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Militärpolitik und Streitkräfte der Republik Belarus - DSS

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D resdener Studiengemeinschaft SICHERHEITSPOLITIK e. V. (<strong>DSS</strong>)<br />

Frank Preiß<br />

<strong>Militärpolitik</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>Streitkräfte</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong><br />

<strong>DSS</strong>-Arbeitspapiere<br />

Heft 87 - 2007


Dresdener Studiengemeinschaft SICHERHEITSPOLITIK e. V (<strong>DSS</strong>)<br />

Frank Preiß<br />

<strong>Militärpolitik</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>Streitkräfte</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong><br />

Dresden 2007


4<br />

Herausg eber: D resdener S tudieng emeinschaft S ICHERHEITSPOLITIK e.V.<br />

Vorstandsvorsitzen<strong>der</strong>: Prof. Dr. Wolfgang Scheler Rottwerndorfer Str. 3 01257 Dresden<br />

Die Dresdener Studiengemeinschaft SICHERHEITSPOLITIK e.V. informiert über Aktivitäten <strong>und</strong><br />

Ergebnisse ihrer Arbeit im Internet. Sie finden uns unter<br />

http://www.sicherheitspolitik-<strong>DSS</strong>.de<br />

Redaktion <strong>und</strong> Druckvorbereitung; V.i.S.d.P.: Frank Preiß<br />

Vertrieb: Dr. Lothar Glaß Feuerbachstraße 1 01219 Dresden Telefon: 0351/4707918<br />

Beiträge im Rahmen <strong>der</strong> Schriftenreihe „<strong>DSS</strong>-Arbeitspapiere“ geben die Ansichten <strong>der</strong><br />

Autoren wie<strong>der</strong>, mit denen sich Herausgeber <strong>und</strong> Redaktion nicht in jedem Fall identifizieren.<br />

Alle Rechte <strong>und</strong> Pflichten im Sinne des Urheberrechtsgesetzes liegen bei den Autoren.<br />

Nachdruck <strong>und</strong> jede an<strong>der</strong>e vom Gesetz nicht ausdrücklich zugelassene Verwertung<br />

bedürfen ihrer Zustimmung; zugleich haften sie dafür, dass durch die vorliegende<br />

Veröffentlichung ihrer Ausarbeitungen nicht Schutzrechte An<strong>der</strong>er verletzt werden.<br />

Redaktionsschluss: 30. August 2007<br />

Kostenbeitrag: 5,00 Euro<br />

Schriftenreihe „<strong>DSS</strong>-Arbeitspapiere“ ISSN 1436-6010


Inhaltsverzeichnis<br />

Terra incognita? .......................................................................................................... 5<br />

Eine Armee entsteht (1992-2004) .......................................................................... 14<br />

Die rechtlichen <strong>und</strong> normativen Gr<strong>und</strong>lagen <strong>der</strong> <strong>Militärpolitik</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> ................................................................................................ 22<br />

Die Armee als Kernelement <strong>der</strong> <strong>Militärpolitik</strong> <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong><br />

Aufgaben, Struktur/Dislozierung, Führung ................................................................. 26<br />

Auffüllung, Ausbildung, materiell-technische Sicherstellung ............................................ 32<br />

Soziales, ideologische Arbeit, Informationsauseinan<strong>der</strong>setzung, Disziplin ....................... 40<br />

Hauptrichtungen <strong>der</strong> Entwicklung <strong>der</strong> <strong>Militärpolitik</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> ................................................................................................ 47<br />

Interview mit dem Verteidigungsminister <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong><br />

Generaloberst Leonid Malzew ............................................................................... 50<br />

Die <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> (Zahlen <strong>und</strong> Fakten) ......................................................... 77<br />

Anlagenverzeichnis .................................................................................................. 79<br />

Anlagen ........................................................................................................ 80<br />

Quellen <strong>und</strong> Literaturverzeichnis .......................................................................... 98<br />

Bildnachweis ........................................................................................................ 99


5<br />

Terra incognita?<br />

<strong>Belarus</strong>? Das ist …? Ja doch! Eine Diktatur irgendwo da im Osten! Richtig? O<strong>der</strong>? Wie heißt<br />

denn gleich noch <strong>der</strong> Diktator? Ist das eigentlich so wichtig?<br />

Mai 2004 in Moskau. Einige russische Fre<strong>und</strong>e hatten mich eingeladen. Unvermeidlich<br />

kam das Gespräch auch auf die Politik <strong>und</strong> eher zufällig, ich kann mich<br />

an den Zusammenhang nicht mehr erinnern, auf <strong>Belarus</strong>. Einer <strong>der</strong> Anwesenden<br />

erklärte, dass er vorhabe, an geplanten Demonstrationen vor <strong>der</strong> weißrussischen<br />

Botschaft teilzunehmen. Man wolle gegen die Absicht Alexandr Lukaschenkos 1<br />

protestieren, seine Diktatur vermittels Volksbefragung zu verlängern.<br />

Die anschließende Diskussion hat mir nicht nur gezeigt, wie wenig ich über dieses<br />

Land wusste, son<strong>der</strong>n auch meine Neugier geweckt. 1989 war ich zwar einige Tage<br />

in Minsk gewesen. Aber das lag nunmehr eine Ewigkeit zurück. Damals existierte<br />

noch die UdSSR <strong>und</strong> hätte zu dieser Zeit jemand gesagt, dass es bald einen unabhängigen<br />

Staat <strong>Belarus</strong> geben würde, man hätte ihn kaum ernst genommen.<br />

Kurzum, ich begann mich für das Land zu interessieren, vor allem für die Militär<strong>und</strong><br />

Sicherheitspolitik. Seither schrieb ich dazu einige Artikel <strong>und</strong> Texte. 2<br />

Im vorigen Jahr wandte ich mich an das Verteidigungsministerium <strong>der</strong> <strong>Republik</strong><br />

<strong>Belarus</strong> (RB). Ich erhielt zu meiner Überraschung problemlos eine zeitweilige Akkreditierung<br />

<strong>und</strong> die Möglichkeit, die 206. Schlachtfliegerbasis in Lida <strong>und</strong> die 120.<br />

Mechanisierte Brigade in Minsk zu besuchen. Unerwartet teilte man mir schließlich<br />

noch mit, dass <strong>der</strong> Verteidigungsminister, Generaloberst Malzew, bereit sei, mir<br />

das gewünschte Interview zu gewähren.<br />

Wer im Folgenden alles erklärende, einfache Antworten auf die eingangs gestellten<br />

Fragen erwartet, <strong>der</strong> wird enttäuscht werden. Das kann <strong>und</strong> soll nicht die Aufgabe<br />

dieses Heftes sein.<br />

Erstens sind die Verhältnisse <strong>und</strong> Zustände des Landes sehr vielschichtig <strong>und</strong> ambivalent.<br />

Zweitens möchte ich mich nicht zu jenen gesellen, die vorschnell den<br />

Stab brechen. So genannte „Doppelstandards“ <strong>und</strong> das Ausblenden <strong>der</strong> historischen<br />

Entwicklung führen unweigerlich in die Sackgasse. Drittens sollten<br />

Deutsche auch bei diesem Thema beson<strong>der</strong>s nachdenklich <strong>und</strong> überlegt sein. Die<br />

damalige <strong>Belarus</strong>sische Sowjetrepublik war im Zweiten Weltkrieg nicht nur Schauplatz<br />

erbitterter Schlachten riesiger Armeen. Dem brutalen Terror <strong>der</strong> faschisti-<br />

1 Im Text wird für Personennamen <strong>und</strong> für geographische Begriffe die Dudentranskription verwendet,<br />

ansonsten die DIN-Transliteration.<br />

2 Siehe u.a.: http://www.sicherheitspolitik-dss.de/autoren/preisz/index.htm.


6<br />

schen Besatzer gegen die Zivilbevölkerung fiel fast je<strong>der</strong> dritte Einwohner des<br />

Landes zum Opfer. Es gab kaum eine Familie, die verschont wurde. Kein an<strong>der</strong>es<br />

Land hat einen <strong>der</strong>artig hohen Blutzoll zahlen müssen. Der Antifaschismus, den<br />

ich dort traf, ist daher überwiegend we<strong>der</strong> verordnet noch zum Ritual verkommen.<br />

Wer das verstehen will, <strong>der</strong> sollte zum Memorial „Chatyn“ bei Minsk fahren.<br />

Wer jedoch seine antikommunistischen o<strong>der</strong> pseudosozialistischen Feinbil<strong>der</strong> neu<br />

beleben <strong>und</strong> bestätigen will, auch <strong>der</strong> findet in <strong>Belarus</strong> reichlich Munition. Wer<br />

nicht mehr ohne die eingebrannten Leitsätze des Kalten Krieges leben kann, <strong>der</strong><br />

wird sofort freudig vermerken, dass <strong>Belarus</strong> „noch richtig sowjetisch“ ist: Man hat<br />

kaum Denkmäler geschleift, das Verteidigungsministerium befindet sich in <strong>der</strong><br />

„Kommunistischen Straße“, am Mahnmal in <strong>der</strong> Festung Brest stehen Mitglie<strong>der</strong><br />

des Jugendverbandes Ehrenwache. Am Ende des Festzuges zum „Tag des Sieges“<br />

am 09. Mai 2006 lief unbehelligt eine kleine Gruppe von Veteranen mit einem Stalinbild.<br />

Der „Diktator“ Lukaschenko wird nicht müde zu betonen, dass er alles für<br />

das Wohl des Volkes tun wird <strong>und</strong> verhin<strong>der</strong>n will, dass ausländische Großkonzerne<br />

das Land beherrschen <strong>und</strong> <strong>der</strong> Geheimdienst heißt nach wie vor KGB.<br />

Ich habe mit vielen Menschen gesprochen. Freilich besteht schon ein Unterschied,<br />

ob man sich in den etwas teureren Restaurants von Minsk o<strong>der</strong> in einem Bauerndorf<br />

bei Baranowitschi umhört.<br />

Sollte man den einen den Wunsch nach mehr Freiheit vorwerfen, für die sie sogar<br />

eine Verschärfung <strong>der</strong> sozialen Ungerechtigkeit in Kauf nehmen? Sind die an<strong>der</strong>en<br />

zu verdammen, nur weil sie sich die paternalistische Fürsorge des Staates wünschen<br />

<strong>und</strong> nicht zuerst an die individuelle Freiheit denken? Wer möchte, <strong>der</strong> werfe<br />

den ersten Stein!<br />

Nein! <strong>Belarus</strong> ist we<strong>der</strong> ein Musterschüler <strong>der</strong> liberalen Lehre vom „freien Markt“<br />

noch lebt es im Orwellschen „1984“. Wie könnte es gar ein demokratischer bürgerlicher<br />

Staat westeuropäischer Prägung sein? Ist es doch ein Land, dass das jahrh<strong>und</strong>ertalte<br />

drückende Erbe des Jochs russischer Zaren, litauischer Edler <strong>und</strong> polnischer<br />

Pans <strong>und</strong> nicht zuletzt die Folgen des „Realsozialismus“ mit sich herumschleppt<br />

<strong>und</strong> nun seinen Platz sucht! Zwar gibt es freie Wahlen <strong>und</strong> Parteien.<br />

Doch die im Westen historisch gewachsene Zivilgesellschaft <strong>und</strong> die bürgerliche<br />

Gewaltenteilung haben keinerlei Tradition. Außerdem sind <strong>der</strong>en Unzulänglichkeiten<br />

so augenscheinlich, dass eine bloße Kopie vielen in <strong>Belarus</strong> auch nicht als Lösung<br />

erscheint, da dieser Weg in an<strong>der</strong>en postsowjetischen Staaten, hier sei nur an<br />

Georgien erinnert, we<strong>der</strong> zu mehr Freiheit noch zu wirtschaftlicher Prosperität geführt<br />

hat.


7<br />

Überdies scheint es, als ob ein ewiger<br />

Fluch auf dem Land liegt: Ein Blick<br />

auf die Landkarte genügt. Die geographische<br />

Lage macht es heute wie<strong>der</strong><br />

zu einem Schlüssel <strong>der</strong> Geopolitik.<br />

<strong>Belarus</strong> kommt im Spannungsfeld<br />

Russland-Westen eine überaus wichtige<br />

Rolle zu. Es ist Transitland für<br />

enorme Mengen an Roh- <strong>und</strong> Brennstoffen<br />

<strong>und</strong> hat mit <strong>der</strong> Osterweiterung<br />

<strong>der</strong> NATO auch eine wichtige<br />

militär-strategische Bedeutung erlangt.<br />

Der damit zwangsläufig verb<strong>und</strong>ene<br />

Druck kann einfach nicht<br />

spurlos am Land vorübergehen, was<br />

die Situation nicht verbessert.<br />

Ich habe dort jedoch unzählige Menschen getroffen, die es, so bin ich überzeugt,<br />

vermögen, ihre Zukunft selbstbestimmt <strong>und</strong> frei zu gestalten. Also - doch nur ein<br />

ganz normales Land?!<br />

***<br />

„Wie Sie alle wissen, kann ich heute mit voller Berechtigung erklären, dass es uns gelungen ist,<br />

das Ansehen <strong>der</strong> Armee wie<strong>der</strong> herzustellen. Schauen wir doch einmal zehn Jahre zurück. Die<br />

Armee war damals faktisch zerschlagen. Die hiesigen Nationalisten versuchten, den einst mächtigen<br />

belarussischen Militärbezirk in eine Ruine zu verwandeln. Vieles ist ihnen dabei lei<strong>der</strong> auch<br />

geglückt. Die Offiziere haben sich damals geschämt, außerhalb <strong>der</strong> Kaserne Uniform zu tragen.<br />

Nun sind zehn Jahre vergangen. Heute kommen Eltern abgelehnter Bewerber angelaufen <strong>und</strong><br />

bitten inständig darum, ihren Sohn doch noch in die Armee aufzunehmen.“ 3<br />

Es ist nicht ungewöhnlich, dass ein Oberbefehlshaber seine Truppe preist. Doch<br />

eines muss man dem Mann, aus dessen M<strong>und</strong> dieses Lob kam, lassen. Er weiß in<br />

diesem Fall durchaus, wovon er spricht. Er ist für die einen <strong>der</strong> „letzte Diktator<br />

Europas“, für an<strong>der</strong>e jedoch ein Ausnahmepolitiker, <strong>der</strong> seinem Volk Wohlstand,<br />

Frieden <strong>und</strong> Prosperität sichert. Die Rede ist von Alexandr Grigorewitsch Lukaschenko<br />

<strong>und</strong> er regiert die <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> seit dem 10. Juni 1994. Obwohl die<br />

Hauptstadt Minsk nur 1.100 Kilometer östlich von Berlin liegt, wissen die meisten<br />

hierzulande kaum etwas über das 207.000 qkm große Land, in dem nicht einmal 10<br />

Millionen Menschen leben.<br />

3 „Oboronny monolit“. Krasnaja Zvezda v. 04.02.2006.


8<br />

Auch 16 Jahre nach dem Zerfall <strong>der</strong> UdSSR sind viele Vorgänge <strong>und</strong> Entwicklungen<br />

im postsowjetischen Raum selbst für Experten scheinbar voller Geheimnisse<br />

<strong>und</strong> Überraschungen. Die politischen Eliten des Westens tun sich sichtlich schwer<br />

damit, anzuerkennen, dass nicht nur neue Akteure ins Spiel gekommen sind. Auch<br />

die Spielregeln, die jahrzehntelang galten, sind scheinbar obsolet. Die unzähligen<br />

Staaten, die nach <strong>der</strong> Implosion des Sowjetimperiums faktisch über Nacht entstanden,<br />

hatten freilich noch eine ganze Weile die „Sowjetaura“ um sich. Da bot es<br />

sich zunächst auch an, diese mit gleicher o<strong>der</strong> ähnlicher Elle zu messen. Inzwischen<br />

erweist sich dies als hin<strong>der</strong>lich, ja gar schädlich.<br />

Als die Sowjetunion 1991 kollabierte, griffen in <strong>Belarus</strong>, wie in an<strong>der</strong>n Sowjetrepubliken<br />

auch, einheimische Eliten, vorrangig ehemalige KP- <strong>und</strong> Wirtschaftsfunktionäre,<br />

nach dem Reichtum <strong>und</strong> <strong>der</strong> Macht. Dabei diente allerorts <strong>der</strong> Nationalismus<br />

als Katalysator <strong>der</strong> Sezessionsbewegungen, die von außen kräftig unterstützt<br />

wurden. In Weißrussland, wie das Land in <strong>der</strong> Übersetzung heißt, war dieser<br />

jedoch nicht so stark ausgeprägt wie in den baltischen Nachbarstaaten <strong>und</strong> in <strong>der</strong><br />

Ukraine.<br />

Das erklärt sich auch daraus, dass das Land nie eine wirkliche Eigenstaatlichkeit<br />

besaß, auch nicht, wie neuerdings von belarussischen Rechtsnationalisten hartnäckig<br />

behauptet, von 1918 bis 1920, als die antibolschewistische „<strong>Belarus</strong>sische<br />

Volksrepublik“ bestand. Der späteren Sowjetrepublik im Verband <strong>der</strong> UdSSR, sogar<br />

mit eigenem UNO-Sitz, wurde die große Linie aus <strong>der</strong> Moskauer Zentrale vorgegeben.<br />

<strong>Belarus</strong> war über Jahrh<strong>und</strong>erte Zankapfel, Spielball <strong>und</strong> Schlachtfeld europäischer<br />

Machtpolitik. Vor allem Russen, Polen <strong>und</strong> Litauer rangen um die Herrschaft. Polen<br />

versuchte noch Anfang <strong>der</strong> 1920er Jahre, <strong>Belarus</strong> mit militärischer Gewalt unter<br />

seine Herrschaft zu zwingen. Nach <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>lage <strong>der</strong> Roten Armee Sowjetrusslands<br />

vor Warschau im Sommer 1920 konnte Polen schließlich einen Teil <strong>der</strong><br />

westlichen Gebiete bis 1939 annektieren. Dieser Konflikt schwelte in den 1920er<br />

<strong>und</strong> 30er Jahren weiter <strong>und</strong> for<strong>der</strong>te unzählige Opfer auf allen Seiten. Die Vorgeschichte<br />

<strong>der</strong> stalinschen „Befreiung <strong>der</strong> Westgebiete“ im September 1939 ist hierzulande<br />

kaum bekannt. Oftmals trifft man daher auch lediglich auf die einseitige<br />

Darstellung <strong>der</strong> UdSSR als Täter <strong>und</strong> Polens <strong>und</strong> <strong>der</strong> baltischen Staaten als <strong>der</strong>en<br />

Opfer. So werden alte Gelüste <strong>und</strong> alter Hass wie<strong>der</strong> gespeist. Die Wahrheit ist<br />

aber vielschichtiger <strong>und</strong> komplizierter.<br />

Am Morgen des 22. Juni 1941 schließlich griffen die Hitlerwehrmacht <strong>und</strong> ihre<br />

Verbündeten die UdSSR an. <strong>Belarus</strong> war einer <strong>der</strong> Hauptkriegsschauplätze. Die<br />

Kriegsjahre haben sich tief in das Bewusstsein <strong>der</strong> Menschen eingegraben.


9<br />

Die Erinnerung an den gemeinsamen Kampf aller Völker <strong>der</strong> Sowjetunion gegen<br />

die Vernichtung <strong>der</strong> jüdischen, slawischen <strong>und</strong> an<strong>der</strong>en „Untermenschen“ durch<br />

die Hitlerfaschisten <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Handlanger in den Jahren 1941-1945 ist bis heute<br />

eines <strong>der</strong> wichtigsten <strong>und</strong> wirksamsten Mittel gegen das tödlich Gift des Völkerhasses,<br />

das Russland <strong>und</strong> seine Nachbarn bedroht. Bis heute haben die <strong>Belarus</strong>sen<br />

nicht vergessen, dass Millionen ihrer Landsleute im zweiten Weltkrieg von den faschistischen<br />

Eroberern ermordet o<strong>der</strong> zur Sklavenarbeit gezwungen wurden, dass<br />

je<strong>der</strong> vierte Einwohner den Krieg nicht überlebte, dass 85% <strong>der</strong> Betriebe zerstört<br />

waren, dass 80% des Viehbestandes vernichtet wurden, dass 3 Millionen ohne<br />

Obdach blieben.<br />

Sowohl wirtschaftlich <strong>und</strong> politisch als auch militärisch galt die relativ kleine <strong>Belarus</strong>sische<br />

Sowjetrepublik als eine Hauptsäule <strong>der</strong> Sowjetunion. Hier waren wichtige<br />

Industriebetriebe, so auch <strong>der</strong> Rüstungsindustrie, beheimatet.<br />

Nach <strong>der</strong> Unabhängigkeitserklärung 1991 erging es den <strong>Belarus</strong>sen wie allen an<strong>der</strong>n<br />

ehemaligen Sowjetbürgern. An die Macht wurden vor allem Vertreter eines<br />

rigiden neoliberalen Kurses gespült, die ihre eigenen Gruppenambitionen nur dürftig<br />

hinter hohlen Phrasen von Freiheit <strong>und</strong> Demokratie verbargen <strong>und</strong> das Land<br />

zur Plün<strong>der</strong>ung freigaben. Der diplomierte Historiker <strong>und</strong> Wirtschaftswissenschaftler<br />

Alexandr Lukaschenko saß damals noch als einfacher Abgeordneter im<br />

Parlament <strong>und</strong> griff die Regierung ob ihres unsozialen <strong>und</strong> autoritären Kurses vehement<br />

an, was ihm die Sympathie vieler Landsleute einbrachte.<br />

Dass <strong>der</strong> Westen damals die gewandelten Altka<strong>der</strong>plün<strong>der</strong>er unterstützte, hat <strong>der</strong><br />

teils bew<strong>und</strong>ernd, teils feindlich „Batja“ (Väterchen) titulierte Lukaschenko nie<br />

vergessen. Seinen einfachen Mitbürgern hat sich noch etwas an<strong>der</strong>es tief in das<br />

Gedächtnis gebrannt: Ihr rasanter wirtschaftlicher <strong>und</strong> sozialer Absturz Anfang<br />

<strong>der</strong> 1990er Jahre.<br />

Dass <strong>Belarus</strong> heute in <strong>der</strong> Region wie<strong>der</strong> als vergleichsweise wohlhabend gilt, dafür<br />

machen die meisten Bewohner bislang auch Lukaschenko verantwortlich. Selbst in<br />

Russland schaut mancher neidvoll auf den westlichen Nachbarn.<br />

Im Westen wird Lukaschenkos „Reich des Bösen“ offensichtlich nur von <strong>der</strong> offiziellen<br />

Politik vorwiegend negativ bewertet <strong>und</strong> medial gegeißelt. Dabei ist „Batja-<br />

Land“ sogar ein Ziel für das internationale Kapital, das angeblich so „scheue Reh“.<br />

Die internationalen Kapitalanleger scheuen Investitionen in die von <strong>der</strong> reinen<br />

Marktwirtschaftslehre so geschmähte Staatswirtschaft, für die <strong>der</strong> Staat schließlich<br />

bürgt, keineswegs. Auch die Exporte <strong>und</strong> Importe wachsen relativ schnell <strong>und</strong> ha-


10<br />

ben sich von 1995 bis 2006 verdreifacht 4 . Deutschland <strong>und</strong> Großbritannien sind<br />

nach Russland die größten Handelspartner. Die Regierung <strong>Belarus</strong>‘ bedingt sich<br />

allerdings aus, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu bestimmen <strong>und</strong> <strong>der</strong>en<br />

Einhaltung national zu kontrollieren. In Brüssel, London, Washington <strong>und</strong> an<strong>der</strong>swo<br />

ruft dies freilich Argwohn hervor <strong>und</strong> so wirft man den Weißrussen immer<br />

mal wie<strong>der</strong> Knüppel zwischen die Beine.<br />

Dabei bekennt man sich in Minsk, wenngleich äußerst zögerlich, zur Privatwirtschaft<br />

<strong>und</strong> die „Konzeption des Umganges mit dem Staateigentum in <strong>der</strong> <strong>Republik</strong><br />

<strong>Belarus</strong> 2001-2006“ sah die Privatisierung von mindestens 75% <strong>der</strong> Staatsbetriebe<br />

mit bis zu 200 Beschäftigten vor. Bei den Großbetrieben, den Banken <strong>und</strong> den<br />

Schlüsselbereichen, wie z.B. <strong>der</strong> Rüstungsindustrie, will <strong>der</strong> Staat aber weiterhin die<br />

strategischen Entscheidungen fällen <strong>und</strong> da scheint <strong>der</strong> Stein des Anstoßes letztendlich<br />

zu liegen.<br />

Lange hegte man in Washington o<strong>der</strong> Brüssel wohl die Hoffnung, die Zeit Lukaschenkos<br />

werde spätestens mit dem Ablauf seiner zweiten Amtsperiode im Jahr<br />

2006 auf natürliche Weise enden, da die Verfassung keine weitere Amtszeit erlaubte.<br />

Man hoffte, dass ein dem Westen genehmerer Kandidat, etwa aus dem Umfeld<br />

des ersten Präsidenten Stanislaw Schuschkewitsch, an die Macht gelangt. Sowohl<br />

die innere Konsolidierung als auch die Tatsache, dass <strong>der</strong> EU <strong>und</strong> NATO-Beitritt<br />

<strong>der</strong> Nachbarlän<strong>der</strong> <strong>Belarus</strong>‘ dort bislang keineswegs spürbare Vorteile für die Masse<br />

<strong>der</strong> Bevölkerung mit sich brachten, bewirkten aber bislang das Gegenteil. Natürlich<br />

zeigt auch <strong>der</strong> Druck <strong>der</strong> Regierung auf die Opposition Wirkung. Die Regierenden<br />

in Minsk wollen schließlich an <strong>der</strong> Macht bleiben. Inwieweit man bei <strong>der</strong><br />

Wahl <strong>der</strong> Mittel über das in westlichen Län<strong>der</strong>n Übliche hinausgeht, ist dabei strittig.<br />

Im Oktober 2004 stimmten 77,3% <strong>der</strong> <strong>Belarus</strong>sen erwartungsgemäß einer Verfassungsän<strong>der</strong>ung<br />

zu <strong>und</strong> gaben dem Präsidenten damit die Chance einer erneuten<br />

Amtszeit. Die Diskussion, ob diese Wahlen frei gewesen sind, wurde ebenfalls<br />

konträr geführt.<br />

Die Reaktion <strong>der</strong> USA ließ nicht lange auf sich warten. Im Dezember 2004 unterschrieb<br />

George W. Bush den „Akt über die Demokratie in <strong>Belarus</strong>.“ Nunmehr ist<br />

es für alle Amerikaner Gesetz, die Ordnung in <strong>Belarus</strong> im Sinne <strong>der</strong> USA-<br />

Regierung zu än<strong>der</strong>n. 5<br />

4 Die statistischen Zahlen, die <strong>Belarus</strong> offiziell veröffentlicht, werden in westlichen Medien oft pauschal<br />

als „geschönt“ bezeichnet, ohne einen Beweis dafür zu erbringen. Ich habe mich daher bemüht, vor<br />

allem Tendenzen <strong>und</strong> Entwicklungen aufzuzeigen, die allgemein anerkannt sind o<strong>der</strong> Zahlen zu verwenden,<br />

die mit hoher Wahrscheinlichkeit wirklichkeitsnah sind.<br />

5 Siehe : http://usinfo.state.gov/dhr/Archive/2004/Oct/22-739373.html.


11<br />

Wenn man sich mit <strong>Belarus</strong> beschäftigt, kommt man nicht umhin, den großen östlichen<br />

Nachbarn ins Kalkül zu ziehen. Erst mit dem Stopp des rasanten Zerfalls<br />

Russlands um die Jahrtausendwende <strong>und</strong> dem Versuch Wladimir Putins, nationale<br />

Interessen im postsowjetischen Raum zur Geltung zu bringen, geriet Minsk<br />

ernsthaft ins Visier <strong>der</strong> USA, <strong>der</strong> EU <strong>und</strong> <strong>der</strong> NATO, bekam höhere Priorität in<br />

den politischen Planungen des Westens. Lukaschenkos Variante einer „sozialen,<br />

gelenkten Marktwirtschaft“ war bis dahin nicht gescheitert <strong>und</strong> lief nun Gefahr, in<br />

Russland gar als Modell betrachtet zu werden. Außerdem verstärkten sich die Bemühungen<br />

<strong>Belarus</strong>’, die wirtschaftlichen, politischen <strong>und</strong> vor allem auch militärischen<br />

Verbindungen <strong>der</strong> postsowjetischen Staaten enger zu knüpfen. So kam gar<br />

die baldige staatliche Vereinigung ins Gespräch <strong>und</strong> 2005 sollte auch <strong>der</strong> Russische<br />

Rubel zur Einheitswährung werden.<br />

Die Alarmglocken im Pentagon, im NATO-Hauptquartier, aber auch bei den Neoliberalen<br />

<strong>und</strong> den Oligarchen in Russland schrillten. Längst ist von einer schnellen<br />

vollständigen Vereinigung sowohl in Minsk als auch in Moskau keine Rede mehr.<br />

Im politischen Alltag zeigten sich Wi<strong>der</strong>stände, mit denen zunächst keiner gerechnet<br />

hatte. So sind die <strong>Belarus</strong>sen mehrheitlich durchaus für eine Integration, befürchten<br />

allerdings auf das Lebensniveau vieler ihrer russischen Brü<strong>der</strong> <strong>und</strong><br />

Schwestern abzusinken. Immer wie<strong>der</strong> wird auch die Befürchtung geäußert, dass<br />

dann die Kriminalität <strong>und</strong> Korruption die gleichen Ausmaße annimmt wie bei den<br />

östlichen Nachbarn.<br />

Außerdem hat sich in <strong>Belarus</strong> schon längst eine nationale Elite herausgebildet, die<br />

ihre Privilegien sichern will. Dieser bleibt aber bisher die völlige Transformation in<br />

eine nationale Bourgeoisie verwehrt. Eine Privatisierung des Staatseigentums in die<br />

eigenen Taschen wurde ihnen bislang von Alexandr Lukaschenko <strong>und</strong> seinen Leuten<br />

nicht gestattet. So steht die völlige Umwandlung eines Teiles <strong>der</strong> politischen<br />

<strong>und</strong> wirtschaftlichen Eliten in eine nationale Bourgeoise bislang aus. Eine mögliche<br />

„Revolution“ in Minsk ist daher wohl nur als Elitenrevolte gegen die genannten<br />

„Fesseln“ denkbar, freilich unter <strong>der</strong> Losung von Freiheit <strong>und</strong> Demokratie.<br />

Wie bei an<strong>der</strong>en „bunten“ Revolutionen setzt man dabei auf die Ungeduld <strong>und</strong><br />

Unerfahrenheit junger Menschen, die man zum Regimewechsel vorschickt, in Gefahr<br />

<strong>und</strong> schließlich um die Früchte des Kampfes bringt.<br />

Aber auch Russland hat Schwierigkeiten mit einer zu engen Bindung. Einige glauben,<br />

die Annäherung sei ins Stocken geraden, weil Putin eine Aversion gegen Lukaschenko<br />

habe. Wichtiger scheint jedoch, dass es in seiner Umgebung einflussrei-


12<br />

che Kräfte gibt, die den Annäherungsprozess torpedieren. Die bisher schwerste<br />

Krise war wohl <strong>der</strong> sogenannte „Ölkrieg“ 6 zum Jahreswechsel 2006/07.<br />

Die schrillen Misstöne sind jedoch erstaunlich schnell leiser geworden <strong>und</strong> das<br />

Tischtuch zwischen beiden Staaten wurde nicht endgültig zerschnitten, weil jene<br />

Politiker <strong>und</strong> Militärs die Oberhand behielten, die auf enge Zusammenarbeit setzen.<br />

Ohne großes Getöse wurden im Mai 2007 die Weichen für eine weitere Vertiefung<br />

<strong>der</strong> ökonomischen, sozialen <strong>und</strong> militärischen Kooperation gestellt. Die<br />

US-Raketenabwehrpläne sind daran wohl auch nicht ganz unbeteiligt.<br />

Aber noch etwas an<strong>der</strong>es mag Wladimir Putin <strong>und</strong> seine Umgebung dazu bewogen<br />

haben, den Zwist mit Minsk nicht ausufern zu lassen <strong>und</strong> Zugeständnisse zu machen.<br />

Lukaschenko signalisiert dem Westen von Zeit zu Zeit, dass er durchaus eine<br />

Verbesserung <strong>der</strong> Beziehungen wünscht. Sollte Washington eines Tages zum<br />

Schluss kommen, dass es opportun sei, dem reuigen Sün<strong>der</strong> in Minsk zu vergeben<br />

<strong>und</strong> ihn in die westliche „Wertegemeinschaft“ aufzunehmen, dann könnte Russlands<br />

Position als bedeutende Regionalmacht wie<strong>der</strong> ein Stück mehr in Frage gestellt<br />

werden <strong>und</strong> einer <strong>der</strong> treuesten Verbündeten verlorengehen. So ist ein Regimewechsel<br />

in Minsk gegenwärtig nur denkbar, wenn <strong>der</strong> Westen <strong>und</strong> Russland an<br />

einem Strang ziehen. Wenn die einen dem Land den Zugang zum Weltmarkt gehörig<br />

erschweren <strong>und</strong> die an<strong>der</strong>en die notwendigen Energieträger für die verarbeitende<br />

Industrie kräftig verteuern, dann wird sich dies negativ auf den Wohlstand<br />

<strong>der</strong> Bevölkerung <strong>Belarus</strong>‘ auswirken. Damit wäre die „prowestliche“ Opposition in<br />

<strong>der</strong> Offensive <strong>und</strong> wohlmöglich bald an <strong>der</strong> Macht.<br />

Das würde weittragende sicherheitspolitische <strong>und</strong> geopolitische Konsequenzen für<br />

Russland mit sich bringen.<br />

Der erste Mann in Minsk nimmt auch da kein Blatt vor den M<strong>und</strong>:<br />

„Möchten Sie nachrechnen, was Russland <strong>Belarus</strong> kostet? … Lassen sie uns also nachzählen,<br />

was wir für Ihr Wohl tun … Zwischen Moskau <strong>und</strong> <strong>der</strong> russischen Westgrenze gibt es noch<br />

ganze zwei, nicht vollständig aufgefüllte <strong>und</strong> ausgerüstete Divisionen. Für die Sicherheit Russlands,<br />

beson<strong>der</strong>s nach <strong>der</strong> Entfaltung amerikanischer Radarstationen <strong>und</strong> entsprechen<strong>der</strong> Angriffswaffen<br />

in Polen <strong>und</strong> <strong>der</strong> Tschechischen <strong>Republik</strong>, erhält diese Richtung außerordentliche Bedeutung.<br />

Die belarussische Armee verteidigt somit Russland. Wir selbst benötigen keine solch<br />

starke Armee. Wir wollen eigentlich mit keinem kämpfen. Wir verteidigen doch damit Russland.<br />

Wir wollten doch gemeinsam mit Russland eine Armeegruppierung schaffen. Wir haben gemeinsame<br />

Übungen durchgeführt. Aber die russische Führung hatte sogar Angst zu diesen zu kommen,<br />

nur damit ihr <strong>der</strong> Westen nicht militärische Zusammenarbeit mit <strong>Belarus</strong> vorwirft.<br />

6 Siehe: „Zum gegenwärtigen Konflikt Russische Fö<strong>der</strong>ation - <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong>“.<br />

http://www.sicherheitspolitik-dss.de/autoren/preisz/fp701aa.htm


13<br />

Ihr habt vor allem Angst, erschreckt euch vor jedem! Daher erhaltet ihr nun ein Raketenabwehrsystem<br />

an eurer Grenze. Habt Ihr nun endlich verstanden? Wir haben gute gemeinsame Übungen<br />

gemacht. Ich bin hingefahren, aber Putin ist nicht erschienen ….<br />

Die belarussische Armee ist weitaus besser als die russische. Um eine solche Truppe zu schaffen<br />

benötigen Sie 25 Milliarden Dollar. …<br />

Und was den Transit von 100 Millionen Tonnen Öl über unser Gebiet betrifft, so verläuft das<br />

alles unter für Russland äußerst günstigen Bedingungen. … Ihr trefft hier we<strong>der</strong> auf Banditen<br />

noch auf Korruption…Was kostet Kaliningrad? Es hängt doch nicht zuletzt auch von uns ab.<br />

Und die Bereitschaft aller <strong>Belarus</strong>sen, ihre russischen Brü<strong>der</strong> zu umarmen? Zählt das gar nichts<br />

für die russischen Menschen?“ 7<br />

Doch lassen wir auch noch den Westen zu Wort kommen:<br />

„15.000 Oppositionelle demonstrierten am 25. März in Minsk anlässlich des Jahrestages <strong>der</strong><br />

kurzen Unabhängigkeit von 1918 für Demokratie <strong>und</strong> eine europäische Öffnung des Landes.<br />

Die breite Aufmerksamkeit <strong>der</strong> EU hat schlimmere Ausschreitungen gegen die friedlichen Demonstranten<br />

in Minsk verhin<strong>der</strong>t. <strong>Belarus</strong> muss endlich den Platz auf <strong>der</strong> Agenda <strong>der</strong> Gemeinsamen<br />

Außen- <strong>und</strong> Sicherheitspolitik (GASP) erhalten, den die B<strong>und</strong>eskanzlerin Angel Merkel<br />

<strong>und</strong> Kommissionspräsident José Manuel Barroso anlässlich <strong>der</strong> Feiern zu den Römischen Verträgen<br />

dem Land zuwiesen.<br />

Im Vorfeld versuchte das Regime allerdings durch Einschüchterungen, Inhaftierung von etwa 100<br />

Aktivisten <strong>und</strong> massive Präsenz von Sicherheitskräften die Ausübung <strong>der</strong> Versammlungsfreiheit<br />

zu behin<strong>der</strong>n. Die Botschafter <strong>der</strong> EU <strong>und</strong> <strong>der</strong> USA demonstrierten durch Ihre Anwesenheit<br />

auf <strong>der</strong> Minsker K<strong>und</strong>gebung die Aufmerksamkeit des Auslands. Auf den Feierlichkeiten zum<br />

50. Geburtstag <strong>der</strong> Römischen Verträge am selben Tag in Berlin for<strong>der</strong>ten B<strong>und</strong>eskanzlerin<br />

Angel Merkel <strong>und</strong> Kommissionspräsident José Manuel Barroso demokratische Reformen in <strong>Belarus</strong><br />

<strong>und</strong> sicherten dem belarussischen Volk ihren Beistand zu.<br />

Diese breite Öffentlichkeit veranlasste Lukaschenko erstmals zu einem gemäßigten Vorgehen gegenüber<br />

<strong>der</strong> Opposition. Nach dem Energiestreit mit Russland sucht die letzte Diktatur in Europa<br />

nun die Annäherung an die EU. Die For<strong>der</strong>ung nach demokratischen Reformen als Vorbedingung<br />

einer Zusammenarbeit bleibt dabei aber unabdingbarer Bestandteil einer Strategie gegenüber<br />

Lukaschenko.“ 8<br />

7 A. Lukaschenko. Interview mit <strong>der</strong> Zeitung „Zavtra“ Nr. 07 (691) v. 14.02.2007.<br />

8 Pressemitteilung NR. 0361 <strong>der</strong> B<strong>und</strong>estagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen v. 26. März 2007.<br />

http://www.gruene-b<strong>und</strong>estag.de/cms/presse/dok/174/174845-print.htm.


14<br />

Eine Armee entsteht (1992-2004)<br />

Für Eingeweihte ist es schon lange kein Geheimnis, dass <strong>Belarus</strong>, <strong>der</strong> bislang<br />

treueste Verbündete <strong>der</strong> Russischen Fö<strong>der</strong>ation (RF) <strong>und</strong> aktives Mitglied des<br />

„Vertrages über die kollektive Sicherheit“ 9 , von <strong>der</strong> Öffentlichkeit fast unbemerkt<br />

zu vollbringen scheint, wovon in Russland meist nur gesprochen wird: Die Schaffung<br />

von <strong>Streitkräfte</strong>n, die den politischen, wirtschaftlichen <strong>und</strong> ökonomischen<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen des 21. Jahrh<strong>und</strong>erts, jedenfalls nach Minsker Verständnis, gewachsen<br />

sein sollen. Bemerkenswerterweise übernahmen die <strong>Belarus</strong>sen vom sowjetischen<br />

Erbe nur, was in ihre Konzeption passte <strong>und</strong> ahmten auch die westlichen<br />

<strong>Streitkräfte</strong> nicht nach. Die chaotische <strong>und</strong> bislang weitgehend erfolglose Militärreform<br />

in Russland, von den an<strong>der</strong>en postsowjetischen Staaten ganz zu schweigen,<br />

mag den Akteuren in Minsk immer als warnendes Beispiel vor Augen gestanden<br />

haben. Das heißt freilich nicht, dass die Reform <strong>der</strong> <strong>Streitkräfte</strong> in Weißrussland<br />

problemlos <strong>und</strong> geradlinig verlief <strong>und</strong> verläuft. Wie kam es nun dazu, dass die<br />

Entwicklung nach Meinung vieler Beobachter völlig an<strong>der</strong>s als in den ehemaligen<br />

Bru<strong>der</strong>republiken vonstatten geht?<br />

Als <strong>der</strong> Oberste Sowjet <strong>der</strong> <strong>Belarus</strong>sischen Sozialistischen Sowjetrepublik am 25.<br />

August 1991, nach dem „Augustputsch“ in Moskau, die staatliche Souveränität beschloss<br />

<strong>und</strong> das Land sich ab dem 19. September 1991 <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> nannte,<br />

befand sich dort eine <strong>der</strong> gewaltigsten Truppenkonzentrationen <strong>der</strong> Welt, <strong>der</strong> <strong>Belarus</strong>sische<br />

Militärbezirk. Dieser bildete einen Hauptteil <strong>der</strong> zweiten Staffel <strong>der</strong><br />

strategischen Verteidigung <strong>der</strong> Warschauer Vertragsorganisation (WVO) <strong>und</strong> wurde<br />

in Insi<strong>der</strong>kreisen auch <strong>der</strong> „gepanzerte Militärbezirk“ genannt. Und das war<br />

keineswegs eine Übertreibung. Zu ihm gehörten unter an<strong>der</strong>em die 5. Gardepanzerarmee,<br />

die 7. Panzerarmee, die 28. Armee, ein Großteil <strong>der</strong> 2. Luftabwehrarmee<br />

sowie die 28. Luftarmee. Am 17. Juli 1992 dienten in <strong>der</strong> am 20. März 1992 10 gegründeten<br />

Armee <strong>Belarus</strong> immer noch über 170.000 Soldaten <strong>und</strong> Zivilbeschäftigte.<br />

Man besaß ein unglaubliches Waffenarsenal: 3.457 Panzer, 3.824 Schützenpanzer,<br />

1.562 Artilleriesysteme, 390 Kampfflugzeuge, 79 Kampfhubschrauber.<br />

An<strong>der</strong>s als in den an<strong>der</strong>en ehemaligen Sowjetrepubliken verlief <strong>der</strong> Prozess des<br />

Militärumbaus, <strong>der</strong> zunächst nur ein Abbau war, relativ geordnet, transparent <strong>und</strong><br />

unspektakulär. Im November 1992 wurden mit dem „Gesetz über die Verteidi-<br />

9 Am 15. Mai 1992 von Armenien, <strong>Belarus</strong>, Kirgistan, Kasachstan, Usbekistan, Russland <strong>und</strong> Tadschikistan<br />

unterzeichnet. Später traten Aserbaidschan <strong>und</strong> Georgien bei, die 1999 ausschieden.<br />

10 An diesem Tag wurde das Gesetz „Über die <strong>Streitkräfte</strong> <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong>“ vom Parlament in<br />

Minsk beschlossen.


15<br />

gung“ <strong>und</strong> dem „Gesetz über die Allgemeine Wehrpflicht“ weitere wichtige rechtliche<br />

Gr<strong>und</strong>lagen geschaffen.<br />

Die Impulse zum Militärumbau kamen zu Beginn <strong>der</strong> 1990er Jahre jedoch nicht so<br />

sehr von <strong>der</strong> politischen <strong>und</strong> militärischen Führung des Landes, als viel mehr von<br />

außen, so durch den „Vertrag über die konventionelle Bewaffnung in Europa“, <strong>der</strong><br />

1992 den Umfang <strong>der</strong> konventionellen Bewaffnung <strong>der</strong> Nachfolgestaaten <strong>der</strong><br />

UdSSR reglementierte. Danach wurden <strong>Belarus</strong> als Obergrenze 1.800 Panzer,<br />

2.600 gepanzerte Fahrzeuge, 1.615 Geschütze, 260 Kampfflugzeuge <strong>und</strong> 80<br />

Kampfhubschrauber zugestanden. Diese Obergrenze wurde Anfang 1996 erreicht.<br />

Nach zwei großen Kampagnen <strong>der</strong> Auflösung von Truppenteilen <strong>und</strong> <strong>der</strong> Verschrottung<br />

von Militärtechnik zählten <strong>Belarus</strong>’ Truppen 1997 schließlich noch<br />

83.000 Mann. Die vormals auf dem Staatsgebiet vorhandenen Kernwaffen <strong>und</strong> <strong>der</strong>en<br />

Einsatzmittel überführte man bis 1996 vollständig nach Russland <strong>und</strong> <strong>Belarus</strong><br />

ist seither kernwaffenfrei. Hier verdient die Tatsache Erwähnung, dass die <strong>Belarus</strong>sen<br />

auf einen vorfristigen Abzug <strong>der</strong> Atomwaffen drängten.<br />

Erst nach 1997 traten immer stärker originelle Züge <strong>und</strong> Eigenheiten einer spezifisch<br />

belarussischen Militärreform zutage, zunächst vor allem in den Organisationsstrukturen.<br />

Die Allgemeinen- <strong>und</strong> Panzerarmeen wurden aufgelöst <strong>und</strong> in das 28. <strong>und</strong> 65. Armeekorps<br />

umgewandelt. 2001 bildeten diese schließlich den Kern <strong>der</strong> neu geschaffenen<br />

Westlichen <strong>und</strong> Nordwestlichen Operativen Kommandos. Seit Dezember<br />

2001 besteht die Armee aus zwei Teilstreitkräften, den Landstreitkräften (LaSK)<br />

<strong>und</strong> den Truppen <strong>der</strong> Luftstreitkräfte/Luftverteidigung (LSK/LV).<br />

Auf den ersten Blick haben wir es nunmehr mit einer relativ kleinen Armee zu tun,<br />

<strong>der</strong>en Kernausrüstung dem Stand <strong>der</strong> Kriegskunst von vor 30 Jahren entspricht.<br />

Was aber lässt russische Militärs, die wohl besten ausländischen Kenner <strong>der</strong><br />

Streitmacht <strong>Belarus</strong>‘, immer wie<strong>der</strong> mit Hochachtung, ja Bew<strong>und</strong>erung von ihren<br />

weißrussischen Waffenbrü<strong>der</strong>n berichten?<br />

Die Ursache dafür liegt offensichtlich nicht (nur) in <strong>der</strong> materiellen Ausstattung<br />

<strong>und</strong> Struktur <strong>der</strong> belarussischen Armee. Es sind auch <strong>der</strong>en Akzeptanz bei <strong>der</strong> Bevölkerung,<br />

die soziale Lage <strong>der</strong> Militärangehörigen, das System <strong>der</strong> personellen<br />

Auffüllung <strong>und</strong> <strong>der</strong> Ausbildung, die Leistungen des „kleinen Bru<strong>der</strong>s“ bei den gemeinsamen<br />

Übungen, die viele russische Soldaten nachdenklich werden lassen.<br />

Russische Politiker müssen sich daher zu Hause auch immer wie<strong>der</strong> den Vergleich<br />

mit ihren belarussischen Amtskollegen gefallen lassen, wenn es um die <strong>Militärpolitik</strong><br />

geht.


16<br />

Es ist nicht zu übersehen, dass denjenigen, die mit <strong>der</strong> unglaublich überlegenen<br />

Militärmacht <strong>der</strong> NATO immer weiter an Russlands Grenzen vorrückten <strong>und</strong> dabei<br />

vorgaben, nichts Böses im Schilde zu führen, die <strong>Militärpolitik</strong> <strong>der</strong> <strong>Republik</strong><br />

<strong>Belarus</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong>en militärische Kooperation mit Russland, China, Venezuela <strong>und</strong><br />

an<strong>der</strong>n Staaten ein Dorn im Auge sind.<br />

Bisweilen scheint es, als ob immer noch das Gespenst <strong>der</strong> Gefahr aus dem Osten<br />

in manchen Köpfen spukt. Dabei stellen we<strong>der</strong> Russland geschweige denn <strong>der</strong> militärische<br />

Zwerg <strong>Belarus</strong> eine Bedrohung für den westlichen Militärgiganten dar.<br />

Was ist es also, das so manchen im Westen in diesem Kontext mit Argwohn <strong>und</strong><br />

voller Unruhe auf Weißrussland <strong>und</strong> dessen Armee blicken lässt? Was stört sie <strong>und</strong><br />

ihre Pläne?<br />

Was dem westlichen Beobachter erstaunlich scheint, ist eine außergewöhnlich positive<br />

Einstellung <strong>der</strong> weißrussischen Bevölkerung zu ihrer Armee. Das ist einerseits<br />

historisch bedingt: Für die meisten <strong>Belarus</strong>sen ist <strong>der</strong> Sieg <strong>der</strong> Sowjetarmee<br />

gegen die faschistischen Okkupanten nach wie vor ein wertvolles <strong>und</strong> behütenswertes<br />

historisches Erbe.<br />

An<strong>der</strong>erseits hat die belarussische Führung seit Mitte <strong>der</strong> 1990er Jahre, im Gegensatz<br />

zu Russland, weitgehend erfolgreich verhin<strong>der</strong>t, dass die Armee in politische<br />

Fraktionskämpfe verwickelt o<strong>der</strong> an den gesellschaftlichen Rand gedrängt wurde.<br />

In <strong>Belarus</strong> wurden nicht nur Ärzte <strong>und</strong> Lehrer, son<strong>der</strong>n auch Soldaten <strong>und</strong> Offiziere,<br />

an<strong>der</strong>s als beim östlichen Nachbarn, selbst in den 1990er Jahren regelmäßig<br />

<strong>und</strong> vergleichsweise gut bezahlt. Die Gehälter <strong>der</strong> weißrussischen Militärs lagen<br />

stets etwa 25% über denen ihrer russischen Kollegen. Der „Mann mit dem Gewehr“<br />

wurde in <strong>Belarus</strong> nicht demoralisiert, die Armee <strong>der</strong> Öffentlichkeit nicht als<br />

Lumpen- <strong>und</strong> Diebesgesindel vorgeführt, wie es in Russland <strong>und</strong> an<strong>der</strong>en postsowjetischen<br />

Staaten nicht selten <strong>der</strong> Fall war.<br />

Nicht weniger bedeutsam war, dass die Kompetenzen in Minsk klar abgegrenzt<br />

wurden. Das Verteidigungsministerium hatte immer die politischen Vorgaben von<br />

Präsident <strong>und</strong> Parlament umzusetzen <strong>und</strong> <strong>der</strong> Generalstab ist dem Ministerium<br />

strikt nachgeordnet, fungiert als operatives Führungsorgan <strong>und</strong> hat das Zusammenwirken<br />

mit an<strong>der</strong>en Staatsorganen zu koordinieren. Während sich in Russland<br />

Verteidigungsministerium <strong>und</strong> Generalstab mitunter erbittert bekriegen <strong>und</strong> gegenseitig<br />

blockieren, um dann wie<strong>der</strong> gemeinsam die egoistischen Gruppeninteressen<br />

<strong>der</strong> mehrtausendköpfigen Generalität bei<strong>der</strong> Institutionen durchsetzen, ist <strong>der</strong>artiges<br />

aus <strong>Belarus</strong> nicht bekannt geworden.<br />

We<strong>der</strong> dem Verteidigungsminister Generaloberst Leonid Malzew, noch dessen<br />

Erstem Stellvertreter, Generalstabschef Sergej Gurulew, käme es wohl in den Sinn,


17<br />

gegen das Primat <strong>der</strong> Politik öffentlich zu opponieren, wie es sich ihre ehemaligen<br />

Kameraden <strong>der</strong> Sowjetarmee <strong>und</strong> jetzigen Spitzenmilitärs <strong>der</strong> russischen Armee<br />

nicht selten herausnehmen. Das wird gern mit dem autoritären Führungsstil des<br />

Ehrenformation <strong>der</strong> belarussischen Armee am „Tag des Sieges“. Minsk 09. Mai<br />

2006.<br />

Präsidenten Lukaschenko begründet, was zum Teil auch stimmen mag, aber wohl<br />

doch nicht die ganze Wahrheit ist. <strong>Belarus</strong> hatte 1992 einfach das Glück, we<strong>der</strong><br />

den UdSSR-Generalstab noch das sowjetische Verteidigungsministerium mit dessen<br />

aufgeblähtem Bürokratenapparat zu erben. Die Generale des <strong>Belarus</strong>sischen<br />

Rotbanner-Militärbezirkes, aus denen sich die jetzige Führung <strong>der</strong> Armee <strong>Belarus</strong>’<br />

vorrangig rekrutierte, waren im Gegensatz zu vielen hohen Offizieren in <strong>der</strong> Moskauer<br />

Zentrale erprobte Truppenführer <strong>und</strong> hatten ihr Handwerk von <strong>der</strong> Biege<br />

auf gelernt.<br />

Aber auch was die militärpolitischen Gr<strong>und</strong>satzkonzeptionen betrifft, überraschte<br />

<strong>Belarus</strong>. Beson<strong>der</strong>s <strong>der</strong> Krieg <strong>der</strong> NATO gegen die B<strong>und</strong>esrepublik Jugoslawien<br />

1999 als auch die Vorbereitung <strong>und</strong> Durchführung des Irakkrieges haben in <strong>Belarus</strong><br />

das konzeptionelle militärtheoretische <strong>und</strong> militärpolitische Denken geprägt<br />

<strong>und</strong> die Formulierung einer eigenständigen <strong>Militärpolitik</strong> sichtlich beschleunigt.<br />

Am 12. Dezember 2001 wurden die neuen Militärdoktrin <strong>Belarus</strong>’ vom Parlament<br />

angenommen, nachdem vorher bereits die „Konzeption <strong>der</strong> nationalen Sicherheit


18<br />

<strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong>“ erneuert worden war. Im November 2001 unterschrieb Präsident<br />

Lukaschenko schließlich die „Konzeption des Aufbaus <strong>der</strong> <strong>Streitkräfte</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> bis 2010“ <strong>und</strong> weitere konzeptionelle Vorgaben für die <strong>Streitkräfte</strong>.<br />

Schaut man sich diese <strong>und</strong> die nachfolgenden Gr<strong>und</strong>satzdokumente an,<br />

dann ist unstrittig, dass es sich hier um reine Verteidigungskonzeptionen handelt.<br />

Kampfeinsätze außerhalb des eigenen Territoriums sind nicht gestattet. Im Bündnis<br />

mit <strong>der</strong> Kernwaffenmacht Russland sieht man die Garantie dafür, dass auch<br />

vielfach überlegene Staaten <strong>und</strong> Staatengruppierungen wie die NATO eine militärische<br />

Aktion gegen <strong>Belarus</strong> als aussichtslos beurteilen müssen. Die militärische<br />

Allianz mit Russland war <strong>und</strong> ist daher stets ein wichtiger Kernpunkt <strong>der</strong> Sicherheitspolitik<br />

<strong>der</strong> Minsker Regierung, während Teile <strong>der</strong> rechten Opposition bislang<br />

eine Annäherung an die NATO bevorzugten. Die <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> bekennt sich<br />

nachdrücklich zum Völkerrecht <strong>und</strong> zur Rolle <strong>der</strong> UNO bei <strong>der</strong> Regelung strittiger<br />

Fragen. Dabei werden die Machtverhältnisse in den internationalen Organisationen<br />

durchaus realistisch bewertet.<br />

Seit 1995 können Soldaten <strong>und</strong> Unteroffiziere als Berufssoldaten freiwillig dienen<br />

(„Kontraktsystem“). Dies mag zur Verbesserung des Klimas in <strong>der</strong> Truppe beigetragen<br />

haben, ist aber bei weitem nicht die einzige Erklärung dafür, warum die<br />

Armee als diszipliniert <strong>und</strong> geordnet gilt.<br />

Viel wichtiger scheint mir jedoch, dass im ganzen Land schon seit dem Amtsantritt<br />

Lukaschenkos gegen Kriminalität, Korruption <strong>und</strong> Chaos mobil gemacht wird <strong>und</strong><br />

sich nicht nur in <strong>der</strong> Armee Erfolge dabei zeigen. Das mag man relativieren können,<br />

da es unklar ist, wie sehr diese nachhaltig <strong>und</strong> unumkehrbar sind <strong>und</strong> nicht<br />

nur vages Resultat einer Kampagne.<br />

Viele <strong>Belarus</strong>sen sind aber davon überzeugt, dass dies erst durch die „harte <strong>und</strong><br />

konsequente Gesetzlichkeit“ <strong>der</strong> jetzigen Macht möglich wurde. In diesem Kontext<br />

werden vielfach die Rückbesinnung auf eigene, nationale Werte <strong>und</strong> die Kritik<br />

an westlichen Idealen <strong>und</strong> Vorstellungen thematisiert. Nicht unerwähnt bleiben<br />

soll hier, dass es in <strong>Belarus</strong>, im Gegensatz zu Russland, keine superreiche Oligarchie<br />

gibt.<br />

Präsident Lukaschenko, <strong>der</strong> selbst einmal als Wehrpflichtiger diente <strong>und</strong> später<br />

zum Reserveoffizier ausgebildet wurde, lässt sich nicht nur oft in <strong>der</strong> Truppe blicken.<br />

Er war <strong>und</strong> ist dort auch gern gesehen <strong>und</strong> zweifelsohne relativ beliebt. Das<br />

hat er unter an<strong>der</strong>em auch mit einigen außergewöhnlichen Schritten erreicht. So<br />

wurde 1995 ein Konsultationsrat, <strong>der</strong> beachtliche Vollmachten besitzt, <strong>und</strong> dem 49<br />

Truppenoffiziere aller Dienstgradgruppen vom Leutnant bis zum Oberst angehören,<br />

gegründet. Der Präsident begründete diesen Schritt mit <strong>der</strong> notwendigen demokratischen<br />

Kontrolle <strong>der</strong> Armeeführung von unten. Am 21. Mai 1997 konsti-


19<br />

tuierte sich außerdem die „Offiziersversammlung <strong>der</strong> <strong>Streitkräfte</strong> <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong>“.<br />

Im Beisein des Oberkommandierenden <strong>der</strong> <strong>Streitkräfte</strong>, Präsident Lukaschenko,<br />

wurden nicht nur die „Verordnung über die Offiziersversammlung <strong>der</strong><br />

<strong>Streitkräfte</strong> <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong>“, son<strong>der</strong>n auch die „Regeln <strong>der</strong> kollektiven Ehrengerichte<br />

<strong>der</strong> Offiziere <strong>der</strong> <strong>Streitkräfte</strong> <strong>der</strong> <strong>Belarus</strong>“ verabschiedet. Das alles<br />

zeigte offensichtlich die beabsichtigte Wirkung.<br />

Im Gegensatz zu Russland verlassen junge Offiziere kaum mehr die Armee, sehen<br />

in ihr eine Zukunft für sich <strong>und</strong> ihre Familien.<br />

Stück für Stück entstand so eine Armee, die nicht nur <strong>der</strong> „Dedowtschina“ 11 die<br />

Stirn bieten kann, son<strong>der</strong>n sogar bei Militärfachleuten Erstaunen hervorrief.<br />

Das war spätestens im Herbst 2001 nicht mehr zu übersehen, als <strong>Belarus</strong>’ Soldaten<br />

zur operativ-taktischen Übung „Neman-2001“ ausrückten. Nein, das war keine<br />

Medienshow, wie sie <strong>der</strong> ehemalige russische Verteidigungsminister Iwanow von<br />

Zeit zu Zeit für sich, seinen Präsidenten <strong>und</strong> die Öffentlichkeit inszenierte. Hier<br />

eroberten nicht zwei Kompanien eine von „Terroristen“ besetzte Brücke. Hier<br />

waren mehrere komplette Truppenteile aller Teilstreitkräfte im „realen Gefechtseinsatz“<br />

<strong>und</strong> es ging nicht um den Bau potemkinscher Dörfer. Man erprobte die<br />

neue Verteidigungsdoktrin in <strong>der</strong> Praxis <strong>und</strong> die Anlage <strong>der</strong> Übung zeigte, dass <strong>der</strong><br />

angenommene Gegner technologisch hoch gerüstet war <strong>und</strong> nicht aus einem rückständigen<br />

Land <strong>der</strong> Dritten Welt kam. Dass es sich nicht um eine Eintagsfliege<br />

handelte, wurde im Oktober 2004 klar. Die Übung „Ščit Otečestvo-2004“ (Schild<br />

<strong>der</strong> Heimat) probte erneut den Verteidigungsernstfall. Den zahlreich anwesenden<br />

Journalisten <strong>und</strong> internationalen Beobachtern wurde erklärt, dass <strong>Belarus</strong> kein<br />

Land als wahrscheinlichen Gegner betrachte, sich auf Gr<strong>und</strong> <strong>der</strong> internationalen<br />

Entwicklung aber gezwungen sieht, seine Verteidigungsfähigkeit zu erhöhen. Letztmalig<br />

konnte sich die Öffentlichkeit im Oktober 2006 davon überzeugen, dass<br />

<strong>Belarus</strong> die eingeschlagene Richtung hartnäckig verfolgt. Die Übung „Ščit Sojuza-<br />

2006“ 12 (Schild <strong>der</strong> Union) probte erneut den Verteidigungsernstfall <strong>und</strong> das Zusammenwirken<br />

mit dem russischen Verbündeten.<br />

Im postsowjetischen Raum findet man gegenwärtig keine an<strong>der</strong>e Armee, die wie<br />

die belarussische zwei Mal im Jahr mit einem Großteil <strong>der</strong> Truppen ins Manöver<br />

zieht. <strong>Belarus</strong> vermeidet aber alles, was die NATO o<strong>der</strong> die USA als Provokation<br />

auffassen könnten, ja man ist durchaus zur Kooperation bereit. So überraschte es<br />

nicht, dass Minsk die Einladung zur Übung „Cooperative Best Effort-2005“, die<br />

11 „Dedowtschina“ (von russ. Ded, Großvater), umgangssprachlicher Begriff für ein inoffizielles System<br />

von Misshandlung, Schikane <strong>und</strong> Ausbeutung junger Wehrpflichtiger durch „altgediente“ Kameraden,<br />

einschließlich Offizieren, das bereits in den letzten Jahren <strong>der</strong> Sowjetarmee grassierte.<br />

12 Siehe Ansicht 10 <strong>der</strong> Anlage.


20<br />

unter NATO-Ägide vom 06. bis 16. Juni in <strong>der</strong> Ukraine stattfand, ohne Zögern<br />

annahm.<br />

Auch Russland hat mittlerweile längst erkannt, welch unschätzbaren strategischen<br />

Stellenwert <strong>Belarus</strong> für seine nationale Sicherheit hat. Das geplante <strong>und</strong> bisher nur<br />

zum Teil funktionierende System <strong>der</strong> gemeinsamen Luftabwehr Russland–<strong>Belarus</strong><br />

ist dabei eines <strong>der</strong> Kernstücke <strong>der</strong> Kooperation. Russland besitzt nur noch ein äußerst<br />

lückenhaftes Luftabwehrsystem <strong>und</strong> auch die Kosmischen <strong>Streitkräfte</strong> haben<br />

den Ausfall <strong>der</strong> Stationen <strong>und</strong> Komponenten im Baltikum <strong>und</strong> an<strong>der</strong>swo niemals<br />

völlig verkraftet. In <strong>Belarus</strong> befinden sich zwei militär-strategische Komponenten<br />

Russlands, <strong>der</strong>en Verlust nicht absehbare Folgen haben würde. Das ist zum einen<br />

die Radarstation „Wolga“ in <strong>der</strong> Nähe von Baranowitschi <strong>und</strong> zum an<strong>der</strong>en <strong>der</strong><br />

Führungspunkt <strong>der</strong> Atom-U-Boot-Flotte Russlands in Wilejka.<br />

Mit <strong>der</strong> verän<strong>der</strong>ten sicherheitspolitischen Lage <strong>und</strong> <strong>der</strong> rasanten militärtechnischen<br />

Entwicklung drängen sich folgende Fragen auf: Wie soll die kleine Verteidigungsarmee<br />

<strong>Belarus</strong> ausgerüstet sein? Was scheint hinreichend <strong>und</strong> was kann man<br />

sich leisten?<br />

Minsk geht augenscheinlich zwei Wege. Erstens werden die vorhandenen Mittel<br />

mo<strong>der</strong>nisiert <strong>und</strong> zweitens sollen neue Waffen <strong>und</strong> Ausrüstungen entwickelt, gebaut<br />

<strong>und</strong> angeschafft werden. Auch hier sucht man die Kooperation mit Russland.<br />

Allein wäre Minsk, trotz einiger Kapazitäten, dazu schwerlich in <strong>der</strong> Lage. Auch<br />

für Russlands Rüstung ist <strong>Belarus</strong>’ Bedeutung größer als gemeinhin vermutet. Beide<br />

Seiten versuchen dabei, die notwendigen Investitionen <strong>und</strong> Mittel auch mittels<br />

Rüstungsexport in Drittlän<strong>der</strong> zu erwirtschaften. Was die Mo<strong>der</strong>nisierung anbetrifft,<br />

so seien nur die Kampfflugzeuge MIG-29BM <strong>und</strong> SU-27UBM1 als Beispiel<br />

genannt. Die Liste <strong>der</strong> gemeinsamen Projekte ist lang. Alles im allem eine eigenartige<br />

Symbiose zweier durchaus verschiedener Partner, die in ihrem <strong>Streitkräfte</strong>umbau<br />

offensichtlich verschiedene Wege gehen.<br />

Sind die Truppen <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> nun aber ein neuer Typus von Armee, gar<br />

eine neue Volksarmee? Nicht angriffsfähig aber abwehrstark, klein, mo<strong>der</strong>n, mobil,<br />

von <strong>der</strong> Bevölkerung nicht nur als notwendiges Übel gelitten o<strong>der</strong> als Arbeitgeber<br />

akzeptiert, son<strong>der</strong>n als erfor<strong>der</strong>lich <strong>und</strong> wichtig angenommen?<br />

Ist eine milizartige Territorialverteidigung, die auch dezentralisiert handeln kann, in<br />

<strong>der</strong> Lage, einen überlegenen <strong>und</strong> mo<strong>der</strong>n ausgerüsteten Angreifer abzuschrecken?<br />

Sind gegen diese Truppen Präzisionswaffen, aus tausenden Kilometern Entfernung<br />

abgefeuert, gar wirkungslos <strong>und</strong> muss <strong>der</strong> Angreifer wie<strong>der</strong> auf Nahdistanz<br />

gehen, bei <strong>der</strong> sich die technische Überlegenheit schnell relativieren kann, wie man<br />

es im Irak beobachten kann?


21<br />

Hat <strong>der</strong> Verteidigungsminister <strong>Belarus</strong> übertrieben, als er kürzlich konstatierte:<br />

„Wir haben <strong>Streitkräfte</strong> geschaffen, die den Anfor<strong>der</strong>ungen des mo<strong>der</strong>nen Krieges gerecht werden<br />

<strong>und</strong> den Parametern mo<strong>der</strong>nen bewaffneten Kampfes entsprechen.“ 13<br />

In den folgenden Ausführungen will ich versuchen, einige dieser Fragen zu beantworten<br />

<strong>und</strong> Denkanstöße für weiterführende, vertiefende Untersuchungen zu geben.<br />

Der Autor im Gespräch mit dem Kommandeur <strong>der</strong> 206. Schlachtfliegerbasis<br />

Oberst Igor Golub (zweiter v. links). Lida, 11. Mai 2006.<br />

13 Generaloberst Leonid Malzew. „Vojenno-promyšlennyj kur`er“(vpk) v. 04.03.2007.


22<br />

Die rechtlichen <strong>und</strong> normativen Gr<strong>und</strong>lagen <strong>der</strong> <strong>Militärpolitik</strong> <strong>der</strong> <strong>Republik</strong><br />

<strong>Belarus</strong><br />

Im Folgenden sollen zunächst die wichtigsten<br />

Dokumente <strong>und</strong> Gesetze genannt<br />

werden, die <strong>der</strong> <strong>Militärpolitik</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> ihre normative <strong>und</strong><br />

juristische Basis geben. Diese sind ausnahmslos<br />

<strong>der</strong> Öffentlichkeit zugänglich<br />

14 . Eine umfassende Analyse <strong>und</strong><br />

Wertung würde den Rahmen dieses<br />

Textes jedoch sprengen. Es können<br />

her nur einige wichtige Elemente aufgezeigt<br />

werden.<br />

Gr<strong>und</strong>legende Rechtsnorm ist auch in <strong>Belarus</strong> die Verfassung <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong>.<br />

Diese wurde 1994 beschlossen. Zur <strong>Militärpolitik</strong> heißt es darin:<br />

• Im Artikel 1 „...Die <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> verteidigt ihre Unabhängigkeit <strong>und</strong> territoriale<br />

Integrität, ihre verfassungsmäßige Ordnung <strong>und</strong> sichert die Gesetzlichkeit<br />

<strong>und</strong> Rechtsordnung.“<br />

• Im Artikel 18 „Die <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> geht in ihrer Außenpolitik von den<br />

Prinzipien <strong>der</strong> Gleichheit <strong>der</strong> Staaten, <strong>der</strong> Nichtanwendung <strong>und</strong> Nichtandrohung<br />

von Gewalt, <strong>der</strong> Unantastbarkeit <strong>der</strong> Grenzen, <strong>der</strong> friedlichen Lösung<br />

von Konflikten, <strong>der</strong> Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten <strong>und</strong><br />

an<strong>der</strong>en allgemein anerkannten Prinzipien <strong>und</strong> Normen des Völkerrechts<br />

aus.“<br />

• Im Artikel 57 „Die Verteidigung <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> ist die Pflicht <strong>und</strong> die<br />

heilige Aufgabe <strong>der</strong> Bürger <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong>….“<br />

• Im Artikel 84 „Der Präsident <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> ist <strong>der</strong> Oberkommandierende<br />

<strong>der</strong> <strong>Streitkräfte</strong> <strong>und</strong> hat das Recht, die führenden Kommandeure zu ernennen<br />

o<strong>der</strong> abzulösen.“<br />

• Im Artikel 97 „Die Repräsentantenkammer prüft die Gesetzvorlagen, … die<br />

gr<strong>und</strong>legenden Richtungen <strong>der</strong> Militärdoktrin, …“<br />

• Im Artikel 98 „Der <strong>Republik</strong>rat prüft die Erlasse des Präsidenten über die<br />

Verhängung des Kriegszustandes, einer teilweisen o<strong>der</strong> vollständigen Mobilmachung<br />

nicht später als 3 Tage nach <strong>der</strong>en Bekanntgabe.“<br />

14 Quellenverzeichnis S. 98.


23<br />

Ähnlich wie in <strong>der</strong> Russischen Fö<strong>der</strong>ation (RF) präzisiert <strong>und</strong> bestimmt <strong>Belarus</strong> in<br />

<strong>der</strong> Konzeption <strong>der</strong> nationalen Sicherheit <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> (Erlass des<br />

Präsidenten Nr. 390 v. 17. Juli 2001) wichtige Elemente <strong>der</strong> Sicherheitspolitik.<br />

Hier werden die nationalen Interessen definiert <strong>und</strong> die Mittel <strong>und</strong> Wege zu <strong>der</strong>en<br />

Sicherung bestimmt. Im Gegensatz zu Russland erscheint die weißrussische Sicherheitskonzeption<br />

jedoch präziser, knapper <strong>und</strong> konkreter:<br />

Das Kapitel 4.1. „Lebensnotwendige Interessen <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong>“ weist<br />

unter an<strong>der</strong>em den <strong>Streitkräfte</strong>n die aus <strong>der</strong> Bestimmung <strong>der</strong> nationalen Interessen<br />

resultierenden Aufgaben zu. Das sind zum Beispiel die „Sicherung eines effektiven<br />

Schutzes <strong>der</strong> Souveränität <strong>und</strong> territorialen Integrität <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> für den Fall,<br />

dass gegen sie bewaffnete Gewalt angewandt o<strong>der</strong> angedroht wird“ (Punkt 4.1.).<br />

Es werden die „Sicherung eines Militärpotentials, ausreichend zur Neutralsierung<br />

möglicher militärischer Gefahren“ sowie die „Sicherung eines optimalen Verhältnisses<br />

zwischen den Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Verteidigung <strong>und</strong> den Interessen <strong>der</strong> sozial-ökonomischen<br />

Entwicklung des Landes“ gefor<strong>der</strong>t (Punkt 4.1.2.).<br />

Bemerkenswert erscheint hier <strong>der</strong> Punkt 4.1.3., in dem es heißt: „Die Teilnahme<br />

<strong>der</strong> <strong>Streitkräfte</strong> an bewaffneten Konflikten jeglichen Charakters außerhalb <strong>der</strong><br />

Grenzen <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> ist ausgeschlossen.“ Ebenso interessant ist die For<strong>der</strong>ung<br />

nach <strong>der</strong> „Verwirklichung <strong>der</strong> gesellschaftlichen Kontrolle über die <strong>Streitkräfte</strong>“<br />

im Punkt 4.1.9.<br />

Auch in <strong>der</strong> „Konzeption <strong>der</strong> nationalen Sicherheit“ ist die Betonung des subjektiven<br />

Faktors augenscheinlich. Im Punkt 4.1.8. werden die „Erhaltung <strong>und</strong> Entwicklung<br />

eines Gefühls von Patriotismus in <strong>der</strong> Gesellschaft <strong>und</strong> des Verständnisses<br />

eines jeden Bürgers für die Pflicht zum Schutz des Landes“ eingefor<strong>der</strong>t.<br />

Im Kapitel 4.3. „Hauptrichtungen <strong>der</strong> Gewährleistung <strong>der</strong> Sicherheit <strong>der</strong> RB<br />

in <strong>der</strong> militärischen Sphäre“ wird das Augenmerk auf die „Teilnahme am System<br />

<strong>der</strong> internationalen Sicherheit, unter an<strong>der</strong>em am ‚Vertrag über die Schaffung<br />

des Unionsstaates‘ <strong>und</strong> am ‚Vertrag über kollektive Sicherheit.‘“ (ODKB) gerichtet.<br />

(Punkt 4.3.).<br />

Allerdings wird auch <strong>der</strong> „Teilnahme an den Abrüstungs- <strong>und</strong> Rüstungskontrollprozessen<br />

im Rahmen internationaler Vereinbarungen“ (Punkt 4.3.5) eine sehr hohe<br />

Priorität eingeräumt.<br />

Als weitere wichtige Entwicklungsrichtungen definiert man die „Entwicklung <strong>der</strong><br />

Militärwissenschaften <strong>und</strong> des Systems <strong>der</strong> Ausbildung von Militärka<strong>der</strong>n“ (Punkt<br />

4.3.6.) sowie die „Ausarbeitung einer staatlichen Politik auf dem Gebiet <strong>der</strong> Zivilverteidigung<br />

<strong>und</strong> des Schutzes <strong>der</strong> Bevölkerung <strong>und</strong> des Territoriums im Katastrophenfall.“<br />

(Punkt 4.3.9.).


24<br />

Ein weiteres wichtiges Dokument ist die Militärdoktrin <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong><br />

(Gesetz v. 03.Januar 2002). Darin heißt es:<br />

„Die verkündeten Militärdoktrinen haben einen tiefgreifenden Verteidigungscharakter.<br />

Die <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> geht davon aus, dass gegenwärtig<br />

kein einziger Staat für sie ein potentieller Gegner ist. Die militärische<br />

Sicherheit versteht die <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> als Zustand <strong>der</strong> Unangreifbarkeit<br />

ihrer nationalen Interessen unter den Bedingungen einer<br />

möglichen Transformation <strong>der</strong> militärischen Gefahr in eine militärische<br />

Bedrohung.“<br />

Eine Reihe von Gesetzen <strong>und</strong> Verordnungen zur Militär- <strong>und</strong> Sicherheitspolitik<br />

flankieren die oben genannten Gr<strong>und</strong>satzdokumente. Hier sind folgende hervorzuheben:<br />

• Das Gesetz <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> „Über Verteidigung“ (Verteidigungsgesetz)<br />

v. 03.11.1992 in <strong>der</strong> Fassung v. 17. Juli 2002.<br />

• Das Gesetz <strong>der</strong> RB „Über die Mobilmachungsvorbereitung <strong>und</strong> die<br />

Mobilmachung“ v. 26. Oktober 2000.<br />

• Das Gesetz <strong>der</strong> RB „Über den Kriegszustand“ v. 13. Januar 2003.<br />

• Das Gesetz <strong>der</strong> RB „Über die <strong>Streitkräfte</strong> <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong>“ vom 3.<br />

November 1992 in <strong>der</strong> Fassung v. 24. Juni 2002.<br />

• Das Gesetz <strong>der</strong> RB „Über die Militärpflicht <strong>und</strong> den Militärdienst“ vom<br />

5. November 1992 in <strong>der</strong> Fassung v. 22. Juli 2003.<br />

• Das Gesetz <strong>der</strong> RB „Über die Ordnung des Einsatzes von Militärangehörigen,<br />

Kommandeuren <strong>und</strong> Soldaten <strong>der</strong> Organe des Inneren, <strong>der</strong><br />

Organe <strong>der</strong> Finanzkontrolle des Komitees <strong>der</strong> staatlichen Kontrolle<br />

<strong>der</strong> RB, <strong>der</strong> Organe <strong>und</strong> Einheiten des Katastrophenschutzes, von Mitarbeitern<br />

<strong>der</strong> Staatsanwaltschaft <strong>und</strong> Zivilpersonen außerhalb <strong>der</strong><br />

Grenzen <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> im Rahmen <strong>der</strong> Teilnahme an Maßnahmen<br />

<strong>der</strong> Erhaltung <strong>der</strong> internationalen Sicherheit <strong>und</strong> des Friedens“<br />

vom 29. November 2003.<br />

• Das Gesetz <strong>der</strong> RB „Über den Status <strong>der</strong> Militärangehörigen“ vom 13.<br />

November 1992 (zahlreiche wichtige Zusätze <strong>und</strong> Ergänzungen, zuletzt <strong>der</strong><br />

Ukas des Präsidenten Nr. 446 v. 31.12.1995).<br />

• Das Gesetz <strong>der</strong> RB „Über die Pensions- <strong>und</strong> Rentenversorgung <strong>der</strong> Militärangehörigen,<br />

von Kommandeuren <strong>und</strong> Angehörigen des einfachen<br />

Dienstes <strong>der</strong> Organe des Inneren, <strong>der</strong> Organe <strong>und</strong> Einheiten des<br />

Katastrophenschutzes <strong>und</strong> des Finanzdienstes“.


25<br />

Somit lässt sich konstatieren, dass in <strong>Belarus</strong> ein klar definierter nationaler rechtlicher<br />

Rahmen für die Militär-<strong>und</strong> Sicherheitspolitik existiert.<br />

Die wichtigsten Gesetze, Verordnungen <strong>und</strong> Rechtsakte sind öffentlich zugänglich<br />

<strong>und</strong> hinreichend transparent. Inwieweit die vollständige Umsetzung <strong>der</strong> normativen<br />

Vorgaben <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Kontrolle gängige Praxis ist, müsste geson<strong>der</strong>t untersucht<br />

werden. Die belarussische Opposition ist, was die <strong>Militärpolitik</strong> <strong>und</strong> die Armee betrifft,<br />

auffallend wortkarg. Es gibt außerdem sehr wenige, frei verfügbare westliche<br />

Analysen <strong>und</strong> Quellen. Daher scheiden beide als handhabbares Verifikationsmittel<br />

lei<strong>der</strong> aus.<br />

<strong>Belarus</strong> ist, was die Militär- <strong>und</strong> Sicherheitspolitik betrifft, international erstaunlich<br />

aktiv. Das Land ist einer Reihe von internationalen Abkommen <strong>und</strong> Verträgen<br />

zur Abrüstung <strong>und</strong> Rüstungskontrolle beigetreten <strong>und</strong> hat zu <strong>der</strong>en Erfüllung<br />

einen beachtlichen Beitrag geleistet. Im Folgenden einige Beispiele:<br />

• Vertrag über konventionelle Bewaffnung in Europa (ДОВСЕ-KSE);<br />

• Protokoll über Anpassung des KSE-Vertrages;<br />

• Vertrag über die Vernichtung von Raketen mittlerer <strong>und</strong> kurzer Reichweite<br />

zwischen <strong>der</strong> UdSSR <strong>und</strong> den USA (INF-Vertrag);<br />

• Konvention über das Verbot <strong>der</strong> Entwicklung, <strong>der</strong> Produktion, <strong>der</strong> Lagerung<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Anwendung chemischer Waffen;<br />

• Konvention über das Verbot Antipersoneneminen herzustellen, zu lagern<br />

<strong>und</strong> anzuwenden, sowie die Verpflichtung, diese zu vernichten;<br />

• Vertrag über Rüstungskontrolle aus <strong>der</strong> Luft („open-sky“);<br />

• Deklaration <strong>der</strong> OSZE über die Kontrolle <strong>der</strong> Produktion <strong>und</strong> <strong>der</strong> Weiterverbreitung<br />

von Handfeuerwaffen.<br />

Diese Aufzählung wi<strong>der</strong>spricht dem Bild <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> als Paria <strong>der</strong> internationalen<br />

Staatengemeinschaft, welches im Westen mitunter gezeichnet wird. Es<br />

wird deutlich, dass Minsk an einer Entspannungs- <strong>und</strong> Abrüstungspolitik gelegen<br />

ist <strong>und</strong> man dabei gewillt ist, konstruktiv mit dem Westen zusammenzuarbeiten.<br />

Nicht verschweigen sollte man jedoch, dass die gegenwärtige weißrussische Führung<br />

vorrangig auf die UNO <strong>und</strong> die OSZE setzt.<br />

Die NATO <strong>und</strong> die EU werden offensichtlich als partikuläre Interessengemeinschaften<br />

bewertet. Mit diesen werden einerseits gute nachbarschaftliche Beziehungen<br />

angestrebt. An<strong>der</strong>erseits traut man ihnen keine nachhaltigen Lösungen strittiger<br />

Fragen unter Wahrung <strong>der</strong> Interessen aller beteiligter Seiten zu.


26<br />

Die Armee als Kernelement <strong>der</strong> <strong>Militärpolitik</strong> <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong><br />

Aufgaben, Struktur/Dislozierung, Führung<br />

In den im vorigen Kapitel genannten Dokumenten <strong>und</strong> Gesetzen werden <strong>der</strong> Armee<br />

folgende Aufgaben gestellt:<br />

Als Aufgaben in Kriegszeiten werden „die bewaffnete Verteidigung <strong>der</strong> <strong>Republik</strong><br />

<strong>Belarus</strong> <strong>und</strong> die Abwehr eines Angriffes unter allen Bedingungen <strong>der</strong> strategischen<br />

Lage, selbständig o<strong>der</strong> gemeinsam mit den <strong>Streitkräfte</strong>n <strong>der</strong> Verbündeten“ 15<br />

bezeichnet. Angestrebt wird die „Schaffung von Voraussetzungen für die Beendigung<br />

<strong>der</strong> Kampfhandlungen indem dem Gegner eine Nie<strong>der</strong>lage bereitet wird.“ 16 .<br />

Ziel sei die Herstellung eines solchen Friedens, <strong>der</strong> den Interessen <strong>der</strong> <strong>Republik</strong><br />

<strong>Belarus</strong> entspricht.<br />

Der Armee werden umfangreiche Aufgaben in Friedenszeiten zugewiesen. So<br />

soll das militärische Potenzial <strong>der</strong> <strong>Streitkräfte</strong> ständig gesichert sowie die Kampf<strong>und</strong><br />

Mobilmachungsbereitschaft <strong>der</strong> Truppen, die zur Abwehr eines Angriffes lokalen<br />

Maßstabes notwendig, sind auf hohem Niveau erhalten werden. Gefor<strong>der</strong>t<br />

wird die ständige Gewährleistung <strong>der</strong> Informationssicherheit. Darunter versteht<br />

man nicht nur die Sicherung <strong>der</strong> militärischen Nachrichtenverbindungen <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

Informationstechnologie son<strong>der</strong>n auch das Verhin<strong>der</strong>n des Eindringens von Fehl<strong>und</strong><br />

Falschinformationen. Weiterhin soll eine wirksame <strong>und</strong> permanente präventive<br />

Aufklärung <strong>der</strong> Vorbereitungen eines Angriffs gegen die <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> geführt<br />

werden.<br />

Der Verteidigung <strong>und</strong> dem Schutz <strong>der</strong> Grenzen <strong>und</strong> des Luftraumes <strong>der</strong> RB wird<br />

eine beson<strong>der</strong>s wichtige Stellung eingeräumt. Weißrussische Fachleute verweisen<br />

in diesem Kontext häufig auf die Kriegshandlungen <strong>der</strong> NATO gegen Jugoslawien<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> USA gegen den Irak, bei denen die Erringung <strong>der</strong> Luftherrschaft eine<br />

zentrale Rolle spielte.<br />

Eine Son<strong>der</strong>stellung nimmt die Vervollkommnung <strong>der</strong> Luftverteidigung als einheitliches<br />

Verteidigungssystem des Unionsstaates (Russische Fö<strong>der</strong>ation - <strong>Republik</strong><br />

<strong>Belarus</strong>) ein, welche absolute Priorität besitzt.<br />

Es wird die „Schaffung eines multifunktionalen Verteidigungssystems mit dem<br />

Ziel einer komplexen Lösung aller Aufgaben zur Gewährleistung <strong>der</strong> Verteidigung<br />

<strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong>“ 17 gefor<strong>der</strong>t. Darunter versteht man unter an<strong>der</strong>em das Zu-<br />

15 „Stroitelstvo i razvitie Vooružennych Sil Respubliki <strong>Belarus</strong>“, NOVIK Minsk 2005. S. 18.<br />

16 Ebenda.<br />

17 Ebenda.


27<br />

sammenwirken aller bewaffneten Organe unter voller Ausnutzung aller zur Verfügung<br />

stehenden Mittel <strong>und</strong> Kräfte. So ist es nur folgerichtig, dass die allseitige<br />

Vorbereitung <strong>und</strong> Durchführung <strong>der</strong> Mobilmachung <strong>der</strong> <strong>Streitkräfte</strong> regelmäßig<br />

erprobt wird. Bei den Übungen <strong>und</strong> Manövern <strong>der</strong> letzten Jahre wurde <strong>der</strong> Stand<br />

<strong>der</strong> Vorbereitung <strong>der</strong> strategischen Entfaltung beim Übergang des Landes zum<br />

Kriegszustand überprüft.<br />

Dazu wurden die Programme <strong>und</strong> Pläne <strong>der</strong> operativen-, Gefechts- <strong>und</strong> Mobilmachungsvorbereitung<br />

präzisiert <strong>und</strong> die Einführung neuer Formen <strong>und</strong> Arten <strong>der</strong><br />

Führung von Kampfhandlungen in die Ausbildung <strong>und</strong> Vorbereitung <strong>der</strong> Truppen<br />

forciert. Es ist zu beobachten, dass <strong>der</strong> Schwerpunkt von <strong>der</strong> Handlung kompakter,<br />

großer Truppenteile <strong>und</strong> Verbände hin zu kleineren flexibleren Einheiten verlegt<br />

wurde. <strong>Belarus</strong> verfügt zum Beispiel über eine relativ große Anzahl von Spezialeinheiten<br />

für verdeckte Handlungen <strong>und</strong> Operationen. Insgesamt will man sich<br />

offenbar von starren Schemen verabschieden <strong>und</strong> die Truppe auf eine flexible<br />

Kriegsführung vorbereiten.<br />

Die Erhaltung <strong>der</strong> ständigen Kampffähigkeit <strong>der</strong> Bewaffnung <strong>und</strong> Technik wird<br />

nicht nur verbal eingefor<strong>der</strong>t. Die technische Kultur in <strong>der</strong> Armee <strong>Belarus</strong>‘ ist im<br />

Vergleich zu an<strong>der</strong>en postsowjetischen Staaten hoch <strong>und</strong> <strong>der</strong> Zustand <strong>der</strong> Technik<br />

wir von Experten sogar besser eingeschätzt als <strong>der</strong> <strong>der</strong> russischen <strong>Streitkräfte</strong>.<br />

Kaum ein Auftritt <strong>der</strong> führenden Militärs <strong>der</strong> RB, bei dem nicht die Sicherung <strong>und</strong><br />

die Erhaltung eines hohen Niveaus des moralisch-psychologischen Zustandes des<br />

Personalbestandes gefor<strong>der</strong>t werden. Mehr dazu an an<strong>der</strong>er Stelle.<br />

Der Strahltrainer L-39. Pilotenausbildung in <strong>der</strong> Flugbasis Lida.


28<br />

Struktur/Dislozierung<br />

Die Ansicht 1 <strong>der</strong> Anlage zeigt das Organigramm <strong>der</strong> Armee <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong>.<br />

Diese Struktur ist das Ergebnis eines tiefgreifenden Umbaus.<br />

In den Jahren 2001 bis 2004 wurden 198 Einheiten <strong>und</strong> Einrichtungen <strong>der</strong> Armee<br />

<strong>der</strong> RB aufgelöst <strong>und</strong> 150 umstrukturiert. Dass es sich dabei nicht nur um Reduzierungen<br />

handelt, zeigt die Tatsache, dass 57 Einheiten <strong>und</strong> Organe neu geschaffen<br />

wurden. Vom Ende <strong>der</strong> 1990er Jahre bis 2004 wurde die Personalstärke um<br />

35.0000 Personen verringert, darunter 25.000 Soldaten <strong>und</strong> Offiziere.<br />

Mittlerweile gehört das Personaldefizit, welches noch vor einigen Jahren zu beobachten<br />

war, <strong>der</strong> Vergangenheit an. Die Zahl <strong>der</strong> besetzten Planstellen, vor allem<br />

in den Kampfeinheiten, stieg stetig an (Ansicht 7).<br />

Die Stärke <strong>der</strong> <strong>Belarus</strong>sischen Armee beträgt gegenwärtig etwa 65.000 Personen,<br />

von denen 50.000 Militärangehörige <strong>und</strong> 15.000 Zivilangestellte sind. Eine wesentliche<br />

weitere Reduzierung ist gegenwärtig nicht vorgesehen.<br />

Schaut man sich den Organisationaufbau <strong>der</strong> Truppenteile <strong>und</strong> Einheiten an, so<br />

wird klar, dass es gegenüber <strong>der</strong> Sowjetarmee wesentliche Verän<strong>der</strong>ung gibt. Deutlich<br />

wird dies bei den Mechanisierten Brigaden <strong>der</strong> Landstreitkräfte (Ansicht 2 <strong>der</strong><br />

Anlage). Die Verbände wurden kleiner, flexibler, beweglicher. Das bringt eine Verän<strong>der</strong>ung<br />

<strong>der</strong> Anteile <strong>der</strong> Waffengattungen <strong>und</strong> Dienste mit sich (Ansicht 4). Der<br />

Prozess <strong>der</strong> Suche nach einer optimalen Struktur ist m.E. jedoch noch nicht abgeschlossen.<br />

Gegenwärtig verfügt die <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> über die in <strong>der</strong> Ansicht 5 aufgeführten<br />

Verbände, Truppenteile, Einheiten <strong>und</strong> Einrichtungen. Die Übersicht ist das Ergebnis<br />

meiner Auswertung <strong>der</strong> öffentlich verfügbaren Informationen.<br />

Dazu ist anzumerken, dass die allgemein zugänglichen belarussischen Quellen erstaunlich<br />

detailliert sind. Von übermäßiger Geheimniskrämerei kann also keine Rede<br />

sein. Dass die militär- <strong>und</strong> sicherheitspolitisch wirklich relevanten Interna auch<br />

in Minsk nicht auf <strong>der</strong> Straße liegen, versteht sich dagegen von selbst. Das ruft die<br />

westlichen Geheimdienste auf den Plan. Kürzlich wurde gemeldet, dass einige<br />

weißrussische Offiziere wegen des Verdachtes <strong>der</strong> Spionage für Polen vom KGB<br />

inhaftiert wurden. Nicht zufällig war das Objekt <strong>der</strong> „Neugier“ die gemeinsame<br />

russisch-weißrussische Luftabwehr.<br />

Die Entwicklung des Systems <strong>der</strong> militärischen Führung <strong>der</strong> <strong>Streitkräfte</strong><br />

In den vergangenen Jahren war eine intensive Suche <strong>der</strong> Verantwortlichen nach<br />

einer mo<strong>der</strong>nen Führung <strong>der</strong> <strong>Streitkräfte</strong> zu beobachten. Vieles, was von <strong>der</strong><br />

UdSSR zunächst übernommen wurde, erwies sich offenbar als unbefriedigend. Es<br />

ist zu erwarten, dass auch künftig ständig Än<strong>der</strong>ungen <strong>und</strong> Korrekturen vorge-


29<br />

nommen werden. Die politische <strong>und</strong> militärische Führung betrachtet dies ganz<br />

pragmatisch als natürlichen, notwendigen Vorgang.<br />

Seit <strong>der</strong> Jahrtausendwende sind einige wesentliche Än<strong>der</strong>ungen zu vermerken:<br />

• Alle zentralen Führungsorgane wurden umgebaut.<br />

• Aus dem Hauptstab <strong>der</strong> <strong>Streitkräfte</strong> <strong>der</strong> RB wurde <strong>der</strong> Generalstab gebildet,<br />

<strong>der</strong> für die strategische Planung <strong>und</strong> die operative Truppenführung zuständig<br />

ist sowie mit <strong>der</strong> Organisation des Zusammenwirkens aller „Machtstrukturen“<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Vorbereitung des Landes auf den Verteidigungsfall <strong>und</strong> die<br />

Leitung <strong>der</strong> Verteidigung im Kriegsfall betraut wurde.<br />

• Alle strukturellen Verän<strong>der</strong>ungen <strong>und</strong> die Aufgaben <strong>der</strong> Führungsorgane<br />

sind juristisch fixiert.<br />

• Das Department <strong>der</strong> Eisenbahntruppen wurde in das Verteidigungsministerium<br />

eingeglie<strong>der</strong>t.<br />

• Aus den Führungsorganen des 5. Armeekorps (Bobruisk) wurde das Kommando<br />

<strong>der</strong> Landstreitkräfte gebildet, welches im Friedensfall die allgemeinen<br />

Truppen führt <strong>und</strong> für die Organisation <strong>der</strong> Territorialverteidigung <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

entsprechenden Reserven zuständig ist. Im Verteidigungsfall organisiert es<br />

die Territorialverteidigung <strong>und</strong> die personelle <strong>und</strong> materielle Auffüllung <strong>der</strong><br />

<strong>Streitkräfte</strong>.<br />

• Die Führung des 28. AK (Grodno) <strong>und</strong> des 65. AK (Borisow) wurden in die<br />

Führung des Westlichen bzw. Nord-Westlichen Operativen Kommandos<br />

umgebildet. Diese haben die Aufgabe, in ihrem Verantwortungsbereich die<br />

Handlungen <strong>der</strong> <strong>Streitkräfte</strong> <strong>und</strong> an<strong>der</strong>er Machtstrukturen zu organisieren<br />

<strong>und</strong> zu koordinieren. Die Kommandos sind keine Truppenverbände son<strong>der</strong>n<br />

Führungsorgane <strong>der</strong> operativ-strategischen Ebene. Welche konkreten<br />

Aufgaben sie im Kriegsfall haben, ist sicher eines <strong>der</strong> bestgehütetsten Geheimnisse<br />

<strong>Belarus</strong>‘.<br />

• Aus den Kommandos <strong>der</strong> Luftstreitkräfte <strong>und</strong> <strong>der</strong> Luftverteidigung entstand<br />

das einheitliche Kommando <strong>der</strong> Luftstreitkräfte/Luftverteidigung<br />

(LSK/LV).<br />

• Es wurden zwei operativ-taktische Führungen <strong>der</strong> LSK/LV gebildet: das<br />

Westliche <strong>und</strong> das Nordwestliche Operativ-taktische Kommando <strong>der</strong><br />

LSK/LV.<br />

• Gegenwärtig ist man beim Ausbau eines automatisierten Systems <strong>der</strong> Truppenführung.<br />

Dazu werden sowohl stationäre als auch mobile Führungspunkte<br />

geschaffen, <strong>der</strong>en Elemente (z.B. modulare mobile Systeme) zumeist<br />

aus einheimischer Produktion stammen.


30<br />

• Die Verbindungs- <strong>und</strong> Kommunikationslinien werden ausgebaut <strong>und</strong> mo<strong>der</strong>nisiert<br />

(z.B. Digitalisierung <strong>der</strong> Nachrichtenknoten <strong>der</strong> operativen <strong>und</strong><br />

operativ-taktischen Ebenen).<br />

• Gegenwärtig wird das interne Netz <strong>der</strong> Nachrichtenverbindung zwischen<br />

den Garnisonen <strong>und</strong> den zentralen Führungsorganen (MASS) reorganisiert.<br />

Dabei wird ebenfalls vorrangig einheimische o<strong>der</strong> russische Technik <strong>und</strong><br />

Technologie verwendet.<br />

Bemerkenswert am Führungssystem <strong>der</strong> Armee <strong>der</strong> RB scheint mir die Tatsache,<br />

dass offenbar doublierende Führungen geschaffen werden, die ausgefallene<br />

Stäbe <strong>und</strong> Kommandos ersetzen können. Darüber hinaus werden die Verbände,<br />

Truppenteile <strong>und</strong> Einheiten offenbar darauf vorbereitet, je nach Lage, unterschiedlichen<br />

Führungen unterstellt zu werden. Damit will man wohl schablonenhafte<br />

Handlungen vermeiden <strong>und</strong> für einen Gegner weniger berechenbar<br />

sein.<br />

Das System <strong>der</strong> Territorialverteidigung<br />

Die belarussische politische <strong>und</strong> militärische Führung vertritt die Ansicht, dass die<br />

Landesverteidigung Sache nicht nur <strong>der</strong> <strong>Streitkräfte</strong>, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> gesamten Bevölkerung<br />

sei.<br />

Im November 2001 bestätigte <strong>der</strong> Präsident die „Konzeption <strong>der</strong> territorialen<br />

Verteidigung“. Die sei „eines <strong>der</strong> wirtschaftlichsten <strong>und</strong> zielgenauesten Richtungen<br />

<strong>der</strong> Unterstützung <strong>der</strong> Fähigkeit zur Landesverteidigung“. Beson<strong>der</strong>s wird<br />

auch <strong>der</strong>en politischer Aspekt betont. Gerade in <strong>der</strong> Fähigkeit zur territorialen<br />

Verteidigung „zeige sich deutlich die in Jahrh<strong>und</strong>erten herausgebildete Bereitschaft<br />

des belarussischen Volkes, bis zum Letzten für die Heimat, um jedes Haus zu<br />

kämpfen“.<br />

Folgende Aufgaben werden <strong>der</strong> Territorialverteidigung zugeordnet:<br />

• Teilnahme an <strong>der</strong> bewaffneten Sicherung <strong>der</strong> Staatsgrenzen;<br />

• Sicherung staatlicher <strong>und</strong> militärischer Objekte <strong>und</strong> Einrichtungen;<br />

• Kampf gegen Diversanten;<br />

• Durchführung ingenieur- <strong>und</strong> pioniertechnischer Arbeiten zur Vorbereitung<br />

<strong>der</strong> Städte <strong>und</strong> Gebiet zur Verteidigung;<br />

• Führung des aktiven bewaffneten Kampfes in den vom Gegner besetzten<br />

Gebieten;<br />

• Beseitigung <strong>der</strong> Folgen des Einsatzes von Massenvernichtungsmitteln u.a.<br />

Im Hauptstab <strong>der</strong> Landstreitkräfte wurde eine „Verwaltung/Führung <strong>der</strong> Territorialverteidigung“<br />

geschaffen, die mit <strong>der</strong>en operativer Leitung betraut ist.


31<br />

Die Militärkommissariate (Wehrkreiskommandos) haben entsprechende Strukturen<br />

zur Führung <strong>der</strong> Territorialkräfte erhalten. Die Truppen <strong>der</strong> Territorialverteidigung<br />

bestehen aus örtlichen Bewohnern <strong>und</strong> sollen in den Orten <strong>und</strong> Gebieten<br />

handeln, in denen sie ansässig sind. Sie rekrutieren sich aus Reservisten <strong>der</strong> <strong>Streitkräfte</strong><br />

<strong>und</strong> Freiwilligen, die regelmäßig zu Übungen herangezogen werden.<br />

Dies ist eine interessante, aber keineswegs zufällige Erscheinung. In den späten<br />

1980er Jahren wurde in <strong>der</strong> UdSSR angesichts <strong>der</strong> Krise in <strong>der</strong> Gesellschaft, die<br />

auch die Sowjetarmee erfasste, über mögliche Varianten einer Militärreform diskutiert.<br />

Dabei wurde auch daran erinnert, dass die Rote Armee in den 1920er Jahren<br />

nach dem Territorial-Miliz-Prinzip aufgebaut war. Anhänger eines <strong>der</strong>artigen Armeeaufbaus<br />

betonten oftmals die beson<strong>der</strong>e „Volksverb<strong>und</strong>enheit“ <strong>und</strong> „Demokratienähe“<br />

dieses Modells.<br />

Angehörige <strong>der</strong> Territorialtruppen während <strong>der</strong> Übung „Ščit Otečestvo 2004“.


32<br />

Auffüllung, Ausbildung, materiell-technische Sicherstellung<br />

Personelle Auffüllung<br />

<strong>Belarus</strong> hat ein gemischtes Auffüllungssystem. Die allgemeine Wehrpflicht beträgt<br />

gegenwärtig:<br />

• Für Wehrpflichtige ohne Hochschulausbildung 18 Monate;<br />

• Für Wehrpflichtige mit Hochschulausbildung 12 Monate;<br />

• Für Offiziere auf Zeit 24 Monate.<br />

Daneben wächst <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> länger dienenden Berufs- <strong>und</strong> Zeitsoldaten ständig.<br />

Da die Anzahl <strong>der</strong> von <strong>der</strong> Armee gefor<strong>der</strong>ten Wehrpflichtigen gegenwärtig geringer<br />

ist, als die Zahl <strong>der</strong> männlichen Jugendlichen im wehrfähigen Alter, kann die<br />

Armee eine Auswahl treffen. Gleichzeitig gibt es einer (bisher geringen) Anzahl<br />

von Wehrpflichtigen, die den Dienst ablehnen die Möglichkeit diesem ohne größere<br />

Probleme auszuweichen. Ein Gesetz über alternativen Dienst ist schon geraume<br />

Zeit in Vorbereitung. Augenscheinlich tut sich die Armeeführung jedoch schwer<br />

damit, den alternativen Dienst als gleichwertig zu akzeptieren. Man setzt daher auf<br />

den Übergang zu einer Berufsarmee.<br />

Die Ansicht 3 <strong>der</strong> Anlage zeigt den angestrebten Anteil <strong>der</strong> Berufs- <strong>und</strong> Zeitsoldaten<br />

(„Kondraktniki“) am Gesamtbestand <strong>der</strong> Soldaten <strong>und</strong> Unteroffiziere <strong>der</strong> Mechanisierten<br />

Brigaden.<br />

Wie bereits erwähnt, genießen die <strong>Streitkräfte</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> Wehrdienst in <strong>Belarus</strong> bislang<br />

eine sehr hohe gesellschaftliche Akzeptanz. Da auch <strong>der</strong> innere Zustand <strong>der</strong><br />

Truppen, sowohl hinsichtlich Disziplin <strong>und</strong> Ordnung als auch in Bezug auf die<br />

zwischenmenschlichen <strong>und</strong> sozialen Beziehungen nicht mit den desolaten Verhältnissen<br />

vergleichbar ist, die in den russischen <strong>Streitkräfte</strong>n zu beobachten sind, gibt<br />

es bislang keine nennenswerten Vorbehalte <strong>der</strong> Öffentlichkeit gegenüber <strong>der</strong> Armee.<br />

Trotzdem ist spürbar, dass sich die Armeeführung nicht mit dem erreichten Stand<br />

zufrieden gibt. Am 22.01.2004 verfügte <strong>der</strong> Verteidigungsminister einen Zusatz<br />

zum Wehrpflichtgesetz: die „Anordnung über die Ableistung des Wehrdienstes<br />

in <strong>der</strong> Reserve“. Damit erhalten bestimmte Wehrpflichtige die Möglichkeit,<br />

den Wehrdienst abzuleisten, ohne längere Zeit von ihrer zivilen Tätigkeit getrennt<br />

zu werden. Das betrifft vor allem Rekruten, die während <strong>der</strong> Wehrdienstzeit Gefahr<br />

laufen, spezielle Fähigkeiten zu verlieren, wie Spitzensportler o<strong>der</strong> Künstler.<br />

Aber auch Wissenschaftlern <strong>und</strong> Beschäftigten in Spezialberufen <strong>und</strong> „gesellschaftlich<br />

wichtigen Betätigungsfel<strong>der</strong>n“ wird diese Dienstform angeboten.


33<br />

Diese Wehrpflichtigen nehmen an regelmäßigen militärischen Lehrgängen teil, ohne<br />

ihre bisherige Tätigkeit zu unterbrechen. Im Jahr 2006 sollen bereits ca. 4.000<br />

Soldaten diese Wehrpflichtart abgeleistet haben. Die Tendenz sei steigend.<br />

Ausbildung <strong>der</strong> Truppenteile <strong>und</strong> Einheiten<br />

Kernpunkt <strong>der</strong> Ausbildung ist die operative Vorbereitung aller Einheiten, Stäbe<br />

<strong>und</strong> Einrichtungen. Sie umfasst die Ausbildung <strong>der</strong> Offiziere <strong>und</strong> Generale, die<br />

Ausbildung <strong>der</strong> Führungsorgane <strong>und</strong> Stäbe <strong>und</strong> die Ausbildung <strong>der</strong> Verbände,<br />

Truppenteile <strong>und</strong> Einheiten.<br />

Seit 2003 unterscheidet man in <strong>der</strong> Armee <strong>der</strong> RB folgende Richtungen <strong>der</strong> Aus<strong>und</strong><br />

Weiterbildung:<br />

• Die strategische bzw. operativ-strategische <strong>und</strong> die operative bzw. operativtaktische<br />

Ausbildung <strong>der</strong> Führungsorgane. Dazu zählen operativ-taktische<br />

<strong>und</strong> operativ-strategische Übungen <strong>und</strong> Planspiele, eigene Kommando-<br />

Stabsübungen <strong>und</strong> solche im Bestand <strong>der</strong> Koalitionsstreitkräfte, höhere<br />

ademische Kurse an <strong>der</strong> Militärakademie Minsk u.a.;<br />

• Die Ausbildung <strong>der</strong> taktischen Glie<strong>der</strong> des Verteidigungssystems (taktische<br />

Übungen, Ausbildungskurse für Kommandeure <strong>der</strong> Ebene Zug/Kompanie,<br />

Bataillon/Abteilung, ademische Kurse an <strong>der</strong> Militärakademie Minsk) u.a.;<br />

• Die Ausbildung <strong>der</strong> Wehrkreiskommandos (operative Übungen, Mobilmachungstraining,<br />

Übungen <strong>und</strong> Kurse für Militärangehörige <strong>der</strong> Kommandos<br />

an den höheren Lehreinrichtungen) u.a.<br />

Ziel <strong>der</strong> Ausbildung <strong>und</strong> <strong>der</strong> Vorbereitung <strong>der</strong> Armee ist die Gewährleistung <strong>der</strong><br />

Erfüllung <strong>der</strong> ihr von <strong>der</strong> politischen Führung gestellten Aufgaben. Der Stand <strong>der</strong><br />

Ausbildung wird seit etwa 2001 regelmäßig in großangelegten Übungen <strong>und</strong> Manövern<br />

überprüft, <strong>der</strong>en Verlauf <strong>und</strong> Ergebnisse vor allem in <strong>der</strong> russischen Fachpresse<br />

ausführlich beschrieben <strong>und</strong> kommentiert werden.<br />

Im August-September 2001 fand die komplexe operativ-taktische Übung „Neman-2001“<br />

statt. In dieser wurde erstmalig in <strong>der</strong> Geschichte <strong>der</strong> RB das breite<br />

Zusammenwirken mit den Einheiten des Innenministeriums, des Katastrophenschutzministeriums<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Grenztruppen erprobt. In den Jahren 2001 <strong>und</strong> 2002<br />

war zu beobachten, wie sich die <strong>Streitkräfte</strong> <strong>der</strong> RB allmählich konsolidierten <strong>und</strong><br />

versuchten, den mo<strong>der</strong>nen Formen <strong>und</strong> Methoden des bewaffneten Kampfes gerecht<br />

zu werden.<br />

Das wurde in <strong>der</strong> operativ-taktischen Übung „Beresina 2002“ deutlich. Man erprobte<br />

die strukturellen Verän<strong>der</strong>ungen <strong>und</strong> überprüfte vor allem das Zusammenwirken<br />

<strong>der</strong> Führungsorgane <strong>und</strong> <strong>der</strong> Waffengattungen. Die Militärführung kam


34<br />

zum Schluss, dass die Bildung <strong>der</strong> Kommandos <strong>der</strong> LSK/LV <strong>und</strong> <strong>der</strong> Landstreitkräfte<br />

zweckmäßig gewesen war.<br />

Die folgende große operative Übung, „Čistoje Nebo 2003“ (dtsch. sauberer<br />

Himmel), diente <strong>der</strong> Prüfung <strong>der</strong> Luftverteidigungsfähigkeit. Eine beson<strong>der</strong>e Rolle<br />

spielte die komplexe operativ-taktische Übung <strong>der</strong> Landstreitkräfte sowie <strong>der</strong><br />

LSK/LV „Ščit Otečestvo 2004“ (dtsch. „Schild des Vaterlandes“).<br />

Ausbildung <strong>der</strong> Fähnriche, Unteroffiziere <strong>und</strong> Spezialisten in Unteroffiziers-<br />

<strong>und</strong> Mannschaftsdienstgraden<br />

2002 wurden alle bis dahin bestehenden Ausbildungstruppenteile <strong>und</strong> –einheiten,<br />

ein Erbe <strong>der</strong> Sowjetarmee, aufgelöst. Ein Großteil <strong>der</strong> materiellen <strong>und</strong> ideellen<br />

Ressourcen <strong>der</strong> militärischen Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung konzentrierte man im „72.<br />

Vereinten Garde-Ausbildungszentrum für Fähnriche <strong>und</strong> junge Spezialisten“.<br />

Seit 2004 werden Fähnriche, Unteroffiziere <strong>und</strong> Spezialisten in Unteroffiziers- <strong>und</strong><br />

Mannschaftverwendungen auch an zivilen Hochschulen <strong>und</strong> Bildungseinrichtungen<br />

ausgebildet. Die Praxis hat gezeigt, dass ein Teil dann in die Ausbildung zum<br />

Offizier wechselt.<br />

Seit Februar 2003 ist diese Laufbahn auch für Frauen möglich. Es wird berichtet,<br />

dass in letzter Zeit eine erhebliche Anzahl von Unteroffizieren <strong>und</strong> Fähnrichen eine<br />

Offiziersausbildung anstreben.<br />

Der Altersdurchschnitt <strong>der</strong> Berufs- <strong>und</strong> Zeitsoldaten sinkt <strong>und</strong> die Personalbearbeiter<br />

<strong>der</strong> Stäbe <strong>und</strong> Führungsorgane haben verbesserte Möglichkeiten <strong>der</strong> Personalauswahl<br />

<strong>und</strong> -entwicklung.<br />

Der Anteil weiblicher Soldaten soll in den<br />

nächsten Jahren weiter wachsen.


35<br />

Ausbildung <strong>der</strong> Offiziere <strong>und</strong> Spezialisten in Offiziersverwendungen<br />

Die Offiziersausbildung erfolgt in erster Linie an <strong>der</strong> „Militärakademie <strong>der</strong> <strong>Republik</strong><br />

<strong>Belarus</strong>“ Minsk. Diese ist die Basisausbildungseinrichtung für künftige Kommandeure<br />

<strong>und</strong> Spezialisten mit Führungsverantwortung. Die Fakultäten beschäftigen<br />

sich mit <strong>der</strong> Ausbildung von Offiziersschülern <strong>der</strong> Waffengattungen <strong>und</strong> Spezialverwendungen<br />

sowie mit <strong>der</strong> Weiterbildung von Kommandeuren <strong>und</strong> Spezialisten.<br />

Daneben existieren, ebenfalls ein Erbe <strong>der</strong> Sowjetunion, sogenannte Militärfakultäten<br />

an ausgewählten zivilen Universitäten <strong>und</strong> Hochschulen. Nachdem man offenbar<br />

lange überlegte, was mit diesen künftig geschehen soll, hat man sich nunmehr<br />

eindeutig zu <strong>der</strong>en Fortbestand <strong>und</strong> Entwicklung, wenngleich mit neuen<br />

Strukturen, bekannt.<br />

2003 wurde <strong>der</strong> Beschluss des Ministerrates <strong>der</strong> RB „Über die Militärfakultäten<br />

in den Bildungseinrichtungen <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong>“ verabschiedet. Demnach<br />

wurden an vier wichtigen Bildungseinrichtungen Militärfakultäten bestätigt.<br />

Das sind:<br />

• Die „<strong>Belarus</strong>sische Staatliche Universität“ (BGU) Minsk<br />

• Die „<strong>Belarus</strong>sische Nationale Technische Universität“ (BNTU)<br />

• Die <strong>Belarus</strong>sische Staatliche Universität für Informatik <strong>und</strong> Radioelektronik“<br />

(BGUIR)<br />

• Die „<strong>Belarus</strong>sische Staatliche Universität für Transport“ (BelGUT).<br />

Eine Vereinbarung zwischen dem Verteidigungsministerium <strong>und</strong> dem Staatlichen<br />

Komitee für Luftfahrt aus dem Jahr 2003 regelt die Ausbildung von Ingenieuren<br />

des fliegertechnischen Dienstes <strong>der</strong> <strong>Streitkräfte</strong> am „Minsker staatlichen Hochschul-College<br />

für Luftfahrt“ (MGWAK). Außerdem wird künftiges Militärpersonal<br />

an <strong>der</strong> <strong>Belarus</strong>sischen Staatlichen Medizinischen Universität (BGMU) <strong>und</strong> an <strong>der</strong><br />

Staatlichen Humanistischen Universität (GGU- Gesellschaftswissenschaften) ausgebildet.<br />

Materiell-technische Sicherstellung<br />

In den ersten Jahren des Bestehens <strong>der</strong> <strong>Streitkräfte</strong> <strong>Belarus</strong>‘ spielte die technische<br />

<strong>und</strong> rückwärtige Sicherstellung keine zentrale Rolle. Es ging <strong>der</strong> politischen <strong>und</strong><br />

militärischen Führung zunächst darum, den weiteren rasanten Zerfall <strong>der</strong> Truppe<br />

aufzuhalten.


36<br />

Mit <strong>der</strong> politischen <strong>und</strong> wirtschaftlichen Konsolidierung zu Beginn des neuen<br />

Jahrtausends rückten Fragen <strong>der</strong> technischen <strong>und</strong> materiellen Sicherstellung <strong>und</strong><br />

Versorgung wie<strong>der</strong> mehr in den Fokus <strong>der</strong> Aufmerksamkeit.<br />

Hinzu kam die Tatsache, dass das materiell-technische Erbe <strong>der</strong> Sowjetarmee zunehmend<br />

verschliss bzw. den gestellten Aufgaben nicht mehr gerecht wurde.<br />

Eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt die Tatsache, dass sich in <strong>der</strong> <strong>Republik</strong><br />

<strong>Belarus</strong> eine beachtliche Anzahl von Betrieben des sowjetischen Militär-Industrie-<br />

Komplexes (MIK) befand. Da die politische Führung unter Alexandr Lukaschenko<br />

eine rigide Privatisierungspolitik, wie sie in Russland <strong>und</strong> den an<strong>der</strong>en postsowjetischen<br />

Staaten in <strong>der</strong> 1990er Jahren zu beobachten war, nicht duldete, verblieben<br />

diese Betriebe <strong>und</strong> Einrichtungen in staatlicher Hand <strong>und</strong> bewahrten einen<br />

Großteil ihrer technischen <strong>und</strong> wirtschaftlichen Potenzen. Die Staatsbürokratie<br />

<strong>und</strong> die staatlichen Leiter <strong>der</strong> Betriebe wurden einer strikten Kontrolle unterworfen<br />

<strong>und</strong> somit daran gehin<strong>der</strong>t, die Unternehmen auszuschlachten. Dass dies aber<br />

auch neue Probleme, zum Beispiel mit <strong>der</strong> Innovationskraft, mit sich brachte, soll<br />

hier lediglich am Rande erwähnt werden. In Russland jedenfalls ru<strong>der</strong>t die Putin-<br />

Administration, zumindest was die MIK-Unternehmen betrifft, gegenwärtig eifrig<br />

zurück <strong>und</strong> betreibt eine unverhohlene Verstaatlichung.<br />

Ein Teil <strong>der</strong> Ausrüstung <strong>und</strong> Bewaffnung, über die die <strong>Streitkräfte</strong> <strong>der</strong> RB gegenwärtig<br />

verfügen, stammt aus eigener Produktion. Ein Teil <strong>der</strong> von <strong>der</strong> Sowjetarmee<br />

stammenden Bestände <strong>und</strong> <strong>der</strong> russischen Lieferungen wurde umgerüstet.<br />

Beispiele für Eigenentwicklungen <strong>und</strong> Mo<strong>der</strong>nsierungen sind:<br />

• das Mehrfachwerfersystem „Grad“ auf dem Fahrzeug MAZ;<br />

• das gepanzerte Transportfahrzeug MT-LB;<br />

• <strong>der</strong> Schützenpanzer „Cobra-S“;<br />

• <strong>der</strong> Schützenpanzerwagen „Cobra-K“;<br />

• <strong>der</strong> Kampfpanzer T-72B mit dem Wärmebild-Zielsystem TISAS;<br />

• <strong>der</strong> Schützenpanzer BMP-2 mit dem Wärmebild-Ziel- <strong>und</strong> Beobachtungssystem<br />

„Rubesh“;<br />

• <strong>der</strong> zweiachsige Militärtransporter MAZ-5316;<br />

• mo<strong>der</strong>ne optische <strong>und</strong> elektronische Zielsysteme für Schützenwaffen;<br />

• Entfernungsmessungs- <strong>und</strong> Beobachtungstechnik.


37<br />

Die belarussische Rüstungsindustrie erwies sich als fähig, die Kampfflugzeuge SU-<br />

25 (Schlachtflugzeuge) <strong>und</strong> den mo<strong>der</strong>nen leichten Front-Jäger MIG-29 zu warten<br />

<strong>und</strong> zu mo<strong>der</strong>nisieren. Auch Hubschrauber <strong>und</strong> Fla-Raketen-Komplexe werden in<br />

einheimischen Betrieben repariert <strong>und</strong> mo<strong>der</strong>nisiert.<br />

Die Rüstungsindustrie <strong>der</strong> RB versucht augenscheinlich, sich auf die Entwicklung<br />

<strong>und</strong> Produktion mo<strong>der</strong>ner Ausrüstung so z.B. für den funktechnischen Kampf zu<br />

spezialisieren. Damit strebt man, sicher auch mit Blick auf mögliche Exporte, die<br />

Spezialisierung in eine Richtung an, die nur von einigen wenigen Produzenten aus<br />

hochentwickelten Län<strong>der</strong>n beherrscht wird. Als man während <strong>der</strong> Übung „Čistoje<br />

Nebo“ die Station R-934U zum Stören gegnerischen Funkverkehrs vorführte,<br />

zeigten sich einige Beobachter erstaunt.<br />

Dass man nicht völlig auf die ergänzende Eigenentwicklung von Waffen verzichten<br />

will, wurde mit dem Granatwerfer SM-120 auf Selbstfahrlafette bewiesen.<br />

Alles in allem ist die belarussische Wirtschaft aber weit davon entfernt, sich zu militarisieren.<br />

Auch <strong>der</strong> Export von Waffen <strong>und</strong> militärischer Ausrüstung ist bislang<br />

eher Ergänzung denn Mittelpunkt <strong>der</strong> Industriepolitik. <strong>Belarus</strong> wurde in den letzten<br />

Jahren, trotz <strong>der</strong> begrenzten militär-technischen Basis, ein relativ bedeuten<strong>der</strong><br />

Exporteur von Rüstungsgütern. Nach Einschätzung amerikanischer Experten<br />

nahm das Land 1998-2005 den 11. Rang beim Export in Län<strong>der</strong> <strong>der</strong> Dritten Welt<br />

ein 18 . Vor allem die Ziellän<strong>der</strong> beunruhigen die US-Administration: Jemen, Sudan,<br />

VR China, Iran, Pakistan, Sierra-Leone, Kongo, Algerien. Seit dem ersten Besuch<br />

des venezolanischen Präsidenten Hugo Chavez im Jahre 2005 in Minsk haben sich<br />

die Kontakte zu diesem lateinamerikanischen Land sprunghaft entwickelt. Sehr<br />

wenig erfuhr die Öffentlichkeit bislang über die militär-technischen Zusammenarbeit<br />

mit <strong>der</strong> VR China. Die Beziehungen zum Reich <strong>der</strong> Mitte sind offenbar relativ<br />

intensiv.<br />

18 Vojenno-promyšlennyi kur’er (vpk) Nr. 23 (189) 2007.<br />

Schützenpanzer „Cobra“


38<br />

So war es nicht verw<strong>und</strong>erlich, als die Veranstalter <strong>der</strong> Militärmesse „Milex-2007“,<br />

die vom 22.-25. Mai 2007 in Minsk stattfand, bekanntgaben, dass unter den Gästen<br />

auch hochrangige ausländische Militärs erwartet werden: die Verteidigungsminister<br />

Sudans, Venezuelas, Kasachstans, Tadschikistans <strong>und</strong> Turkmenistans, die Generalstabschefs<br />

<strong>der</strong> Vereinigten Arabischen Emirate, die Stellvertreter <strong>der</strong> Verteidigungsminister<br />

Armeniens <strong>und</strong> <strong>der</strong> Ukraine <strong>und</strong> <strong>der</strong> stellvertretende Generalstabschef<br />

<strong>der</strong> syrischen <strong>Streitkräfte</strong>.<br />

Aber auch Gäste <strong>und</strong> Delegationen aus Polen, Deutschland, <strong>der</strong> VR China <strong>und</strong><br />

Russland besuchten die Militärschau. 19<br />

Es ist jedoch davon auszugehen, dass <strong>der</strong> Rüstungsexport künftig nicht wesentlich<br />

erweitert werden kann. Erstens baut <strong>Belarus</strong> nur einzelne Komponenten <strong>und</strong> nicht<br />

komplette Waffensysteme. Solchen Län<strong>der</strong>n wie den USA, Russland, Deutschland<br />

o<strong>der</strong> Frankreich kann man niemals Konkurrenz machen. Man ist vielmehr auf <strong>der</strong>en<br />

Zustimmung <strong>und</strong> Wohlwollen angewiesen. Zweitens sind es, wie bereits genannt,<br />

wohl vorwiegend kurzfristige wirtschaftliche Erwägungen, die die <strong>Belarus</strong>sen<br />

leiten. Man machte zum Beispiel keinen Hehl daraus, dass das Angebot Venezuelas,<br />

privilegierte Bedingungen im Erdölgeschäft zu erhalten, stärker war, als<br />

eventuelle Bedenken, mit <strong>der</strong> Kooperation den Unwillen <strong>der</strong> USA weiter zu verstärken.<br />

Was die technische Sicherstellung <strong>und</strong> Wartung in <strong>der</strong> eigenen Truppe betrifft, so<br />

ist <strong>der</strong> Besucher, <strong>der</strong> die sowjetischen <strong>und</strong> russischen <strong>Streitkräfte</strong> kennt, zunächst<br />

überrascht. Die Technik macht, trotz des Alters, einen solide gewarteten Eindruck<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Umgang mit ihr verrät, dass <strong>der</strong> Kampf um eine neue technische Kultur<br />

nicht ohne Spuren geblieben ist. Die Anzahl <strong>der</strong> Unfälle <strong>und</strong> Havarien in den<br />

<strong>Streitkräfte</strong>n <strong>der</strong> RB ist, nach Angaben <strong>der</strong> russischen Fachpresse, offensichtlich<br />

wesentlich geringer als beim großen Nachbarn. Auch sind die Verluste durch<br />

Diebstähle <strong>und</strong> missbräuchliche Nutzung <strong>der</strong> materiellen Basis bei den Weißrussen<br />

offenbar kein so großes Thema wie bei den slawischen Brü<strong>der</strong>n in <strong>der</strong> Ukraine<br />

<strong>und</strong> in Russland. Hier spielen sowohl die geringere Größe des Landes als auch soziale<br />

<strong>und</strong> kulturelle Traditionen eine Rolle. Darüber hinaus hat die politische <strong>und</strong><br />

wirtschaftliche Entwicklung <strong>der</strong> letzen Jahre ihre Spuren hinterlassen. Es ist auch<br />

kein Geheimnis, dass die starke Präsidentenmacht mit ihrer Betonung von Ordnung<br />

<strong>und</strong> Gesetzlichkeit Wirkung zeigt.<br />

Um die technische Wartung sicherzustellen, wurden neben den strukturmäßigen<br />

Spezialeinheiten drei territoriale technische Wartungs- <strong>und</strong> Reparaturzentren ge-<br />

19 vpk Nr. 18 (184) 2007.


39<br />

schaffen. Gegenwärtig steht <strong>der</strong> Aufbau eines zentralisierten Transportsystems zur<br />

Verbesserung <strong>der</strong> Logistik auf <strong>der</strong> Tagesordnung.<br />

Mit <strong>der</strong> Einrichtung von zentralisierten Nachschub- <strong>und</strong> Beschaffungszentren will<br />

man offenbar nicht nur <strong>der</strong>en Effizienz erhöhen.<br />

Auch <strong>der</strong> missbräuchliche Zugriff auf Ressourcen lässt sich so effektiver bekämpfen.<br />

Hier liegt offenbar eine <strong>der</strong> Ursachen dafür, warum die Armee <strong>Belarus</strong> bei relativ<br />

geringen materiellen Aufwendungen ein beachtliches Niveau erreicht hat.<br />

Schaut man sich dagegen die Berichte über die zahllosen Korruptionsfälle in <strong>der</strong><br />

russischen Armee an, dann wird klar, warum dort nicht je<strong>der</strong> Rubel in <strong>der</strong> Truppe<br />

ankommt <strong>und</strong> die propagierte technische Mo<strong>der</strong>nisierung, trotz erhöhter Ausgaben,<br />

nur sehr schleppend vor sich geht.<br />

Da scheinen die <strong>Belarus</strong>sen wie<strong>der</strong> mal die Nase vorn zu haben. Ob man aber<br />

auch künftig daran festhalten kann, das jährliche Wachstum des Anteils <strong>der</strong> Militärausgaben<br />

auf höchstens 0,1% des BIP zu begrenzen, ist fraglich. 2001 hatte man<br />

diesen Beschluss gefasst. Im Jahr 2010 sollen die militärischen Aufwendungen<br />

nicht mehr als 2,0% des BIP betragen. Bisher hat man den Fahrplan aber eingehalten.<br />

Im Jahr 2006 wurden 1,44% des BIP militärisch verwendet.<br />

Kampfpanzer T-72 <strong>der</strong> 120. Mechanisierte Brigade Minsk.


40<br />

Soziales, ideologische Arbeit, Informationsauseinan<strong>der</strong>setzung,<br />

Disziplin<br />

Soziales<br />

Die Militärangehörigen <strong>und</strong> Zivilbeschäftigten <strong>der</strong> <strong>Streitkräfte</strong> <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong><br />

gehören, im Gegensatz zu ihren russischen Kollegen, zu einer sozialen Gruppe,<br />

die beson<strong>der</strong>e Aufmerksamkeit <strong>und</strong> Fürsorge <strong>der</strong> politischen Führung genießt.<br />

Die Dienstbezüge <strong>und</strong> Pensionen werden regelmäßig gezahlt <strong>und</strong> sind für die Sicherung<br />

des Lebensunterhaltes hinreichend, wenngleich nicht üppig. Die finanzielle<br />

Kompensation für die früher üblichen so genannten „pajki“ (Lebensmittelpakete)<br />

wurde in <strong>Belarus</strong>, wie<strong>der</strong> im Gegensatz zu Russland, von den Militärangehörigen<br />

überwiegend akzeptiert.<br />

<strong>Belarus</strong> zählte in <strong>der</strong> UdSSR zu einer <strong>der</strong> <strong>Republik</strong>en, in denen sich ehemalige Berufssoldaten<br />

mit Vorliebe zur Ruhe setzten. Da <strong>der</strong> Umbau <strong>der</strong> <strong>Streitkräfte</strong> des belarussischen<br />

Militärbezirkes zusätzlich tausende Berufssoldaten freisetzte, stand<br />

vor <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> eine große soziale <strong>und</strong> wirtschaftliche Herausfor<strong>der</strong>ung: Das<br />

Verteidigungsministerium musste aus seinen Mitteln mehr Menschen Renten <strong>und</strong><br />

Pensionen zahlen, als es aktive Soldaten <strong>und</strong> zivile Mitarbeiter hatte. 1992 erhielten<br />

84.100 Pensionäre ihren Unterhalt vom Verteidigungsministerium. 2004 waren es<br />

schon 103.300. Dass dabei die soziale Lage <strong>der</strong> Betroffenen nicht nur gesichert,<br />

son<strong>der</strong>n sogar schrittweise verbessert wurde, ist schon bemerkenswert.<br />

Die Tatsache, dass die <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> diese Herausfor<strong>der</strong>ung meisterte <strong>und</strong> ihrer<br />

Fürsorgepflicht auch für die ehemaligen Angehörigen <strong>der</strong> Sowjetarmee gerecht<br />

wurde, hat bis heute einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf das Ansehen,<br />

das die <strong>Republik</strong> <strong>und</strong> Präsident Lukaschenko persönlich in den Nachfolgestaaten<br />

<strong>der</strong> UdSSR bei aktiven <strong>und</strong> ehemaligen Militärs genießt.<br />

Die Pensionen <strong>und</strong> Renten werden neuerdings an die Erhöhung <strong>der</strong> Einkommen<br />

<strong>der</strong> aktiven Soldaten gekoppelt <strong>und</strong> somit dynamisiert.<br />

Ein weiterer Schwerpunkt ist die Versorgung <strong>der</strong> Soldaten mit Wohnraum. Auch<br />

das ist ein sozialer „Dauerbrenner“ aus sowjetischen Zeiten <strong>und</strong> gehört in Russland,<br />

<strong>der</strong> Ukraine <strong>und</strong> an<strong>der</strong>en postsowjetischen Staaten immer noch zu den die<br />

ehemaligen <strong>und</strong> aktiven Militärs vorrangig bewegenden Problemthemen.<br />

Hier hat sich die Situation für <strong>Belarus</strong>‘ Soldaten mittlerweile etwas entspannt. Mit<br />

Hilfe verschiedener nichttraditioneller Mittel <strong>und</strong> Methoden (Hypotheken, Vorzugskredite)<br />

ist es gelungen, die Situation wesentlich zu entschärfen, wenngleich<br />

vor allem in Minsk <strong>und</strong> in den größeren Garnisonen noch nicht alle Berufssoldaten<br />

mit ausreichendem Wohnraum versorgt sind. Die Betroffenen zweifeln ge-


41<br />

genwärtig aber nicht daran, dass eine weitere Verbesserung in absehbarer Zeit eintritt.<br />

Das gleiche lässt sich hinsichtlich <strong>der</strong> medizinischen Versorgung konstatieren.<br />

Größere Spannungen im sozialen Bereich in den <strong>Streitkräfte</strong>n sind gegenwärtig<br />

somit nicht zu beobachten. Das ist einer <strong>der</strong> Gründe dafür, warum die Mehrzahl<br />

<strong>der</strong> Militärangehörigen die jetzige Regierung unterstützt <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Politik befürwortet.<br />

Dabei vergleicht man die eigene Situation nicht nur mit <strong>der</strong> in Russland<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Ukraine, son<strong>der</strong>n auch mit <strong>der</strong> Situation in den baltischen Staaten <strong>und</strong> in<br />

Polen.<br />

Ideologische Arbeit<br />

Ende <strong>der</strong> 1990er Jahre begann die Führung <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> die ideologische<br />

Arbeit in den <strong>Streitkräfte</strong>n neu zu organisieren. Dabei übernahm man sowohl das<br />

Personal als auch wesentliche Elemente <strong>und</strong> Instrumentarien <strong>der</strong> politischideologischen<br />

Arbeit <strong>der</strong> Sowjetarmee, ohne diese jedoch 100%-ig zu kopieren.<br />

Die Orientierung auf eine Partei ist natürlich obsolet geworden. Auch vom „Marxismus-Leninismus“<br />

hat man sich schnell getrennt.<br />

Es wurden nach <strong>und</strong> nach neue Formen, Methoden <strong>und</strong> Inhalte bestimmt. Man<br />

passte sich den verän<strong>der</strong>ten Bedingungen an. Trotzdem hingen die ehemaligen Politorgane<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong>en Mitarbeiter lange Zeit förmlich in <strong>der</strong> Luft <strong>und</strong> fristeten ein<br />

Nischendasein.<br />

Am 20. Februar 2004 unterzeichnete <strong>der</strong> Präsidenten schließlich den Ukas Nr. 111:<br />

„Über die Vervollkommnung <strong>der</strong> personellen Sicherstellung <strong>der</strong> ideologischen<br />

Arbeit <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong>“. Daraufhin wurden 2004 die „Organe für<br />

ideologische Arbeit“ in allen Ebenen <strong>der</strong> Armee geschaffen, die von Stellvertretern<br />

des Kommandeurs für ideologische Arbeit geführt werden. Diese Organe werden<br />

gegenwärtig geleitet vom Gehilfen des Ministers für ideologische Arbeit, Generalmajor<br />

A.N. Gura.<br />

Der ideologischen Arbeit werden u.a. folgende Aufgaben <strong>und</strong> Tätigkeitsschwerpunkte<br />

zugewiesen:<br />

• Die Stärkung <strong>der</strong> Autorität <strong>der</strong> Kommandeure <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Unterstützung bei<br />

<strong>der</strong> Ausbildung <strong>und</strong> Führung <strong>der</strong> Verbände, Truppenteile, Einheiten <strong>und</strong><br />

Einrichtungen;<br />

• Die „patriotische Erziehung“;<br />

• Die militärische Traditionsarbeit;


42<br />

• Die Unterstützung <strong>der</strong> Arbeit <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>organisationen <strong>der</strong> „Union <strong>der</strong> <strong>Belarus</strong>sischen<br />

Jugend“ in den <strong>Streitkräfte</strong>n (ca. 200 Gruppen mit insgesamt<br />

etwa 5.000 Mitglie<strong>der</strong>n);<br />

• Kulturarbeit <strong>und</strong> Sport;<br />

• Rechtserziehung <strong>und</strong> Stärkung <strong>der</strong> Disziplin <strong>und</strong> Ordnung;<br />

• Die Verbesserung <strong>der</strong> sozialen Bedingungen <strong>der</strong> Armeeangehörigen <strong>und</strong> <strong>der</strong>en<br />

Familien;<br />

• Der Kontakt zur Öffentlichkeit (Medien, Parteien, gesellschaftliche Organisationen);<br />

• 2004 wurden die Beziehungen <strong>der</strong> belarussischen Arme zur russischorthodoxen<br />

Kirche in einer „Vereinbarung über die zweiseitige Zusammenarbeit“<br />

geregelt <strong>und</strong> ein entsprechendes Programm <strong>der</strong> Zusammenarbeit<br />

beschlossen.<br />

Kürzlich hat Generalmajor Gura Wesen, Inhalt <strong>und</strong> Ziel <strong>der</strong> ideologischen Arbeit<br />

ausführlich beschrieben. Sie umfasst danach nicht nur die staatsbürgerliche<br />

Erziehung im Sinne <strong>der</strong> Politik <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong>. Auch die soziale <strong>und</strong> kulturelle<br />

Betreuung <strong>der</strong> Soldaten <strong>und</strong> Zivilbeschäftigten ist genauso ihr Gegenstand<br />

wie die Rechtserziehung <strong>und</strong> die sportliche Betätigung. 20<br />

Informationsauseinan<strong>der</strong>setzung<br />

Nach Meinung <strong>der</strong> Militärführung <strong>Belarus</strong>‘, erfährt das Wesen des mo<strong>der</strong>nen<br />

Krieges einen tiefgreifenden Wandel. Der unmittelbare bewaffnete Konflikt werde<br />

vom „politisch-diplomatischen Spiel, von ökonomischen, informations-psychologischen <strong>und</strong> an<strong>der</strong>en<br />

Arten des Kampfes“ 21 begleitet <strong>und</strong> vorbereitet.<br />

Häufig werden die Kriege <strong>der</strong> NATO gegen die <strong>Republik</strong> Jugoslawien 1999 <strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> USA gegen Irak als Beispiele herangezogen.<br />

In <strong>Belarus</strong>, ebenso wie in Russland, wird seit einiger Zeit <strong>der</strong> Begriff „Informationsauseinan<strong>der</strong>setzung“<br />

verwandt. Dieser ist an die Stelle des Begriffes ideologischer<br />

Kampf getreten, <strong>der</strong> in <strong>der</strong> UdSSR üblich war. 2001 veröffentlichte das<br />

Journal „Armija“ eine Artikelserie mit dem Titel „Informationskrieg: Wesen, Formen<br />

<strong>und</strong> Methoden <strong>der</strong> Auseinan<strong>der</strong>setzung“. Der Autor, Oberst Dr. Wladimir<br />

Makarow, gibt darin eine Zusammenfassung <strong>der</strong> Ansichten zum Thema Informationsauseina<strong>der</strong>setzung.<br />

Makarow war damals Chef <strong>der</strong> Ersten Abteilung <strong>der</strong> Ver-<br />

20 A. Gura. „Ideologičeskaja rabota v sisteme obespečenija vojennoj bezopasnosti gosudarstva“. Armija<br />

Nr. 1/2007. S. 7-11.<br />

21 Malcev, L.S. vpk Nr. 1(167) vom 10.01.2007.


43<br />

waltung Erziehungsarbeit <strong>und</strong> Information des Ministeriums für Verteidigung <strong>der</strong><br />

<strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong>.<br />

Er schreibt: „Somit ist … <strong>der</strong> Krieg in <strong>der</strong> Sphäre <strong>der</strong> Gedanken ein Krieg, <strong>der</strong> <strong>der</strong> Form<br />

nach psychologisch, dem Inhalt nach zivilisatorisch <strong>und</strong> nach den angewandten Mitteln informell<br />

ist. Das Objekt <strong>der</strong> Zerstörung ist das Bewusstsein <strong>und</strong> hier vor allem <strong>der</strong> Wertekanon <strong>der</strong> Bevölkerung.<br />

Wenn man den direkten Zusammenhang dieses Wertesystems <strong>und</strong> <strong>der</strong> Ausrichtung<br />

des Handelns <strong>der</strong> Menschen <strong>und</strong> <strong>der</strong> Kultur des Volkes in Betracht zieht, dann kann man sagen,<br />

dass das Objekt <strong>der</strong> Zerstörung die kulturelle Hülle des Gegners ist. Da die Kultur ein<br />

Kern <strong>der</strong> Zivilisation ist, steht damit die Frage <strong>der</strong> Zerstörung <strong>der</strong> Zivilisation im Raum.“ 22<br />

Die Informationsauseinan<strong>der</strong>setzung wird u.a. als beson<strong>der</strong>e „psychologische<br />

Operation in den Kriegen <strong>und</strong> bewaffneten Konflikten zum Ende des 20. <strong>und</strong> zu<br />

Beginn des 21. Jahrh<strong>und</strong>erts beschrieben“ 23 .<br />

Die mo<strong>der</strong>nen Mittel dieser Informationsauseinan<strong>der</strong>setzungen seien so wirksam,<br />

dass sie in <strong>der</strong> Lage sind, weitreichende strategische Aufgaben zu erfüllen. Die dabei<br />

zu Anwendung kommenden Informationstechnologien (Mittel <strong>und</strong> Methoden)<br />

wären fähig, das Bewusstsein <strong>der</strong> Menschen zu verän<strong>der</strong>n. Daher werden gegenwärtige<br />

<strong>und</strong> künftige Krieg nicht nur in räumlichen <strong>und</strong> zeitlichen Dimensionen<br />

geführt, son<strong>der</strong>n nicht zuletzt auf <strong>der</strong> Ebene des menschlichen Bewusstseins. Man<br />

sieht eine globale Gefahr <strong>der</strong> Manipulation des menschlichen Denkens durch einzelne<br />

Mächte o<strong>der</strong> Machtzentren.<br />

Ziel <strong>der</strong> Informationsauseinan<strong>der</strong>setzung sei es, die gesamte gegnerische Bevölkerung,<br />

aber vor allem die politischen, wirtschaftlichen <strong>und</strong> kulturellen Eliten <strong>und</strong><br />

nicht zuletzt die Armeeangehörigen bereits in Friedenszeiten zu beeinflussen.<br />

Dabei macht man in den letzten Jahren neue, zweite Generation genannte, Formen<br />

<strong>der</strong> Informationsauseinan<strong>der</strong>setzung auf militärischem Gebiet aus.<br />

Traditionelle Formen (1. Generation):<br />

• Informationseinwirkung mit den Ziel <strong>der</strong> bewaffneten Nie<strong>der</strong>haltung <strong>und</strong><br />

Zerstörung <strong>der</strong> staatlichen <strong>und</strong> militärischen Führungsstrukturen;<br />

• Funkelektronischer Kampf gegen die Nachrichten-, Aufklärungs- <strong>und</strong><br />

Kampfmittel des Gegners;<br />

• Erlangung von Informationen mit Hilfe <strong>der</strong> elektronischen Aufklärung;<br />

• Eindringen in die Nachrichtensysteme des Gegners, mit dem Ziel diese zu<br />

stören <strong>und</strong> Falschinformationen einzubringen.<br />

22 Makarov, V. „Informacionaja voina: suščnost, formy i metody protivoborstva“ . Armija Nr.5/2001.<br />

S. 15.<br />

23 Ebenda.


44<br />

Mo<strong>der</strong>ne Formen (2. Generation):<br />

• Nachhaltige Einwirkung auf das moralische <strong>und</strong> sittliche Verhalten <strong>der</strong><br />

Truppen <strong>und</strong> <strong>der</strong> Bevölkerung des Gegners;<br />

• Erzeugung einer negativen Haltung <strong>der</strong> gegnerischen Soldaten zu ihrem nationalen<br />

kulturellen Erbe;<br />

• Manipulation des gesellschaftlichen Bewusstseins <strong>und</strong> <strong>der</strong> politischen Orientierung<br />

einzelner sozialer Gruppen des gegnerischen Staates, mit dem Ziel,<br />

politische Spannungen <strong>und</strong> Chaos zu erzeugen;<br />

• Destabilisierung <strong>der</strong> Beziehungen zwischen politischen Parteien <strong>und</strong> gesellschaftlichen<br />

Organisationen, mit dem Ziel, im Land o<strong>der</strong> Territorium des<br />

Gegners eine Atmosphäre des Misstrauens <strong>und</strong> <strong>der</strong> Unsicherheit zu erzeugen;<br />

• Anheizen von politischen Konflikten mit dem Ziel, den gegnerischen Staat<br />

zu Repressalien gegen die Opposition zu veranlassen;<br />

• Schaffung o<strong>der</strong> Konservierung von Bürgerkriegen o<strong>der</strong> bürgerkriegsähnlichen<br />

Verhältnissen im Land o<strong>der</strong> Territorium des Gegners mit dem Ziel, bei<br />

<strong>der</strong>en Regulierung die eigenen Pläne umzusetzen.<br />

In <strong>der</strong> Internetredaktion des Verteidigungsministeriums<br />

Die Maßnahmen <strong>und</strong> Handlungen <strong>der</strong> eigenen Gegenwehr in <strong>der</strong> Informationsauseinan<strong>der</strong>setzung<br />

werden als Informationssicherstellung bezeichnet.<br />

Nach Auffassung <strong>der</strong> politischen <strong>und</strong> militärischen Führung <strong>Belarus</strong>‘ bilden die<br />

Organe <strong>der</strong> ideologischen Arbeit <strong>der</strong> Armee <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> ein wesentliches Element<br />

<strong>der</strong> Informationssicherstellung. Sie spielen eine Schlüsselrolle bei <strong>der</strong> An-


45<br />

wendung <strong>und</strong> Nutzung <strong>der</strong> Mittel <strong>der</strong> Informationsauseinan<strong>der</strong>setzung. Die<br />

unmittelbare Tätigkeit wird auch als Informationsarbeit bezeichnet.<br />

Einige Mittel <strong>der</strong> Informationsarbeit <strong>der</strong> <strong>Streitkräfte</strong> <strong>Belarus</strong>‘:<br />

• Internetseite des Ministeriums für Verteidigung;<br />

• Tageszeitung des Verteidigungsministeriums „<strong>Belarus</strong>skaja Gazeta. ‚Vo slavu<br />

Rodiny‘“(auch als Internetausgabe verfügbar);<br />

• Journal „Armija“ (sechs Ausgaben im Jahr);<br />

• Fernsehkanal „VojenTV“;<br />

• Pressedienst des Verteidigungsministeriums.<br />

Seit <strong>der</strong> Übung „Čistoje Nebo-2003“ ist zu beobachten, dass die Vorbereitung auf<br />

eine Informationsauseinan<strong>der</strong>setzung zum wichtigen Bestandteil des Trainings <strong>der</strong><br />

Truppen geworden ist. Dafür wird auch <strong>der</strong> Begriff „Informationsbegleitung <strong>der</strong> Trainingskampfhandlungen“<br />

verwendet.<br />

Disziplin<br />

Am 3. Januar 2002 wurde die „Anordnung Nr. 1“ des Ministers für Verteidigung<br />

zur Fragen <strong>der</strong> Disziplin veröffentlicht. In den vorausgegangenen Jahren war die<br />

Anzahl <strong>der</strong> Verstöße <strong>und</strong> Straftaten kontinuierlich gesunken.<br />

Bemerkenswert war die Tatsache, dass im oben genannten Dokument die<br />

Zwangsmaßnahmen <strong>und</strong> die Strafandrohung nicht mehr im Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong> standen.<br />

Die Verbesserung <strong>der</strong> Dienstbedingungen <strong>der</strong> Armeeangehörigen, die Stärkung ihrer<br />

Rechte <strong>und</strong> die Rechtserziehung erhielten einen bis dahin ungewohnten Stellenwert.<br />

Daneben wirken noch an<strong>der</strong>e Faktoren positiv auf die Ordnung <strong>und</strong> Disziplin ein:<br />

• Es erfolgt gr<strong>und</strong>sätzlich keine Einberufung von Rekruten mit Vorstrafen;<br />

• Für nur etwa 30% <strong>der</strong> in Frage kommenden Wehrpflichtigen sind Planstellen<br />

vorhanden. Daher dienen in <strong>der</strong> Regel nur diejenigen, die dem Wehrdienst<br />

positiv gegenüberstehen <strong>und</strong> von <strong>der</strong> Armee akzeptiert werden;<br />

• Die Einberufung erfolgt bei den Wehrpflichtigen nach dem Territorialprinzip;<br />

• Die Vorgesetzten werden für Disziplinarverstöße <strong>der</strong> Unterstellten nur dann<br />

zur Verantwortung gezogen, wenn diese auf Fehlhandlung dieser Vorgesetzten<br />

beruhen;<br />

• Das Vertuschen von Vorkommnissen <strong>und</strong> Verstößen wird geahndet;<br />

• Straftaten <strong>und</strong> Verstöße werden häufig bekannt gemacht <strong>und</strong> öffentlich diskutiert.


46<br />

Von 2001-2005 kam es zur Halbierung <strong>der</strong> Anzahl von Straftaten in <strong>der</strong> Armee.<br />

Die einzige Disziplinareinheit, das Strafbataillon in Matschulischtschy bei Minsk,<br />

soll in Kürze aufgelöst werden, da die Anzahl <strong>der</strong> zum Dienst in <strong>der</strong> Einheit Verurteilten<br />

immer geringer wird. Dort sind gegenwärtig etwa 50 Straffällige <strong>und</strong> 200<br />

Personen Stammpersonal stationiert.<br />

Die sogenannten „nicht vorschriftsmäßigen Beziehungen“ (Dedowtschina), d.h.<br />

dass sich ältere Wehrpflichtige willkürliche Rechte <strong>und</strong> Vollmachten anmaßen <strong>und</strong><br />

jüngere Soldaten zu „Dienstleistungen“ zwingen, sind noch nicht völlig verschw<strong>und</strong>en.<br />

Allerdings ist <strong>der</strong> jetzige Zustand nicht mit den Auswüchsen <strong>und</strong> Exzessen<br />

vergleichbar, die in vielen Einheiten <strong>der</strong> Sowjetarmee an <strong>der</strong> Tagesordnung<br />

waren <strong>und</strong> die immer noch für die Armee Russlands typisch sind. Das betrifft auch<br />

Misshandlungen von Soldaten durch Offiziere <strong>und</strong> Unteroffiziere.<br />

In jüngster Zeit wird die Schaffung einer Militärpolizei diskutiert.<br />

Sie sind <strong>der</strong> Stolz <strong>der</strong> belarussischen Armee. Die „Blauen Barette“, Elitesoldaten<br />

<strong>der</strong> Fallschirmjägertruppe.


47<br />

Hauptrichtungen <strong>der</strong> Entwicklung <strong>der</strong> <strong>Militärpolitik</strong> <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong><br />

Gegenwärtig werden neue Dokumente <strong>und</strong> Richtlinien erarbeitet o<strong>der</strong> sind als<br />

Vorlage bereits im Umlauf. Als allgemeine Gr<strong>und</strong>lage gilt die „Konzeption des<br />

Aufbaus <strong>der</strong> <strong>Streitkräfte</strong> bis 2010“ (Ukas des Präsidenten v. November 2001).<br />

Das „Programm <strong>der</strong> Umsetzung <strong>der</strong> Reform <strong>der</strong> <strong>Streitkräfte</strong> 2001-2006“ <strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> „Plan <strong>der</strong> Entwicklung <strong>der</strong> <strong>Streitkräfte</strong> bis 2006“ müssen in diesem Jahr<br />

ersetzt werden. Es ist zu erwarten , dass <strong>der</strong> Terminus „Militärreform“ weniger<br />

häufig als in <strong>der</strong> Vergangenheit genutzt wird. Damit will man zeigen, dass die Reform<br />

erfolgreich durchgeführt wurde.<br />

Wichtige aktuelle Entwicklungstendenzen:<br />

• Vervollkommnung <strong>der</strong> Führungssysteme;<br />

• Optimierung des Organisationsaufbaus <strong>und</strong> <strong>der</strong> Struktur sowie <strong>der</strong> Dislozierung<br />

<strong>der</strong> <strong>Streitkräfte</strong>;<br />

• Schaffung von weiteren Kräften für Spezialoperationen;<br />

• Schaffung <strong>und</strong> Entwicklung <strong>der</strong> Strukturen <strong>der</strong> „Informationsauseinan<strong>der</strong>setzung“;<br />

• Organisation <strong>der</strong> Territorialverteidigung;<br />

• Vervollkommnung <strong>der</strong> personellen Auffüllung <strong>und</strong> <strong>der</strong> Ausbildung <strong>der</strong> Spezialisten;<br />

• Optimierung <strong>der</strong> Basen <strong>der</strong> Mobilmachungsentfaltung <strong>der</strong> <strong>Streitkräfte</strong>;<br />

• Entwicklung des Systems <strong>der</strong> Ausbildung;<br />

• Vervollkommnung <strong>der</strong> Organisation <strong>der</strong> Militärwissenschaften;<br />

• Optimierung des Systems <strong>der</strong> materiellen <strong>und</strong> technischen Sicherstellung <strong>der</strong><br />

<strong>Streitkräfte</strong>;<br />

• Vervollkommnung (Mo<strong>der</strong>nisierung <strong>und</strong> Anschaffung) von Kampftechnik<br />

<strong>und</strong> Ausrüstung;<br />

• Sicherung <strong>der</strong> sozialen Bedingungen <strong>der</strong> aktiven <strong>und</strong> ehemaligen Militärangehörigen<br />

<strong>und</strong> ihrer Familien.<br />

Wahrscheinliche künftige Tendenzen:<br />

Es ist eine weitere qualitative Entwicklung <strong>der</strong> <strong>Streitkräfte</strong> <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> zu<br />

erwarten. Dabei sind erneute Kürzungen des Personalbestandes jedoch nicht völlig<br />

auszuschließen, wenngleich wenig wahrscheinlich. Neben einer „Professionalisierung“<br />

<strong>der</strong> Armee durch mehr Zeit- <strong>und</strong> Berufssoldaten strebt die politische Führung<br />

<strong>Belarus</strong>‘ offenbar eine breitere Einbeziehung <strong>der</strong> Bürger in die Landesverteidigung<br />

an („Milizionierung“).


48<br />

Bis Ende 2010 will man so eine mobile, hoch professionalisierte Truppe haben, die<br />

in <strong>der</strong> Lage sein soll, die Landesverteidigung unter allen möglichen militärpolitischen<br />

Bedingungen <strong>und</strong> auch bei Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> geostrategischen Lage zu gewährleisten.<br />

Die weißrussischen Spezialisten haben aufmerksam <strong>und</strong> intensiv die Kriege <strong>und</strong><br />

bewaffneten Konflikte <strong>der</strong> letzten 15 Jahre studiert <strong>und</strong> analysiert. Sie zogen die<br />

Schlussfolgerung, dass sich beson<strong>der</strong>s die Bedeutung <strong>der</strong> Luftabwehr, <strong>der</strong> Luftstreitkräfte,<br />

<strong>der</strong> Raketentruppen, <strong>der</strong> Einheiten des funkelektronischen Kampfes,<br />

<strong>der</strong> Nachrichtentruppen sowie <strong>der</strong> Aufklärungs- <strong>und</strong> Spezialkräfte wesentlich erhöht<br />

hat (Vgl. Anhang, Ansicht 3).<br />

Die folgenden Schwerpunkte <strong>der</strong> künftigen Entwicklung <strong>der</strong> Militär- <strong>und</strong> Sicherheitspolitik<br />

lassen sich erkennen:<br />

• die ständige Bestimmung <strong>und</strong> Sicherung <strong>der</strong> notwendigen Verteidigungsfähigkeit<br />

<strong>der</strong> RB <strong>und</strong> ihrer <strong>Streitkräfte</strong>;<br />

• die Sicherung des Unterhaltes, <strong>der</strong> Ausbildung <strong>und</strong> Ausrüstung <strong>der</strong> Truppen<br />

entsprechend <strong>der</strong> ökonomischen Möglichkeiten <strong>und</strong> dem Charakter möglicher<br />

Spannungen, Kriege <strong>und</strong> bewaffneter Konflikte;<br />

• die Einbeziehung <strong>und</strong> die Entwicklung <strong>der</strong> <strong>Streitkräfte</strong> als Teil <strong>der</strong> Gesellschaft<br />

<strong>der</strong> RB, die Sicherung <strong>und</strong> Erhöhung <strong>der</strong> Akzeptanz in <strong>der</strong> Gesellschaft;<br />

• die internationale militärische <strong>und</strong> militärtechnische Zusammenarbeit mit folgenden<br />

Schwerpunkten:<br />

• die Entwicklung eines regionalen Systems <strong>der</strong> Sicherheit auf <strong>der</strong> Basis<br />

<strong>der</strong> militärpolitischen Zusammenarbeit im Rahmen <strong>der</strong> „Organisation<br />

<strong>der</strong> Staaten des Vertrages über die kollektive Sicherheit (ODKB)“;<br />

• die Entwicklung einer gemeinsamen <strong>Militärpolitik</strong> des Unionsstaates<br />

RF-BR;<br />

• die Entwicklung zweiseitiger Zusammenarbeit mit den Nachbarstaaten<br />

zur Schaffung von „Zonen <strong>der</strong> guten Nachbarschaft“;<br />

• die Zusammenarbeit mit <strong>der</strong> NATO auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage des Programmes<br />

„Partnerschaft für den Frieden“;<br />

• die Entwicklung <strong>der</strong> Zusammenarbeit mit „entfernten Staaten“, u.a.<br />

zur Ausbildung belarussischer Spezialisten;<br />

• die Zusammenarbeit im Rahmen internationaler Organisationen <strong>und</strong><br />

Verträge;<br />

• die Festigung des Ansehens <strong>und</strong> <strong>der</strong> Autorität <strong>der</strong> belarussischen <strong>Streitkräfte</strong><br />

durch Verbreitung entsprechen<strong>der</strong> Informationen.


49<br />

Der Schwerpunkt dürfte auch mittelfristig auf <strong>der</strong> Zusammenarbeit im<br />

Rahmen des ОDKB <strong>und</strong> hier vor allem mit den <strong>Streitkräfte</strong>n <strong>der</strong> Russischen<br />

Fö<strong>der</strong>ation liegen. Voraussetzung dafür ist freilich, dass die gegenwärtig<br />

dominierenden politischen Kräfte auch in den nächsten Jahren<br />

die Politik bei<strong>der</strong> Staaten bestimmen.<br />

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist die militärische <strong>und</strong> militär-technische Kooperation<br />

mit Russland weit gediehen. Davon zeugen folgende Fakten:<br />

• Es gibt bereits eine gemeinsame Militärdoktrin des Unionsstaates (seit Dezember<br />

2001);<br />

• Es findet eine jährliche Abstimmung <strong>der</strong> gemeinsamen Maßnahmen <strong>und</strong><br />

Schwerpunkte durch den „Höchsten Staatsrat des Unionsstaates“ statt;<br />

• Es existiert eine gemeinsame rückwärtige Sicherstellung <strong>der</strong> regionalen <strong>Streitkräfte</strong>gruppierung;<br />

• Die beiden Bündnispartner kooperieren bei <strong>der</strong> Ausbildung (z.B. Ausbildung<br />

von Piloten);<br />

• Es besteht eine rege militär-technische Zusammenarbeit;<br />

• Die RB <strong>und</strong> die Russische Fö<strong>der</strong>ation unterhalten eine „Regionale Gruppe<br />

<strong>der</strong> Luftabwehr“ (russische S-300 sind seit 2006 im Raum Brest im Dienst);<br />

• Russland unterhält in <strong>Belarus</strong> die strategische Radarstation „Wolga“ bei Baranowitschi<br />

<strong>und</strong> das U-Boot-Nachrichten/Funksystem bei Wilejka;<br />

• Es finden regelmäßig Übungen statt, bei denen das Zusammenwirken geprobt<br />

wird z.B.:<br />

• „Neman-2001“;<br />

• „Beresina-2002“;<br />

• „Čistoje Nebo-2003“;<br />

• Übung <strong>der</strong> rückwärtigen Dienste (im Gebiet Orscha 2003);<br />

• „Ščit Otečestvo-2004“;<br />

• Kommando-Stabs-Übung „Ščit Sojuza 2006“.<br />

Die Schaffung eines gemeinsamen Unionsstaates RF-PR ist aber auf<br />

Gr<strong>und</strong> politischer Differenzen gefährdet, die als vermeintlich ökonomische<br />

Auseinan<strong>der</strong>setzungen („Ölkrieg“, „Gasstreit“, „Rübenkrieg) bekannt<br />

wurden.


50<br />

Interview mit dem Verteidigungsminister <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong><br />

Generaloberst Leonid Malzew<br />

Das Interview führte <strong>der</strong> Autor am 11.05.2006 in<br />

Minsk<br />

Zur Person:<br />

Generaloberst MALZEW, LEONID<br />

SEMJONOWITSCH<br />

Minister für Verteidigung <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong><br />

Am 29. Mai 1949 im Slonimer Gebiet (Bezirk Grodno)<br />

geboren. Nach dem Abschluss <strong>der</strong> Minsker Suworow-<br />

Militärschule 1967 Eintritt in die Kiewer Höhere Allgemeine<br />

Kommandeursschule, die er 1971 mit Auszeichnung<br />

<strong>und</strong> Goldmedaille absolvierte. Danach bis 1976<br />

Dienst in <strong>der</strong> Gruppe <strong>der</strong> Sowjetischen <strong>Streitkräfte</strong> in Deutschland (41. motorisiertes<br />

Schützenregiment, Gardelegen) als Zugführer, Kompaniechef <strong>und</strong> Bataillonskommandeur.<br />

Nach dem Abschluss <strong>der</strong> Frunse-Militärakademie in Moskau, Dienst im Fernöstlichen<br />

Militärbezirk in den Funktionen Stellvertreter des Regimentskommandeurs, Regimentskommandeur,<br />

Stabschef Division, Divisionskommandeur.<br />

1992 Abschluss <strong>der</strong> Generalstabsakademie in Moskau <strong>und</strong> Ernennung zum ersten Stellvertreter<br />

des Kommandeurs einer Allgemeinen Armee im belorussischen Militärbezirk.<br />

Danach Dienst in den <strong>Streitkräfte</strong>n <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> als Kommandieren<strong>der</strong> des 28.<br />

Armeekorps, als Chef des Hauptstabes <strong>und</strong> erster Stellvertreter des Ministers für Verteidigung.<br />

Auf Beschluss des Rates <strong>der</strong> Verteidigungsminister <strong>der</strong> Gemeinschaft Unabhängiger<br />

Staaten (GUS) vom 28. März 1997 wurde General Malzew zum Ersten Stellvertreter des<br />

Stabes zur Koordinierung <strong>der</strong> militärischen Zusammenarbeit <strong>der</strong> Teilnehmerstaaten <strong>der</strong><br />

GUS ernannt. Ab Dezember 2000 war er Stellvertreter des Staatssekretärs des Sicherheitsrates<br />

<strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong>. Mit Erlass des Präsidenten <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> vom<br />

28. März 2001 wurde Generaloberst Dr. Malzew zum Verteidigungsminister <strong>der</strong> <strong>Republik</strong><br />

<strong>Belarus</strong> ernannt.<br />

***<br />

Beschreiben Sie bitte kurz die Armee <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> (Struktur, Stärke, Glie<strong>der</strong>ung, Bewaffnung).<br />

Generaloberst Malzew: Die <strong>Streitkräfte</strong> bestehen aus den zentralen Organen <strong>der</strong><br />

militärischen Führung, den Teilstreitkräften, den Waffengattungen, den Spezial-


51<br />

truppen sowie aus den militärischen Studieneinrichtungen <strong>und</strong> den Organisationen<br />

des Ministeriums für Verteidigung.<br />

Die zentralen Organe <strong>der</strong> Militärverwaltung sind das Ministerium für Verteidigung<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Generalstab <strong>der</strong> Bewaffneten Kräfte.<br />

Zu den Teilstreitkräften gehören die Landstreitkräfte sowie die vereinigten Kräfte<br />

<strong>der</strong> Luftstreitkräfte <strong>und</strong> <strong>der</strong> Truppen <strong>der</strong> Luftverteidigung, die sich ihrerseits in<br />

operative <strong>und</strong> operativ-taktische Kommandos unterteilen.<br />

Während die mechanisierten Verbände die Gr<strong>und</strong>lage <strong>der</strong> Landstreitkräfte bilden,<br />

sind die Fla-Raketenbrigaden <strong>und</strong> die Flugstützpunkte die Gr<strong>und</strong>lagen <strong>der</strong> Luftstreitkräfte<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Truppen <strong>der</strong> Luftverteidigung.<br />

Die Stärke <strong>der</strong> belarussischen Armee beträgt 65.000 Mann, von denen 50.000 Militärangehörige<br />

<strong>und</strong> 15.000 Zivilangestellte sind.<br />

Wir sind gegenwärtig in <strong>der</strong> Lage, mit dem eigenen Verteidigungssektor unserer<br />

Wirtschaft <strong>und</strong> unserem wissenschaftlichen Potential die Entwicklung <strong>und</strong> Herstellung<br />

<strong>der</strong> militärischen Produktion sowie die Mo<strong>der</strong>nisierung von Modellen <strong>der</strong><br />

Waffen <strong>und</strong> Militärtechnik auf Weltniveau in zahlreichen Richtungen abzudecken.<br />

Dabei handelt es sich in erster Linie um automatisierte Systeme <strong>der</strong> Truppenführung<br />

sowie um Waffen <strong>und</strong> Mittel des funkelektronischen Kampfes, um optische<br />

<strong>und</strong> optisch-elektronische Mittel, um die Radtransportbasis für mobile Waffensysteme<br />

<strong>und</strong> spezielle Pioniertechnik, um spezielle elektronische Mittel <strong>und</strong> Funkmaterial<br />

sowie spezielle dosimetrische <strong>und</strong> Funkmesstechnik.<br />

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt werden in <strong>der</strong> Armee eine Reihe automatisierter<br />

Steuersysteme <strong>und</strong> automatisierter Systeme für die Steuerung des Feuers von Panzertechnik<br />

eingeführt. Es wurden mo<strong>der</strong>ne Zielgeräte für Schützenwaffen entwickelt.<br />

Durch die Infrarot-Zielbeobachtungskomplexe TISAS, mit denen Versuchsmodelle<br />

<strong>der</strong> Panzer T-72A ausgestattet wurden, erreichte die Einsatzfähigkeit<br />

dieser Panzer praktisch das Niveau mo<strong>der</strong>nster Panzer. Ferner wurde das Modell<br />

eines Infanterie-Gefechtsfahrzeugs BMP-2 mit dem Feuerleitsystem „Rubesh-M“<br />

entwickelt <strong>und</strong> erprobt. Außerdem wurde auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage des Kraftfahrzeugs<br />

MAS das vom belarussischen Verteidigungs-Industrie-Komplex entwickelte, mo<strong>der</strong>nisierte<br />

reaktive Raketenwerfersystem „Grad“ eingeführt.<br />

Von den belarussischen Jagdfliegerkräften werden gegenwärtig die im 558. Flugzeug-Reparaturwerk<br />

mo<strong>der</strong>nisierten Jagdflugzeuge SU-27UBM <strong>und</strong> MIG-29 BM<br />

genutzt.<br />

Mit <strong>der</strong> MIG-29 BM konnten im vergangenen Jahr 15 Weltrekorde aufgestellt<br />

werden.


52<br />

Es wurden auch Komplexe von Mitteln <strong>der</strong> automatisierten Führung <strong>der</strong> Luftstreitkräfte<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Truppen <strong>der</strong> Luftverteidigung einer neuen Generation entwickelt<br />

<strong>und</strong> erprobt, die es ermöglichen, die Effektivität <strong>der</strong> Führung um mindestens<br />

30 % zu steigern.<br />

Welchen Platz nimmt die Armee im Sicherheitssystem <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> ein <strong>und</strong> welche an<strong>der</strong>en<br />

<strong>Streitkräfte</strong> <strong>und</strong> bewaffneten Formationen gibt es?<br />

Generaloberst Malzew: Die <strong>Streitkräfte</strong> bilden die Gr<strong>und</strong>lage <strong>der</strong> militärischen<br />

Organisation des Staates.<br />

Die militärische Organisation des Staates besteht aus <strong>der</strong> Gesamtheit <strong>der</strong> Bewaffneten<br />

Kräfte, an<strong>der</strong>er Truppen <strong>und</strong> bewaffneter Formationen, <strong>der</strong> staatlichen <strong>und</strong><br />

militärpolitischen Verwaltungsorgane, <strong>der</strong> Organe <strong>der</strong> Militärverwaltung sowie<br />

weiterer Organisationen.<br />

Dementsprechend ist die Haupttätigkeit aller Strukturelemente <strong>der</strong> militärischen<br />

Organisation, in erster Linie <strong>der</strong> <strong>Streitkräfte</strong>, in Friedenszeiten auf die Lösung <strong>der</strong><br />

Aufgaben zur Gewährleistung <strong>der</strong> militärischen Sicherheit des Staates (<strong>der</strong> Abwendung<br />

einer militärischen Bedrohung) <strong>und</strong> im Falle eine Krieges auf die Gewährleistung<br />

<strong>der</strong> bewaffneten Verteidigung des Staates gerichtet. Zur militärischen<br />

Organisation des Staates gehört ebenfalls <strong>der</strong> Verteidigungssektor <strong>der</strong> Wirtschaft<br />

<strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong>, dem die wissenschaftliche Tätigkeit <strong>und</strong> die Produktion zur<br />

Herstellung von Erzeugnissen sowie Arbeiten <strong>und</strong> Dienstleistungen militärischer<br />

Zielstellung obliegen.<br />

Zu den an<strong>der</strong>en Truppen <strong>und</strong> militärischen Formationen gehören die inneren<br />

Truppenteile des Ministeriums des Innern <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong>, die Organe <strong>der</strong><br />

Staatssicherheit, die Grenztruppen, <strong>der</strong> Sicherheitsdienst des Präsidenten <strong>der</strong> <strong>Republik</strong><br />

<strong>Belarus</strong> <strong>und</strong> weitere militärische Formationen, die in Übereinstimmung mit<br />

den Gesetzen <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> geschaffen werden.<br />

Welche Gesetze <strong>und</strong> Rechtsakte bestimmen Funktion, Rolle <strong>und</strong> Platz <strong>der</strong> Armee?<br />

Generaloberst Malzew: Die gr<strong>und</strong>legenden Rechtsakte, die Rolle <strong>und</strong> Platz <strong>der</strong><br />

Militärorganisation des Staates als Ganzes <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Streitkräfte</strong> im Beson<strong>der</strong>en festlegen,<br />

sind die Verfassung <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong>, die Konzeption <strong>der</strong> nationalen Sicherheit<br />

<strong>und</strong> die Militärdoktrin <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong>.<br />

Die Verfassung <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> bestimmt den Schutz des Vaterlandes als<br />

Auftrag <strong>und</strong> heilige Pflicht eines Bürgers <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong>.


53<br />

Die Konzeption <strong>der</strong> nationalen Sicherheit <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong>, die durch den Erlass<br />

des Präsidenten des <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> vom 17. Juli 2001 bestätigt wurde,<br />

enthält die methodologische Gr<strong>und</strong>lage des Aufbaus des Systems <strong>der</strong> Gewährleistung<br />

<strong>der</strong> nationalen Sicherheit <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> <strong>und</strong> dient <strong>der</strong> Planung <strong>und</strong><br />

Umsetzung <strong>der</strong> Tätigkeit <strong>der</strong> staatlichen Organe auf dem Gebiet <strong>der</strong> nationalen Sicherheit.<br />

Die Militärdoktrin <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> wurde durch das Gesetz <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong><br />

vom 3. Januar 2002 bestätigt. In ihrer Militärdoktrin, die einen strikten Verteidigungscharakter<br />

trägt, geht die <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> davon aus, dass in <strong>der</strong> Gegenwart<br />

kein einziger Staat ein potentieller Gegner <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> ist, <strong>und</strong> sie<br />

betrachtet ihre militärische Sicherheit als einen Zustand geschützter nationaler<br />

Interessen unter Bedingungen, bei denen eine Transformation einer militärischen<br />

Gefahr zu einer militärischen Bedrohungen des Staates möglich sein kann.<br />

Die Organisation des Militäraufbaus wird auch durch die Gesetze <strong>der</strong> <strong>Republik</strong><br />

<strong>Belarus</strong> „Über die Verteidigung“, „Über die Bewaffneten Kräfte <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong>“,<br />

„Über die militärische Lage“, „Über die Militärpflicht <strong>und</strong> den Militärdienst“<br />

<strong>und</strong> weitere normative Rechtsakte geregelt.<br />

Unsere <strong>Streitkräfte</strong> handeln also auf strenger Rechtsgr<strong>und</strong>lage, die ein unbedingtes<br />

Attribut eines jeden demokratischen Staates ist.<br />

Die Armee <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> ist aus den Truppenteilen <strong>und</strong> Einheiten des <strong>Belarus</strong>sischen<br />

Militärbezirkes <strong>der</strong> UdSSR hervorgegangen. Was wurde von <strong>der</strong> Sowjetarmee übernommen <strong>und</strong><br />

was musste neu geschaffen werden?<br />

Generaloberst Malzew: Unsere <strong>Streitkräfte</strong> sind Rechtsnachfolger des <strong>Belarus</strong>sischen<br />

Militärbezirks.<br />

Die <strong>Republik</strong> hat ein eindrucksvolles Erbe angetreten: eine mächtige militärische<br />

Gruppierung, die über die vollkommenste Bewaffnung <strong>und</strong> Technik verfügte, die<br />

es damals in <strong>der</strong> Sowjetarmee gab, darunter die Panzer T-72, die Schützenpanzer<br />

BMP-2, die Schützenpanzerwagen BTR-80, die Flugzeuge MIG-29, SU-24, SU-25,<br />

SU-27 <strong>und</strong> die Hubschrauber MI-24.<br />

Auf dem Gebiet von <strong>Belarus</strong> gab es zwei große militärische Studieneinrichtungen:<br />

die Minsker Hochschule für Fla-Raketen-Ingenieure <strong>und</strong> die Minsker allgemeinmilitärische<br />

Kommandeurshochschule, die zum Gr<strong>und</strong>stock für die Schaffung einer<br />

eigenen nationalen Militärschule wurden.<br />

Das heißt, die Truppen des Bezirks <strong>und</strong> seine Infrastruktur wurden Gr<strong>und</strong>lage für<br />

die Schaffung prinzipiell neuer bewaffneter Kräfte.


54<br />

Natürlich gibt es zwischen dem Militärbezirk <strong>und</strong> den heutigen bewaffneten Kräften<br />

gravierende Unterschiede.<br />

Die <strong>Belarus</strong>sische Armee ist in erster Linie eine Armee eines souveränen Staates<br />

mit den sich hieraus ergebenden Funktionen <strong>und</strong> Aufgaben.<br />

In russischen Militärkreisen spricht man ganz unverblümt davon, dass die belarussische Armee<br />

die einzige Armee <strong>der</strong> Nachfolgestaaten <strong>der</strong> UdSSR sei, die erfolgreich eine Militärreform durchgeführt<br />

hat. Was meinen Sie zum Lob <strong>der</strong> russischen Kollegen?<br />

Generaloberst Malzew: Die Meinung <strong>der</strong> russischen Kollegen ist für uns sehr<br />

wichtig. Denn Russland ist für uns ein strategischer Partner, auch auf militärischem<br />

Gebiet. Ich möchte <strong>Belarus</strong> den an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n des postsowjetischen<br />

Gebiets nicht entgegenstellen, denn wir alle hatten <strong>und</strong> haben unterschiedliche<br />

geopolitische Bedingungen. Doch die genannte Einschätzung <strong>der</strong> Ergebnisse <strong>der</strong><br />

Militärreform ist durchaus objektiv.<br />

Als die UdSSR zerfiel, hörte man überall zwischen Brest <strong>und</strong> Wladiwostok die These, dass mit<br />

dem Ende des Kalten Krieges auch die Zeit <strong>der</strong> militärischen Konfrontation, zumindest in Europa,<br />

vorbei sei. Was ist vom Traum des „gemeinsamen Hauses Europas“ aus Ihrer Sicht wahr<br />

geworden <strong>und</strong> was erwies sich als Illusion?<br />

Generaloberst Malzew: Man sagt gewöhnlich, die Haupterrungenschaft <strong>der</strong> Beendigung<br />

des Kalten Krieges sei, dass die Schwelle <strong>der</strong> gegenseitig garantierten<br />

Vernichtung niedriger geworden sei. Dem kann man zustimmen. Denn auch nach<br />

Meinung zahlreicher Militärwissenschaftler hatte die Evolution des Krieges als<br />

Mittel <strong>der</strong> Politik im vergangenen Jahrh<strong>und</strong>ert seine oberste Grenze erreicht.<br />

Bedeutet dies aber, dass die Entwicklung des Krieges als gesellschaftspolitische Erscheinung<br />

überhaupt ihre letztmögliche Grenzlinie erreicht hat?<br />

Lei<strong>der</strong> ist das nicht <strong>der</strong> Fall. Es ist eine Art Grenze des traditionellen, klassischen<br />

Verständnisses <strong>der</strong> Kategorie „Krieg“ aufgezeigt worden.<br />

Allein in den neunziger Jahren des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts sind in Kriegen, an denen 90<br />

Staaten beteiligt waren (das sind mehr als am Zweiten Weltkrieg teilgenommen<br />

hatten), etwa neun Millionen Menschen umgekommen.<br />

Seit dem Ende des früheren Systems von Jalta <strong>und</strong> Potsdam kann <strong>der</strong> Frieden<br />

nicht mehr in die alten Formen <strong>der</strong> ökonomischen, politischen <strong>und</strong> militärischen<br />

bipolaren Balancen eingeordnet werden.


55<br />

Und unsere europäischen Staaten müssen jetzt <strong>und</strong> in Zukunft Systeme <strong>der</strong> Gewährleistung<br />

<strong>der</strong> Sicherheit schaffen, die den verän<strong>der</strong>ten Bedingungen entsprechen.<br />

Das ist eine außerordentlich verantwortungsvolle Aufgabe.<br />

Hier muss hervorgehoben werden, dass die <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> beispielgebend für<br />

eine konsequente Friedenspolitik ist.<br />

An <strong>der</strong> Westgrenze <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> beginnt NATO-Land. Haben sich die Befürchtungen<br />

bewahrheitet, dass sich mit <strong>der</strong> Osterweiterung <strong>der</strong> NATO die sicherheitspolitische Situation von<br />

<strong>Belarus</strong> wesentlich verschlechtert? O<strong>der</strong> war dies eine Fehlannahme?<br />

Generaloberst Malzew: Unser Land, das eine konsequente Friedenspolitik betreibt,<br />

vertritt die Ansicht, dass alle Streitfragen <strong>und</strong> Konfliktsituationen politisch<br />

<strong>und</strong> ausschließlich mit diplomatischen Methoden gelöst werden müssen.<br />

Die <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> hat immer wie<strong>der</strong> erklärt, dass sie nach <strong>der</strong> Beendigung des<br />

Kalten Krieges <strong>und</strong> <strong>der</strong> Selbstauflösung <strong>der</strong> Organisation des Warschauer Vertrages<br />

keine nachvollziehbaren<br />

Gründe für eine Ausdehnung<br />

<strong>der</strong> NATO nach Osten sieht.<br />

Dennoch ist es zur Ausdehnung<br />

<strong>der</strong> NATO gekommen.<br />

In ihren Beziehungen zur<br />

NATO geht die <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong><br />

von den allgemein anerkannten<br />

Prinzipien des internationalen<br />

Rechts aus, so auch<br />

von dem Recht eines jeden<br />

Staates auf kollektive Verteidigung<br />

<strong>und</strong> auf Beitritt zu Bündnissen<br />

auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage <strong>der</strong><br />

Der Autor im Gespräch mit General Malzew. freien Wahl seiner Partner, <strong>und</strong><br />

sie unterstreicht zugleich, dass<br />

dies nicht auf Kosten <strong>der</strong> Sicherheit an<strong>der</strong>er, insbeson<strong>der</strong>e nicht auf Kosten <strong>der</strong><br />

Anliegerlän<strong>der</strong>, gehen darf. Diesen Standpunkt vertritt unser Staat auch in <strong>der</strong> Frage<br />

<strong>der</strong> Erweiterung des Nordatlantikpaktes.<br />

Einen praktischen Schritt zur Gewährleistung ihrer militärischen Sicherheit sieht<br />

die <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> in <strong>der</strong> Schaffung eines „Gürtels guter Nachbarschaft“.


56<br />

Die Maßnahmen, die im Rahmen dieses Programms durchgeführt werden, beziehen<br />

sich auch auf die Län<strong>der</strong> <strong>der</strong> NATO.<br />

Insbeson<strong>der</strong>e sind ein offener Dialog <strong>und</strong> die Suche von Kompromisslösungen<br />

vorgesehen, die sowohl den Interessen <strong>der</strong> NATO als auch denen <strong>der</strong> <strong>Republik</strong><br />

<strong>Belarus</strong> entsprechen.<br />

Unser Land, das eine multivektorielle Politik betreibt, ist bestrebt, auch künftig<br />

den konstruktiven politischen Dialog mit <strong>der</strong> NATO <strong>und</strong> eine praktische Zusammenarbeit<br />

in den uns interessierenden Richtungen zu entwickeln.<br />

Die Staaten <strong>der</strong> NATO <strong>und</strong> <strong>der</strong> EU stehen <strong>der</strong> Politik <strong>Belarus</strong>’, sehr vorsichtig formuliert, ablehnend<br />

gegenüber. Dies wird offiziell mit „mangeln<strong>der</strong> Demokratie“ begründet <strong>und</strong> an den Präsidentschaftswahlen<br />

vom 19.03.2006 festgemacht. Kann es dafür aber auch militärische Erwägungen<br />

geben?<br />

Generaloberst Malzew: Es handelt sich nicht um mangelnde Demokratie in <strong>der</strong><br />

<strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> <strong>und</strong> auch nicht um mangelnde Information im Westen über die<br />

realen Prozesse in unserem Land. Es handelt sich um mangelndes Gewissen einzelner<br />

„Politiker“, die keinerlei Schlussfolgerungen aus den tragischen Ereignissen<br />

<strong>der</strong> Vergangenheit gezogen haben <strong>und</strong> versuchen, die Welt durch das Prisma eines<br />

Visiers zu betrachten. Das ist ein sehr gefährliches Unterfangen...<br />

Zugleich muss man im Auge haben, dass auf postsowjetischem Territorium in den<br />

letzten Jahren sehr oft Spannungsherde entstanden, die bedeutenden Einfluss auf<br />

die Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> geopolitischen Situation ausübten. Es ist durchaus gesetzmäßig,<br />

dass die selbständige Politik <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong>, die vor allem darauf beruhte,<br />

die eigenen nationalen Interessen zu vertreten, dieser Situation gerecht werden<br />

musste.<br />

Gegen Ende <strong>der</strong> achtziger Jahre des vergangenen Jahrh<strong>und</strong>erts wurden in <strong>der</strong> politischen<br />

Praxis einer Reihe von Staaten recht effektive Technologien einer zielgerichteten<br />

Destabilisierung <strong>und</strong> eines Machtwechsels in ganz unterschiedlichen<br />

Län<strong>der</strong>n ausgearbeitet, die insbeson<strong>der</strong>e in den Arbeiten von Samuel Huntington<br />

<strong>und</strong> Gene Sharp sowie an<strong>der</strong>er Autoren <strong>der</strong> Theorie von „gewaltlosen“ Umstürzen<br />

dargelegt sind.<br />

In unserer <strong>Republik</strong> haben <strong>der</strong>artige Technologien nicht funktioniert <strong>und</strong> werden<br />

auch nicht funktionieren. Das gilt auch künftig. Denn die Politik <strong>der</strong> nationalen<br />

Führungspersönlichkeit des belarussischen Volkes A. G. Lukaschenko hat zu realen<br />

Ergebnissen geführt: im Land sind Frieden, Stabilität <strong>und</strong> Sicherheit gewährleistet.<br />

Diese Politik wird vom belarussischen Volk allseitig unterstützt.


57<br />

Was die „militärischen Überlegungen“ betrifft, die angeblich <strong>der</strong> negativen Einstellung<br />

zur <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> zu Gr<strong>und</strong>e liegen, so handelt es sich hier um den Standpunkt<br />

einzelner voreingenommener Politiker, nicht aber um die Linie <strong>der</strong> Führungskräfte<br />

des Landes <strong>und</strong> <strong>der</strong> belarussischen Gesellschaft.<br />

<strong>Belarus</strong> wird in den meisten deutschen Medien als das sich selbst isolierende unbekannte Land<br />

beschrieben. Wie sieht die internationale Zusammenarbeit <strong>der</strong> <strong>Streitkräfte</strong> aus? Gibt es Kontakte<br />

o<strong>der</strong> gar gemeinsame Projekte mit NATO-Staaten?<br />

Generaloberst Malzew: Die Bedeutung <strong>der</strong> internationalen militärischen Zusammenarbeit<br />

nimmt in den letzten Jahren objektiv zu. Das hängt in erster Linie<br />

mit <strong>der</strong> Globalisierung <strong>der</strong> Sicherheitsprobleme zusammen, die die Weltgemeinschaft<br />

gegenwärtig zu lösen hat. Das Verteidigungsministerium <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong><br />

unterhält sowohl mit einzelnen Län<strong>der</strong>n als auch mit internationalen Organisationen<br />

eine aktive Zusammenarbeit auf militärischem <strong>und</strong> militärpolitischem Gebiet.<br />

Das umfassendste Zusammenwirken wurde dabei mit <strong>der</strong> Russischen Fö<strong>der</strong>ation<br />

im Rahmen <strong>der</strong> Organisation des Vertrages über Kollektive Sicherheit<br />

(ODKB) erzielt.<br />

Zugleich haben die partnerschaftlichen Beziehungen zur NATO <strong>und</strong> zu den Mitgliedsstaaten<br />

<strong>der</strong> NATO in unserer <strong>Militärpolitik</strong> ebenfalls Vorrang.<br />

Im Rahmen des Rates <strong>der</strong> Euroatlantischen Partnerschaft <strong>und</strong> des Programms <strong>der</strong><br />

NATO „Partnerschaft für den Frieden“ nimmt <strong>Belarus</strong> an <strong>der</strong> Arbeit einer Reihe<br />

von Komitees <strong>und</strong> an<strong>der</strong>er Arbeitsgremien <strong>der</strong> NATO teil; es unterhält Konsultationen,<br />

entsendet eigene Einheiten <strong>und</strong> einzelne Militärangehörige zur Teilnahme<br />

an zahlreichen taktischen <strong>und</strong> Kommandostabsübungen, bildet Militärangehörige<br />

aus usw.<br />

Im Jahr 2005 hat sich <strong>Belarus</strong> dem Prozess <strong>der</strong> Planung <strong>und</strong> Einschätzung <strong>der</strong><br />

Kräfte <strong>der</strong> „Partnerschaft für den Frieden“ angeschlossen, <strong>der</strong> darauf gerichtet ist,<br />

die operative Vereinbarkeit <strong>der</strong> aus dem Bestand <strong>der</strong> Bewaffneten Kräfte <strong>der</strong> <strong>Republik</strong><br />

<strong>Belarus</strong> zur Verfügung gestellten Kräfte <strong>und</strong> Mittel mit den vereinigten Bewaffneten<br />

Kräften <strong>der</strong> NATO herzustellen.<br />

Gegenwärtig gibt es auch eine aktive Zusammenarbeit mit <strong>der</strong> Organisation <strong>der</strong><br />

NATO zur technischen Sicherstellung <strong>und</strong> Versorgung, unter <strong>der</strong>en Schirmherrschaft<br />

Projekte zur Vernichtung <strong>der</strong> in <strong>Belarus</strong>sland vorhandenen Antipersonenminen<br />

realisiert werden.<br />

Auch mit einzelnen Mitgliedsstaaten <strong>der</strong> NATO entwickelt sich eine zweiseitige<br />

militärische Zusammenarbeit.


58<br />

So unterhalten die <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> <strong>und</strong> die B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland seit<br />

1994 Kontakte auf militärischem Gebiet, die traditionell in folgende Richtungen<br />

verlaufen:<br />

• Arbeitstreffen von Vertretern von Militärbehörden <strong>und</strong> <strong>Streitkräfte</strong>n bei<strong>der</strong><br />

Län<strong>der</strong> zu verschiedenen Aspekten ihrer Tätigkeit;<br />

• Verwirklichung <strong>der</strong> zwischenbehördlichen Vereinbarung über die Ausbildung<br />

von Militärangehörigen <strong>der</strong> <strong>Streitkräfte</strong> <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> in Studieneinrichtungen<br />

<strong>der</strong> B<strong>und</strong>eswehr im Rahmen des Programms zur Unterstützung<br />

auf dem Gebiet <strong>der</strong> militärischen Ausbildung vom 1. Oktober 1996.<br />

Die Analyse <strong>der</strong> zweiseitigen militärischen Zusammenarbeit mit <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esrepublik<br />

Deutschland zeigt, dass diese Zusammenarbeit ein recht stabiles Niveau aufweist.<br />

Jährlich finden über 20 Maßnahmen statt; 2005 waren es 23 <strong>und</strong> in den ersten<br />

vier Monaten dieses Jahres 6. Sie umfassen die unterschiedlichsten Tätigkeitsgebiete<br />

<strong>der</strong> <strong>Streitkräfte</strong> bei<strong>der</strong> Län<strong>der</strong>.<br />

Im Rahmen des Programms zur Unterstützung auf dem Gebiet <strong>der</strong> militärischen<br />

Ausbildung absolvieren jährlich bis zu zehn Vertreter <strong>der</strong> <strong>Streitkräfte</strong> <strong>der</strong> <strong>Republik</strong><br />

<strong>Belarus</strong> eine Ausbildung in militärischen Studieneinrichtungen <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esrepublik<br />

Deutschland bzw. ein Praktikum in Einheiten <strong>der</strong> B<strong>und</strong>eswehr mit einem breiten<br />

Spektrum von Fachbereichen. Deutschlehrer <strong>der</strong> Militärakademie <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong><br />

erhalten die Möglichkeit, ihre methodischen <strong>und</strong> sprachlichen Kenntnisse in<br />

speziellen Lehrgängen in <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland zu erweitern. Außerdem<br />

finden mit finanzieller Unterstützung des B<strong>und</strong>esministers für Verteidigung<br />

Deutschlands auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage des Ausbildungsprogramms <strong>der</strong> Militärakademie<br />

<strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> Lehrgänge <strong>der</strong> deutschen Sprache für Vertreter <strong>der</strong> belarussischen<br />

Armee statt.<br />

Dies lässt darauf schließen, dass Deutschland weiterhin Interesse an <strong>der</strong> Erhaltung<br />

des erreichten Niveaus <strong>der</strong> militärischen Kontakte zeigt. Daher ist es auch völlig<br />

real anzunehmen, dass eine Ausrichtung auf Deutschland weiterhin eine <strong>der</strong> Präferenzen<br />

auf dem Gebiet <strong>der</strong> militärischen Zusammenarbeit mit den Staaten Westeuropas<br />

bildet.<br />

Als ein Beispiel für das erfolgreiche Zusammenwirken zwischen <strong>Belarus</strong>sland <strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> NATO kann auch die Zusammenarbeit bei <strong>der</strong> Vernichtung <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Armee<br />

<strong>Belarus</strong>slands vorhandenen Antipersonenminen genannt werden.<br />

Am 14. November 2005 wurde in Brüssel die Anlage „C“ zum Memorandum über<br />

gegenseitiges Einvernehmen zwischen <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> Organisation<br />

<strong>der</strong> NATO zur technischen Sicherstellung <strong>und</strong> Versorgung im Prozess <strong>der</strong> Zu-


59<br />

sammenarbeit auf dem Gebiet <strong>der</strong> materiell-technischen Sicherstellung unterzeichnet.<br />

Unmittelbar nach <strong>der</strong> Unterzeichnung begann die praktische Umsetzung des Projekts<br />

<strong>der</strong> Verwertung <strong>der</strong> mit Trotylladungen versehenen Infanterieminen (etwa<br />

300.000 Stück).<br />

Unter Berücksichtigung <strong>der</strong> Verpflichtungen <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> entsprechend<br />

<strong>der</strong> Konvention von Ottawa haben die Regierungen von Kanada <strong>und</strong> Litauen als<br />

Sponsorlän<strong>der</strong> zur Umsetzung des Projekts zur Vernichtung <strong>der</strong> Minen in <strong>Belarus</strong><br />

170.000 Euro bzw. 8.500 Euro auf das Spezialkonto <strong>der</strong> Assoziation für technische<br />

Sicherstellung <strong>und</strong> Versorgung überwiesen. Durch das Inkrafttreten <strong>der</strong> Vereinbarung<br />

über die Umsetzung des Projekts war es möglich geworden, die auf einem<br />

Spezialkonto des Fonds <strong>der</strong> „Partnerschaft für den Frieden“ reservierten<br />

178.500 Euro (etwa 200.000 US-Dollar) nun für die Umsetzung des Projekts in<br />

<strong>Belarus</strong> in Anspruch zu nehmen.<br />

Jede Armee bereitet sich auf den bewaffneten Kampf vor. Wie sieht <strong>der</strong> militärische Konflikt aus,<br />

für den die Soldaten <strong>der</strong> belarussischen Armee trainieren <strong>und</strong> wer könnte <strong>der</strong> vermeintliche Gegner<br />

sein?<br />

Generaloberst Malzew: Diese Frage wird in <strong>der</strong> Militärdoktrin <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong><br />

beantwortet. Das ist ein öffentliches Dokument, mit dem sich je<strong>der</strong>, <strong>der</strong> es<br />

möchte, vertraut machen kann, auch ein ausländischer Journalist.<br />

Dort heißt es u. a.: „Bei <strong>der</strong> Verkündung ihrer Militärdoktrin, die einen strikten<br />

Verteidigungscharakter trägt, geht die <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> davon aus, dass in <strong>der</strong> Gegenwart<br />

kein einziger Staat ein potentieller Gegner <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> ist, <strong>und</strong><br />

sie betrachtet ihre militärische Sicherheit als einen Zustand geschützter nationaler<br />

Interessen unter Bedingungen, bei denen eine Transformation einer militärischen<br />

Gefahr zu einer militärischen Bedrohungen des Staates möglich sein kann.“<br />

„... die Hauptziele <strong>der</strong> <strong>Militärpolitik</strong> <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> sind die Aufrechterhaltung<br />

des Friedens <strong>und</strong> <strong>der</strong> Sicherheit, die Abwendung <strong>der</strong> Gefahr <strong>der</strong> Anzettelung<br />

eines Krieges <strong>und</strong> die Gewährleistung <strong>der</strong> Garantie <strong>der</strong> nationalen Sicherheit <strong>der</strong><br />

<strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> hinsichtlich möglicher Kriegsdrohungen.<br />

Die Beziehungen <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> zu an<strong>der</strong>en Staaten beruhen auf <strong>der</strong> Einhaltung<br />

<strong>der</strong> Prinzipen <strong>der</strong> Gleichberechtigung, <strong>der</strong> gegenseitigen Achtung <strong>und</strong> Nichteinmischung<br />

in die inneren Angelegenheiten, weiterer Prinzipien des internationalen<br />

Rechts sowie <strong>der</strong> Normen des internationalen Rechts.


60<br />

Die <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> betrachtet die Möglichkeit <strong>der</strong> Anwendung militärischer<br />

Gewalt <strong>und</strong> die Teilnahme an einem militärischen Konflikt (Krieg) ausschließlich<br />

zur Abwehr eines Angriffs (eines Akts bewaffneter Aggression, im Folgenden:<br />

Überfall) <strong>und</strong> zur Verteidigung ihrer territorialen Integrität.“<br />

Unter den gegenwärtigen Bedingungen sind die Bewaffneten Kräfte <strong>der</strong> <strong>Republik</strong><br />

<strong>Belarus</strong> also kein Instrument zur Kriegführung, son<strong>der</strong>n ein Instrument zur Verhin<strong>der</strong>ung<br />

eines Krieges, ein bedeuten<strong>der</strong> Faktor <strong>der</strong> Eindämmung.<br />

Ein wichtiges Projekt für die <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> <strong>und</strong> Russland ist die Schaffung eines gemeinsamen<br />

Luftabwehrsystems. Aus <strong>der</strong> russischen Presse konnte man erfahren, dass <strong>Belarus</strong> kürzlich<br />

gar die hoch gepriesenen Luftabwehrraketenkomplexe S-300 erhielt. Was hat Ihr Land veranlasst,<br />

diese kostspieligen Waffen anzuschaffen? Ist dies auch ein Folge des NATO-Angriffes auf<br />

die B<strong>und</strong>esrepublik Jugoslawien <strong>und</strong> <strong>der</strong> USA-Aggression gegen den Irak?<br />

Generaloberst Malzew: Aus <strong>der</strong> Russischen Fö<strong>der</strong>ation werden gegenwärtig tatsächlich<br />

Luftabwehrraketenkomplexe S-300 in unser Land geliefert, die schon in<br />

diesem Jahr militärisch einsatzbereit sein sollen.<br />

Die <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> <strong>und</strong> die Russische Fö<strong>der</strong>ation verwirklichen die gemeinsame<br />

militärische Einsatzbereitschaft zum Schutz des Luftraums bei<strong>der</strong> Län<strong>der</strong> im<br />

Rahmen eines vereinten Systems <strong>der</strong> Luftverteidigung. Die praktische Lösung <strong>der</strong><br />

Frage <strong>der</strong> Schaffung eines einheitlichen regionalen Systems <strong>der</strong> Luftverteidigung<br />

<strong>Belarus</strong>slands <strong>und</strong> Russlands befindet sich im Endstadium.<br />

Die Lieferung <strong>der</strong> Komplexe S-300 an unser Land ist ein fälliger Schritt zur Festigung<br />

des Systems <strong>der</strong> Luftverteidigung nicht nur unseres Landes, son<strong>der</strong>n auch<br />

unseres Verbündeten. Und wenn man es im weiteren Sinne betrachtet, so betrifft<br />

dies auch das gesamte System <strong>der</strong> Luftverteidigung <strong>der</strong> Teilnehmerstaaten <strong>der</strong><br />

Gemeinschaft Unabhängiger Staaten.<br />

Es muss darauf hingewiesen werden, dass diese Maßnahme nichts Außerordentliches<br />

darstellt. Der Austausch moralisch <strong>und</strong> technisch verschlissener Technik <strong>und</strong><br />

Bewaffnung durch mo<strong>der</strong>nere Modelle ist allgemein übliche internationale Praxis.<br />

Die zweite Frage ist, dass sich dies nicht alle Län<strong>der</strong> leisten können, vor allem aus<br />

ökonomischen Gründen. Bei uns steht heute <strong>und</strong> in Zukunft unsere militärische<br />

Sicherheit als Garant <strong>der</strong> friedlichen Entwicklung des Staates im Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong>.<br />

Und dank <strong>der</strong> Politik <strong>der</strong> gegenwärtigen Staatsführung können wir es uns leisten,<br />

diese Sicherheit technisch zu gewährleisten <strong>und</strong> unter an<strong>der</strong>em die veralteten<br />

Komplexe S-125 durch die mo<strong>der</strong>neren S-300 zu ersetzen.


61<br />

Die sehr geringen Militärausgaben von etwa 1,1% des Bruttoinlandsprodukts im Jahr 2005 sollen<br />

nun steigen. Was bewegt sie dazu? Ist Ihr Land auf dem Weg <strong>der</strong> Militarisierung <strong>und</strong> fehlen<br />

diese Mittel nicht bei <strong>der</strong> Lösung <strong>der</strong> sozialen Vorhaben?<br />

Generaloberst Malzew: Die Ausgaben für die Verteidigung von <strong>Belarus</strong> entsprechen<br />

den ökonomischen Möglichkeiten des Staates <strong>und</strong> gehen nicht auf Kosten<br />

an<strong>der</strong>er Bereiche <strong>der</strong> sozialökonomischen Entwicklung.<br />

Nebenbei bemerkt, hat man uns des Öfteren <strong>der</strong> Militarisierung <strong>und</strong> sogar einer<br />

militärischen Bedrohung von Nachbarstaaten bezichtigt. Das sind nichts an<strong>der</strong>es<br />

als provokatorische Ausfälle.<br />

Im Jahr 2005 betrugen diese Ausgaben nicht 1,1 % des Bruttoinlandsprodukts,<br />

son<strong>der</strong>n etwa 1,41 %. Die Militärausgaben im Jahr 2006 entsprechen durchaus<br />

dem hohen ökonomischen Entwicklungstempo <strong>und</strong> betragen 1,44 % des Bruttoinlandsprodukts.<br />

Unsere Kritiker verstehen jedoch nicht, dass <strong>der</strong> europäische Standard<br />

für Militärausgaben bei einem Anteil von 2 % des Bruttoinlandsprodukts<br />

liegt.<br />

Wo ist denn hier eine Militarisierung?<br />

Unsere <strong>Streitkräfte</strong> sind ein sehr wichtiger Faktor <strong>der</strong> strategischen Eindämmung.<br />

Aus diesem Gr<strong>und</strong>e soll niemand Zweifel hegen: wir werden für die Verteidigung<br />

so viel ausgeben, wie dies für die zuverlässige Gewährleistung <strong>der</strong> Verteidigungsbereitschaft<br />

erfor<strong>der</strong>lich ist.<br />

<strong>Belarus</strong> ist Mitglied <strong>der</strong> „Organisation des Vertrages über kollektive Sicherheit“, die einige postsowjetische<br />

Staaten umfasst. Russische Spitzenmilitärs äußern regelmäßig die Auffassung, <strong>Belarus</strong><br />

sei <strong>der</strong> einzig wirklich zuverlässige Verbündete Russlands. Wie schätzen Sie das militärpolitische<br />

Verhältnis zum „großen Bru<strong>der</strong>“ ein?<br />

Generaloberst Malzew: Russland war, ist <strong>und</strong> bleibt objektiv <strong>der</strong> wichtigste strategische<br />

Partner von <strong>Belarus</strong>.<br />

Das hat <strong>der</strong> Präsident <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> A. G. Lukaschenko auf <strong>der</strong> Dritten<br />

Gesamtbelarussischen Volksversammlung deutlich gesagt, als er feststellte, dass die<br />

vor zehn Jahren eingeschlagene Linie zur Integration die einzig richtige ist.<br />

Die politischen Unterschiede zwischen Russland <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> sind augenscheinlich.<br />

<strong>Belarus</strong> hat sich dem neoliberalen Zeitgeist <strong>der</strong> 1990er Jahre weitgehend verweigert, es hat die<br />

Wirtschaft dem Staat untergeordnet <strong>und</strong> dabei auf sozialstaatliche Regulierung gesetzt. Es gibt<br />

keine Oligarchie. Ist die enge Zusammenarbeit <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> mit Russland auf militäri-


62<br />

schem Gebiet daher nicht eher eine Zweckehe, denn eine Liebesheirat? Sind die ehemaligen Brü<strong>der</strong><br />

nicht verschiedener, als sie sich selbst eingestehen wollen?<br />

Generaloberst Malzew: Hier muss hervorgehoben werden, dass die Unterschiede<br />

zwischen unseren Staaten keinerlei Hin<strong>der</strong>nis darstellen für die Entwicklung einer<br />

engen militärischen Zusammenarbeit zwischen <strong>Belarus</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> Russischen Fö<strong>der</strong>ation,<br />

die sich sowohl im Rahmen des Vertrages über die Schaffung eines Unionsstaates<br />

als auch innerhalb <strong>der</strong> Organisation des Vertrages über kollektive Sicherheit<br />

vollzieht.<br />

Davon zeugen auch die Hauptrichtungen <strong>der</strong> militärischen Zusammenarbeit:<br />

• Gewährleistung <strong>der</strong> regionalen Sicherheit auf militärischem Gebiet;<br />

• Vervollkommnung des Systems <strong>der</strong> gemeinsamen operativen <strong>und</strong> Gefechtsausbildung<br />

<strong>der</strong> regionalen Truppengruppierung (Kräfte);<br />

• militärtechnische Zusammenarbeit;<br />

• Ausbildung militärischer Ka<strong>der</strong>;<br />

• militärwissenschaftliche Zusammenarbeit;<br />

• Annäherung <strong>und</strong> Vereinheitlichung <strong>der</strong> Gesetzgebung auf dem Gebiet <strong>der</strong><br />

Verteidigung, des Militärdienstes <strong>und</strong> des sozialen Schutzes <strong>der</strong> Militärangehörigen;<br />

• Zusammenarbeit in Fragen <strong>der</strong> Erfüllung <strong>der</strong> Verpflichtungen auf dem Gebiet<br />

<strong>der</strong> Kontrolle <strong>der</strong> Bewaffnung;<br />

• Durchführung kultureller <strong>und</strong> sportlicher Maßnahmen.<br />

Die normative Rechtsbasis <strong>der</strong> militärischen Zusammenarbeit <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Russischen Fö<strong>der</strong>ation ist in 30 internationalen Verträgen nie<strong>der</strong>gelegt.<br />

Zu den wichtigsten dieser Verträge gehören:<br />

• <strong>der</strong> Vertrag zwischen <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> Russischen Fö<strong>der</strong>ation<br />

über die militärische Zusammenarbeit;<br />

• die Vereinbarung zwischen <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> Russischen Fö<strong>der</strong>ation<br />

über die gemeinsame Gewährleistung <strong>der</strong> regionalen Sicherheit auf<br />

militärischem Gebiet;<br />

• die Sicherheitskonzeption <strong>der</strong> Union von <strong>Belarus</strong> <strong>und</strong> Russland;<br />

• die Konzeption <strong>der</strong> gemeinsamen Verteidigungspolitik von <strong>Belarus</strong> <strong>und</strong><br />

Russland;<br />

• die Konzeption des gemeinsamen Verteidigungsauftrags <strong>der</strong> Teilnehmerstaaten<br />

<strong>der</strong> Union von <strong>Belarus</strong> <strong>und</strong> Russland;<br />

• die Konzeption <strong>der</strong> gemeinsamen technischen Sicherstellung <strong>der</strong> regionalen<br />

Truppengruppierungen (Kräfte) <strong>der</strong> <strong>Streitkräfte</strong> <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> Russischen Fö<strong>der</strong>ation;


63<br />

• die Militärdoktrin des Unionsstaates.<br />

Das Programm zur Ausbildung belarussischer Militärangehöriger an militärischen<br />

Bildungseinrichtungen des Ministeriums für Verteidigung <strong>der</strong> Russischen Fö<strong>der</strong>ation<br />

für die Jahre 1998-2008 wird erfolgreich umgesetzt.<br />

Im Rahmen <strong>der</strong> Gewährleistung des Funktionierens <strong>der</strong> regionalen Truppengruppierungen<br />

(Kräfte) durch die Ministerien für Verteidigung von <strong>Belarus</strong> <strong>und</strong> Russland<br />

wird eine abgestimmte Arbeit zur Schaffung vereinigter militärischer Systeme<br />

geleistet, <strong>und</strong> es finden Übungen unter Teilnahme von belarussischen <strong>und</strong> russischen<br />

Einheiten auf den Territorien bei<strong>der</strong> Staaten statt.<br />

Die Durchführung gemeinsamer Maßnahmen <strong>der</strong> operativen <strong>und</strong> Gefechtsausbildung<br />

dient <strong>der</strong> Erhöhung des Niveaus des Zusammenwirkens <strong>und</strong> <strong>der</strong> Abstimmung<br />

zwischen den Organen <strong>der</strong> Verwaltung <strong>und</strong> den Truppen. Dies ermöglicht<br />

es, die erreichten Ergebnisse auf dem Gebiet <strong>der</strong> Militärtheorie <strong>und</strong> <strong>der</strong> militärischen<br />

Praxis auszuwerten <strong>und</strong> Erfahrungen beim Militäraufbau <strong>und</strong> bei <strong>der</strong> Entwicklung<br />

<strong>der</strong> Bewaffneten Kräfte <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> Russischen <strong>Republik</strong><br />

auszutauschen.<br />

Mahnmal für die in Afghanistan 1979-1989<br />

gefallenen Soldaten <strong>der</strong> Sowjetarmee. Minsk.<br />

Wir arbeiten weiterhin am gemeinsamen<br />

Programm „Vervollkommnung<br />

<strong>und</strong> Ausstattung <strong>der</strong> Objekte<br />

<strong>der</strong> militärischen Infrastruktur, die<br />

zur gemeinsamen Nutzung im<br />

Interesse <strong>der</strong> Sicherstellung <strong>der</strong> regionalen<br />

Truppengruppierung<br />

(Kräfte) <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> Russischen Fö<strong>der</strong>ation vorgesehen<br />

sind.“<br />

Die zweiseitige Zusammenarbeit<br />

<strong>der</strong> Luftstreitkräfte <strong>und</strong> <strong>der</strong> Truppen<br />

<strong>der</strong> Luftverteidigung trägt dazu<br />

bei, Fragen des Schutzes des Luftraums,<br />

<strong>der</strong> Bereitstellung von Ergänzungs-<br />

<strong>und</strong> Reservemitteln <strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> Reparatur von Waffen <strong>und</strong> Militärtechnik<br />

<strong>der</strong> Luftverteidigung zu<br />

lösen.<br />

Große Aufmerksamkeit wird in<br />

diesem Zusammenhang <strong>der</strong> gemeinsamen Gefechtsausbildung <strong>der</strong> Luftstreitkräfte


64<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Truppen <strong>der</strong> Luftverteidigung von <strong>Belarus</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> Luftstreitkräfte Russlands,<br />

dem Gefechtsschießen auf den Truppenübungsplätzen <strong>der</strong> Russischen Fö<strong>der</strong>ation,<br />

den Kommandostabsübungen <strong>und</strong> dem gemeinsamen Diensthabenden<br />

System <strong>der</strong> Luftverteidigung gewidmet.<br />

Im vergangenen Jahr fanden weitere Verhandlungen zur Abstimmung des Projekts<br />

einer Vereinbarung zwischen <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> Russischen Fö<strong>der</strong>ation<br />

über den gemeinsamen Schutz <strong>der</strong> äußeren Grenzen des Unionsstaates im Luftraum<br />

<strong>und</strong> zur Schaffung eines Gemeinsamen Regionalen Systems <strong>der</strong> Luftverteidigung<br />

<strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> Russischen Fö<strong>der</strong>ation statt.<br />

Dies ist eine bei weitem nicht vollständige Darstellung <strong>der</strong> Richtungen des Zusammenwirkens<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Zusammenarbeit.<br />

All dies bestätigt den gegenseitigen Nutzen, die Effektivität <strong>und</strong> die realen Perspektiven<br />

unserer Zusammenarbeit auf militärischem Gebiet.<br />

Wenn <strong>Belarus</strong> aus <strong>der</strong> Allianz ausschert, verliert Russland nicht nur einen treuen Verbündeten,<br />

son<strong>der</strong>n auch einen Teil <strong>der</strong> eigenen sicherheitspolitischen Infrastruktur. Ich erinnere hier nur an<br />

die Radarstation „Wolga“ bei Baranowitschi <strong>und</strong> das Führungssystem <strong>der</strong> Atom-U-Boot-Flotte<br />

bei Wilejka. An<strong>der</strong>erseits ist <strong>der</strong> Beistand <strong>der</strong> militärischen Großmacht Russland eine nicht zu<br />

unterschätzende Hilfe für Ihr Land. Ist das hinnehmbare Dialektik o<strong>der</strong> ein gefährliches Dilemma?<br />

Generaloberst Malzew: Eine <strong>der</strong>artige Prognose hinsichtlich unserer Beziehungen<br />

gehört zur Kategorie <strong>der</strong> ganz unwahrscheinlichen. Unsere Zusammenarbeit<br />

mit <strong>der</strong> Russischen Fö<strong>der</strong>ation beruht auf paritätischer Gr<strong>und</strong>lage. Die Objekte<br />

<strong>der</strong> <strong>Streitkräfte</strong> <strong>der</strong> Russischen Fö<strong>der</strong>ation in <strong>der</strong> Stadt Baranowitschi <strong>und</strong> bei Wilejka<br />

dienen den Interessen <strong>der</strong> militärischen Sicherheit nicht nur Russlands, son<strong>der</strong>n<br />

des gesamten Unionsstaates.<br />

Es ist kein Geheimnis, dass die genannten Objekte die Rolle eines Faktors strategischer<br />

Eindämmung spielen. Daher ist ihre Dislokation auf unserem Territorium<br />

für beide Mächte von Nutzen. Diese Zusammenarbeit birgt keine Gefahr in sich.<br />

Das ist keine „hinnehmbare“, son<strong>der</strong>n eine für unsere gegenseitigen Beziehungen<br />

notwendige Dialektik.<br />

Die <strong>Belarus</strong>sische Sowjetrepublik wurde in <strong>der</strong> UdSSR bisweilen als Werkhalle des Landes bezeichnet.<br />

Hier befanden sich wichtige Rüstungsunternehmen. Woher bezieht die Armee <strong>der</strong> <strong>Republik</strong><br />

<strong>Belarus</strong> ihre Bewaffnung <strong>und</strong> Ausrüstung <strong>und</strong> wie steht es mit <strong>der</strong> angekündigten Mo<strong>der</strong>nisierung<br />

<strong>der</strong> <strong>Streitkräfte</strong>? In diesem Zusammenhang entsteht die Frage, ob man als kleines


65<br />

Land einer Hightech-Truppe wie zum Beispiel <strong>der</strong> US-Armee überhaupt etwas entgegensetzen<br />

könnte.<br />

Generaloberst Malzew: Ich möchte gleich auf den zweiten Teil ihrer Frage antworten.<br />

Die Beziehungen <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> zu an<strong>der</strong>en Staaten beruhen auf<br />

<strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage <strong>der</strong> Einhaltung <strong>der</strong> Prinzipien <strong>der</strong> Gleichberechtigung, <strong>der</strong> gegenseitigen<br />

Achtung <strong>und</strong> <strong>der</strong> Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten sowie<br />

weiterer Prinzipien <strong>und</strong> Normen des internationalen Rechts.<br />

Diese Prinzipien gelten auch für die Beziehungen unseres Landes zu den Staaten<br />

des Nordatlantikpaktes, <strong>der</strong>en dominierendes Mitglied die USA sind. Und es ist<br />

unser Ziel, zu einer neuen Architektur <strong>der</strong> europäischen Sicherheit zu gelangen, die<br />

die nationalen Interessen <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> berücksichtigt.<br />

Ich wie<strong>der</strong>hole nochmals: Unter den gegenwärtigen Bedingungen sind die Bewaffneten<br />

Kräfte von <strong>Belarus</strong> kein Instrument zur Kriegführung, son<strong>der</strong>n ein Instrument<br />

zur Verhin<strong>der</strong>ung eines Krieges. Wir haben zu keiner Zeit we<strong>der</strong> die USA<br />

noch an<strong>der</strong>e Län<strong>der</strong> <strong>der</strong> NATO als potenzielle Gegner betrachtet. Gegenwärtig<br />

gibt es in unseren Beziehungen zu den USA <strong>und</strong> den an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n keine Probleme,<br />

die nicht auf politischem <strong>und</strong> diplomatischem Wege zu lösen wären. Wir<br />

sind immer zu einem konstruktiven, friedlichen Dialog bereit, wenn dessen Ergebnisse<br />

<strong>der</strong> nationalen Sicherheit unseres Landes nicht abträglich sind.<br />

Um die belarussische Armee mit Technik <strong>und</strong> Bewaffnung zu versorgen, haben<br />

wir zwei Richtungen eingeschlagen: die Herstellung <strong>und</strong> den Kauf neuer Modelle<br />

von Technik <strong>und</strong> Bewaffnung sowie die Mo<strong>der</strong>nisierung <strong>der</strong> vorhandenen. Auch<br />

auf diesem Gebiet <strong>der</strong> militärischen Tätigkeit blicken wir zuversichtlich in die Zukunft.<br />

Die Bewaffnung des 21. Jahrh<strong>und</strong>erts stellt hohe intellektuelle Ansprüche. Aus<br />

diesem Gr<strong>und</strong>e ist die Entwicklung von Waffen <strong>und</strong> Technik eine <strong>der</strong> wichtigsten<br />

Richtungen des Aufbaus <strong>der</strong> <strong>Streitkräfte</strong> in <strong>der</strong> Gegenwart. Hierfür werden die<br />

Möglichkeiten <strong>der</strong> <strong>Belarus</strong>sischen Verteidigungsindustrie aktiv genutzt.<br />

So ist zum Beispiel unser Militär-Industrie-Komplex in <strong>der</strong> Lage, auf höchstem<br />

Weltniveau automatisierte Systeme <strong>der</strong> Truppenführung <strong>und</strong> <strong>der</strong> Steuerung von<br />

Waffen zu produzieren. Zahlreiche Übungen haben gezeigt, dass die mit Mitteln<br />

einheimischer automatisierter Steuerungssysteme <strong>und</strong> Waffen ausgerüsteten <strong>Belarus</strong>sischen<br />

Luftstreitkräfte <strong>und</strong> Truppen <strong>der</strong> Luftabwehr in <strong>der</strong> Lage sind, mo<strong>der</strong>nste<br />

zukunftsträchtige Mittel eines Angriffes aus <strong>der</strong> Luft abzuwehren.<br />

Der ganzen Welt sind heute die in belarussischen Betrieben mo<strong>der</strong>nisierten Jagdflugzeuge<br />

MIG-29 BM bekannt, mit denen belarussische Piloten 15 Weltrekorde<br />

aufgestellt haben. Eines <strong>der</strong> besten Jagdflugzeuge, Su-27, konnte seine Kampf-


66<br />

<strong>und</strong> Flugleistungen dank <strong>der</strong> von uns durchgeführten Mo<strong>der</strong>nisierung beträchtlich<br />

erhöhen.<br />

Im Herbst vergangenen Jahres hat <strong>der</strong> Präsident <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> das Staatliche<br />

Programm <strong>der</strong> Bewaffnung für die Jahre 2006-2015 bestätigt, in dem die weitere<br />

Mo<strong>der</strong>nisierung <strong>der</strong> vorhandenen Modelle <strong>der</strong> Bewaffnung <strong>und</strong> Technik, <strong>der</strong><br />

Kauf neuer Modelle, wissenschaftliche Forschungstätigkeit <strong>und</strong> Versuchs- <strong>und</strong><br />

Konstruktionsarbeiten auf diesem Gebiet sowie Maßnahmen zur Aufrechterhaltung<br />

<strong>der</strong> Gefechtsbereitschaft <strong>der</strong> Bewaffnung <strong>und</strong> Technik vorgesehen sind.<br />

Hier nun eine Frage zu den innenpolitischen Auseinan<strong>der</strong>setzungen in Ihrem Land. In Deutschland<br />

ist bisher nicht bekannt, welche Konzepte die Opposition hinsichtlich <strong>der</strong> <strong>Militärpolitik</strong> hat.<br />

Wie sieht das Programm <strong>der</strong> Opponenten von Präsident Lukaschenko aus <strong>und</strong> findet es Zuspruch<br />

innerhalb <strong>der</strong> Armee?<br />

Generaloberst Malzew: Die Programme <strong>der</strong> Opponenten des Staatsoberhaupts<br />

von <strong>Belarus</strong> auf dem Gebiet <strong>der</strong> <strong>Militärpolitik</strong> sind nicht son<strong>der</strong>lich bekannt. Vermutlich,<br />

weil sie nicht professionell ausgearbeitet wurden; <strong>und</strong> deshalb will man sie<br />

lieber niemandem zeigen.<br />

Derjenige, <strong>der</strong>, falls er zur Macht gelangen würde, heute die <strong>Streitkräfte</strong> „reformieren“<br />

möchte, hat zum Beispiel bereits Anfang <strong>der</strong> neunziger Jahre einen Versuch<br />

zur Realisierung des Militäraufbaus unternommen. Die Ergebnisse dieses Versuchs<br />

waren betrüblich. Es gab keine Programme <strong>und</strong> keine Pläne für die Reform. Die<br />

Militärdoktrin wurde geheim gehalten <strong>und</strong> hatte keine Informationsfunktion. Die<br />

gesamte „Reform“ lief darauf hinaus, die Truppengruppierung des <strong>Belarus</strong>sischen<br />

Militärbezirks zu verkleinern.<br />

Wenn man möchte, könnte man die Programmdokumente <strong>der</strong> entsprechenden<br />

politischen Parteien natürlich ausfindig machen, zum Beispiel im Internet.<br />

Die Führungskräfte dieser Parteien stehen hinsichtlich ihrer militärischen Erkenntnisse<br />

noch immer auf dem Niveau <strong>der</strong> Versammlungseuphorie Ende <strong>der</strong> achtziger,<br />

Anfang <strong>der</strong> neunziger Jahre <strong>und</strong> for<strong>der</strong>n einhellig die Schaffung einer „Berufsarmee“,<br />

die durchgängig aus Militärangehörigen mit Vertragsdienst besteht.<br />

Die For<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Schaffung einer Armee auf <strong>der</strong> alleinigen Gr<strong>und</strong>lage von Vertragsdienst<br />

ist in dem am 1. Januar 2002 angenommenen Programm <strong>der</strong> Partei <strong>der</strong><br />

„<strong>Belarus</strong>sischen Volksfront“ (BNF) enthalten. Der Übergang zu einer Berufsarmee<br />

ist in einem Zeitraum von fünf Jahren nach einer Übergangsperiode vorgesehen,<br />

während <strong>der</strong> die Armee eine sogenannte „halbe Berufsarmee“ sein soll. Die Stärke


67<br />

<strong>der</strong> Armee soll nach dem Plan <strong>der</strong> BNF „nicht über <strong>und</strong> nicht unter 70.000 –<br />

80.000“ liegen.<br />

Eine an<strong>der</strong>e Oppositionspartei, die „Vereinigte Bürgerpartei“, stellte in ihrem auf<br />

<strong>der</strong>en 7. Parteitag 2004 angenommen Programm strikt fest, dass eine Kürzung <strong>der</strong><br />

Stärke <strong>der</strong> bewaffneten Kräfte auf 20.000 – 25.000 erfor<strong>der</strong>lich sei.<br />

Wie man auf diese Zahlen gekommen ist, bleibt unklar.<br />

In unseren operativ-strategischen Berechnungen wurde die optimale Stärke <strong>der</strong><br />

Armee für Friedenszeiten begründet. Und Ende vorigen Jahres haben wir uns auf<br />

eine Stärke von 50.000 Militärangehören <strong>und</strong> 15.000 Zivilpersonen festgelegt.<br />

Was die „Berufsarmee“ betrifft, so wollen unsere Opponenten eine einfache<br />

Wahrheit nicht begreifen: Die Festlegung <strong>der</strong> Stärke muss für einen bestimmten<br />

Staat von dem Prinzip ausgehen, dass eine Armee in <strong>der</strong> Lage sein muss, die Aufgaben<br />

zu erfüllen, für die sie bestimmt ist.<br />

Nebenbei bemerkt ist allen bekannt, dass die Stärke einer <strong>der</strong> höchstprofessionellen<br />

Armeen <strong>der</strong> Welt auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage <strong>der</strong> allgemeinen Wehrpflicht beruht, die<br />

sich auch auf Frauen erstreckt.<br />

Für uns ist die Aufrechterhaltung eines befristeten Wehrdienstes vor allem deshalb<br />

notwendig, um eine militärisch geschulte Reserve auszubilden, damit <strong>der</strong> Militärangehörige<br />

in <strong>der</strong> Armee eine militärisch zu berücksichtigende Qualifikation erhält.<br />

Kann man eine fähige Armee bekommen, wenn diese zu 100 % aus vertraglich geb<strong>und</strong>enen<br />

Militärangehörigen besteht?<br />

Das ist schon möglich, nur ist eine solche Armee nicht in <strong>der</strong> Lage, die Aufgabe<br />

<strong>der</strong> Verteidigung ihres Vaterlandes zu übernehmen. Sie kann bestenfalls „friedensstiftende“<br />

Funktionen übernehmen, doch die Beispiele <strong>der</strong> neuesten Geschichte<br />

zeigen, dass sie dies nicht immer effektiv tun kann.<br />

Es sei in diesem Zusammenhang darauf verwiesen, dass heute sogar solche Staaten<br />

wie die USA auf ernsthafte Probleme gestoßen sind, die mit dem notwendigen<br />

Vorhandenseins einer militärisch geschulten Reserve zusammenhängen. Und sie<br />

stellen die Frage, ob die Entscheidung, nach dem Vietnamkrieg zu einem Vertragssystem<br />

hinsichtlich <strong>der</strong> Auffüllung ihrer <strong>Streitkräfte</strong> überzugehen, falsch war.<br />

Wir haben den Oppositionskräften mehrfach geraten, sich mit <strong>der</strong> Militärdoktrin<br />

<strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> sowie mit dem Material des Militäraufbaus in unserem Land<br />

bekannt zu machen, um auf irgendeine Weise ihre völlige Unkenntnis <strong>der</strong> elementaren<br />

militärischen Probleme zu überwinden.<br />

Diese politischen Organisationen finden in militärischen Kreisen, was zu erwarten<br />

war, keinerlei Unterstützung.


68<br />

Oppositionsführer Alexandr Milinkewitsch hat gegenüber <strong>der</strong> „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“<br />

einen stärkeren Druck des „Westens“ auf <strong>Belarus</strong> gefor<strong>der</strong>t <strong>und</strong> dabei auch Gewaltaktionen<br />

<strong>der</strong> Opposition, wie den Sturm von Fernsehsen<strong>der</strong>n, von Gefängnissen o<strong>der</strong> des Präsidentenpalastes<br />

ausdrücklich verteidigt. Wie würde die <strong>Belarus</strong>sische Armee in einer <strong>der</strong>artigen Situation<br />

handeln? Ist in den gesetzlichen Gr<strong>und</strong>lagen ein Einsatz im Innern vorgesehen <strong>und</strong> wenn ja, unter<br />

welchen Bedingungen?<br />

Generaloberst Malzew: Nach dem Gesetz „Über die Bewaffneten Kräfte <strong>der</strong><br />

<strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong>“ sind unsere <strong>Streitkräfte</strong> zur Gewährleistung <strong>der</strong> militärischen Sicherheit<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> bewaffneten Verteidigung <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong>, ihrer Souveränität,<br />

Unabhängigkeit <strong>und</strong> territorialen Integrität vorgesehen. Es ist nicht gestattet,<br />

die Armee zur Erfüllung von Aufgaben heranzuziehen, die nicht mit <strong>der</strong> Gewährleistung<br />

<strong>der</strong> militärischen Sicherheit <strong>und</strong> <strong>der</strong> bewaffneten Verteidigung <strong>der</strong> <strong>Republik</strong><br />

<strong>Belarus</strong>, ihrer Souveränität, Unabhängigkeit <strong>und</strong> territorialen Integrität in Zusammenhang<br />

stehen. Eine Ausnahme bilden Fälle, in denen es in Übereinstimmung<br />

mit <strong>der</strong> Gesetzgebung <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> notwendig ist, die Bevölkerung<br />

zu schützen <strong>und</strong> ihr beim Eintreten außerordentlicher Situationen zu helfen.<br />

Wenn es also erfor<strong>der</strong>lich ist, die <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong>, ihre Souveränität, Unabhängigkeit<br />

<strong>und</strong> territoriale Integrität in einem mo<strong>der</strong>nen Krieg zu schützen, auch in einem<br />

Krieg, in dem rechtswidrige bewaffnete Formationen eingesetzt werden, o<strong>der</strong><br />

falls die Bevölkerung beim Eintreten außerordentlicher Situationen geschützt werden<br />

muss, so wird unsere Armee ohne jeden Zweifel unter beliebigen Bedingungen<br />

einer eintretenden Lage ihre Pflicht erfüllen.<br />

Dessen kann sich je<strong>der</strong> sicher sein.<br />

Aus russischen Medienberichten ist zu entnehmen, dass die Armee eine sehr hohe Akzeptanz in<br />

<strong>der</strong> belarussischen Gesellschaft hat. So würden sich die Soldaten auch in Uniform in <strong>der</strong> Öffentlichkeit<br />

zeigen <strong>und</strong> nicht, wie im Nachbarland, ihre Montur schamhaft unter Zivilklei<strong>der</strong>n verbergen.<br />

Die militärische Berufslaufbahn sei bei den Jugendlichen begehrt <strong>und</strong> die soziale Lage <strong>der</strong><br />

Berufssoldaten wäre unvergleichlich besser als die <strong>der</strong> russischen Kollegen, von den Soldaten <strong>der</strong><br />

Ukraine ganz zu schweigen. Wie erklären Sie dieses „W<strong>und</strong>er“?<br />

Generaloberst Malzew: Die Achtung vor Menschen in Uniform, die ihre Heimat<br />

schützen, hat im <strong>Belarus</strong>sischen Volk eine Tradition, die sich bei uns historisch herausgebildet<br />

hat.<br />

Es hat in <strong>der</strong> Geschichte aber auch an<strong>der</strong>e Beispiele gegeben. Die Entwicklung <strong>der</strong><br />

belarussischen Armee zu Beginn <strong>der</strong> 1990er Jahre war nicht ganz einfach.


69<br />

Doch nachdem 1994 A.G. Lukaschenko zum Präsidenten <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong><br />

gewählt worden war, wurde ein effektiv funktionierendes System <strong>der</strong> staatlichen<br />

Verwaltung geschaffen, wurden die Strukturen zur Gewährleistung <strong>der</strong> nationalen<br />

Sicherheit <strong>und</strong> Verteidigungsfähigkeit beibehalten <strong>und</strong> gefestigt.<br />

Die Wie<strong>der</strong>herstellung <strong>der</strong> früheren Autorität <strong>der</strong> Armee im Bewusstsein des <strong>Belarus</strong>sischen<br />

Volkes ist eines <strong>der</strong> wichtigsten Ergebnisse <strong>der</strong> <strong>Streitkräfte</strong>reform.<br />

Die Qualität einer Armee hängt weniger von ihrer zahlenmäßigen Stärke ab als<br />

von ihren nationalen historischen Wurzeln, vor allem von dem Platz <strong>und</strong> <strong>der</strong> Rolle,<br />

die die Armee in Staat <strong>und</strong> Gesellschaft als organischer <strong>und</strong> untrennbarer Bestandteil<br />

des eigenen Volkes, des Patriotismus aller Bürger des Landes <strong>und</strong> <strong>der</strong>en<br />

Mitverantwortung für die hehre Sache <strong>der</strong> Verteidigung des Vaterlandes einnimmt.<br />

Darum hatten <strong>und</strong> haben die Fragen <strong>der</strong> Vervollkommnung <strong>der</strong> patriotischen <strong>und</strong><br />

geistig-moralischen Erziehung aller Bürger des Landes, in erster Linie <strong>der</strong> Jugend,<br />

in <strong>Belarus</strong> beson<strong>der</strong>e Priorität.<br />

Eine aktive Arbeit leisten hierbei die bei den <strong>Streitkräfte</strong>n geschaffenen Studios<br />

von Armeemalern <strong>und</strong> -schriftstellern sowie das vor zwei Jahren gegründete Dramatische<br />

Theater <strong>der</strong> belarussischen Armee, das einzige Berufstheater <strong>der</strong> Armee,<br />

das in den letzten 15 Jahren im postsowjetischen Raum gegründet wurde.<br />

Auch die Massenmedien <strong>der</strong> Armee spielen bei <strong>der</strong> patriotischen Erziehung eine<br />

wichtige Rolle.<br />

Gegenwärtig ist es so, dass 100 % <strong>der</strong> jungen Soldaten ihren Armeedienst gern angetreten<br />

haben. Vor zwei Jahren war das noch nicht in diesem Maße <strong>der</strong> Fall. Es<br />

kommt sogar vor, dass sich Eltern direkt an den Verteidigungsminister wenden<br />

<strong>und</strong> darum bitten, ihre Söhne zum Militärdienst einzuberufen, weil ihnen bekannt<br />

ist, dass es für jede Planstelle drei Bewerber gibt.<br />

Bei den Aufnahmeprüfungen für die Militärakademie <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong>, <strong>der</strong><br />

führenden Militärhochschule des Landes, kommen an einigen Fakultäten sieben<br />

Bewerber auf einen Platz. Bei den Mädchen, die sich entschieden haben, einen militärischen<br />

Beruf zu ergreifen, können sich nur Absolventinnen bewerben, die die<br />

Schule mit einer Goldmedaille abgeschlossen haben.<br />

Hier gibt es also überhaupt kein W<strong>und</strong>er: Die heutige Autorität <strong>der</strong> <strong>Streitkräfte</strong> ist<br />

das Ergebnis einer umfassenden Arbeit, die auf vielfältige Weise im Sinne <strong>der</strong><br />

Mentalität des belarussischen Volkes geleistet wurde.<br />

Was die Bevorzugung von Militärangehörigen anbetrifft, die nach einem befristeten<br />

Militärdienst bzw. nach einem Reservistendienst in die Reserve entlassen wer-


70<br />

den, so stehen ihnen alle obligatorischen sozialen Leistungen zu, die gesetzlich für<br />

die Bürger unseres Staates vorgesehen sind. Natürlich wird von den entsprechenden<br />

Leitungsgremien bei <strong>der</strong> Einstellung in den Staatsdienst die Ableistung des Militärdienstes<br />

berücksichtigt, vor allem, wenn es sich um die Aufnahme in Organe<br />

an<strong>der</strong>er machtausüben<strong>der</strong> Strukturen handelt.<br />

Regelmäßig wird die Öffentlichkeit Russlands durch Fakten von Kriminalität <strong>und</strong> Chaos in den<br />

russischen <strong>Streitkräfte</strong>n aufgeschreckt. Die im Gefolge <strong>der</strong> so genannten „Dedowschtschina“ auftretenden<br />

Misshandlungen von jungen Soldaten durch ältere Diensthalbjahre for<strong>der</strong>n gar Menschenleben<br />

o<strong>der</strong> führen zu schwersten Körperverletzungen, wie erst vor kurzem in einer russischen<br />

Kaserne im Ural. Wie steht es mit <strong>der</strong> Disziplin <strong>und</strong> Einhaltung <strong>der</strong> Gesetzlichkeit in <strong>der</strong> Armee<br />

<strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong>?<br />

Generaloberst Malzew: Reformen in <strong>der</strong> Armee führen im Anfangsstadium gewöhnlich<br />

zu Instabilität <strong>und</strong> zunehmenden Rechtsverletzungen. In den belarussischen<br />

<strong>Streitkräfte</strong>n dagegen hat die Tatsache, dass die Reform schrittweise durchgeführt<br />

wurde, objektiv zu einer Festigung <strong>der</strong> Rechtsordnung geführt. Heute ist<br />

bei den Truppen eine ausgesprochen positive Dynamik bei <strong>der</strong> Gewährleistung <strong>der</strong><br />

Sicherheit des Militärdienstes <strong>und</strong> bei <strong>der</strong> Überwindung von Ursachen für Straftaten<br />

innerhalb des Personalbestandes zu beobachten.<br />

Im Jahr 2005 haben 67 % <strong>der</strong> Truppenteile <strong>der</strong> Luftstreitkräfte <strong>und</strong> <strong>der</strong> Truppen<br />

<strong>der</strong> Luftverteidigung sowie etwa 56 % <strong>der</strong> Truppenteile <strong>der</strong> Landstreitkräfte die<br />

ihnen gestellten Aufgaben überhaupt ohne jede Gesetzesverstöße gelöst.<br />

Was die allgemeinen Kennziffern anbetrifft, so verringerte sich <strong>der</strong> Koeffizient <strong>der</strong><br />

Straftaten (Anzahl <strong>der</strong> Straftaten auf 1000 Militärangehörige) 2005 im Vergleich zu<br />

2004 von 6,0 auf 5,4. 1994 betrug diese Kennziffer vergleichsweise 10,9. 2006 setzt<br />

sich die Tendenz zur Verringerung von Straftaten weiter fort.<br />

Hinsichtlich <strong>der</strong> Probleme reglementwidriger Beziehungen kann gesagt werden,<br />

dass es solche in <strong>der</strong> heutigen belarussischen Armee überhaupt nicht gibt.<br />

In den <strong>Streitkräfte</strong>n sind Bedingungen geschaffen worden, die die Möglichkeit <strong>der</strong><br />

Verheimlichung von Gesetzeswidrigkeiten auf allen Ebenen ausschließen.<br />

Erstens wurde eine neue rechtliche Gr<strong>und</strong>lage zur Aufrechterhaltung <strong>der</strong> Gesetzlichkeit<br />

geschaffen, die auf die Gewährleistung eines zuverlässigen Schutzes <strong>der</strong><br />

Rechte <strong>der</strong> Militärangehörigen gerichtet ist.<br />

So haben wir zum Beispiel Empfehlungen umgesetzt, die in vorrevolutionären<br />

Zeitschriften von Offizieren des Russischen Imperiums veröffentlicht worden<br />

waren <strong>und</strong> bei denen es um die ungerechte Situation ging, dass sie bestraft wurden


71<br />

für Verstöße von Unterstellten, selbst wenn es keinerlei kausalen Zusammenhang<br />

dieser Verstöße zur Tätigkeit <strong>der</strong> entsprechenden Funktionsträger gab. Das sind<br />

Empfehlungen, die beinahe jahrh<strong>und</strong>ertelang nicht realisiert wurden.<br />

Zweitens ist <strong>der</strong> Rückgang <strong>der</strong> Rechtswidrigkeiten auch ein Ergebnis effektiver<br />

Erziehungsarbeit.<br />

Worin sehen Sie die Ursachen dafür, dass es 15 Jahre nach <strong>der</strong> Bildung <strong>der</strong> Russischen Fö<strong>der</strong>ation<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> bei gleichem Ausgangspunkt so gravierende Unterschiede zwischen<br />

den Armeen bei<strong>der</strong> Län<strong>der</strong> gibt?<br />

Generaloberst Malzew: Die Unterschiede zwischen den Armeen bei<strong>der</strong> Staaten<br />

sind durch objektive Faktoren bedingt, unter an<strong>der</strong>em durch geopolitische.<br />

Dabei muss beachtet werden, dass die <strong>Streitkräfte</strong> <strong>der</strong> Russischen Fö<strong>der</strong>ation sowohl<br />

gegenwärtig als auch in überschaubarer Zukunft ein globaler Faktor <strong>der</strong> strategischen<br />

Mäßigung in <strong>der</strong> Welt sind <strong>und</strong> sein werden.<br />

Die Bedingungen <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> sind völlig an<strong>der</strong>s.Wir waren gezwungen,<br />

f<strong>und</strong>amentale Umgestaltungen vorzunehmen, damit unsere <strong>Streitkräfte</strong> <strong>der</strong> militärpolitischen<br />

Situation, die sich um <strong>Belarus</strong> herum herausbildete, <strong>und</strong> unseren<br />

ökonomischen Möglichkeiten entsprachen.<br />

Zugleich bilden diese objektiven Unterschiede zwischen unseren Armeen kein<br />

Hin<strong>der</strong>nis für die aktive militärische Zusammenarbeit <strong>Belarus</strong>slands mit seinem<br />

strategischen Verbündeten Russland, we<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Organisation des „Vertrages<br />

über kollektive Sicherheit“ noch im Rahmen des in Entstehung begriffenen Unionsstaates.<br />

Ein in <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Zivilgesellschaft immer wie<strong>der</strong> diskutiertes Thema ist die gesellschaftliche<br />

Kontrolle <strong>der</strong> <strong>Streitkräfte</strong>, ist die Transparenz <strong>der</strong> militärischen <strong>und</strong> militärpolitischen Entscheidungen.<br />

Wie verläuft dieser Prozess in <strong>Belarus</strong>?<br />

Generaloberst Malzew: Die Transparenz <strong>der</strong> militärischen Tätigkeit ist eine <strong>der</strong><br />

unverzichtbaren Bedingungen des heutigen Militäraufbaus, auch in <strong>der</strong> <strong>Republik</strong><br />

<strong>Belarus</strong>.<br />

Was die Kontrolle <strong>der</strong> <strong>Streitkräfte</strong> anbetrifft, so wird diese vor allem durch das<br />

Parlament <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> wahrgenommen. Es gibt ständige Zusammenkünfte<br />

<strong>der</strong> Führung <strong>der</strong> Militärbehörde mit den Abgeordneten <strong>der</strong> Nationalversammlung<br />

<strong>und</strong> des Rates <strong>der</strong> <strong>Republik</strong>.


72<br />

Die Mitglie<strong>der</strong> des Parlaments besuchen ständig die Verbände <strong>und</strong> Truppenteile<br />

<strong>der</strong> Armee.<br />

Die Öffentlichkeit hat außerdem die Möglichkeit, mit Hilfe eines Informationssystems<br />

zur Tätigkeit <strong>der</strong> <strong>Streitkräfte</strong> unter den heutigen Bedingungen ständig zu<br />

glaubwürdigen Kenntnissen über militärische Themen zu gelangen.<br />

Ebenso sind Vertreter <strong>der</strong> in- <strong>und</strong> ausländischen Massenmedien ständige Gäste<br />

<strong>der</strong> Verbände <strong>und</strong> Truppenteile <strong>der</strong> belarussischen Armee <strong>und</strong> Teilnehmer an ausnahmslos<br />

allen Übungen <strong>und</strong> Maßnahmen <strong>der</strong> <strong>Streitkräfte</strong>.<br />

Praktisch alle Sie interessierenden Informationen zu Fragen des Militäraufbaus <strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> praktischen Tätigkeit <strong>der</strong> <strong>Streitkräfte</strong> sind auf <strong>der</strong> Internetseite des Ministeriums<br />

für Verteidigung <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> zugänglich. Seitdem diese Abteilung<br />

des Ministeriums für Verteidigung besteht, wurden ihre Informationen von über<br />

fünf Millionen Nutzern des Internets aus dem näheren <strong>und</strong> ferneren Ausland aufgerufen.<br />

Wir haben keine Geheimnisse vor den gesellschaftlichen Organisationen.<br />

Ständig arbeiten wir auch mit dem <strong>Republik</strong>komitee <strong>der</strong> Soldatenmütter zusammen.<br />

Die Mitglie<strong>der</strong> des Komitees besuchen regelmäßig die Truppenteile <strong>und</strong><br />

sprechen mit den Militärangehörigen.<br />

Ich habe kürzlich in ihrer Armeezeitschrift „Armija“ einen Artikel unter dem Titel „ Der ideologische<br />

Aspekt <strong>der</strong> militärischen Sicherheit <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong>“ gelesen. Dort wird klar <strong>und</strong><br />

unverblümt davon gesprochen, dass die ideologische Arbeit in <strong>der</strong> Armee ein Kernstück <strong>der</strong> <strong>Militärpolitik</strong><br />

ist. Was sind die wesentlichsten Inhalte <strong>und</strong> Ziele dieser ideologischen Erziehung?<br />

Generaloberst Malzew: Die mo<strong>der</strong>nen Kriege werden nicht nur räumlich geführt,<br />

son<strong>der</strong>n vor allem im Bewusstsein <strong>der</strong> Menschen, im Kampf um ihre Herzen.<br />

Nicht zufällig bezeichnete das Staatsoberhaupt unseres Landes die Ideologie als<br />

„Immunsystem, das die Gesellschaft vor inneren <strong>und</strong> äußeren Bedrohungen<br />

schützt“.<br />

Die moralische Kraft des Volkes ist wirklich ein wichtiger Faktor zur Gewährleistung<br />

<strong>der</strong> Sicherheit <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong>.<br />

Die Achse <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>lage <strong>der</strong> moralischen Kraft des Volkes von <strong>Belarus</strong> ist <strong>der</strong><br />

Patriotismus, <strong>der</strong> damit beginnt, dass die Bevölkerung, je<strong>der</strong> einzelne Bürger, die


73<br />

Souveränität <strong>und</strong> Unabhängigkeit seines Landes versteht. Und darum ist die patriotische<br />

Erziehung auch die Hauptrichtung <strong>der</strong> ideologischen Arbeit.<br />

Die <strong>Streitkräfte</strong> besitzen, da sie die militärische Sicherheit gewährleisten, einen<br />

hohen Stellenwert bei <strong>der</strong> Herausbildung <strong>und</strong> Verbreitung <strong>der</strong> Ideologie des belarussischen<br />

Staates.<br />

Die methodologischen Gr<strong>und</strong>lagen <strong>der</strong> ideologischen Arbeit innerhalb <strong>der</strong> <strong>Streitkräfte</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> sind: die Verfassung <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong>, die Konzeption<br />

<strong>der</strong> Nationalen Sicherheit <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong>, die Militärdoktrin <strong>der</strong> <strong>Republik</strong><br />

<strong>Belarus</strong>, die Verordnung über das Ministerium für Verteidigung <strong>der</strong> <strong>Republik</strong><br />

<strong>Belarus</strong> <strong>und</strong> weitere normative Rechtsakte.<br />

Das Ziel <strong>der</strong> ideologischen Arbeit innerhalb <strong>der</strong> <strong>Streitkräfte</strong> <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong><br />

ist die Herstellung von Bedingungen, die dazu beitragen, dass die Militärangehörigen,<br />

ihre Familienangehörigen <strong>und</strong> die Bevölkerung des Landes die Zweckmäßigkeit<br />

<strong>der</strong> in <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> durchgeführten Maßnahmen zur Gewährleistung<br />

<strong>der</strong> nationalen <strong>und</strong> internationalen Sicherheit verstehen <strong>und</strong> diese in ihrem praktischen<br />

Handeln zum Wohl <strong>der</strong> Sicherheit ihres Landes umsetzen.<br />

Überall in Ihrem Land werden die Gedenkstätten des Großen Vaterländischen Krieges in Ehren<br />

gehalten, werden die Soldaten <strong>der</strong> Roten Armee als Befreier gewürdigt. In einigen Nachbarlän<strong>der</strong>n<br />

haben die neuen politischen Eliten in den letzten 15 Jahren eine kardinale Geschichtsrevision<br />

vorgenommen. In Lettland würdigt man sogar offen SS-Mör<strong>der</strong>, wie den „Henker von Riga“<br />

Herbert Zukurs, als Kämpfer gegen die „rote Diktatur“. Was bewegt Sie persönlich als Soldat<br />

<strong>und</strong> Bürger <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> angesichts solcher Meldungen?<br />

Generaloberst Malzew: Ich zweifele nicht daran, dass das historische Urteil über<br />

den Faschismus durch das siegreiche Ende des Großen Vaterländischen Krieges<br />

des Sowjetvolkes gefällt wurde. Und keinerlei Versuche, Naziverbrecher wie<strong>der</strong>zubeleben<br />

o<strong>der</strong> die Geschichte des Zweiten Weltkrieges zu verfälschen, können etwas<br />

an diesem historischen Urteil än<strong>der</strong>n.<br />

Aus diesem Gr<strong>und</strong>e teile ich in meiner Einstellung zu <strong>der</strong>artigen Erscheinungen<br />

die Meinung unseres belarussischen Volkes.<br />

Nebenbei bemerkt gab es in <strong>Belarus</strong> vor 1994 auch <strong>der</strong>artige Versuche.<br />

Die wichtigsten geistigen Mentoren <strong>der</strong> radikalen belarussischen Opposition waren<br />

die belarussischen Kollaborateure.<br />

Doch das belarussische Volk hat seine eindeutige Wahl getroffen: während des<br />

Krieges durch die Massenbewegung <strong>der</strong> Partisanen <strong>und</strong> den Kampf des gesamten


74<br />

Volkes gegen den Faschismus; 1994 durch die Wahl <strong>der</strong> führenden nationalen Persönlichkeit<br />

A.G. Lukaschenko zum Präsidenten des Landes, <strong>der</strong> dem belarussischen<br />

Volk das Symbol des Großen Sieges <strong>und</strong> den tiefen Sinn des größten Ereignisses<br />

des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts, des Sieges über den Faschismus, des Feindes <strong>der</strong><br />

Menschheit, zurückgab. Und diese Wahl hat das belarussische Volk 2001 <strong>und</strong> 2006<br />

bei den Präsidentschaftswahlen erneut bestätigt.<br />

Die Gedenkstätte Chatyn bei<br />

Minsk.<br />

Was die Beispiele <strong>der</strong> Geschichtsrevision betrifft, so haben Sie damit eine sehr<br />

wichtige Frage aufgeworfen, die in vielem die Richtungen <strong>und</strong> die Entwicklung <strong>der</strong><br />

Zivilisation berührt. Ich glaube, es war Bertold Brecht, <strong>der</strong> über die faschistische<br />

Ideologie sagte, „<strong>der</strong> Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch“. Das bedeutet,<br />

dass auf uns allen eine große Verantwortung<br />

liegt, damit den künftigen Generationen<br />

die Wahrheit über den Zweiten Weltkrieg<br />

vermittelt <strong>und</strong> alles getan wird, dass<br />

sich die Tragödie nie wie<strong>der</strong>holt.<br />

Die <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> zeigt, dass sie sehr<br />

sorgsam mit <strong>der</strong> Geschichte umgeht <strong>und</strong><br />

die Erinnerung an die große Ruhmestat <strong>der</strong><br />

Völker, die gegen den Faschismus gekämpft<br />

haben, bewahrt. Nicht zufällig haben Menschen<br />

aus den verschiedensten Staaten den<br />

Wunsch, unser Land zu besuchen, beson<strong>der</strong>s<br />

anlässlich <strong>der</strong> Feiertage im Mai. Im<br />

vergangenen Jahr fand am Vorabend des<br />

60. Jahrestages des Großen Sieges in Minsk<br />

ein internationales Treffen von Partisanen<br />

<strong>und</strong> illegalen Kämpfern statt, <strong>und</strong> in diesem<br />

Jahr am 8. <strong>und</strong> 9. Mai eine internationale<br />

Aktion „Wir sind die Erben des Sieges“, an<br />

<strong>der</strong> Vertreter aus über 20 Staaten <strong>der</strong> ganzen<br />

Welt teilnahmen.<br />

Diese internationale Vertretung von Veteranen des Krieges <strong>und</strong> von Erben des<br />

großen Sieges ist ein weiterer Beweis, dass die gesamte fortschrittliche Menschheit<br />

gegen den Faschismus gekämpft hat <strong>und</strong> dass die Erinnerung an diese Großtat in<br />

Ehren gehalten wird.<br />

Die historische Bedeutung des Großen Sieges kann auch nicht durch Versuche, in<br />

einigen Län<strong>der</strong>n Denkmale für die Waffen-SS zu errichten, verän<strong>der</strong>t werden.


75<br />

Doch heute <strong>und</strong> auch künftig muss für den Großen Sieg noch weiter gekämpft<br />

werden. Das ist ein Kampf um den Sinngehalt, denn die mo<strong>der</strong>nen Kriege werden<br />

in erster Linie im Bewusstsein <strong>der</strong> Menschen, im Kampf um ihre Herzen geführt.<br />

Der deutsche Antifaschist Fritz Schmenkel lief als Wehrmachtsoldat über <strong>und</strong> kämpfte in <strong>der</strong><br />

<strong>Belarus</strong>sischen Partisaneneinheit „Tod dem Faschismus“, geriet in deutsche Gefangenschaft <strong>und</strong><br />

wurde am 15. Februar 1944 in Minsk hingerichtet. Ein Truppenteil <strong>der</strong> NVA-<br />

Luftstreitkräfte <strong>der</strong> DDR trug seinen Namen. Dieser wurde 1990 getilgt. Ist sein Beispiel heute<br />

noch aktuell? Könnten Sie sich vorstellen, dass sich eine Einheit Ihrer Armee dieser deutschweißrussischen<br />

Tradition annimmt?<br />

Gedenktafel für Fritz Schmenkel in<br />

Minsk.<br />

Generaloberst Malzew: Das ist eine philosophische<br />

Frage. Es geht hier um das<br />

Verhalten <strong>der</strong> Menschen zu einer Erscheinung<br />

des Massenbewusstseins <strong>und</strong> zu Werten<br />

wie Pflicht <strong>und</strong> Schwur in unterschiedlichen<br />

Auslegungen <strong>der</strong> Wertesysteme.<br />

Beim Nürnberger Prozess haben fast alle<br />

Beschuldigten gesagt, dass sie Befehle ausgeführt<br />

haben <strong>und</strong> dass dies ihre militärische<br />

Pflicht gewesen sei. Doch das Urteil<br />

über den Faschismus ist gesprochen <strong>und</strong><br />

kann nicht angefochten werden.<br />

Unsere Sympathie galt <strong>und</strong> wird auch künftig<br />

immer jenen Deutschen gelten, die gegen<br />

den Faschismus gekämpft haben, die<br />

im Wi<strong>der</strong>stand waren, die in den Nazi-<br />

Gefängnissen gekämpft <strong>und</strong> die den Mut<br />

aufgebracht haben, sich gegen Hitler zu<br />

wenden. Sie alle haben gegen den Feind <strong>der</strong> Menschheit <strong>und</strong> vor allem für das<br />

heutige Deutschland, für die Zukunft des deutschen Volkes gekämpft. Daher verdient<br />

auch <strong>der</strong> Deutsche Fritz Schmenkel, <strong>der</strong> in einer belarussischen Partisaneneinheit<br />

gegen den Faschismus gekämpft hat, größte Hochachtung, ebenso <strong>der</strong><br />

Kommunist Ernst Thälmann <strong>und</strong> <strong>der</strong> Oberst Graf von Stauffenberg.In dem Buch<br />

des deutschen Schriftstellers Hans Helmut Kirst „Aufstand <strong>der</strong> Soldaten“ werden<br />

die Offiziere <strong>und</strong> Generale, die sich dem Nationalsozialismus entgegengestellt haben,<br />

treffend <strong>und</strong> wahrheitsgemäß beschrieben, so dass ein unvoreingenommener


76<br />

Leser sich mit ihnen verb<strong>und</strong>en fühlen muss. In <strong>der</strong> Auslegung <strong>der</strong> Naziideologie<br />

<strong>und</strong> dem ihr entsprechenden Wertesystem sind sie alle Verräter.<br />

So ist Ihre Frage vor allem eine Frage, die in erster Linie an die deutsche Gesellschaft<br />

gerichtet ist: Wie sollen heute Menschen eingeschätzt werden, unter ihnen<br />

auch die Deutschen selbst, die gegen den Faschismus gekämpft haben?<br />

Wenn es darum geht, ob eine Militäreinheit <strong>der</strong> belarussischen Armee den Namen<br />

des deutschen Antifaschisten tragen könne, so haben wir keine <strong>der</strong>artige Form <strong>der</strong><br />

postumen Ehrung von Helden.<br />

Es steht aber außer Zweifel, dass dem Namen dieses Menschen in <strong>Belarus</strong> wie in<br />

Deutschland Ehre gebührt.<br />

In <strong>Belarus</strong> wird das Andenken an die Heldentaten aller Völker, die gegen den Faschismus<br />

gekämpft haben, sorgsam bewahrt. Daher ist es nur gesetzmäßig, dass<br />

sich in <strong>der</strong> zweiten Etage unseres Museums des Großen Vaterländischen Krieges<br />

Ausstellungsstücke über deutsche Antifaschisten befinden, die auf belarussischem<br />

Boden gekämpft haben, unter ihnen auch über Fritz Schmenkel. Auf dem Platz<br />

<strong>der</strong> Freiheit ist eine Erinnerungstafel angebracht, auf <strong>der</strong> auch sein Name genannt<br />

ist.


77<br />

Die <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> (Zahlen <strong>und</strong> Fakten)<br />

• Fläche: 207.600 qkm (13. Stelle in Europa, 6. Stelle in <strong>der</strong> GUS)<br />

• Ausdehnung: Ost-West 650 km, Nord-Süd 560 km<br />

• 9,714 Mio. Einwohner (2006), Hauptstadt Minsk: 1,76 Mio. Einwohner<br />

(01.01.2005)<br />

• Anteil <strong>der</strong> städtischen Bevölkerung: 71,5%; 81,2% <strong>Belarus</strong>sen;<br />

• Von 159 Staaten völkerrechtlich anerkannt<br />

• Hauptwirtschaftszweige: Maschinenbau, Fahrzeugbau, Chemie, Elektronik,<br />

Optik, Nahrungsmittel<br />

• <strong>Belarus</strong> besitzt eine recht gute Infrastruktur <strong>und</strong> ist weitgehen<strong>der</strong> Eigenversorger<br />

bei Gr<strong>und</strong>nahrungsmitteln<br />

• Wirtschaftsprinzip: „Sich-auf-eigene-Kräfte-stützen“;<br />

• Exporte in 142 Län<strong>der</strong>; 60% <strong>der</strong> Produktion für den Export bestimmt<br />

• Seit 1992 Beobachterstatuts GATT, seit 1995 Beobachterstatus WTO,<br />

(Vollmitgliedschaft in <strong>der</strong> WTO wird angestrebt);<br />

• Wichtige Außenhandelspartner (Stand 2004): Russland (58,8%),<br />

Deutschland (5,3%), Polen (4%), Großbritannien (4,2%), Nie<strong>der</strong>lande<br />

(3,5%), Litauen (1,8%), China (1,5%) , Italien (1,5%), Lettland (1,4%)<br />

• Es wird eine „kontrollierte Entstaatlichungs- <strong>und</strong> Privatisierungspolitik“<br />

verfolgt<br />

• 2004 besaßen 53 % <strong>der</strong> belarussischen Familien ein Privatauto (Russland<br />

33%, Ukraine 29%)<br />

• 2000 hatten 41,9% <strong>der</strong> Bevölkerung ein Einkommen unter <strong>der</strong> offiziellen<br />

Armutsgrenze, 2005 waren es noch 13%<br />

• Das Durchschnittseinkommen 2005 betrug 255 US-Dollar (Ende 1995<br />

waren es 88 US-Dollar); Vergleich (2005) Russland 305, Kasachstan 280,<br />

Ukraine 175, Moldowa 109<br />

• Pensionen <strong>und</strong> Renten: 98 US-Dollar monatlich (2005) Vergleich: Russland<br />

89 Dollar, Ukraine 76 Dollar<br />

• Hohe staatliche Zuschüsse für öffentliche <strong>und</strong> soziale Leistungen (Bildung,<br />

Verkehr, Kultur)<br />

• 52% <strong>der</strong> Beschäftigten arbeiten in Staatsbetrieben <strong>und</strong> Staatseinrichtungen,<br />

47% in <strong>der</strong> Privatwirtschaft, 1,3% in ausländischen Unternehmen<br />

• Energische „staatliche Intervention“ zur Verringerung <strong>der</strong> Arbeitslosigkeit<br />

• 17 registrierte <strong>und</strong> zugelassene politische Parteien (Stand 01.09.2006), 39<br />

Gewerkschaften, 98 Vereine nationaler Min<strong>der</strong>heiten, 2.246 Vereine, Initiativen<br />

<strong>und</strong> Klubs


78<br />

Einige Kennziffern <strong>der</strong> sozialökonomischen Entwicklung <strong>und</strong> des Außenhandels<br />

<strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong><br />

Quelle: www.president.gov.by/press10686.html)<br />

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006<br />

Bevölkerung (in Tausend) 9.990 9.951 9.899 9.849 9.800 9.714 9.714<br />

Arbeitslosigkeit (in %) 2,1 2,3 3,0 3,1 1,9 1,5 1,2<br />

Entwicklung des Realeinkommens<br />

gegenüber Vorjahr<br />

(in %)<br />

Entwicklung des BIP gegenüber<br />

Vorjahr (in %)<br />

Entwicklung <strong>der</strong> Verbraucherpreise<br />

gegenüber Vorjahr(<br />

in %)<br />

143 122 102 101 132 113 123<br />

105,8 104,7 105,0 107,1 111,4 109,4 109,9<br />

207,5 146,1 134,8 125,4 114,4 108,0 106,6<br />

Außenhandelsumsatz Gesamt<br />

(in Mio. US-Dollar)<br />

2002 2003 2004 2005 2004<br />

17.113 21.504 30.265 32.687 42.062<br />

davon Import 8.021 9.946 13.774 15.979 19.739<br />

davon Export 9.092 11.558 16.491 16.708 22.323<br />

Saldo -1.071 -1.612 -2.717 -729 -2.585<br />

Anteil GUS-Län<strong>der</strong> 10.679 13.484 19.201 18.203 23.112<br />

(in Mio. US-Dollar)<br />

Anteil Europa (in Mio. 4.864 6.299 8.639 11.069 14.544<br />

US-Dollar)<br />

Anteil Asien (in Mio. US- 709 719 1.175 1.709 2.248<br />

Dollar)<br />

Anteil Amerika<br />

478 545 722 973 1.361<br />

(in Mio. US-Dollar)<br />

Anteil Afrika<br />

(in Mio. US-Dollar)<br />

107 125 108 149 154


79<br />

Anlagenverzeichnis<br />

1. Struktur <strong>der</strong> Armee <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong> S. 80<br />

2. Struktur <strong>der</strong> Mechanisierten Brigaden <strong>der</strong> <strong>Belarus</strong>sischen Armee S. 81<br />

3. Geplanter Anteil <strong>der</strong> Berufs-<strong>und</strong> Zeitsoldaten am Gesamtpersonalbestand<br />

<strong>der</strong> Mechanisierten Brigaden <strong>der</strong> Armee <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong><br />

4. Die Entwicklung des Anteils einiger Waffengattungen <strong>und</strong> Dienste<br />

am Gesamtbestand <strong>der</strong> <strong>Streitkräfte</strong><br />

5. Übersicht über Truppenteile <strong>und</strong> Einrichtungen <strong>der</strong> Armee <strong>der</strong> <strong>Republik</strong><br />

<strong>Belarus</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Unterstellung/Zuordnung (Auswahl)<br />

S. 82<br />

S. 82<br />

S. 83<br />

6. geplante Entwicklung <strong>der</strong> Wehrdienstarten S. 87<br />

7. Besetzung <strong>der</strong> vorhandenen Offiziersplanstellen nach Verwendungen S. 87<br />

8. Anzahl <strong>der</strong> Offiziere/Fähnriche, die auf eigenen Wunsch den Dienst<br />

vorzeitig quittierten<br />

S. 88<br />

9. Besetzung <strong>der</strong> gesamten Planstellen mit Offizieren <strong>und</strong> Fähnrichen S. 88<br />

10. Karte <strong>der</strong> Kommando-Stabsübung „Ščit Sojuza 2006“ S. 89<br />

11. Ausbildung von Offizieren (Variante 1) S. 90<br />

12. Ausbildung von Offizieren (Variante 2)<br />

S. 91<br />

13. Ausbildung von Fähnrichen/Unteroffizieren S. 92<br />

14. Altersstruktur <strong>und</strong> Bildungsgrad <strong>der</strong> Fähnriche S. 92<br />

15. Bewaffnung <strong>und</strong> Ausrüstung <strong>der</strong> Landstreitkräfte S. 93<br />

16. Bewaffnung <strong>und</strong> Ausrüstung <strong>der</strong> Landstreitkräfte (Bilddarstellungen)<br />

S. 94<br />

17. Bewaffnung <strong>und</strong> Ausrüstung <strong>der</strong> Luftstreitkräfte/Luftverteidigung S. 95<br />

18. Bewaffnung <strong>und</strong> Ausrüstung <strong>der</strong> LSK/LV (Bilddarstellungen) S. 96<br />

19. Reale Steigerung <strong>der</strong> Dienstbezüge S. 97<br />

20. Straftaten je 1.000 Militärangehörige S. 97


80<br />

Anlagen<br />

1. Struktur <strong>der</strong> Armee <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong><br />

(Quelle: „Stroitelstvo i razvitije Vooružennych Sil Respubliki <strong>Belarus</strong>“, NOVIK Minsk 2005. S. 26.<br />

„Armija“ Nr. 1/2007. S. 6. Bearbeitung F.P.)


81<br />

2. Struktur <strong>der</strong> Mechanisierten Brigaden <strong>der</strong> <strong>Belarus</strong>sischen Armee<br />

(Quelle: Armija 5/2007. S. 10, Bearbeitung F.P.)


82<br />

3. Geplanter Anteil <strong>der</strong> Berufs-<strong>und</strong> Zeitsoldaten am Gesamtpersonalbestand<br />

<strong>der</strong> Mechanisierten Brigaden <strong>der</strong> Armee <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong><br />

(Quelle: Armija Nr. 5/2006. S. 10)<br />

4. Die Entwicklung des Anteils einiger Waffengattungen <strong>und</strong> Dienste am<br />

Gesamtbestand <strong>der</strong> <strong>Streitkräfte</strong> (in %)<br />

(Quelle: „Stroitelstvo i razvitije Vooružennych Sil Respubliki <strong>Belarus</strong>“, NOVIK Minsk 2005. S. 21.)<br />

2001 2005<br />

1,69%<br />

2,37%<br />

1,40%<br />

2,20%<br />

3,10%<br />

6%<br />

0,51%<br />

1,31%<br />

4,04%<br />

5,87%<br />

22%<br />

26%


83<br />

5. Übersicht über Truppenteile <strong>und</strong> Einrichtungen <strong>der</strong> Armee <strong>der</strong> <strong>Republik</strong><br />

<strong>Belarus</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Unterstellung/Zuordnung (Auswahl)<br />

A: Zentral unterstellte Truppenteile, Einheiten, Schulen, Einrichtungen<br />

• Militärakademie (Minsk)<br />

• Wissenschaftliches Forschungsinstitut <strong>der</strong> <strong>Streitkräfte</strong><br />

• Minsker Suworow Schule<br />

• 62. zentraler Nachrichtenknoten des Verteidigungsministeriums<br />

• 5. Brigade Spezialkräfte<br />

• 153. „Königsberger“ funktechnische Spezialbrigade<br />

• 188. Basis <strong>der</strong> Pioniertruppen (Mob)<br />

• 127. Nachrichtenbrigade (Territorialtruppen)<br />

• 8. „Warschauer“ Regiment ABC-Abwehr<br />

• 10. selbst. Zentrum für funkelektronischen Kampf<br />

• 307. selbst. Eisenbahnbrigade<br />

• 30. selbst. Eisenbahnbrigade<br />

• 28. selbst. Eisenbahnbrigade<br />

• 38. selbst. mobile Brigade (Luftlandetruppen)<br />

• 381. selbst. mobiles Bataillon<br />

• 382. selbst. mobiles Bataillon<br />

• 383. selbst. mobiles Bataillon<br />

• 103 selbst. mobile Gardebrigade (Witebsk)<br />

• 317. selbst. mobiles Bataillon<br />

• 350. selbst. mobiles Bataillon<br />

• 357. selbst. mobiles Bataillon<br />

• 33. Einheit Spezialkräfte für Son<strong>der</strong>operationen<br />

• 465. Raketenbrigade<br />

• 308. selbst. Raketenabteilung<br />

• 383. selbst. Raketenabteilung<br />

• 490. selbst. Raketenabteilung<br />

• 587. selbst. Raketenabteilung<br />

• 336. Reaktive Artillerie-Brigade<br />

• 31. Navigation-Topografie-Abteilung<br />

• 361. Basis zum Schutz <strong>und</strong> zur Sicherstellung <strong>der</strong> zentralen Führungsorgane<br />

• 432. Haupt-Militärhospital (Minsk)<br />

• 297. Feldpostknoten


84<br />

B: Truppenteile, Einheiten, Schulen, Einrichtungen <strong>der</strong> Landstreitkräfte<br />

ZENTRAL UNTERSTELLTE<br />

• Kommando <strong>der</strong> Landstreitkräfte (Minsk)<br />

• 8. Funktechnische Brigade<br />

• 22. Raketenbrigade<br />

• 49. Funktechnisches Regiment<br />

• 984. Panzerabwehrregiment<br />

• 51. gemischte Garde-Artillerie-Brigade<br />

• 228. selbst. Regiment für funkelektronischen Kampf<br />

• 86. Nachrichtenbrigade (Nachrichtenknoten)<br />

• 52. selbst. Aufklärungsregiment<br />

• 2. Pionierregiment<br />

• 189. Ponton-Brücken-Brigade<br />

• 36. Straßen- <strong>und</strong> Brückenbau-Brigade<br />

• 80. selbst. Bataillon ABC-Abwehr<br />

• 72. Ausbildungszentrum (für Fähnriche <strong>und</strong> Unteroffiziere)<br />

WESTLICHE OPERATIVE RICHTUNG<br />

• 6. „Kiewer-Berliner“ Mech. Brigade (Grodno)<br />

• 11. Mech. Brigade<br />

• 40. Mech. Gruppe<br />

• 7. Mech. Bataillon<br />

• 841. Artilleriegruppe<br />

• 1018. Fla.-Raketen Abteilung<br />

• 9. Aufklärungsbataillon<br />

• 153. Nachrichtenbataillon<br />

• 134. Pionierbataillon<br />

• 28. Basis/Lager für Bewaffnung <strong>und</strong> Technik<br />

• 50. Basis/Lager für Bewaffnung <strong>und</strong> Technik<br />

• 111. „Königsberger“ Artilleriebrigade<br />

• 1199. gemischtes Art.-Regiment<br />

• 62. Fla-Raketenbrigade<br />

• 225. selbst. funktechnisches Regiment für Spezialaufgabe<br />

• 74. „Berliner“ selbst. Nachrichtenregiment<br />

• 110. selbst. Regiment <strong>der</strong> mat. Sicherstellung<br />

• 557. Pionierregiment


85<br />

NORD-WESTLICHE OPERATIVE RICHTUNG<br />

• 120. Garde-Mech. Brigade (Minsk)<br />

• 339. Mech. Gruppe<br />

• 334. Mech. Bataillon<br />

• 310. Artilleriegruppe<br />

• 1045. Fla.-Raketen Abteilung<br />

• 46. Aufklärungsbataillon<br />

• Nachrichtenbataillon<br />

• Pionierbataillon<br />

• 19. Basis/Lager für Bewaffnung <strong>und</strong> Technik<br />

• 37. Basis/Lager für Bewaffnung <strong>und</strong> Technik<br />

• 231. gemischte Artillerie-Brigade<br />

• 740. Fla-Raketen Brigade<br />

• 60. Nachrichtenregiment<br />

• 108. selbst. Regiment materielle Sicherstellung<br />

• 7. „Toruner“ Pionierregiment<br />

C: Truppenteile, Einheiten, Schulen, Einrichtungen <strong>der</strong> Luftstreitkräfte-<br />

Luftverteidigung<br />

ZENTRAL UNTERSTELLTE<br />

• 116. „Radomer“ Bomber-<strong>und</strong> Aufklärungsfliegerbasis<br />

• 206. Schlachtfliegerbasis<br />

• 50. gemischte Luftbasis<br />

• 181. Kampf-Hubschrauberbasis<br />

• 56. selbständiges Nachrichtenregiment<br />

• 83. selbst. Pionier-Flugplatz-Regiment<br />

WESTLICHES OPERATIV-TAKTISCHES KOMMANDO<br />

• Führung des westlichen operativ taktischen Kommandos<br />

• 61. Jagdfliegerbasis<br />

• 56. Fla-Raketenbrigade<br />

• 115. Fla-Raketenbrigade<br />

• 120. „Jaroslawler“ Fla-Raketenbrigade<br />

• 147. Fla-Raketenbrigade<br />

• 302. Fla-Raketenbrigade<br />

• 8. Funktechnische Brigade


86<br />

NORD-WESTLICHES OPERATIV-TAKTISCHES KOMMANDO<br />

• Führung des nordwestlichen operativ taktischen Kommandos<br />

• 927. „Königsberger“ Jagdfliegerbasis<br />

• 15. Fla-Raketenbrigade<br />

• 29. Fla-Raketenbrigade<br />

• 377. Garde-Fla-Raketenregiment<br />

• 49. Funktechnisches Regiment<br />

D: Einrichtungen <strong>der</strong> rückwärtigen/technischen Sicherstellung<br />

• 65. selbst. Kfz-Brigade<br />

• 46. Arsenal<br />

• 3611. Artillerielager<br />

• 30. Basis/Lager für Bewaffnung <strong>und</strong> Technik<br />

• 34. Basis/Lager für Bewaffnung <strong>und</strong> Technik<br />

• 1371. Zentrale Basis <strong>der</strong> Pioniertruppen<br />

• 602. Basis für Reparatur <strong>und</strong> Lagerung (ABC-Technik)<br />

• 3656. Zentrallager für Nachrichtentechnik<br />

• 288. Basis Kfz-Technik<br />

• Zentrales Kfz-Lager<br />

• 3620. Artillerielager


87<br />

6. geplante Entwicklung <strong>der</strong> Wehrdienstarten<br />

(Quelle: „Armija Nr. 5/2006. S. 10)<br />

20.000<br />

18.000<br />

16.000<br />

14.000<br />

12.000<br />

10.000<br />

8.000<br />

6.000<br />

4.000<br />

2.000<br />

0<br />

Soldaten <strong>und</strong> Unteroffiziere<br />

(Wehrpflicht)<br />

Soldaten <strong>und</strong> Unteroffiziere<br />

(Kontrakt)<br />

Wehrpflichtige im aktiven<br />

Reservistendienst<br />

2005 2010<br />

18.815 11.000<br />

5.583 13.000<br />

3.820 9.000<br />

7. Besetzung <strong>der</strong> vorhandenen Offiziersplanstellen nach Verwendungen (%)<br />

(Quelle: „Armija Nr. 6/2004. S. 2)<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

2001 2002 2003 2004<br />

Offiziere insgesamt 80,1 88,1 90,3 90,7<br />

erste Offiziersverwendungen 45,1 60,4 81,4 81,4<br />

Zugführer 42,3 61,2 83,2 85,1


88<br />

8. Anzahl <strong>der</strong> Offiziere/Fähnriche, die auf eigenen Wunsch den Dienst vorzeitig<br />

quittierten<br />

(Quelle: „Armija Nr. 6/2004. S. 3)<br />

2001 2002 2003 2004<br />

596<br />

243<br />

240<br />

146<br />

356<br />

286<br />

207<br />

120<br />

Offiziere<br />

Fähnriche<br />

9. Besetzung <strong>der</strong> gesamten Planstellen mit Offizieren <strong>und</strong> Fähnrichen (%)<br />

(Quelle: „Stroitelstvo i razvitije Vooružennych Sil Respubliki <strong>Belarus</strong>“, NOVIK Minsk 2005. S. 26.)<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

65,7<br />

79,3<br />

Fähnriche<br />

90,1 90,7<br />

85,2<br />

76,3<br />

Offiziere<br />

Jan 02 Jan 04 Jan 05


89<br />

10. Karte <strong>der</strong> Kommando-Stabsübung „Ščit Sojuza 2006“<br />

(Quelle: „Armija“ Nr. 3/2006)


90<br />

11. Ausbildung von Offizieren (Variante 1)<br />

(Quelle: „Armija Nr. 1/2007. S. 5)


91<br />

12. Ausbildung von Offizieren (Variante 2)<br />

(Quelle: „Armija Nr. 1/2006. S. 3 <strong>und</strong> Nr. 1/2007. S. 5)


92<br />

13. Ausbildung von Fähnrichen/Unteroffizieren<br />

14. Altersstruktur <strong>und</strong> Bildungsgrad <strong>der</strong> Fähnriche<br />

(Quelle: „Armija Nr. 6/2005. S. 19)<br />

Altersstruktur<br />

jünger als 35 Jahre 35 bis 45 Jahre älter als 45 Jahre<br />

Anzahl Anteil<br />

%<br />

Anzahl Anteil<br />

%<br />

Anzahl Anteil<br />

%<br />

2002 2.018 24,4 5.654 68,7 565 6,9<br />

2005 3.747 51,3 3.270 44,7 295 4,0<br />

Bildungsgrad<br />

Hochschulbildung<br />

Fachschule<br />

Anzahl Anteil % Anzahl Anteil %<br />

2003 359 4,6 3.136 40,8<br />

2005 409 5,6 3.285 45,0


93<br />

15. Bewaffnung <strong>und</strong> Ausrüstung <strong>der</strong> Landstreitkräfte<br />

(Quelle: http://www.globalsecurity.org/military/world/belarus/army‐equipment.htm. Bearbeitung F.P.)<br />

System/Bezeichnung 1995 2005 2010 2015<br />

Kampfpanzer<br />

T‐55 381 29 29 29<br />

T‐72 1.797 1.465 1.465 1.465<br />

T‐80 0 92 92 92<br />

Schützenpanzer<br />

BMP‐1 461 109 109 109<br />

BMP‐2 1.278 1.164 1.164 1.164<br />

BRM 161 161 161 161<br />

BMD‐1 124 154 154 154<br />

Schützenpanzerwagen<br />

BTR‐60 221 188 188 188<br />

BTR‐70 415 446 446 446<br />

BTR‐80 189 194 194 194<br />

BTR‐D 117 22 22 22<br />

MT‐LB 72 66 66 66<br />

Artillerie<br />

D‐30 (122 mm) 190 202 202 202<br />

D‐20 (152mm) 58 58 58 58<br />

M‐1943 (152 mm) 6 6 6 6<br />

2A65 (152 mm) 136 136 136 136<br />

2A36 (152 mm) 50 50 50 50<br />

SFL<br />

2S1 (122 mm) „Gwosdika“ 239 246 246 246<br />

2S3 (152 mm) „Akacija“ 168 163 163 163<br />

2S5 (152 mm) 120 120 120 120<br />

2S19 (152 mm) „Msta‐S“ 13 13 13 13<br />

2S7 (203 mm) 48 36 36 36<br />

Granatwerfer (>120 mm)<br />

2 S9 (120 mm) 54 54 54 54<br />

2S12 (120 mm) 78 77 77 77<br />

Mehrfachwerfer<br />

BM‐21 (122 mm) 275 208 208 208<br />

9P140 „Uragan“ (220 mm) 84 84 84 84<br />

9A52 „Smerš“ (300 mm) 48 40 40 40<br />

Taktische Raketen<br />

„Totschka“ (NATO „Scud“) 60 60 0 0<br />

„Totschka M“<br />

36 36 0 0<br />

(NATO‐SS‐21 “FROG”)<br />

Fla-Raketen LaSK<br />

9K32 „Strela“(NATO‐SA7) ? 250 250 ?<br />

9K34 „Strela‐2” (NATO SA‐1) ? 12 12 ?<br />

9K38 „Igla“ (NATO SA‐16) ? 64 64 ?<br />

Panzer-Abwehrmittel<br />

9K113 „Konkurs“(NATO AT‐5) ? 70 70 ?<br />

RPG‐7 ? 1.000 1.000 ?<br />

RPG‐16 ? 400 400 ?


94<br />

16. Bewaffnung <strong>und</strong> Ausrüstung <strong>der</strong> Landstreitkräfte (Bilddarstellungen)<br />

(Zeichnung: „Armija“ Nr. 4/2006. S.32/33)


95<br />

17. Bewaffnung <strong>und</strong> Ausrüstung <strong>der</strong> Luftstreitkräfte/Luftverteidigung<br />

(Quelle: http://www.globalsecurity.org/military/world/belarus/af‐equipment.htm, Bearbeitung F.P.)<br />

System/Bezeichnung 1995 2005 2010 2015<br />

Schlachtflieger/Jagdbomber<br />

SU‐24MK/MR 42 35 33 31<br />

SU‐25/UB 99 76 73 71<br />

Jagdflugzeuge<br />

MIG‐23MLD/UB 45 35 33 30<br />

MIG‐29S/UB 83 41 40 39<br />

SU‐27P/UB 24 23 23 23<br />

SU‐30 0 0 12? 12?<br />

Kampfhubschrauber<br />

MI‐24K 0 1 1 1<br />

MI‐24R 0 4 4 4<br />

MI‐24 74 50 48 46<br />

Mehrzweckhubschrauber<br />

MI‐24K 9 8 8 8<br />

MI‐24R 0 4 4 4<br />

MI‐8 148 125 125 125<br />

MI‐6 0 29 29 29<br />

Transportflugzeuge<br />

IL‐76 29 16 16 16<br />

AN‐12 6 3 3 3<br />

AN‐24 7 1 1 1<br />

AN‐26 1 6 6 6<br />

TU‐134 1 1 1 1<br />

MI‐26 14 14 14 14<br />

Strahl-Trainer<br />

L‐39 0 10 10 ?<br />

Fla-Raketenkomplexe<br />

ZRS S‐75 (NATO SA‐2)(„Dvina”, „Desna”,<br />

„Wolchow”, „Wolga“)<br />

ZRS S‐125 (NATO‐SA‐3), („Neva”,<br />

„Newa‐M”, „Petschora”)<br />

ZRS S‐200 (NATO SA‐5)(„Angara”,<br />

„Vega”, „Dubna”)<br />

ZRS BUK‐MB (NATO SA‐7)<br />

ZRS S‐300 (NATO SA‐10)<br />

200 175 175 175


96<br />

18. Bewaffnung <strong>und</strong> Ausrüstung <strong>der</strong> LSK/LV (Bilddarstellungen)<br />

(Zeichnung: „Armija“ Nr. 464/2006. S. 32/33)


97<br />

19. Reale Steigerung <strong>der</strong> Dienstbezüge (1994=1)<br />

(Quelle: „Stroitelstvo i razvitije Vooružennych Sil Respubliki <strong>Belarus</strong>“, NOVIK Minsk 2005. S. 46.)<br />

1994 2004<br />

7 7,3<br />

9 9,45<br />

1 1 1 1<br />

20. Straftaten je 1.000 Militärangehörige in %<br />

(Quelle: Malcev, L.S.: „Vooružennye Sily Respubliki <strong>Belarus</strong>”, Asobny Dach. Minsk 2003, Bearbeitung<br />

F.P.)<br />

15<br />

10,9<br />

10<br />

7,4<br />

7,4<br />

6,4<br />

6<br />

4,2<br />

8<br />

5<br />

0<br />

1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006


98<br />

Quellen <strong>und</strong> Literaturverzeichnis<br />

• „<strong>Belarus</strong>skaja Vojennaja Gazeta“, (<strong>Belarus</strong>sische Militärzeitung)<br />

http://www.vsr.mil.by/index?publication=36<br />

• Malcev, L.S.: „Vooružennye Sily Respubliki <strong>Belarus</strong>”, Asobny Dach. Minsk 2003<br />

• Internetseite des Archivs <strong>der</strong> Regierung <strong>Belarus</strong>‘, http://archives.gov.by/<br />

• Internetseite des Präsidenten <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong>, http://www.president.gov.by/<br />

• Internetseite des Verteidigungsministeriums <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong>,<br />

http://mod.mil.by/<br />

• Zeitschrift „Armija“ (Jahrgänge 2004-2007), MO Respubliki <strong>Belarus</strong>, Minsk<br />

• „Stroitelstvo i razvitije Vooružennych Sil Respubliki <strong>Belarus</strong>“,<br />

NOVIK Minsk 2005<br />

• Internetportal zur Fragen des Rechts, http://www.pravo.by/<br />

• Internetausgabe des Magazins „<strong>Belarus</strong>“, http://belarus-magazine.by/de.php<br />

• Internetseiten <strong>der</strong> belarussischen Opposition in deutscher Sprache:<br />

o http://www.belarus-actions.org/<br />

o http://www.menschenrechte-fuer-belarus.de/<br />

o http://www.belarusnews.de/de/<br />

• Wochenzeitung „Nesavisimoe vojennoe obosrenie“, Moskau. (Jahrgänge 1998-<br />

2007), http://nvo.ng.ru/<br />

• Tageszeitung „Krasnaja Zvezda“, Moskau, http://www.redstar.ru/<br />

• Wochenzeitung „Vojenno-promyšlennyj kur`er“ (vpk), Moskau, (Jahrgänge 2004-<br />

2007), http://vpk-news.ru/<br />

• Dr. Steven J. Main: „The <strong>Belarus</strong>ian Armed Forces: A Military-Political Analysis<br />

1991-2003”, Defence Academy of the United Kingdom. October 2003. ISBN 1-<br />

904423-52-3


99<br />

Bildnachweis<br />

Seite Bildunterschrift Quelle/Autor<br />

7 Europakarte www.president.gov.by<br />

17 Ehrenformation <strong>der</strong> belarussischen Armee am<br />

„Tag des Sieges“. Minsk 09. Mai 2006.<br />

Preiß<br />

21 Der Autor im Gespräch mit dem Kommandeur<br />

<strong>der</strong> 206. Schlachtfliegerbasis Oberst Igor Golub Preiß<br />

(links). Lida, 11. Mai 2006.<br />

22<br />

www.president.<br />

Staatswappen <strong>der</strong> <strong>Republik</strong> <strong>Belarus</strong>.<br />

gov.by<br />

27 Strahltrainer L-39. Preiß<br />

31 Angehörige <strong>der</strong> Territorialtruppen während <strong>der</strong><br />

Übung „Ščit Otečestvo 2004.“<br />

„Armija“<br />

Nr. 5/2004, S. 12<br />

34<br />

„Armija“<br />

Soldatinnen<br />

Nr. 3/2006. S. 60<br />

37<br />

„Armija“<br />

Der Schützenpanzer „Cobra“.<br />

Nr. 6/2001. S. 41<br />

39 Kampfpanzer T-72 <strong>der</strong> 120. Mechanisierten Brigade<br />

Minsk.<br />

Preiß<br />

44 In <strong>der</strong> Internetredaktion des Verteidigungsministeriums.<br />

Preiß<br />

46<br />

Der Stolz <strong>der</strong> belarussischen Armee. Elitesoldaten<br />

<strong>der</strong> Fallschirmjägertruppe.<br />

Preiß<br />

50 Generaloberst Malzew www.mod.mil.by<br />

55 Interview mit dem Verteidigungsminister, Generaloberst<br />

Malzew.<br />

Preiß<br />

63<br />

Mahnmal für die in Afghanistan gefallenen Soldaten<br />

<strong>der</strong> Sowjetarmee. Minsk.<br />

Preiß<br />

74 Die Gedenkstätte Chatyn bei Minsk. Preiß<br />

75 Gedenktafel für Fritz Schmenkel in Minsk. Archiv Autor


100


1<br />

Prof. Dr. sc. oec. Siegfried Schönherr<br />

Militärökonomie<br />

Rückblicke für die Gegenwart, Ausblicke für die Zukunft<br />

Bd. II<br />

Erschienen 2007 im Eigenverlag Dresden, 168 S., broschiert, A 5, Euro 15.00,<br />

ISBN 978-3-00-022497-3<br />

Mit dieser Publikation wird eine erfolgreiche editorische Arbeit auf einem volkswirtschaftlich sowie militär-<br />

<strong>und</strong> sicherheitspolitischem Gebiet fortgesetzt, das zunehmend stärker in den Mittelpunkt des gesellschaftlichen<br />

Interesses rückt, aber von den Fachleuten <strong>und</strong> interessierten Laien dieser Wissensgebiete <strong>und</strong><br />

Politikfel<strong>der</strong> immer noch unterschätzt wird: <strong>der</strong> Militär- bzw. Sicherheitsökonomie.<br />

Nachdem <strong>der</strong> erste Band Autors zu aktuellen Überlegungen über das Wechselspiel zwischen Militär, Sicherheitspolitik<br />

auf <strong>der</strong> einen <strong>und</strong> Wirtschaft sowie Wirtschaftspolitik auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite auf beachtliches<br />

Interesse gestoßen ist, entschloss er sich jetzt, <strong>der</strong> interessierten Öffentlichkeit einen zweiten Band<br />

anzubieten. Er enthält Arbeiten aus den Jahren von 2001 bis 2007.<br />

Der Sammelband ist in vier Abschnitte unterteilt:<br />

• Im ersten Abschnitt, Ökonomische Rüstung <strong>und</strong> Konversion in <strong>der</strong> DDR, werden früher verfasste Arbeiten<br />

fortgesetzt bzw. ergänzt <strong>und</strong> neue Quellen ausgewertet. Der Leser kann miterleben, wie politische<br />

Umbrüche zwar völlig neue militärökonomische Probleme aufwerfen, aber über Jahrzehnte gewonnene<br />

Erfahrungen nicht nutzlos machen. Die selbstkritische <strong>und</strong> kritische Einschätzung militärökonomischen<br />

Denkens <strong>und</strong> Handelns in <strong>der</strong> DDR sind für den Leser auch deswegen von Wert, weil versucht<br />

wird die Frage zu beantworten: Kann ökonomische Rüstung zur Zeit des Kalten Krieges Lehren<br />

für die heutige Sicherheitspolitik <strong>und</strong> <strong>der</strong>en ökonomischer Untermauerung vermitteln? Angesichts<br />

<strong>der</strong> militärisch dominierte Außen- <strong>und</strong> Sicherheitspolitik <strong>der</strong> NATO, die auch ökonomisch an die<br />

Grenzen des Machbaren stößt, gewinnen Überlegungen solcher Art zunehmend an Bedeutung.<br />

• In einem zweiten Abschnitt, Zur Entwicklung <strong>der</strong> militärökonomischen Wissenschaft in <strong>der</strong> DDR, wird Neuland<br />

beschritten. Ausführlich wird dargelegt, wie sich die militärökonomische Wissenschaft in <strong>der</strong><br />

DDR herausbildete <strong>und</strong> welchen Anteil daran die militärischen Lehreinrichtungen hatten, vor allem<br />

die Militärakademie <strong>der</strong> NVA in Dresden. Dieser Abschnitt kann Anregungen vermitteln, wie zum<br />

Beispiel <strong>der</strong> bevorstehende 50. Jahrestag <strong>der</strong> Gründung dieser Akademie genutzt werden kann, sich<br />

kritisch uns selbstkritisch mit Lehre <strong>und</strong> Forschung an dieser höchsten militärischen Lehranstalt <strong>der</strong><br />

DDR auseinan<strong>der</strong> zu setzen.<br />

• Im dritten Abschnitt, Rüstungsfinanzierung heute, wird überzeugend nachgewiesen, dass <strong>der</strong> Globalisierung<br />

<strong>der</strong> Wirtschaft die Globalisierung <strong>der</strong> Sicherheitspolitik folgt <strong>und</strong> eine von <strong>der</strong> Handschrift des<br />

Militärs <strong>und</strong> des Militärischen geprägte Globalisierung <strong>der</strong> Außen- <strong>und</strong> Sicherheitspolitik eine Globalisierung<br />

<strong>der</strong> Rüstung nach sich zieht. Aus einer politisch verschuldeten Finanzierungsnot <strong>der</strong> <strong>Streitkräfte</strong><br />

werden heute Finanzierungs- <strong>und</strong> Rüstungsmethoden kreiert, die von den Rüstungsgegnern<br />

präzisere Formen des Kampfes gegen Aufrüstung <strong>und</strong> Krieg verlangen.<br />

• Der vierte Abschnitte, Rezensionen u.ä., erlaubt einmal mehr die Einschätzung, dass es trotz an<strong>der</strong>er<br />

Aussagen immer wie<strong>der</strong> interessante militärökonomische Arbeiten gibt, die facettenreiche Untersuchungen<br />

über den heutigen Prozess <strong>der</strong> ökonomischen Rüstung in <strong>der</strong> Welt enthalten <strong>und</strong> Orientierung<br />

im Ringen um Abrüstung <strong>und</strong> einen stabilen Frieden geben.<br />

Die Schrift kann bezogen werden bei:<br />

S. Schönherr, Crottendorfer Str. 11, 01279 Dresden, Fon/Fax: 0351 2591387,<br />

e-mail: siegfried.schoenherr@sz-online.de.


2<br />

Dresdener Studiengemeinschaft SICHERHEITSPOLITIK (<strong>DSS</strong>) e.V.<br />

Aus <strong>der</strong> Schriftenreihe „<strong>DSS</strong>-Arbeitspapiere“<br />

Heft 77:<br />

Heft 78:<br />

Heft 79:<br />

Heft 80:<br />

Heft 81:<br />

Heft 82:<br />

Heft 83:<br />

Heft 84:<br />

Heft 85:<br />

Heft 86:<br />

Geopolitisches <strong>und</strong> militärstrategisches Denken in <strong>der</strong> Russischen Fö<strong>der</strong>ation.<br />

Beiträge: Rolf Lehmann , Hans-Werner Deim, Horst Großmann, Joachim Klopfer,<br />

Egbert Lemcke,<br />

Dresden 2005, 139 Seiten; 5,00 Euro.<br />

Die Friedensfrage in <strong>der</strong> gegenwärtigen Epoche.<br />

Beiträge: Ernst Woit, Wolfgang Scheler, Endre Kiss,<br />

Dresden 2006, 54 Seiten; 2,00 Euro.<br />

Für eine Welt ohne Krieg. Gibt es Wege zu einem sicheren Frieden?<br />

14. Dresdner Friedenssymposium am 11. Februar 2006.<br />

Beiträge: Steffi Belke, Peter Strutynski, Tobias Pflüger, Jörg-Uwe Laasch, Horst Schnei<strong>der</strong>,<br />

Reuven Moskovitz, Jana Hodurova,<br />

Dresden 2006, 58 Seiten; 3,00 Euro.<br />

50. Jahretag <strong>der</strong> NVA. Ansichten <strong>und</strong> Wertungen. Vorwort: Wolfgang Scheler.<br />

Beiträge: Paul Hei<strong>der</strong>, Horst Sylla,<br />

Dresden 2006, 50 Seiten; 2,00 Euro.<br />

Zur Bewertung militärischer Optionen gegen das Nuklearprogramm des Iran.<br />

Beiträge: Hermann Hagena, Ernst Woit, Dresden 2006, 22 Seiten; 2,00 Euro.<br />

Siegfried Schönherr, Neuer Imperialismus - neue Formen <strong>der</strong><br />

Rüstungsfinanzierung, Dresden 2007, 40 Seiten; 3,00 Euro.<br />

Ideologie des neuen Imperialismus <strong>und</strong> ihre Positionen zu Krieg <strong>und</strong> Frieden.<br />

11. Dresdner Symposium Für eine globale Friedensordnung am 18. November 2006.<br />

Beiträge: Erich Hahn, Horst-Dieter Strüning, Wolfgang Scheler, Ernst Woit, Harry Pursche,<br />

Lothar Glaß, Siegfried Schönherr,<br />

Dresden 2007, 60 Seiten; 3,00 Euro.<br />

Traditionen in B<strong>und</strong>eswehr <strong>und</strong> Nationaler Volksarmee.<br />

Beiträge: Winfried Heinemann, Paul Hei<strong>der</strong>,<br />

Dresden 2007, 32 Seiten; 2,00 Euro.<br />

Friedensdiplomatie statt Militärintervention. Für Frieden im Nahen Osten nach dem<br />

Vorbild <strong>der</strong> KSZE,<br />

15. Dresdner Friedenssymposium am 17. Februar 2007.<br />

Beiträge: Steffi Belke, Wolfgang Gehrcke, Horst Schnei<strong>der</strong>, Mechthild Tschierschky,<br />

Dresden 2007, 24 Seiten; 2,00 Euro.<br />

Wilfried Schreiber, Von einer Militärdoktrin <strong>der</strong> Abschreckung zu Leitsätzen<br />

entmilitarisierter Sicherheit (1987 – 1990). Ein Zeitzeugenbericht.<br />

Dresden 2007, 114 Seiten; 5,00 Euro.<br />

Die Dresdener Studiengemeinschaft SICHERHEITSPOLITIK e.V. (<strong>DSS</strong>) informiert über<br />

Aktivitäten <strong>und</strong> Ergebnisse ihrer Tätigkeit auch im Internet.<br />

http://www.sicherheitspolitik-<strong>DSS</strong>.de

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