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Warum wir eine Goldwährung brauchen - Mises.de

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<strong>Warum</strong> <strong>wir</strong> <strong>eine</strong> <strong>Goldwährung</strong> <strong>brauchen</strong><br />

Jörg Guido Hülsmann<br />

Der Tag <strong>de</strong>r geplanten europäischen Währungsunion rückt näher, aber die weitaus<br />

meisten Einwohner Deutschlands fühlen sich nicht ausreichend informiert über diesen<br />

Schritt, <strong>de</strong>r gewichtigen Einfluß auf ihre künftigen Lebensumstän<strong>de</strong> haben <strong>wir</strong>d. Spät -<br />

aber vielleicht nicht zu spät - gewinnt die Öffentlichkeit nun doch noch Interesse an <strong>de</strong>n<br />

trockenen Problemen <strong>de</strong>r Geldverfassung.<br />

Je<strong>de</strong> Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r alten Ordnung unseres Geldwesens steht aufs Neue vor <strong>eine</strong>r<br />

Grun<strong>de</strong>ntscheidung. Es geht um die wichtige Frage, ob die Produktion <strong>de</strong>s Gel<strong>de</strong>s<br />

weiterhin in <strong>de</strong>r Obhut <strong>de</strong>s Staates liegen soll o<strong>de</strong>r nicht. Diese Frage mag viele<br />

überraschen. Hat <strong>de</strong>nn <strong>de</strong>r Staat nicht immer schon diese Verantwortung innegehabt? Ist<br />

es überhaupt <strong>de</strong>nkbar, daß <strong>wir</strong> <strong>eine</strong> Währung haben können, die nicht von irgendwem<br />

gesteuert <strong>wir</strong>d? In <strong>de</strong>r Tat ist es weithin unbekannt, daß bis zu Anfang dieses<br />

Jahrhun<strong>de</strong>rts die staatliche Produktion <strong>de</strong>s Gel<strong>de</strong>s <strong>eine</strong> Ausnahme war. In <strong>de</strong>r Regel<br />

wur<strong>de</strong> das Geld von Privatunternehmen hergestellt - genau wie Kleidung, Häuser und<br />

Nahrung.<br />

Vom Gold zum Regierungsgeld<br />

Insbeson<strong>de</strong>re E<strong>de</strong>lmetalle wur<strong>de</strong>n wegen ihrer günstigen Eigenschaften (Haltbarkeit,<br />

Formbarkeit, Teilbarkeit usw.) bevorzugt als Geld verwen<strong>de</strong>t. Sie schmückten nicht nur<br />

königliche Häupter, schöne Hälse und viele Gebrauchsgegenstän<strong>de</strong>, son<strong>de</strong>rn vor allem<br />

wur<strong>de</strong>n sie täglich als Zahlungsmittel eingesetzt. So wie <strong>wir</strong> heute unsere Miete mit<br />

Geldsch<strong>eine</strong>n bezahlen, wur<strong>de</strong> sie früher mit Gold- und Silbermünzen bezahlt. Überall<br />

gab es Münzpräger, die Münzen unterschiedlicher Feinheit und verschie<strong>de</strong>nen Gewichts<br />

herstellten. Die Taler, Kronen, Dukaten, <strong>de</strong>r Ecu und die Mark waren daher nichts<br />

an<strong>de</strong>res als Vielfache ein und <strong>de</strong>sselben Gel<strong>de</strong>s. Sie waren bloß die Namen, die die<br />

Münzpräger <strong>eine</strong>r bestimmten Geldmenge verliehen. Ihr "Wechselkurs" war daher auf<br />

immer und ewig durch die Menge <strong>de</strong>s in ihnen enthaltenen Feingol<strong>de</strong>s bestimmt. Wenn<br />

in <strong>eine</strong>m Taler 11 Gramm Feingold waren und in <strong>eine</strong>r Krone 19 Gramm, so wur<strong>de</strong>n<br />

Taler und Kronen natürlich im Verhältnis 11 : 19 getauscht. Die traditionelle Rolle <strong>de</strong>r<br />

Regierungen beschränkte sich auf <strong>eine</strong> Vereinheitlichung <strong>de</strong>r Gewichte und<br />

Feinheitsgra<strong>de</strong>, um das Rechnen mit Geld zu erleichtern. Häufig wählten sie <strong>eine</strong><br />

Münzart aus (z.B. die Taler) und befahlen dann, daß alle von nun an geprägten Münzen<br />

genau die in Talern enthaltene Menge Feingold haben sollten. Dadurch wur<strong>de</strong>n faktisch<br />

alle Münzen zu Talern, auch wenn sie aus verschie<strong>de</strong>nen privaten Minen stammten und<br />

von verschie<strong>de</strong>nen privaten Münzprägern in ihre endgültige Form gebracht wur<strong>de</strong>n.<br />

Neben <strong>de</strong>m Geschäft <strong>de</strong>r Geldproduktion gab es auch mehrere Formen <strong>de</strong>s<br />

Bankgeschäfts. Insbeson<strong>de</strong>re übernahmen es die Banken für ihre Kun<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>ren<br />

Geldvorräte in ihren Tresoren aufzubewahren. Die Bankkun<strong>de</strong>n erhielten Belegsch<strong>eine</strong>,<br />

die ihre Rechte an <strong>de</strong>r hinterlegten Menge Gol<strong>de</strong>s bescheinigten. Da alle wußten, daß


J.G. Hülsmann <strong>Warum</strong> <strong>wir</strong> <strong>eine</strong> <strong>Goldwährung</strong> <strong>brauchen</strong> 2<br />

die Belegsch<strong>eine</strong> je<strong>de</strong>rzeit auf Vorlage in Gold eingelöst wer<strong>de</strong>n, konnten sie bei<br />

Käufen genauso verwen<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n wie das Gold selbst.<br />

Das war die Geburt <strong>de</strong>r Banknote. Sie war die Vorläuferin unseres heutigen<br />

Papiergel<strong>de</strong>s, von <strong>de</strong>m sie sich rein äußerlich nicht unterschei<strong>de</strong>t. In bei<strong>de</strong>n Fällen<br />

han<strong>de</strong>lt es sich um ein Stück bedrucktes Papier. Doch im Unterschied zum mo<strong>de</strong>rnen<br />

Papiergeld war <strong>eine</strong> damalige Banknote nie mehr als ein Belegschein. Das eigentliche<br />

Geld war Gold, und Banknoten wur<strong>de</strong>n nur <strong>de</strong>shalb von <strong>de</strong>n Händlern akzeptiert, weil<br />

sie je<strong>de</strong>rzeit in Gold eingelöst wer<strong>de</strong>n konnten. An diesem grundsätzlichen Sachverhalt<br />

än<strong>de</strong>rte sich auch dann nichts, als die Regierungen <strong>de</strong>r westlichen Welt dazu<br />

übergingen, Banknotenmonopole einzurichten. Während zuvor je<strong>de</strong> Bank ihre eigenen<br />

Noten ausgeben konnte, wur<strong>de</strong> dies nun allen bis auf <strong>eine</strong>r verboten. Diese von <strong>de</strong>r<br />

Regierung auserkorene bzw. von ihr zu diesem Zweck gegrün<strong>de</strong>te Bank war die<br />

Vorläuferin <strong>de</strong>r heutigen Zentralbanken. Ihre Noten zirkulierten im ganzen Land, und<br />

das entsprechen<strong>de</strong> Gold war in ihren Kellern hinterlegt. Wie je<strong>de</strong> an<strong>de</strong>re Bank auch gab<br />

sie freilich nur Belegsch<strong>eine</strong> aus. Die Geldproduktion selbst bestand weiterhin im<br />

mühsamen Schürfen nach Gold.<br />

Das alles än<strong>de</strong>rte sich radikal mit <strong>de</strong>m Beginn <strong>de</strong>s ersten Weltkrieges. Noch vor <strong>de</strong>m<br />

Beginn aller Kampfhandlungen befahlen alle Regierungen ihren Zentralbanken, die<br />

Einlösung ihrer Noten in Gold "einzustellen". Im Klartext be<strong>de</strong>utete das nichts an<strong>de</strong>res,<br />

als daß die Gol<strong>de</strong>igentümer (d.h. faktisch alle Bürger) von ihrer eigenen Regierung<br />

beraubt wur<strong>de</strong>n. Man stelle sich vor, ein Parkhausbesitzer gebe an s<strong>eine</strong> Mitarbeiter die<br />

Anweisung, die Herausgabe <strong>de</strong>r gegen Miete bei ihm geparkten Fahrzeuge<br />

"einzustellen"! Natürlich wür<strong>de</strong> das kein Parkhausbesitzer tun, da er es sonst mit <strong>de</strong>r<br />

Polizei zu tun bekäme. Doch welchen Schutz haben Bürger, die von <strong>de</strong>r eigenen<br />

Regierung betrogen wer<strong>de</strong>n? Wie <strong>de</strong>m auch sei, da sich nun praktisch das ganze Gold<br />

im Besitz <strong>de</strong>r Regierungen befand, mußte schnell ein Ersatz gefun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n, mit <strong>de</strong>m<br />

die Alltagsgeschäfte weitergeführt wer<strong>de</strong>n konnten. Nichts lag näher, als die Noten <strong>de</strong>r<br />

Zentralbank weiter zu ge<strong>brauchen</strong>, obwohl das Einlöseversprechen nun gebrochen war.<br />

Am Gang <strong>de</strong>r Dinge än<strong>de</strong>rte sich scheinbar nichts, als wie gewohnt bedruckte<br />

Papiersch<strong>eine</strong> <strong>de</strong>n Besitzer wechselten. Tatsächlich jedoch waren die Banknoten nun<br />

k<strong>eine</strong> Belegsch<strong>eine</strong> mehr. Sie waren jetzt Geld, das völlig unabhängig vom Gold gegen<br />

die an<strong>de</strong>ren Waren getauscht wur<strong>de</strong>. Aus <strong>de</strong>n Zentralbanken aber, die sich zuvor nicht<br />

wesentlich von <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren Banken unterschie<strong>de</strong>n, wur<strong>de</strong>n von <strong>eine</strong>m Tag auf <strong>de</strong>n<br />

an<strong>de</strong>ren die Produzenten <strong>de</strong>s Regierungsgel<strong>de</strong>s. Da sie nieman<strong>de</strong>m mehr die Einlösung<br />

in das knappe Gold schul<strong>de</strong>ten, konnten sie nun beliebig viel Geld produzieren - und<br />

das beinahe kostenlos.<br />

Für die Regierungen be<strong>de</strong>utete dieser Schritt verständlicherweise die Erfüllung ihrer<br />

kühnsten Träume. Man <strong>de</strong>nke nur an die Schwierigkeiten, unter <strong>de</strong>nen sie sonst an Geld<br />

kommen! Wenn sie Steuern eintreiben, murrt das Volk, und stets laufen sie Gefahr,<br />

Revolten zu provozieren. Wenn sie Kredite aufnehmen, schauen die Gläubiger genau<br />

hin, um k<strong>eine</strong> Verluste zu erlei<strong>de</strong>n. Mit <strong>eine</strong>m Wort: Ohne die Herrschaft über das Geld<br />

sind Regierungen je<strong>de</strong>rzeit auf die Zusammenarbeit ihrer Bevölkerungen angewiesen.<br />

Sie müssen Überzeugungsarbeit leisten, um die nötige Unterstützung zu erhalten. Dies<br />

ist die ökonomische Grundlage <strong>de</strong>r Demokratie und das einzige Bollwerk gegen <strong>eine</strong><br />

Regierung, die ihre eigene Bevölkerung ausplün<strong>de</strong>rn will. Eine Regierung, die die<br />

Mehrheit nicht durch Argumente hinter sich scharen kann, <strong>wir</strong>d von <strong>de</strong>r Bevölkerung


J.G. Hülsmann <strong>Warum</strong> <strong>wir</strong> <strong>eine</strong> <strong>Goldwährung</strong> <strong>brauchen</strong> 3<br />

niemals weitere Mittel erhalten. Für die Finanzierung von Kriegen gilt nichts an<strong>de</strong>res.<br />

Hohe Kriegsverluste ohne erkennbaren Nutzen können unter solchen Umstän<strong>de</strong>n nicht<br />

lange Bestand haben. Ganz an<strong>de</strong>rs jedoch, wenn <strong>eine</strong> Regierung sich das erwünschte<br />

Geld einfach drucken kann. Sie macht sich dann vom Willen <strong>de</strong>r Mehrheit unabhängig<br />

und betrügt die Bevölkerung, in<strong>de</strong>m sie sich mehr Mittel verschafft als ihr zugestan<strong>de</strong>n<br />

wur<strong>de</strong>n. Der Bruch <strong>de</strong>s Einlöseversprechens war somit von strategischer Be<strong>de</strong>utung für<br />

die Erfüllung <strong>de</strong>r anti-<strong>de</strong>mokratischen Gelüste von Regieren<strong>de</strong>n und Möchtegern-<br />

Regieren<strong>de</strong>n. Er war die notwendige Voraussetzung für die Fortsetzung <strong>eine</strong>s Krieges,<br />

<strong>de</strong>ssen die anfangs noch feurigen Menschen bald schon mü<strong>de</strong> gewor<strong>de</strong>n waren.<br />

Hat Regierungsgeld irgendwelche Vorteile?<br />

Die Geldproduktion in <strong>de</strong>n Hän<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Regierung ist nicht die vorläufige Endstation<br />

<strong>eine</strong>r langen Kette notwendiger Regulierungen. Nicht weil Gold ein unvollkommenes<br />

Geld ist, son<strong>de</strong>rn weil Regierungen ihre Finanzen betrügerisch aufbessern wollten und<br />

wollen, <strong>wir</strong>d noch heute überall das Geld <strong>de</strong>r Regierungen verwen<strong>de</strong>t.<br />

Natürlich hätte sich kein Regierungsgeld über so viele Jahrzehnte ohne die<br />

Unterstützung <strong>de</strong>r Bevölkerung erhalten können. Die meisten Menschen glauben, daß<br />

<strong>eine</strong> Vermehrung <strong>de</strong>s Gel<strong>de</strong>s grundsätzlich o<strong>de</strong>r unter bestimmten Bedingungen <strong>de</strong>n<br />

Interessen aller för<strong>de</strong>rlich sei. Sie <strong>de</strong>nken, daß abzuwägen sei zwischen <strong>de</strong>n Gefahren<br />

<strong>de</strong>r Inflation und <strong>de</strong>r För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Produktion durch mehr Geld.<br />

Lei<strong>de</strong>r ist dieser Glaube völlig unberechtigt. Wenn <strong>wir</strong>klich mehr Schulen und<br />

Autos, <strong>eine</strong> gesün<strong>de</strong>re Umwelt und zusätzliche Arbeitsplätze zu erreichen wären, in<strong>de</strong>m<br />

man mehr Geld produziert, dann sollten <strong>wir</strong> die Notenpresse nicht mehr stillstehen<br />

lassen. Dann wäre die Ansicht richtig, daß 5% Inflation stets 5% Arbeitslosigkeit<br />

vorzuziehen sei - selbst 1000% Inflation wären dann kein zu geringer Preis für die<br />

Beseitigung von auch nur 1% Arbeitslosigkeit! Doch dies ist nicht die Alternative, vor<br />

<strong>de</strong>r <strong>wir</strong> stehen. Das Bedrucken <strong>eine</strong>s Stück Papieres schafft k<strong>eine</strong>n einzigen<br />

zusätzlichen Arbeitsplatz und kein einziges zusätzliches Gut. Mit Geld können <strong>wir</strong><br />

immer nur diejenigen Güter kaufen, die bereits vorhan<strong>de</strong>n sind, und <strong>de</strong>ren Menge hängt<br />

zu je<strong>de</strong>m Zeitpunkt ausschließlich von unseren Produktionsmöglichkeiten ab. Größere<br />

Gütermengen verlangen mehr Arbeit, bessere Kenntnisse und mehr Maschinen,<br />

Fabrikhallen usw. Wer<strong>de</strong>n diese Produktionsfaktoren vermehrt, in<strong>de</strong>m <strong>eine</strong> Banknote<br />

gedruckt <strong>wir</strong>d? Durchzuckt <strong>de</strong>n Ingenieur ein fruchtbarer Gedanke, weil Papier<br />

bedruckt <strong>wir</strong>d? Fällt <strong>eine</strong> neue Fabrik auf die Er<strong>de</strong>, weil gera<strong>de</strong> die Druckertinte auf <strong>de</strong>r<br />

Note trocknet? Kann ein Schlosser mehr leisten, weil <strong>eine</strong> zusätzliche Banknote <strong>de</strong>n<br />

vorhan<strong>de</strong>nen hinzugefügt <strong>wir</strong>d? Diese Fragen <strong>wir</strong>d wohl niemand bejahen wollen.<br />

Wenn mehr Geld in Umlauf gebracht <strong>wir</strong>d, dann kann lediglich mehr Geld ausgegeben<br />

wer<strong>de</strong>n als es sonst möglich gewesen wäre. Die Preise sind dann höher als sie es ohne<br />

das zusätzliche Geld hätten sein können. Doch die Menge <strong>de</strong>r Güter und<br />

Dienstleistungen, die mit Geld gekauft wer<strong>de</strong>n können, hat sich nicht erhöht. Es gäbe<br />

dann Inflation, aber k<strong>eine</strong>sfalls ginge es allen besser.<br />

Mehr Geld bringt kein neues Gut hervor. Es sorgt lediglich für <strong>eine</strong> an<strong>de</strong>re<br />

Verteilung <strong>de</strong>r vorhan<strong>de</strong>nen Güter. Diejenigen nämlich, die zuerst das neue Geld<br />

erhalten, können sich nun zweifellos mehr kaufen. In<strong>de</strong>m sie etwa mehr Geld für<br />

Tomaten und Klei<strong>de</strong>rschränke ausgeben, wächst auch das Gel<strong>de</strong>inkommen von<br />

Gemüsehändlern und Schr<strong>eine</strong>rn, und in dieser Weise steigen dann nach und nach auch


J.G. Hülsmann <strong>Warum</strong> <strong>wir</strong> <strong>eine</strong> <strong>Goldwährung</strong> <strong>brauchen</strong> 4<br />

die Gel<strong>de</strong>inkommen <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Marktteilnehmer. Es bil<strong>de</strong>t sich <strong>eine</strong> Kette von<br />

Gel<strong>de</strong>inkommenserhöhungen, die sich unter vielen Verzweigungen bis zum letzten<br />

Glied <strong>de</strong>r Gesellschaft fortpflanzt. Doch was die ersten in dieser Kette nun mehr kaufen,<br />

muß <strong>de</strong>n letzten vorenthalten bleiben. Stets läßt sich folgen<strong>de</strong>s beobachten: Die <strong>eine</strong>n<br />

verdienen bereits mehr Geld und zahlen auch höhere Preise. Die an<strong>de</strong>ren dagegen<br />

verdienen soviel wie zuvor, doch sie müssen bereits die höheren Preise zahlen, die erst<br />

das neue Geld in <strong>de</strong>n Hän<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r glücklichen Erstempfänger ermöglicht hatte. Nicht<br />

"<strong>de</strong>r Gesellschaft" geht es besser, son<strong>de</strong>rn einigen wenigen auf Kosten von an<strong>de</strong>ren.<br />

Natürlich profitieren diejenigen dabei am meisten, die in <strong>de</strong>r Kette am weitesten vorne<br />

zu fin<strong>de</strong>n sind. Zwangsläufig sind dies die Herren <strong>de</strong>s Gel<strong>de</strong>s selbst und im weiteren die<br />

Gruppen, die ihnen beson<strong>de</strong>rs am Herzen liegen.<br />

Selbstverständlich genießen auch Goldproduzenten als erste ihr neues Produkt. Doch<br />

da sie es unter hohem Aufwand <strong>de</strong>r Natur entringen müssen, ist ihre Produktion durch<br />

die entstehen<strong>de</strong>n Kosten immer eng begrenzt. Zu<strong>de</strong>m sind E<strong>de</strong>lmetalle auch für viele<br />

an<strong>de</strong>re Verwendungen begehrt. Von <strong>eine</strong>r Papierwährung ließe sich wohl kaum<br />

Vergleichbares sagen. Da sie zu verschwin<strong>de</strong>nd geringen Kosten hergestellt wer<strong>de</strong>n<br />

kann, ist ihre Vervielfachung unbegrenzt. Unbegrenzte Günstlings<strong>wir</strong>tschaft ist daher<br />

nur mit <strong>eine</strong>r Regierungswährung möglich und nicht mit Gold und Silber.<br />

Regierungsgeld för<strong>de</strong>rt Verschwendung<br />

Den Verteidigern <strong>de</strong>s Regierungsgel<strong>de</strong>s schlägt ihre große Stun<strong>de</strong> immer dann, wenn<br />

sie auf ein Unternehmen o<strong>de</strong>r <strong>eine</strong> Branche in Not verweisen können. Ist es nicht<br />

offensichtlich, daß man die Notlei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n retten kann, in<strong>de</strong>m man ihnen zusätzliches<br />

Geld gibt? Hat dann das Regierungsgeld nicht s<strong>eine</strong>n guten Zweck, in<strong>de</strong>m es doch<br />

weitere Leistungen ermöglicht, die sonst unterblieben wäre? So argumentieren sie und<br />

verschweigen, daß die geplante Hilfe k<strong>eine</strong>swegs kostenlos ist, son<strong>de</strong>rn zwangsläufig zu<br />

Lasten <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Bürger gehen muß. Wenn die Mehrheit das tatsächlich wünscht,<br />

warum soll dann nicht offen <strong>eine</strong> Steuererhöhung beschlossen wer<strong>de</strong>n, mit <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n<br />

Notlei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n geholfen <strong>wir</strong>d?<br />

Der Rest <strong>de</strong>r Bevölkerung <strong>wir</strong>d aber noch auf an<strong>de</strong>re Weise geschädigt, wenn<br />

einigen Notlei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n mit Regierungsgeld geholfen <strong>wir</strong>d. Denn je<strong>de</strong>s verlustreiche<br />

Unternehmen verhin<strong>de</strong>rt zwangsläufig an<strong>de</strong>re Unternehmungen, die in <strong>de</strong>n Augen <strong>de</strong>r<br />

Konsumenten wichtiger sind. Wenn etwa ein verlustreiches Unternehmen Ausgaben in<br />

Höhe von 1000 aber lediglich Einnahmen in Höhe von 700 hat, so verschwen<strong>de</strong>t es<br />

Arbeit, Kapital und natürliche Ressourcen. Es verhin<strong>de</strong>rt nämlich alle noch nicht<br />

begonnenen Unternehmungen, <strong>de</strong>ren Einnahmen zwar kl<strong>eine</strong>r als 1000 aber doch größer<br />

als 700 wären. Solche Unternehmungen können solange nicht begonnen wer<strong>de</strong>n, wie<br />

die Produktionsfaktoren immer wie<strong>de</strong>r durch zu hohe Preise in <strong>de</strong>m verlustreichen<br />

Geschäft gebun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n. Irgendwann können die Verluste natürlich nicht weiter<br />

getragen wer<strong>de</strong>n. Früher o<strong>de</strong>r später muß die verlustreiche Unternehmung ihre<br />

Ausgaben auf 700 o<strong>de</strong>r weniger senken. Das ist ihr jedoch unmöglich, wenn ein<br />

Konkurrent für dieselben Produktionsfaktoren 701 o<strong>de</strong>r mehr zu zahlen bereit ist. Wenn<br />

er daraufhin <strong>de</strong>n Zuschlag erhält, muß sie ihr Geschäft einstellen. Er tritt dann an ihre<br />

Stelle, um etwas an<strong>de</strong>res zu produzieren. Wenn dagegen kein besser zahlen<strong>de</strong>r<br />

Konkurrent vorhan<strong>de</strong>n ist, <strong>wir</strong>d es ihr auch gelingen, ihre Einkaufspreise soweit zu<br />

senken, daß sie rentabel produzieren kann.


J.G. Hülsmann <strong>Warum</strong> <strong>wir</strong> <strong>eine</strong> <strong>Goldwährung</strong> <strong>brauchen</strong> 5<br />

Andauern<strong>de</strong> Verluste <strong>eine</strong>r Unternehmung sind aus diesen Grün<strong>de</strong>n ein untrügliches<br />

Zeichen dafür, daß bessere Verwendungsmöglichkeiten für die von ihr in Anspruch<br />

genommenen Produktionsfaktoren bekannt sind. Verluste <strong>eine</strong>r Unternehmung erhalten<br />

sich immer nur, weil ihre Produktionsfaktoren auch von Konkurrenten begehrt wer<strong>de</strong>n,<br />

die damit voraussichtlich höhere Einnahmen erzielen können. Diese höheren<br />

Einnahmen kommen aber nur dadurch zustan<strong>de</strong>, daß die Konsumenten die Produkte<br />

dieser Konkurrenten mehr begehren als das Produkt <strong>de</strong>r verlustreichen Unternehmung.<br />

Ohne Subventionen von <strong>de</strong>r Notenpresse kommt es folglich über kurz o<strong>de</strong>r lang<br />

dazu, daß <strong>de</strong>r Verschwendung Einhalt geboten <strong>wir</strong>d und die Produktionsfaktoren in die<br />

wichtigsten Verwendungen fließen. Wenn verlustreichen Unternehmen jedoch mit<br />

zusätzlichem Geld geholfen <strong>wir</strong>d, so be<strong>de</strong>utet das nichts an<strong>de</strong>res als <strong>eine</strong> bloße<br />

Interessenpolitik. Erstens wer<strong>de</strong>n dann für einige Produktionsfaktoren zu hohe Preise<br />

bezahlt, so daß sich die Eigentümer dieser Faktoren auf Kosten <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Bürger<br />

bereichern. Zweitens wer<strong>de</strong>n Unternehmungen verhin<strong>de</strong>rt, die wichtiger sind als<br />

diejenigen, die nur durch die Geldspritze erhalten bleiben.<br />

Hilft Regierungsgeld bei plötzlichen Preisstürzen?<br />

In <strong>de</strong>r Vergangenheit gab es immer wie<strong>de</strong>r krisenhafte Situationen, in <strong>de</strong>nen sich das<br />

Bankengeld (Sichtguthaben u.ä.) plötzlich verringerte. Die sichtbarste Folge war stets<br />

<strong>de</strong>r plötzliche Sturz aller Preise. Ist ein Regierungsgeld <strong>de</strong>nn nicht wenigstens in<br />

solchen Momenten <strong>eine</strong> sehr nützliche Einrichtung? Müßten nicht alle unter <strong>de</strong>m<br />

Preisverfall lei<strong>de</strong>n, wenn die Zentralbank nicht neues Geld produzierte, um die<br />

Verringerung <strong>de</strong>s Bankengel<strong>de</strong>s zu neutralisieren?<br />

In solchen Situationen ist es lei<strong>de</strong>r unumgänglich, daß alle lei<strong>de</strong>n - bis auf die<br />

Lieblinge <strong>de</strong>r Zentralbank. Denn <strong>de</strong>r Schwund <strong>de</strong>s Bankengel<strong>de</strong>s <strong>wir</strong>d immer begleitet<br />

von <strong>eine</strong>r großen Umverteilung <strong>de</strong>r Einkommen. Ein Eingriff <strong>de</strong>r Zentralbank kann<br />

diesen Einfluß niemals aufheben, son<strong>de</strong>rn ihm immer nur an<strong>de</strong>re entgegensetzen. Die<br />

Folgen solcher Maßnahmen wer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utlich durch <strong>de</strong>n Vergleich mit <strong>de</strong>m<br />

ungebremsten Preisverfall.<br />

Beim Preissturz ist zunächst k<strong>eine</strong>swegs klar, zu welcher Einkommensverteilung er<br />

führen <strong>wir</strong>d. Klar ist bloß, daß er irgendwann ein En<strong>de</strong> haben muß. Nur die Menge <strong>de</strong>s<br />

Bankengel<strong>de</strong>s kann nämlich schrumpfen, nicht aber die Goldmenge bzw. die Menge <strong>de</strong>s<br />

Regierungsgel<strong>de</strong>s. Früher o<strong>de</strong>r später wer<strong>de</strong>n sich die Preise daher auf <strong>eine</strong>m<br />

niedrigeren Niveau stabilisieren, und alle Marktteilnehmer wer<strong>de</strong>n niedrigere<br />

Gel<strong>de</strong>inkommen beziehen. Das muß aber nicht heißen, daß auch ihre Realeinkommen<br />

sinken wer<strong>de</strong>n. Denn diese hängen nicht von <strong>de</strong>r Geldmenge, son<strong>de</strong>rn ausschließlich<br />

von <strong>de</strong>r Produktion ab. Die Menge <strong>de</strong>r Produktionfaktoren <strong>wir</strong>d aber durch das<br />

Schrumpfen <strong>de</strong>r Geldmenge nicht verringert (genau wie sie durch das Wachsen <strong>de</strong>r<br />

Geldmenge nicht vergrößert <strong>wir</strong>d). Der Preissturz be<strong>wir</strong>kt lediglich, daß die Produktion<br />

<strong>eine</strong> zeitlang ausgesetzt <strong>wir</strong>d, weil Unklarheit darüber herrscht, auf welchem Niveau<br />

sich die Ein- und Verkaufspreise schließlich stabilisieren wer<strong>de</strong>n. Erst sobald dies<br />

ausreichend klar ist, kann die Produktion ohne Gefahr von Verlusten weitergeführt<br />

wer<strong>de</strong>n. Wie stark die Realeinkommen durch <strong>eine</strong>n Preissturz sinken, hängt daher<br />

ausschließlich davon ab, wie schnell und unbehin<strong>de</strong>rt <strong>de</strong>r Preissturz erfolgen kann. Je<br />

schneller die neue Preisstruktur erreicht wer<strong>de</strong>n kann, <strong>de</strong>sto höher bleiben die<br />

Realeinkommen


J.G. Hülsmann <strong>Warum</strong> <strong>wir</strong> <strong>eine</strong> <strong>Goldwährung</strong> <strong>brauchen</strong> 6<br />

Die Produktion zusätzlichen Gel<strong>de</strong>s durch die Zentralbank för<strong>de</strong>rt nun k<strong>eine</strong>sfalls<br />

diese Anpassungsvorgänge. Gera<strong>de</strong>zu das Gegenteil ist <strong>de</strong>r Fall. Da die Zentralbank<br />

<strong>eine</strong>n zusätzlichen Einfluß auf das Preisgefüge ausübt, ver<strong>wir</strong>rt sie die Marktteilnehmer.<br />

Diese können die Preise, die sich am En<strong>de</strong> unter <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n gegenläufigen Einflüssen<br />

(Preissturz und "Neutralisierungspolitik") herausbil<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n, schlechter abschätzen.<br />

Sie agieren dadurch abwarten<strong>de</strong>r als es sonst <strong>de</strong>r Fall gewesen wäre. Somit verzögert<br />

sich die Wie<strong>de</strong>raufnahme <strong>de</strong>r Produktion, und die Realeinkommen schrumpfen mehr als<br />

es ohne diesen Eingriff nötig gewesen wäre. Zu<strong>de</strong>m kann mit einiger Sicherheit<br />

behauptet wer<strong>de</strong>n, daß <strong>de</strong>r Einfluß <strong>de</strong>r Zentralbank die Einkommensverteilung<br />

zugunsten <strong>de</strong>s Establishments (Banken und Großindustrie) beeinflussen <strong>wir</strong>d.<br />

Regierungsgeld ist bestenfalls so gut wie Gold<br />

Wie man es auch dreht und wen<strong>de</strong>t - es ist schwer, <strong>de</strong>m Regierungsgeld Vorteile<br />

abzugewinnen. Im Grun<strong>de</strong> ist <strong>de</strong>r Umfang <strong>de</strong>r Geldmenge völlig unerheblich. Ihre<br />

Vergrößerung o<strong>de</strong>r Verringerung hat im wesentlichen immer nur Verschwendung zur<br />

Folge. Nur für die Regierung hat die Macht über die Geldproduktion <strong>eine</strong>n Vorteil: Sie<br />

kann die Umverteilung ein wenig steuern, ohne viel Wi<strong>de</strong>rstand <strong>de</strong>r Bevölkerung<br />

befürchten zu müssen. Lei<strong>de</strong>r ist das bereits die einzige Funktion, die die staatliche<br />

Geldproduktion überhaupt hat - auch wenn diese Mißbrauchsmöglichkeit nicht immer<br />

tatsächlich genutzt wer<strong>de</strong>n muß.<br />

Welche Absichten die Währungshüter daher auch immer verfolgen mögen - im<br />

Ergebnis simulieren sie bestenfalls die <strong>Goldwährung</strong>. Im schlechtesten Fall sind sie das<br />

mächtigste und fürchterlichste Instrument in <strong>de</strong>n Hän<strong>de</strong>n skrupelloser Politiker.<br />

Alle schätzen an <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Bun<strong>de</strong>sbank ihre Zurückhaltung. Im Vergleich zu <strong>de</strong>n<br />

meisten an<strong>de</strong>ren Regierungswährungen ist <strong>de</strong>r Mißbrauch, <strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>r D-Mark<br />

betrieben <strong>wir</strong>d, gera<strong>de</strong>zu geringfügig. Das verschafft ihr Vertrauen im In- und Ausland.<br />

Doch im Vergleich zu Gold und Silber ist auch die D-Mark nur die zweitbeste Lösung.<br />

Wem an <strong>de</strong>mokratischer Kontrolle <strong>de</strong>r Regierung gelegen ist, <strong>de</strong>r darf diese Tatsache<br />

nicht auf die leichte Schulter nehmen.<br />

Än<strong>de</strong>rungen relativ erfolgreicher Institutionen wer<strong>de</strong>n zu recht immer sehr skeptisch<br />

betrachtet. Wenn nun aber schon <strong>eine</strong> Verän<strong>de</strong>rung unserer Geldverfassung beabsichtigt<br />

ist, dann sollten <strong>wir</strong> uns nicht einre<strong>de</strong>n lassen, <strong>wir</strong> hätten nur die Wahl zwischen <strong>de</strong>r<br />

zweitbesten und <strong>de</strong>r drittbesten Lösung. Wir müssen die Grun<strong>de</strong>ntscheidung wie<strong>de</strong>r ins<br />

Auge fassen und uns fragen, ob die Geldproduktion in Regierungshän<strong>de</strong>n bleiben soll.<br />

Nach<strong>de</strong>m uns Quacksalber und Scharlatane beinahe ein Jahrhun<strong>de</strong>rt mit Papier beglückt<br />

haben, ist die Zeit wie<strong>de</strong>r reif für Gold.<br />

[Quelle: www.mises.<strong>de</strong>]

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