach wie vor KGB.<br />

Ich habe mit vielen Menschen gesprochen. Freilich besteht schon ein Unterschied,<br />

ob man sich in den etwas teureren Restaurants von Minsk o<strong>der</strong> in einem Bauerndorf<br />

bei Baranowitschi umhört.<br />

Sollte man den einen den Wunsch nach mehr Freiheit vorwerfen, für die sie sogar<br />

eine Verschärfung <strong>der</strong> sozialen Ungerechtigkeit in Kauf nehmen? Sind die an<strong>der</strong>en<br />

zu verdammen, nur weil sie sich die paternalistische Fürsorge des Staates wünschen<br />

<strong>und</strong> nicht zuerst an die individuelle Freiheit denken? Wer möchte, <strong>der</strong> werfe<br />

den ersten Stein!<br />

Nein! <strong>Belarus</strong> ist we<strong>der</strong> ein Musterschüler <strong>der</strong> liberalen Lehre vom „freien Markt“<br />

noch lebt es im Orwellschen „1984“. Wie könnte es gar ein demokratischer bürgerlicher<br />

Staat westeuropäischer Prägung sein? Ist es doch ein Land, dass das jahrh<strong>und</strong>ertalte<br />

drückende Erbe des Jochs russischer Zaren, litauischer Edler <strong>und</strong> polnischer<br />

Pans <strong>und</strong> nicht zuletzt die Folgen des „Realsozialismus“ mit sich herumschleppt<br />

<strong>und</strong> nun seinen Platz sucht! Zwar gibt es freie Wahlen <strong>und</strong> Parteien.<br />

Doch die im Westen historisch gewachsene Zivilgesellschaft <strong>und</strong> die bürgerliche<br />

Gewaltenteilung haben keinerlei Tradition. Außerdem sind <strong>der</strong>en Unzulänglichkeiten<br />

so augenscheinlich, dass eine bloße Kopie vielen in <strong>Belarus</strong> auch nicht als Lösung<br />

erscheint, da dieser Weg in an<strong>der</strong>en postsowjetischen Staaten, hier sei nur an<br />

Georgien erinnert, we<strong>der</strong> zu mehr Freiheit noch zu wirtschaftlicher Prosperität geführt<br />

hat.

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