Militärpolitik und Streitkräfte der Republik Belarus - DSS
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Auch 16 Jahre nach dem Zerfall <strong>der</strong> UdSSR sind viele Vorgänge <strong>und</strong> Entwicklungen<br />
im postsowjetischen Raum selbst für Experten scheinbar voller Geheimnisse<br />
<strong>und</strong> Überraschungen. Die politischen Eliten des Westens tun sich sichtlich schwer<br />
damit, anzuerkennen, dass nicht nur neue Akteure ins Spiel gekommen sind. Auch<br />
die Spielregeln, die jahrzehntelang galten, sind scheinbar obsolet. Die unzähligen<br />
Staaten, die nach <strong>der</strong> Implosion des Sowjetimperiums faktisch über Nacht entstanden,<br />
hatten freilich noch eine ganze Weile die „Sowjetaura“ um sich. Da bot es<br />
sich zunächst auch an, diese mit gleicher o<strong>der</strong> ähnlicher Elle zu messen. Inzwischen<br />
erweist sich dies als hin<strong>der</strong>lich, ja gar schädlich.<br />
Als die Sowjetunion 1991 kollabierte, griffen in <strong>Belarus</strong>, wie in an<strong>der</strong>n Sowjetrepubliken<br />
auch, einheimische Eliten, vorrangig ehemalige KP- <strong>und</strong> Wirtschaftsfunktionäre,<br />
nach dem Reichtum <strong>und</strong> <strong>der</strong> Macht. Dabei diente allerorts <strong>der</strong> Nationalismus<br />
als Katalysator <strong>der</strong> Sezessionsbewegungen, die von außen kräftig unterstützt<br />
wurden. In Weißrussland, wie das Land in <strong>der</strong> Übersetzung heißt, war dieser<br />
jedoch nicht so stark ausgeprägt wie in den baltischen Nachbarstaaten <strong>und</strong> in <strong>der</strong><br />
Ukraine.<br />
Das erklärt sich auch daraus, dass das Land nie eine wirkliche Eigenstaatlichkeit<br />
besaß, auch nicht, wie neuerdings von belarussischen Rechtsnationalisten hartnäckig<br />
behauptet, von 1918 bis 1920, als die antibolschewistische „<strong>Belarus</strong>sische<br />
Volksrepublik“ bestand. Der späteren Sowjetrepublik im Verband <strong>der</strong> UdSSR, sogar<br />
mit eigenem UNO-Sitz, wurde die große Linie aus <strong>der</strong> Moskauer Zentrale vorgegeben.<br />
<strong>Belarus</strong> war über Jahrh<strong>und</strong>erte Zankapfel, Spielball <strong>und</strong> Schlachtfeld europäischer<br />
Machtpolitik. Vor allem Russen, Polen <strong>und</strong> Litauer rangen um die Herrschaft. Polen<br />
versuchte noch Anfang <strong>der</strong> 1920er Jahre, <strong>Belarus</strong> mit militärischer Gewalt unter<br />
seine Herrschaft zu zwingen. Nach <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>lage <strong>der</strong> Roten Armee Sowjetrusslands<br />
vor Warschau im Sommer 1920 konnte Polen schließlich einen Teil <strong>der</strong><br />
westlichen Gebiete bis 1939 annektieren. Dieser Konflikt schwelte in den 1920er<br />
<strong>und</strong> 30er Jahren weiter <strong>und</strong> for<strong>der</strong>te unzählige Opfer auf allen Seiten. Die Vorgeschichte<br />
<strong>der</strong> stalinschen „Befreiung <strong>der</strong> Westgebiete“ im September 1939 ist hierzulande<br />
kaum bekannt. Oftmals trifft man daher auch lediglich auf die einseitige<br />
Darstellung <strong>der</strong> UdSSR als Täter <strong>und</strong> Polens <strong>und</strong> <strong>der</strong> baltischen Staaten als <strong>der</strong>en<br />
Opfer. So werden alte Gelüste <strong>und</strong> alter Hass wie<strong>der</strong> gespeist. Die Wahrheit ist<br />
aber vielschichtiger <strong>und</strong> komplizierter.<br />
Am Morgen des 22. Juni 1941 schließlich griffen die Hitlerwehrmacht <strong>und</strong> ihre<br />
Verbündeten die UdSSR an. <strong>Belarus</strong> war einer <strong>der</strong> Hauptkriegsschauplätze. Die<br />
Kriegsjahre haben sich tief in das Bewusstsein <strong>der</strong> Menschen eingegraben.