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Einmal schwarz nach Iffeldorf und zurück, bitte! Mit ... - Toni Hofreiter

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<strong>Einmal</strong> <strong>schwarz</strong> <strong>nach</strong> <strong>Iffeldorf</strong> <strong>und</strong> <strong>zurück</strong>, <strong>bitte</strong>!<br />

<strong>Mit</strong> meinen beiden Kindern möchte ich von Oberschleißheim ins r<strong>und</strong> 100 Kilometer<br />

entfernte <strong>Iffeldorf</strong> zu einer Hochzeit reisen. Das bedeutet:<br />

● 7 Stationen S-Bahn <strong>nach</strong> München-Hauptbahnhof,<br />

● dann eine halbe St<strong>und</strong>e Regionalexpress <strong>nach</strong> Tutzing<br />

● <strong>und</strong> zum Schluss noch ein paar Kilometer Regionalbahn.<br />

Dank meiner MVV-Gesamtnetz-IsarCard-9Uhr-Karte kann ich bis Tuzing umsonst<br />

fahren <strong>und</strong> brauche nur für das letzte Stück von Tuzing <strong>nach</strong> <strong>Iffeldorf</strong> einen Fahrschein<br />

lösen. Kostenpunkt: 1,75 Euro.<br />

So ist der wohlfeile Plan der online-Farplanauskunft der DB AG. Doch es sollte anders<br />

kommen...<br />

Wohlgemut treffen wir eine halbe St<strong>und</strong>e früher am Bahnhof in Oberschleißheim ein, um<br />

einen Fahrschein zu erstehen. Am Automaten versteht sich, da es ja keinen Schalter gibt.<br />

Immerhin gibt es neben 3 MVV-Automaten auch einen DB-Automaten, der Fahrkarten<br />

außerhalb des MVV-Gebietes anbietet. Ich schleppe Gepäck <strong>und</strong> Kinderwagen treppab,<br />

treppauf durch die wie üblich nicht behindertengerecht ausgebaute Unterführung zum<br />

Gleis 1. Der DB-Automat befindet sich komfortablerweise am anderen Bahnsteigende.<br />

Die 15 Minuten der Dateneingabe bleiben kurzweilig, da ich wiederholt meinem<br />

lebensmüden zweijährigen Sohn hinterher hechten muss, um ihn davon abzuhalten, sich<br />

von der Bahnsteigkante vor den nächstbesten Zug zu werfen. Meine Tochter klettert<br />

einstweilen auf den leerstehenden Kinderwagen <strong>und</strong> spielt mit dem be<strong>nach</strong>barten <strong>und</strong><br />

lustig piepsenden MVV-Automaten Gameboy.<br />

Fleißig arbeite ich mich durch das wissbegierige Menü über die Touchscreen: es werden<br />

sage <strong>und</strong> schreibe 32 Eingaben bzw. Eingabeversuche werden. (Eine Dokumentation<br />

siehe weiter unten)<br />

Schließlich wird’s spannend, der Automat will Geld von mir. Aber wo ist der gefräßige<br />

Schl<strong>und</strong>, in den ich meine Scheine <strong>und</strong> Münzen entsorgen darf? Der be<strong>nach</strong>barte MVV-<br />

Gameboy besitzt sowohl einen Münzschlucker als auch einen Geldscheineinsaugschlitz,<br />

die erfahrungsgemäß gleichermaßen selten Münzen <strong>und</strong> Scheine akzeptieren. Mein DB-<br />

Automat akzeptiert EC-Karten <strong>und</strong> Kreditkarten. Kein Problem, damit bin ich<br />

ausgestattet. Ich führe die EC-Karte meines Privatkontos ein <strong>und</strong> warte. Statt der<br />

Fahrkarte erhalte ich eine Anzeige: „Karte richtig eingeführt?“. Ich wiederhole. „Karte<br />

ungültig!“. Schwachsinn, gestern habe ich damit noch beim Baumarkt reibungslos<br />

bezahlt. Ich säubere den Magnetstreifen der Karte <strong>und</strong> wiederhole. „Karte ungültig!“.<br />

Gut, dass man ein zweites Konto hat. Ich versuche eine andere EC-Karte. Schließlich die<br />

EC-Karte meines Firmenkontos. Zu guter letzt – ein Glück, dass unsere S-Bahn<br />

verlässlicherweise Verspätung hat – die VISA-Kreditkarte. „Karte nicht lesbar!“. Die S-<br />

Bahn kommt, ich muss den Vorgang abbrechen. Ich werde wohl am Hauptbahnhof an<br />

den Schalter gehen müssen.<br />

Weit gefehlt. Die S-Bahn fährt bis München satte 10 Minuten Verspätung heraus. Ich<br />

muss abkürzen um den Anschlusszug zu kriegen. Als Insider weiß ich, dass man in Laim<br />

eine S-Bahn <strong>nach</strong> Pasing nehmen kann um dort in den Zug <strong>nach</strong> Tutzing zu steigen. Das<br />

spart einige Minuten. In Laim schleppe ich Gepäck <strong>und</strong> Kinderwagen treppab, treppauf<br />

durch die Unterführung weil der eine Lift defekt ist <strong>und</strong> vor dem anderen eine lange<br />

Schlange Menschen wartet. In Pasing das gleiche Spiel, der Lift ist allerdings nicht<br />

defekt, er existiert nicht. Ist ja nur ein ICE-Bahnhof... Samt Gepäck, Kinderwagen <strong>und</strong>


unwilliger Tochter an der Hand hetze ich zur Schalterhalle. Ein Schalter hat geöffnet,<br />

davor stehen ungefähr 20 Menschen Schlange. Folglich werde ich wohl oder übel erst in<br />

Tutzing eine Fahrkarte für das letzte Stück <strong>nach</strong> <strong>Iffeldorf</strong> lösen müssen. Dort sind 10<br />

Minuten Aufenthalt, das müsste reichen. Doch auch der Regionalexpress verspätet sich,<br />

so dass ich sogar um den Anschlusszug bangen muss. In Tutzing keuchen wir <strong>nach</strong><br />

diversen Sprints <strong>und</strong> Schleppereien inzwischen nass geschwitzt im strömenden Regen zu<br />

unserem Zug, der fernab am Bahnsteigende wartet. Die beiden DB-Automaten sehe ich<br />

nur aus der Ferne.<br />

An den Eingangstüren <strong>und</strong> im Inneren der Regionalbahn steht angeschrieben: Zustieg nur<br />

mit gültiger Fahrkarte. Sonst 40 Euro Strafe. Ein blanker Hohn! Woher soll ich eine<br />

Fahrkarte nehmen? Ich überlege in die Schalterhalle des Tutzinger Bahnhofs zu gehen.<br />

Allerdings weiß ich nicht, ob es dort überhaupt einen Schalter oder einen<br />

funktionierenden Automaten gibt, zum anderen wäre dann der Zug weg <strong>und</strong> wir kämen<br />

zu spät zur Hochzeit. Ich wende mich vertrauensvoll an den fre<strong>und</strong>lichen, sächsischen<br />

Lokführer der Regionalbahn <strong>und</strong> schildere ihm mein Problem. Er meint, ich dürfte nur<br />

mit Fahrkarte mitfahren. Wo ich sie herzaubern soll, lässt er im Unklaren. Er entschärft<br />

die Situation aber indem er trefflich feststellt, dass ich nur dann ein Problem hätte, wenn<br />

ein Kontrolleur käme. Wir steigen ein. Insgeheim hoffe ich auf einen Kontrolleur, die<br />

Auseinandersetzung verspricht interessant zu werden. Leider steigen wir als unbehelligte<br />

Schwarzfahrer in <strong>Iffeldorf</strong> aus.<br />

Am Nachmittag stößt meine Frau in <strong>Iffeldorf</strong> zur Hochzeitsgesellschaft dazu. Sie ist von<br />

ihrem Arbeitsplatz in Neufahrn bei Freising mit der Bahn angereist. Da ihre MVV-<br />

IsarCard nur in den Ringen 6-10 gilt muss sie erst einmal eine Streifenkarte für die<br />

Strecke Oberschleißheim-Hauptbahnhof München entwerten. Sie will am MVV-<br />

Automaten eine Streifenkarte für 10,50 Euro erstehen. Der Automat akzeptiert jedoch<br />

weder 20 noch 50 Euro-Scheine. Beide sind am Monitor durchgestrichen Später<br />

beobachtet sie, wie am Automat nebenan ein anderer Fahrgast eine Streifenkarte für<br />

einen 20 Euro-Schein bekommt. Vermutlich sind die Geschmäcker der Automaten<br />

verschieden. Im gleichen Moment kommt jedoch die S-Bahn, es bleibt keine Zeit mehr.<br />

Sie fährt daher eine Station Oberschleißheim-Feldmoching <strong>schwarz</strong>, springt dort aus dem<br />

Zug um die noch vorhandenen 2 Streifen einer alten Streifenkarte zu entwerten, damit sie<br />

bis München Hauptbahnhof fahren kann. Die S-Bahn wartet die Suche <strong>nach</strong> einem<br />

Entwerter nicht ab sondern fährt weiter. Glücklicherweise gibt es noch die U-Bahn. Diese<br />

ist langsamer, so dass ihr am Hauptbahnhof keine Zeit bleibt, sich in lange Schlangen am<br />

Schalter einzureihen. Zum Ausgleich hat der Zug <strong>nach</strong> Tutzing Verspätung, so dass sie<br />

auch dort, wie zuvor ich mit den Kindern, keine Chance hat, einen Fahrschein zu lösen,<br />

<strong>und</strong> fährt <strong>schwarz</strong> weiter bis <strong>Iffeldorf</strong>.<br />

Tags darauf wollen wir gemeinsam <strong>nach</strong> Oberschleißheim <strong>zurück</strong>. Wir erreichen den<br />

<strong>Iffeldorf</strong>er Bahnhof guten Willens sicherheitshalber eine Viertelst<strong>und</strong>e früher, um die<br />

Auseinandersetzung mit dem Automaten nicht an der Zeit scheitern zu lassen. Nach<br />

einiger Suche finden wir in einer Nische eines Holzschuppens einen Automaten. Einem<br />

W<strong>und</strong>er gleich akzeptiert er sogar Münzen <strong>und</strong> Scheine! Es ist einer von der<br />

altmodischen Sorte mit richtigen Tasten <strong>und</strong> ohne das dämliche Touchscreen. Wir freuen<br />

uns wie die Schneekönige <strong>und</strong> machen uns an die Arbeit. Ich forsche <strong>nach</strong> der richtigen<br />

Ziffernkombination für den Zielort Tutzing – von dort an gilt nämlich meine MVV-<br />

Gesamtnetz-Isar-Card-9-Uhr - in der aushängenden Tabelle. Ich dresche die Nummer<br />

über die klemmende Tastatur ein, BahnCard Rabatt, BahnCard 50, her damit. Zwei Euro


<strong>und</strong> 10 Cent, das ist erschwinglich. Auf der Hinfahrt hätten es auf der selben Strecke<br />

merkwürdigerweise nur 1,75 Euro sein sollen. Egal. Ich werfe meine letzten Münzen<br />

hinein, die Fahrkarte kommt. Jetzt meine Frau. Sie muss bis Oberschleißheim lösen. €<br />

5,50 will der Automat. Wir kratzen all unser Kleingeld zusammen, es werden aber nur<br />

3,50 Euro. Daneben verfügen wir über drei 20-Euroscheine <strong>und</strong> vier 50-Euroscheine <strong>und</strong><br />

diverse EC- <strong>und</strong> Kreditkarten. Aber all das akzeptiert der Automat nicht. Was tun?<br />

Wieder <strong>schwarz</strong> fahren? Wir lösen noch einen Fahrschein für 2,10 bis Tutzing um dort<br />

<strong>nach</strong>lösen zu können. Tutzing erreichen wir verspätet, so dass wir an den dortigen<br />

Automaten vorbeihetzen auf Gleis 2, wo schon der Zug aus Garmisch <strong>nach</strong> München<br />

einläuft. Kinderwagen <strong>und</strong> Gepäck treppab <strong>und</strong> treppauf. Wir überlegen 8 Streifen auf<br />

einer MVV-Streifenkarte <strong>nach</strong>zustempeln. Das kostet 8,80 Euro, zusammen mit dem<br />

schon gelösten Ticket also 10,90 anstelle des eigentlichen Fahrpreises von 5,50 Euro. Das<br />

sehen wir nicht ein, außerdem haben wir ja gar keine Streifenkarte, dank des Neufahrner<br />

Automaten. Meine Frau steigt deshalb <strong>schwarz</strong> ein. Prompt kommt der Kontrolleur. Wo<br />

soll ich anfangen zu erzählen? Ich schildere ihm in groben Zügen mein Problem samt<br />

Hergang <strong>und</strong> <strong>bitte</strong> ihn, den Fahrschein Tutzing – Oberschleißheim <strong>nach</strong>zulösen <strong>und</strong> zwar<br />

ohne die euphemistisch als „Bordzuschlag“ getarnte Strafgebühr. Er zückt die Schultern:<br />

er könne innerhalb des MVV-Gebietes gar keine Fahrscheine ausstellen. „Bleim'S<br />

hocken, des basst scho a so!“. Also wieder <strong>schwarz</strong> gefahren.<br />

In München-Pasing angekommen, überlegen wir, dass wir uns im Falle einer Kontrolle in<br />

der S-Bahn wohl kaum auf den kulanten Zugführer des Regionalexpresses berufen<br />

könnten <strong>und</strong> machen uns auf die Suche <strong>nach</strong> einer Streifenkarte um wenigstens das letzte<br />

Teilstück legal zu fahren. Am einzigen geöffneten Schalter stehen 14 Personen in der<br />

Schlange. Deshalb stellen wir uns getrennt an zwei MVV-Automaten in der Schlange an.<br />

Im Gegensatz zu DB-Automaten funktionieren sie gelegentlich. Und tatsächlich: einer<br />

von beiden nimmt unseren 20er <strong>und</strong> spuckt eine Streifenkarte aus. Leider ist nun nicht<br />

nur unser Geld, sondern auch unsere S-Bahn weg, sodass wir zur Belohnung 20 Minuten<br />

am schönen Bahnsteig in München-Laim unseren herumtobenden Sohn davon abhalten<br />

dürfen, sich vor die nächste S-Bahn zu werfen, während unsere Tochter, auf dem leeren<br />

Kinderwagen stehend, an einem lustig piepsenden Automaten Gameboy spielt – auf dass<br />

die verdammte Kiste ein für alle mal den Dienst quittieren möge!<br />

Dipl-Ing. (FH) Markus Büchler M.A.<br />

Büro Dr. <strong>Toni</strong> <strong>Hofreiter</strong>, MdB<br />

Bündnis90 / DIE GRÜNEN<br />

Freisinger Straße 7<br />

85764 Oberschleißheim<br />

T: 089 / 31 59 72 15<br />

Dokumentation des Fahrscheinkaufs am DB-Automaten in Oberschleißheim<br />

(Die Fotografien wurden zu einem späteren Zeitpunkt mit geeigneten Lichtverhältnissen<br />

erstellt.)


Nun beginnt die Arbeit: das Touchscreen geht nur mit warmen Fingern.<br />

Puh, geschafft. Jetzt noch den Startbahnhof ändern.


Ziemlich schwierig das Tippen: der Bildschirm reagiert nur manchmal.<br />

Das Einlesen der BahnCard funktioniert nicht, lassen wir das.


Anzahl der Kinder! Wozu? Kinder fahren ohnehin umsonst!<br />

Ich plädiere für eine Auswahl weiterer Verwandschaftsgrade. Schwippschwager z.B.


Lieber nicht, wer weiß, was die abbuchen!


Auf der Strecke verkehrt überhaupt kein ICE! Schön wär's!<br />

Via Moskau vielleicht.


Bitte nicht, sonst geht das alles von vorne los!


Es dauert... Heute noch, <strong>bitte</strong>!<br />

Endlich:


Schon durch? Ein W<strong>und</strong>er! Versuchen wir die EC-Karte:


Versuchen wir eine andere EC-Karte


Vielleicht geht ja die geschäftliche EC-Karte:


Dann versuchen wir noch die Kreditkarte:


Und Tschüß! Diese Bildschirmansicht hatten wir schon (siehe oben):

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