Folge 117 - waldegg.spoe.at
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Nr.: 3/2010 www.Waldegg-Aktuell.<strong>at</strong><br />
Seite 11<br />
Waldegger Chronik<br />
Eine Serie von OSR Josef Mliner<br />
Der erste Seelsorger der Pfarre Wopfing<br />
<strong>117</strong>. <strong>Folge</strong><br />
Beim Stöbern in alten Aufzeichnungen sind mir interessante<br />
Blätter in die Hände gefallen. Da die erste Wopfinger<br />
Pfarrchronik schon ganz vergilbt und daher fast unleserlich<br />
war, begann ich 1962 Wichtiges daraus abzuschreiben.<br />
Wopfing, wozu auch die diesseits der Piesting gelegenen<br />
Häuser in Peisching und Waldegg gehörten, war einst eine<br />
Filiale der Pfarre Hernstein, über welche das Zisterzienserstift<br />
Neuberg in der Steiermark das P<strong>at</strong>ron<strong>at</strong>srecht h<strong>at</strong>te.<br />
Als sich zur Zeit der Pfarrgründungen unter Joseph II. auch<br />
Wopfing um einen eigenen Seelsorger bewarb, wurde das<br />
Kloster Neuberg beauftragt, einen tauglichen Priester dafür<br />
zu stellen. Die Wahl fiel auf P<strong>at</strong>er Wenzl Firnsin.<br />
Geiste vor, was mich für Beschwernüsse dort in Wopfing<br />
erwarteten. Gleichwohl tr<strong>at</strong> ich die Reise an und es wurde<br />
mir unerwartet den 3ten Juny Ao 1783 im Pfarrhofe zu<br />
Hörnstein die fernere Herberge st<strong>at</strong>t einer zu Wopfing<br />
eingeraumet.<br />
Was ich nun bey solchen Umständen denen in Wopfing,<br />
oder sie mich angingen, wußte ich nicht bis auf den 2ten<br />
Hornung (alter Mon<strong>at</strong>sname für Februar) Ao 1784, an<br />
welchem nachstehendes Consistorial-Dekret in Hörnstein<br />
eingelaufen ware: ……<br />
Auf Anlangen der Gemeinde zu Wopfing um Zutheilung<br />
eines Seelsorgers … wurde verordnet, es seye dem sich zu<br />
Hörnstein befindenden,<br />
für Wopfing bestimmten<br />
Stif Neubergl. Professen<br />
(einer, der das Mönchsgelübte<br />
abgelegt h<strong>at</strong>te)<br />
aufzutragen, dass er …..<br />
sich alsogleich nach<br />
Wopfing begebe, und allda<br />
der Seelsorge vorstehen<br />
soll.<br />
Diesem Dekret zu ‚<strong>Folge</strong><br />
riß mich das noch nicht<br />
ganz entlarvte Schicksal<br />
in den Abgrund nach<br />
Wopfing hinab. Den 3.<br />
Hornung (Februar) im<br />
Jahre 1784 nahm ich<br />
bey dem Andre Wimmer<br />
Hammerschmiedemeister<br />
aldort das Quartier,<br />
welches ich hernach am<br />
Alte Ansicht (v.links): Pfarrhaus Wopfing (Nr. 8), Haus Nr. 7 und Kirche Wopfing, rechts oben Ruine Starhemberg 15ten Juny selben Jahres<br />
auf Befehl meines Herrn<br />
Wie schwer es einem Ordensgeistlichen, plötzlich aus Präl<strong>at</strong>en bey dem Thomas Prentinger nehmen mußte.<br />
dem geregelten Klosterleben herausgerissen, fiel, sich Nun setzte meine Gegegenwart ganz Wopfing in Freude<br />
im „sündigen“ Alltag seiner neu gegründeten Pfarre – aber sie wußten nicht, was sie begehret und erhalten<br />
zurechtzufinden, zeigen seine schriftlichen Aufzeichnungen haben. Sie wußten nicht, dass ein an die Zügellosigkeit und<br />
zum Beginn der Wopfinger Pfarrchronik (wörtlich): Ausschweifung längst gewohntes Volk wie sie, schwerlich<br />
„Das derbe Los fiel über mich und in denselben Augenblick die Maßregeln eines tugendhaften Lebens annehmen<br />
tönte in meinem Gehör der Spruch der Wahrheit, daws würden.<br />
kein Prophet in seinem V<strong>at</strong>erlande angenehm seyn werde. Sie wußten nicht, dass ein ihnen an der Seite stehender Hirt<br />
– Jedoch, wie blendet nicht uns Sterbliche der gewaltige dazumal einen Finger über seinen Mund nicht legen darf,<br />
Klostergehorsam so, dass man auch über solche Wege da ihn sein Amt zum Reden verpflichtet. Sie wußten nicht,<br />
nicht wollend gehet, über welche zu gehen man von allen<br />
Rechten zwangsfrey wäre! Ich sah, weiß nicht wie, im<br />
Fortsetzung auf Seite 12
Nr.: 3/2010 www.Waldegg-Aktuell.<strong>at</strong><br />
Seite 12<br />
Fortsetzung von Seite 11<br />
Waldegger Chronik<br />
Eine Serie von OSR Josef Mliner<br />
Der erste Seelsorger der Pfarre Wopfing<br />
dass er alle Sorten der Verfolgung bevor auf sich nehmen,<br />
ja selbst seine eigene Seele für das Wohl seiner Schafe<br />
abgeben müsse. …………<br />
…… Der Ursache wegen zergliedere ich ihnen die<br />
Wahrheiten der Evangelien und wurde immer mehr<br />
überzeugt, dass Mißgunst – zuweilen auch Verachtung –<br />
der Wahrheit nachstelle.<br />
In eben diesem 1784ten Jahre wurde der Conkurs für die<br />
neuerrichtete Lokalkaplaney Wopfing ausgeschrieben. Auch<br />
ich wurde durch ein Consistorial Dekret hierzu berufen. Ich<br />
mußte nach Wien als Provisor und kehrte von dannen als<br />
Capellanus localis denomin<strong>at</strong>us (ernannter Kaplan, Anm.<br />
Mliner) zurück.<br />
Man sollte nun in Wopfing ein Pfarrhaus bauen. Welcher<br />
Dolch h<strong>at</strong> jemals die Brust eines Herrn Abten eine so tiefe<br />
Wunde, wie dieser Auftrag versezet? Man schrieb, man<br />
reiste, man entschuldigte, man weigerte sich, man schützte<br />
zentnerschwere Hindernisse vor. Man sucht zu diesem<br />
Ziel Wopfing der Pfarre Waldegg einzuverleiben. Allein<br />
Vergebens! Aus nachgesetzem Regierungsdekret könnt ihrs<br />
ermessen.<br />
Dekret – Die Hochl. NÖ. Landesregierung h<strong>at</strong> mittels<br />
Dekret vom 14ten April dies anher erinnert: Über den nach<br />
Hof erst<strong>at</strong>teten Bericht betreff der von dem Herrn Abten<br />
zu Neuberg in Steyermarkte gebetene Enthebung von der<br />
Lokalkaplaney Wopfing sei der Hofbeschayd ddo 2ten Aprs.<br />
dies erfolgt:<br />
Es habe bei der angeordneten Expositur in Wopfing<br />
allerdings zu verbleiben, und sey der Herr Präl<strong>at</strong> mit<br />
seynen Vorstellungen ein für allemal abzuweisen. Welches<br />
derselben zur Wissenschaft hiemit erinnert wird. (Von dem<br />
K.K.Kreisamt V.U.W.W. Wien den 29ten Oktober 1784)“<br />
Im darauffolgenden Jahre 1785 wurde mit dem Bau des<br />
Pfarrhauses begonnen. Neuberg bestimmte Werkleute,<br />
streckte Geld vor und die Grundmauern schienen schon<br />
etliche Klafter aus der Erde emporzusteigen. Alles, was<br />
sich in Wopfing bewegen konnte, bot zur Herstellung des<br />
Gebäudes seine Dienste gegen bare Münze an.<br />
„Aber ein neydig und hässliches Schicksal spielte hier einen<br />
Streich, der mit dem Turmbau zu Babylon viel Ähnliches<br />
h<strong>at</strong>te. ……..Ich sah diesen Embrionen von einem Gebäude<br />
an durch die Jahre 1785, 1786 und 1787 ohne mein Quartier<br />
verändern zu können . Ungetreue Hoffnung kränkte<br />
meine Brust, - unvermeidliche Verordnungen gegen die<br />
festgesetzten Lebensregeln schwächten die Kräfte meines<br />
Körpers. – Häßliche Ausschweifungen der Bösewichter<br />
marterten meine Seele, alles Reelle verschwand aus<br />
<strong>117</strong>. <strong>Folge</strong><br />
meinem Gemüthe, und nun schwebte die Gefahr einer<br />
unheilbaren Krankheit sichtbar vor meinen Augen. Daher<br />
überließ ich mich dem Leibarzte und verließ Wopfing. Ich<br />
hinterließ diesem rauhem Volke die mühevollen Arbeiten<br />
und christlichen Sittenlehren, die ich für ihr dauerndes<br />
Wohl unternommen h<strong>at</strong>te, - Euch aber, /: Theuerste Brüder<br />
in Christo Jesu, und Nachfolger im Seelsorgegeschäft: /<br />
weyhe ich diese kurze Anmerkungen zum Angedenken mit<br />
heißem Wunsch: Gott wolle durch die Kraft seines Geistes<br />
die Steinherzen, deren ihr noch viele in dieser Gemeinde<br />
antreffen werdet, in beugsames Fleisch verwandeln, damit<br />
eure Freude vollkommen werde. Ich lebe hiefort in aller<br />
Hochachtung Euer ergebenster Diener Joseph Wenzel<br />
Firnsin Weltpriester“<br />
Diesen Anmerkungen über den Ursprung der Pfarre Wopfing<br />
und seines ersten Seelsorgers wird von einem Nachfolger in<br />
der Chronik <strong>Folge</strong>ndes hinzugefügt:<br />
„Firnsin an Leib und Seele krank, begab sich in seine<br />
Geburtsstadt Wr. Neustadt, wo er bis ans Ende seines Lebens<br />
blieb und starb. Im Jahre 1784, den 6ten April verrichtete er<br />
seine erste Taufhandlung und am 18. März 1787 seine letzte<br />
Function. Er war also im Ganzen 3 Jahre „rector eclesia<br />
Wopfingerensis“. Er h<strong>at</strong>te keinen Nachfolger sede vacante<br />
durch vier Mon<strong>at</strong>he, so lange kommt im Taufprotocolle keine<br />
Function vor. Dann erscheint als Provisor P<strong>at</strong>er Placentius<br />
Dalhammer Capucinus aus dem Kapuzinerkloster zu Wr.<br />
Neustadt, welchem anfangs August des Jahres 1787 bis<br />
zum 5ten Juny 1788 die Seelsorge in Wopfing oblag. Nun<br />
erscheint wieder ein eigentlicher Seelsorger, nämlich Ign<strong>at</strong>z<br />
Pr<strong>at</strong>hengeyer, primus Capellanus localus ad hunc locum<br />
episc. Primus investitus (erster Kaplan, für diesen Ort<br />
bischöfl. investiert, Anm. Mliner). Aus dieser Anmerkung<br />
geht hervor, dass sich der erste Seelsorger, Joseph Wenzel<br />
Firnsin, der Concursprüfung unterzog, ja wohl wie er selbst<br />
sagte, unterziehen mußte, aber canonice nicht investiert<br />
worden sey.‘“<br />
Pr<strong>at</strong>hengeyer war von Wiener Neustadt gebürtig. Er war<br />
der Sohn eines Bäckers. Er soll sehr lebenslustig und<br />
menschenfreundlich gewesen sein. Seine Gastfreundschaft<br />
wird sehr gerühmt. Er stand der Pfarre durch 8 Jahre und 4<br />
Mon<strong>at</strong>e vor, nämlich vom August 1788 bis Ende des Jahres<br />
1795. Er wurde Pfarrer in Zillingdorf, wo er nach einigen<br />
Jahren starb.