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T E C H N I K<br />
Kettenkrad in Kanada<br />
Diese Geschichte haben wir über<br />
Umwege erhalten, und dass sie<br />
nun im Heft steht, zeigt wieder einmal,<br />
Hilfsbereitschaft unter Oldtimerfreunden<br />
zahlt sich aus. Über Manfred<br />
Eder erreichte ein Hilferuf die<br />
Redaktion, Maße für die Überholung<br />
eines Olympia-Motors, Phase 1, für<br />
ein NSU Kettenkrad. Hier gibt es<br />
eine Menge Material, und wenn ich<br />
die Antwort liegen habe, geht sie<br />
schon mal direkt raus, Kopie an den<br />
Typreferenten. Wenn nicht, Weiterleiten<br />
der Anfrage an den Typreferenten.<br />
In diesem Fall lagen die Dinge<br />
heikel, Opel hat die benötigten Daten<br />
für den Phase 1 gar nicht alle angegeben.<br />
Also Rainer Wieler eingeschaltet<br />
mit der Bitte, zu antworten<br />
und bei der Gelegenheit nach Bildern<br />
und einigen Zeilen zu fragen.<br />
Mindestens ein Kettenkrad hat es in<br />
der ALT-OPEL IG schon gegeben, im<br />
Sonderheft zum Jubiläum war es zu<br />
sehen. Nachrichten über den Verbleib<br />
bitte an die Redaktion!<br />
Hier nun die Antwort von James<br />
Pringle aus Kanada, der sich an die<br />
Restaurierung des stark verrosteten<br />
und mechanisch beschädigten Kettenkrades<br />
gemacht hat. Und sich als<br />
Sammler alter Militärtechnik sehr<br />
über das <strong>pdf</strong> von dZ 195 mit dem<br />
Bericht über den Senator FF gefreut<br />
hat. (Red.)<br />
Es ist mir eine Ehre, über mein<br />
Kettenkrad erzählen zu dürfen und<br />
darüber, wie es nach Kanada gekommen<br />
ist. Mein Hintergrund ist militärisch,<br />
und dadurch habe ich mich<br />
immer für Militärfahrzeuge interessiert.<br />
Über die Jahre habe ich einige<br />
Jeeps restauriert, seit 1998 habe ich<br />
einen Willys MB von 1942, der für<br />
die kanadische Armee im Einsatz<br />
war. Vor etwa zehn Jahren habe ich<br />
mich dann nach etwas anderem<br />
umgesehen und gedacht, einen Kübelwagen<br />
zu bauen, das könnte etwas<br />
für mich sein. Die amerikanischen<br />
Fabrikate haben mich gar nicht<br />
beeindruckt, und irgendwann fand ich<br />
eine deutsche Firma, die Karosserieteile<br />
für den VW 166 Schwimmwagen<br />
herstellt. Schnell fiel die Entscheidung,<br />
einen solchen 166 zu<br />
bauen. „Schwimmer“ sind sehr selten<br />
hier, und das werden sie bleiben. Der<br />
Kauf der vielen, sorgfältig in<br />
Deutschland gebauten Teile ist schon<br />
ein teures Vergnügen. Durch den Bau<br />
wurde ich Mitglied eines kleinen<br />
Clubs, Kubel Korp USA, spezialisiert<br />
auf deutsche Militärfahrzeuge wie<br />
Schwimmwagen, Demag, BMW und<br />
Kettenkrad. Bei unserem Treffen<br />
2009 sah ich dann ein Kettenkrad<br />
und entschied sofort, so eins musste<br />
her. Ich informierte Freunde in<br />
Europa über meinen Wunsch nach<br />
einem Restaurierungsobjekt, Zustand<br />
zweitrangig, aber komplett und nicht<br />
wahnsinnig teuer. (Anm. d. Red.:<br />
Selbst beim Opel Blitz sind Militärausfügrungen<br />
erheblich teurer als<br />
zivile.)<br />
Schließlich fand ein Hobbykollege<br />
aus Frankreich das passende Kettenkrad,<br />
stark beschädigt, aber restaurierbar.<br />
Es war nach dem Krieg in<br />
Mons (Belgien) geblieben und als<br />
kleiner Bulldozer verwendet worden,<br />
um einen Bach sauber zu halten, der<br />
das Wasserrad eines Bauern angetrieben<br />
hat. Der Bauer soll es nach der<br />
Ardennenoffensive von einem<br />
Schlachtfeld geborgen haben, in den<br />
USA ein großes Ding, vergleichbar<br />
der Schlacht von Dieppe für uns<br />
Kanadier.<br />
Nach dem Kauf kam das Kettenkrad<br />
von Mons nach Gent, wo ein anderer<br />
Freund einen Container für den Weg<br />
nach Kanada bereitstellen wollte.<br />
Doch daraus wurde nichts, es ging<br />
dann in einem anderen Container<br />
nach Texas, USA, und von dort<br />
Das Kettenkrad bei der Anlieferung, ohne Gabel, dafür mit viel Rost und<br />
einigen Dellen<br />
Das Heck. Die Kotflügel sind teilweise<br />
weggerostet. Rechts im Hintergrund<br />
der Schwimmwagen<br />
44 Clubmagazin Nr. 216
T E C H N I K<br />
Der Motorblock im geschweißten<br />
Chassis<br />
Aufbau und Gabel sind montiert, der<br />
Kettenantrieb noch nicht<br />
Der Zylinderkopf musste nach einem<br />
Frostschaden geschweißt werden<br />
weiter per LKW nach Ontario, Kanada.<br />
Bis es in meiner Garage stand,<br />
hatte es wirklich eine interessante<br />
Reise hinter sich gebracht!<br />
Gegenwärtig kenne ich nur zwei<br />
Kettenkräder in Kanada, eins im<br />
Canadian War Museum und eben<br />
meins. Eine interessante Fußnote:<br />
Gut 9.000 Kettenkräder sind gefertigt<br />
worden, doch die zwei in Kanada<br />
sind gerade 134 Positionen auseinander<br />
bei den Fahrgestellnummern.<br />
Unglaublich angesichts der Zeit und<br />
der zurückgelegten Distanz hierher!<br />
Gleich nach der Ankunft habe ich es<br />
zerlegt, Stück für Stück repariert, und<br />
bin nun dabei, die instandgesetzte<br />
Sammlung an Einzelteilen wieder<br />
zusammenzusetzen und das Ergebnis<br />
zum Leben zu erwecken.<br />
Der Motor hatte einige ernsthafte<br />
Probleme dadurch, dass jemand<br />
offenbar den Frostschutz vergessen<br />
hat. Es ist der Originalmotor, deshalb<br />
habe ich alles getan, ihn zu erhalten.<br />
Nach dem Schweißen des Motorblocks<br />
hat der Instandsetzer mich<br />
nach den Einstelldaten gefragt, und<br />
so sind wir zusammengekommen.<br />
Außerdem schulde ich jetzt Rainer<br />
Wieler ein Essen oder zwei für seine<br />
Hilfe.<br />
Die Restaurierung ist beinahe fertig,<br />
jetzt im Winter mache ich die Million<br />
Kleinigkeiten, die noch anstehen.<br />
Blechteile sandstrahlen, schweißen,<br />
grundieren, lackieren. Der Motor soll<br />
Weinachten fertig sein und dann<br />
montiert werden, die erste Testfahrt<br />
gibt es nächsten Sommer.<br />
Das Kettenkrad ist überraschend groß<br />
und schwer, das wird jetzt deutlich,<br />
während ich die Einzelteile zusammensetze.<br />
Abschließend möchte ich<br />
noch sagen, ohne das Internet wäre<br />
das schwer bis unmöglich gewesen.<br />
Einmal habe ich das Maß eines Teils<br />
benötigt und einem Freund in England<br />
eine Mail geschickt, der auch<br />
ein Kettenkrad restauriert. Foto und<br />
Zeichnung dazu kamen nach gerade<br />
fünf Minuten, da war ich erstaunt!<br />
James Pringle<br />
Clubmagazin Nr. 216 45