Militärpolitik und Streitkräfte der Republik Belarus - DSS

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10 ben sich von 1995 bis 2006 verdreifacht 4 . Deutschland und Großbritannien sind nach Russland die größten Handelspartner. Die Regierung Belarus‘ bedingt sich allerdings aus, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu bestimmen und deren Einhaltung national zu kontrollieren. In Brüssel, London, Washington und anderswo ruft dies freilich Argwohn hervor und so wirft man den Weißrussen immer mal wieder Knüppel zwischen die Beine. Dabei bekennt man sich in Minsk, wenngleich äußerst zögerlich, zur Privatwirtschaft und die „Konzeption des Umganges mit dem Staateigentum in der Republik Belarus 2001-2006“ sah die Privatisierung von mindestens 75% der Staatsbetriebe mit bis zu 200 Beschäftigten vor. Bei den Großbetrieben, den Banken und den Schlüsselbereichen, wie z.B. der Rüstungsindustrie, will der Staat aber weiterhin die strategischen Entscheidungen fällen und da scheint der Stein des Anstoßes letztendlich zu liegen. Lange hegte man in Washington oder Brüssel wohl die Hoffnung, die Zeit Lukaschenkos werde spätestens mit dem Ablauf seiner zweiten Amtsperiode im Jahr 2006 auf natürliche Weise enden, da die Verfassung keine weitere Amtszeit erlaubte. Man hoffte, dass ein dem Westen genehmerer Kandidat, etwa aus dem Umfeld des ersten Präsidenten Stanislaw Schuschkewitsch, an die Macht gelangt. Sowohl die innere Konsolidierung als auch die Tatsache, dass der EU und NATO-Beitritt der Nachbarländer Belarus‘ dort bislang keineswegs spürbare Vorteile für die Masse der Bevölkerung mit sich brachten, bewirkten aber bislang das Gegenteil. Natürlich zeigt auch der Druck der Regierung auf die Opposition Wirkung. Die Regierenden in Minsk wollen schließlich an der Macht bleiben. Inwieweit man bei der Wahl der Mittel über das in westlichen Ländern Übliche hinausgeht, ist dabei strittig. Im Oktober 2004 stimmten 77,3% der Belarussen erwartungsgemäß einer Verfassungsänderung zu und gaben dem Präsidenten damit die Chance einer erneuten Amtszeit. Die Diskussion, ob diese Wahlen frei gewesen sind, wurde ebenfalls konträr geführt. Die Reaktion der USA ließ nicht lange auf sich warten. Im Dezember 2004 unterschrieb George W. Bush den „Akt über die Demokratie in Belarus.“ Nunmehr ist es für alle Amerikaner Gesetz, die Ordnung in Belarus im Sinne der USA- Regierung zu ändern. 5 4 Die statistischen Zahlen, die Belarus offiziell veröffentlicht, werden in westlichen Medien oft pauschal als „geschönt“ bezeichnet, ohne einen Beweis dafür zu erbringen. Ich habe mich daher bemüht, vor allem Tendenzen und Entwicklungen aufzuzeigen, die allgemein anerkannt sind oder Zahlen zu verwenden, die mit hoher Wahrscheinlichkeit wirklichkeitsnah sind. 5 Siehe : http://usinfo.state.gov/dhr/Archive/2004/Oct/22-739373.html.

11 Wenn man sich mit Belarus beschäftigt, kommt man nicht umhin, den großen östlichen Nachbarn ins Kalkül zu ziehen. Erst mit dem Stopp des rasanten Zerfalls Russlands um die Jahrtausendwende und dem Versuch Wladimir Putins, nationale Interessen im postsowjetischen Raum zur Geltung zu bringen, geriet Minsk ernsthaft ins Visier der USA, der EU und der NATO, bekam höhere Priorität in den politischen Planungen des Westens. Lukaschenkos Variante einer „sozialen, gelenkten Marktwirtschaft“ war bis dahin nicht gescheitert und lief nun Gefahr, in Russland gar als Modell betrachtet zu werden. Außerdem verstärkten sich die Bemühungen Belarus’, die wirtschaftlichen, politischen und vor allem auch militärischen Verbindungen der postsowjetischen Staaten enger zu knüpfen. So kam gar die baldige staatliche Vereinigung ins Gespräch und 2005 sollte auch der Russische Rubel zur Einheitswährung werden. Die Alarmglocken im Pentagon, im NATO-Hauptquartier, aber auch bei den Neoliberalen und den Oligarchen in Russland schrillten. Längst ist von einer schnellen vollständigen Vereinigung sowohl in Minsk als auch in Moskau keine Rede mehr. Im politischen Alltag zeigten sich Widerstände, mit denen zunächst keiner gerechnet hatte. So sind die Belarussen mehrheitlich durchaus für eine Integration, befürchten allerdings auf das Lebensniveau vieler ihrer russischen Brüder und Schwestern abzusinken. Immer wieder wird auch die Befürchtung geäußert, dass dann die Kriminalität und Korruption die gleichen Ausmaße annimmt wie bei den östlichen Nachbarn. Außerdem hat sich in Belarus schon längst eine nationale Elite herausgebildet, die ihre Privilegien sichern will. Dieser bleibt aber bisher die völlige Transformation in eine nationale Bourgeoisie verwehrt. Eine Privatisierung des Staatseigentums in die eigenen Taschen wurde ihnen bislang von Alexandr Lukaschenko und seinen Leuten nicht gestattet. So steht die völlige Umwandlung eines Teiles der politischen und wirtschaftlichen Eliten in eine nationale Bourgeoise bislang aus. Eine mögliche „Revolution“ in Minsk ist daher wohl nur als Elitenrevolte gegen die genannten „Fesseln“ denkbar, freilich unter der Losung von Freiheit und Demokratie. Wie bei anderen „bunten“ Revolutionen setzt man dabei auf die Ungeduld und Unerfahrenheit junger Menschen, die man zum Regimewechsel vorschickt, in Gefahr und schließlich um die Früchte des Kampfes bringt. Aber auch Russland hat Schwierigkeiten mit einer zu engen Bindung. Einige glauben, die Annäherung sei ins Stocken geraden, weil Putin eine Aversion gegen Lukaschenko habe. Wichtiger scheint jedoch, dass es in seiner Umgebung einflussrei-

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Wenn man sich mit <strong>Belarus</strong> beschäftigt, kommt man nicht umhin, den großen östlichen<br />

Nachbarn ins Kalkül zu ziehen. Erst mit dem Stopp des rasanten Zerfalls<br />

Russlands um die Jahrtausendwende <strong>und</strong> dem Versuch Wladimir Putins, nationale<br />

Interessen im postsowjetischen Raum zur Geltung zu bringen, geriet Minsk<br />

ernsthaft ins Visier <strong>der</strong> USA, <strong>der</strong> EU <strong>und</strong> <strong>der</strong> NATO, bekam höhere Priorität in<br />

den politischen Planungen des Westens. Lukaschenkos Variante einer „sozialen,<br />

gelenkten Marktwirtschaft“ war bis dahin nicht gescheitert <strong>und</strong> lief nun Gefahr, in<br />

Russland gar als Modell betrachtet zu werden. Außerdem verstärkten sich die Bemühungen<br />

<strong>Belarus</strong>’, die wirtschaftlichen, politischen <strong>und</strong> vor allem auch militärischen<br />

Verbindungen <strong>der</strong> postsowjetischen Staaten enger zu knüpfen. So kam gar<br />

die baldige staatliche Vereinigung ins Gespräch <strong>und</strong> 2005 sollte auch <strong>der</strong> Russische<br />

Rubel zur Einheitswährung werden.<br />

Die Alarmglocken im Pentagon, im NATO-Hauptquartier, aber auch bei den Neoliberalen<br />

<strong>und</strong> den Oligarchen in Russland schrillten. Längst ist von einer schnellen<br />

vollständigen Vereinigung sowohl in Minsk als auch in Moskau keine Rede mehr.<br />

Im politischen Alltag zeigten sich Wi<strong>der</strong>stände, mit denen zunächst keiner gerechnet<br />

hatte. So sind die <strong>Belarus</strong>sen mehrheitlich durchaus für eine Integration, befürchten<br />

allerdings auf das Lebensniveau vieler ihrer russischen Brü<strong>der</strong> <strong>und</strong><br />

Schwestern abzusinken. Immer wie<strong>der</strong> wird auch die Befürchtung geäußert, dass<br />

dann die Kriminalität <strong>und</strong> Korruption die gleichen Ausmaße annimmt wie bei den<br />

östlichen Nachbarn.<br />

Außerdem hat sich in <strong>Belarus</strong> schon längst eine nationale Elite herausgebildet, die<br />

ihre Privilegien sichern will. Dieser bleibt aber bisher die völlige Transformation in<br />

eine nationale Bourgeoisie verwehrt. Eine Privatisierung des Staatseigentums in die<br />

eigenen Taschen wurde ihnen bislang von Alexandr Lukaschenko <strong>und</strong> seinen Leuten<br />

nicht gestattet. So steht die völlige Umwandlung eines Teiles <strong>der</strong> politischen<br />

<strong>und</strong> wirtschaftlichen Eliten in eine nationale Bourgeoise bislang aus. Eine mögliche<br />

„Revolution“ in Minsk ist daher wohl nur als Elitenrevolte gegen die genannten<br />

„Fesseln“ denkbar, freilich unter <strong>der</strong> Losung von Freiheit <strong>und</strong> Demokratie.<br />

Wie bei an<strong>der</strong>en „bunten“ Revolutionen setzt man dabei auf die Ungeduld <strong>und</strong><br />

Unerfahrenheit junger Menschen, die man zum Regimewechsel vorschickt, in Gefahr<br />

<strong>und</strong> schließlich um die Früchte des Kampfes bringt.<br />

Aber auch Russland hat Schwierigkeiten mit einer zu engen Bindung. Einige glauben,<br />

die Annäherung sei ins Stocken geraden, weil Putin eine Aversion gegen Lukaschenko<br />

habe. Wichtiger scheint jedoch, dass es in seiner Umgebung einflussrei-

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