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D A I WELTWEIT 0 2 - Deutsches Archäologisches Institut

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DAIweltweit 0 2<br />

DAIweltweit 02<br />

o k t o b e r 2 0 1 2


DAIweltweit 02


Auf dem Weg in die Datenbank<br />

Digitale Übersetzungen verwandeln einzelne Objekte,<br />

ihre Fundorte, ihre Geografie und ihre Geometrie<br />

in Kontexte, die jedem der Elemente und zugleich dem<br />

Ganzen neue Bedeutungen und neue Erkenntnisse<br />

abringen können.<br />

Votivtierchen aus Olympia<br />

2 3


Auftakt<br />

Inhalt<br />

… Von digitaler Archäologie zu reden, ist fast<br />

so, als wolle man dem Fach sein Kostbarstes nehmen:<br />

das Konkrete der Materie. Man sehnt den<br />

Spaten herbei, den Pinsel, all das Werkzeug, das zu<br />

Grabungsschnitten und Heiligtümern gehört …<br />

Skizzenblöcke und Abklatsche, Grabungsbücher<br />

und Zeichnungen. Und dann? Wohin mit den unfassbar<br />

vielen Daten, die in über 150 Jahren des<br />

Grabens und Forschens zusammenkamen? Spaten,<br />

Pinsel und Abklatsch gehören immer noch zur Archäologie<br />

und werden es immer tun. Archäologie ist<br />

konkret und beschäftigt sich mit Materie, mit von<br />

Menschen gemachter und mit den Dingen der Natur.<br />

Das Ziel ist immer dasselbe: Erkenntnisse über<br />

die Lebensumstände der Menschen in der Antike zu<br />

gewinnen, um die Gegenwart besser zu verstehen<br />

und die Zukunft vernünftig gestalten zu können.<br />

Dazu benutzen die Forscher des Deutschen Archäologischen<br />

<strong>Institut</strong>s auch Klimamodelle, Methoden<br />

der Archäozoologie oder der Geophysik, Laserscanning,<br />

3-D-Modelle – was wieder unfassbar viele Daten<br />

produziert. Die müssen zu den anderen passen<br />

und mit ihnen ›sprechen‹ können.<br />

Diese Ausgabe von »DAI-Weltweit« zeigt die Anwendung<br />

neuester Methoden auf alte Befunde, die<br />

Rettung kostbarer Bildbestände und den Stand der<br />

Dinge beim Aufbau einer digitalen Infrastruktur des<br />

DAI für die langfristige Verfügbarkeit, Lesbarkeit<br />

und Vernetzung digitaler Daten – in eigener Sache<br />

und zum Nutzen der Archäologie als Ganzer.<br />

Wir wünschen Ihnen viel Vergnügen bei der<br />

Lektüre.<br />

Nachrichten<br />

Restaurierungsarbeiten in Athen, Digitaler Pflanzen atlas,<br />

Istanbuler Forschungs sommer, DAI in Graduiertenschulen<br />

Forschung<br />

Hightech History<br />

Naturwissenschaften und digitale Technologien<br />

in der Archäologie<br />

Luftbild<br />

Das EU-Projekt ArchaeoLandscapes Europe<br />

Kulturlandschaft Amazonien<br />

Die Entdeckung vorspanischer<br />

Ringgrabenanlagen im LiDAR-Scan<br />

Rom, imperial<br />

Der Palatin als Herrschaftsarchitektur in 3D<br />

Interview mit Ortwin Dally<br />

Dokumentation, Digitalisierung und Datenbank<br />

Übersetzungsleistung<br />

Die Digitalisierung der Archive<br />

IANUS<br />

Das Forschungsdatenzentrum des DAI<br />

Kooperationen<br />

Resafa<br />

DAI-Kooperationspartner TU Berlin,<br />

Historische Bauforschung<br />

Im Porträt<br />

Das Naturwissenschaftliche Referat des DAI<br />

Panorama<br />

Mythos Olympia – Kult und Spiele<br />

Impressum<br />

ab Seite 06<br />

Seite 10<br />

Seite 10<br />

Seite 16<br />

Seite 20<br />

Seite 24<br />

Seite 28<br />

Seite 34<br />

Seite 44<br />

Seite 48<br />

Seite 48<br />

Seite 52<br />

Seite 52<br />

Seite 56<br />

Seite 56<br />

Seite 60<br />

4 Auftakt Inhalt 5


Nachrichten<br />

Gesichert Die 2011 begonnenen Arbeiten<br />

Pflanzenatlas Der Gebrauch bestimmter<br />

auf dem Kerameikos in Athen gehen weiter.<br />

Nutzpflanzen und die Art, wie sie verwendet<br />

Die antiken Ruinen werden systematisch<br />

wurden, verrät viel über die Gesellschaft, in de-<br />

untersucht, außerdem Konzepte für die Re-<br />

ren Hinterlassenschaft sie gefunden wurden.<br />

staurierung erarbeitet. So konnten mit Unter-<br />

Die kürzlich erschienenen Bücher, der dritte<br />

stützung der Theodor Wiegand Gesellschaft,<br />

Band des digitalen Pflanzenatlas und das<br />

der Gesellschaft der Freunde des Deutschen<br />

Handbuch der Pflanzenpaläoökologie zeigen<br />

Archäologischen <strong>Institut</strong>s e. V. (TWG) die Ar-<br />

und erklären Pflanzenfunde, die auf archäolo-<br />

beiten am im Kerameikos in Athen fortgesetzt.<br />

gischen Ausgrabungen gefunden wurden. Da-<br />

Mit modernster Technik hat das Karlsruher<br />

Architekturbüro Klessing im Auftrag des DAI<br />

Sicherungsmaßnahmen durchgeführt. Die Restaurierungsarbeiten<br />

haben im Juni 2012 begonnen<br />

und werden bis November 2012 fortge-<br />

mit sind Archäologen Nachschlagewerke an<br />

die Hand gegeben, subfossile Pflanzenreste zu<br />

bestimmen und zu interpretieren.<br />

Der Digitale Pflanzenatlas, ein Kooperationsprojekt<br />

des DAI mit der Rijksuniversiteit<br />

R. Neef, R.T.J. Cappers &<br />

R.M. Bekker:
<br />

Digitaler Atlas der Nutzpflanzen<br />

in der Archäologie
<br />

Groningen 2012,
773 Fotos<br />

Arbeiten am Heiligen Tor<br />

Die Mauern des Rundbades.<br />

Im ehemals als Stein lager<br />

genutzten Areal wurden<br />

Fundamente für Stützstreben<br />

gegossen, die Bruchsteinmauern<br />

wurden gereinigt<br />

setzt und dann abgeschlossen werden.<br />

Die Einfassungsmauern des Monuments am<br />

3. Horos waren bewachsen und bemoost.<br />

Eine nutzlose Stützstrebe ist abkorrodiert.<br />

Inzwischen wurden sie gereinigt und von<br />

alten Restaurierungsversuchen befreit, der<br />

nächste Schritt wird die Ergänzung der<br />

Quader und die Verdichtung der Fugen sein<br />

Groningen in den Niederlanden, ist ein seit<br />

2006 laufendes internationales Projekt, das einen<br />

Beitrag zur Identifikation von Samen,<br />

Früchten, unterirdischen Pflanzenteilen, Stängelfragmenten,<br />

usw. leistet. Die Pflanzenteile<br />

werden mit Farbfotos illustriert, die mit Maßstab<br />

und wissenschaftlichen Namen versehen<br />

sind. Daneben werden die einheimischen Namen<br />

der Pflanzen in mehreren Sprachen aufgelistet.<br />

Der Erwerb des Buches berechtigt zum<br />

Zugang zu teils gesicherten Websites des Pro-<br />

subfossiler Pflanzenteile,<br />

1137 Fotos jüngerer Pflanzen<br />

und Pflanzenteile
auf<br />

724 Seiten.<br />

ISBN 9789491431029<br />

jekts. Dort werden zusätzliche Daten (Fotos,<br />

digitale Messdaten etc.) der archäologisch gefundenen<br />

oder »subfossilen« Samen und Früchte<br />

zur Verfügung gestellt (www.pflanzenatlas.eu).<br />

R.T.J. Cappers & R. Neef: 
<br />

Handbook of Plant<br />

Palaeoecology
<br />

Groningen 2012, 475 S.<br />

6 Nachrichten Nachrichten 7


Am 25.–26. Mai 2012 fand<br />

das Einführungsseminar<br />

mit dem Titel »Vormoderne<br />

Wirtschaftsräume<br />

Anatoliens« statt.<br />

Istanbuler Forschungssommer Unter dem Titel »Wirtschaft als Machtbasis:<br />

Vormoderne Wirtschaftssysteme in Anatolien« hat die Abteilung<br />

Istanbul des Deutschen Archäologischen <strong>Institut</strong>s das 3. Wissenschaftliche<br />

Netzwerk 2012/2013 initiiert.<br />

Naturräumliche und politische Voraussetzungen für die Herausbildung<br />

vormoderner Wirtschaftsräume in Anatolien waren extrem unterschiedlich.<br />

Vor diesem Hintergrund sollen im Rahmen des Netzwerkes<br />

Grundmuster und Mechanismen vormoderner Wirtschaftssysteme analysiert,<br />

miteinander in Beziehung gesetzt und allgemeine Faktoren von<br />

spezifischen Faktoren einzelner Regionen unterschieden werden. Das<br />

Netzwerk ist Bestandteil des Forschungsclusters 3 »Politische Räume«<br />

des DAI, da es die Wechselwirkungen zwischen Politik und Wirtschaft innerhalb<br />

von Räumen untersucht.<br />

Die Vorträge und Diskussionsbeiträge des Einführungsseminars reflektierten<br />

unter anderem das Potential von Wirtschaft als Machtbasis<br />

während der Kupfer- und Bronzezeit, die Archäologie und städtische<br />

Wirtschaft im römischen Vorderasien, erörteten die Finanzierung öffentlicher<br />

Bauten in den griechischen Städten Kleinasiens in hellenistischer<br />

und römischer Zeit erörteten oder das Thema Hafen und Hinterland bei<br />

der Etablierung von Wirtschaftsräumen im vormodernen Anatolien.<br />

Weitere Seminare 2012 und 2013 befassen sich mit den Themen »Materielle<br />

Kultur als Gradmesser wirtschaftlicher Entwicklung« und »Architektur<br />

als Gradmesser wirtschaftlicher Entwicklung«.<br />

Sprecher des Netzwerkes sind Felix Pirson, Katja Piesker, Jürgen Seeher<br />

und Anja Slawisch, Abteilung Istanbul des DAI.<br />

Das DAI in Graduiertenschulen Das Interesse an den Altertumswissenschaften<br />

ist ungebrochen – nicht nur in der weiteren Öffentlichkeit. Immer<br />

mehr junge Menschen entscheiden sich für eines der Fächer, welche<br />

die Antike erforschen. Um diesen Trend zu beflügeln, beteiligt sich das<br />

DAI an Graduiertenschulen mehrerer Universitäten, oft gemeinsam mit<br />

internationalen Partnern.<br />

Die »Berlin Graduate School of Ancient Studies« am Berliner Antike-<br />

Kolleg hat zusammen mit dem DAI 2011 das Promotionsprogramm<br />

»Landscape Archaeology and Architecture« entwickelt. In diesem Programm<br />

steht nicht die Archäologie bestimmter Räume im Vordergrund,<br />

sondern das breite Spektrum landschaftsarchäologischer und baugeschichtlicher<br />

Methoden. Die ersten Mitglieder des Promotionsprogramms<br />

konnten im Mai dieses Jahres mit ihrer Arbeit beginnen.<br />

Etwas länger dauert bereits die Kooperation des DAI mit der Christian-Albrechts-Universität<br />

zu Kiel, und seit 2007 beteiligt sich das DAI als<br />

Kooperationspartner an der Graduiertenschule »Human Development in<br />

Landscapes«. Arbeiten zum Vergleich der Siedlungsweise des neuweltlichen<br />

frühen Neolithikums mit dem Vorderen Orient oder die Entwicklung<br />

eines Konzept von Sedimentanalysen zur Siedlungsgeschichte sind<br />

Beispiele erfolgreicher Qualifizierungsarbeiten.<br />

Die jüngste unter den Graduiertenschulen, an denen das DAI beteiligt<br />

ist, heißt »Distant Worlds«, wurde im Rahmen der Exzellenzinitiative<br />

im Juni 2012 bewilligt und ist an der Ludwig-Maximilians-Universität in<br />

München angesiedelt. Altertumswissenschaftliche Fächer der Universität<br />

kooperieren mit außeruniversitären Forschungseinrichtungen, auch<br />

die Mitarbeiter der Kommission für Epigraphik und Alte Geschichte bringen<br />

ihre besonderen Kompetenzen – insbesondere Epigraphik und<br />

Numismatik – in die Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses<br />

ein – zum einen durch Beteiligung am Seminarprogramm der Graduiertenschule,<br />

zum anderen durch die Betreuung althistorischer Dissertationen.<br />

»Distant Worlds« nimmt ihre Arbeit im November 2012 auf.<br />

8 Nachrichten Nachrichten 9


Forschung<br />

Hightech History<br />

Naturwissenschaften<br />

und digitale Technologien<br />

in der Archäologie<br />

GIS, 3-D, LiDAR, statistische Auffälligkeiten,<br />

Wahrscheinlichkeiten und ungewöhnlichen Geometrien,<br />

neue Algorithmen für digitale Geländemodelle<br />

– das alles klingt so unromantisch im Vergleich<br />

zu Zeichnung, Abklatsch und Pinsel, mit denen Statuen,<br />

Säuleninschriften und Gefäße erfasst wurden,<br />

so unangemessen für die Untersuchung erhabener<br />

Zeugnisse aus Jahrtausenden mit dem geheimnisvollen<br />

Glanz fast überirdischer Schönheit und zeitlos<br />

tiefer Bedeutung. Laserscanner, digitale Rekonstruktionen<br />

und relationale Datenbanken haben<br />

Einzug gehalten in die Archäologie, eine Wissenschaft,<br />

die plötzlich so ohne Zauber dastehen soll<br />

wie viele andere auch, deren Heimat die akademischen<br />

Trockengebiete sind?<br />

Die öffentlich dargestellte romantische Verklärung<br />

der Wissenschaften vom Altertum haftet so<br />

stark an ihnen wie auch an ihren Gegenständen,<br />

dass man meinen könnte, das heroische Zeitalter<br />

der Großgrabungen habe gerade erst begonnen und<br />

bediene exotische Manien aller Art. Sie bietet medientaugliche<br />

Sehnsuchtsorte im alltäglichen Einerlei<br />

und verstellt den Blick darauf, dass der längst<br />

vollzogene Schritt der Archäologie und ihrer Schwesterdisziplinen<br />

in die moderne Scientific Community<br />

mehr ist als die spektakulär raunend zur Schau<br />

gestellte DNA-Analyse einer Mumie.<br />

Tatsächlich kann man heute in den Altertumswissenschaften<br />

ohne digitale »Übersetzungen« und<br />

ohne elaborierte naturwissenschaftliche Methoden<br />

keinen antiken Blumentopf mehr gewinnen. Tatsächlich<br />

haben sich auch die Gegenstände der Archäologie<br />

verändert. Dem einzelnen Objekt werden<br />

neue Bedeutungen abgerungen, sobald man es in<br />

einen Kontext stellt. Den aber muss man rekonstruieren.<br />

Im Falle der Archäologie heißt Rekonstruktion<br />

nicht nur die virtuelle Wiederherstellung eines<br />

einzelnen Artefakts oder eines singulären Gebäudes,<br />

sondern immer auch Landschafts- und Siedlungsrekonstruktion<br />

mit allem, was dazugehört.<br />

Haltbarkeit Die Erweiterung des wissenschaftlichen<br />

Horizonts bringt eine exponentiell gestiegene<br />

Menge an – digitalen – Daten mit sich. Und wenn es<br />

auch die Aufgabe eines Datenbanksystems ist, große<br />

Datenmengen effizient, widerspruchsfrei und<br />

dauerhaft zu speichern, ist genau das ein Problem.<br />

Im Vergleich zu einer 5 000 Jahre alten mesopotamischen<br />

Tontafel mit heute noch zugänglichen Keilschriftdaten<br />

sind die Datenträger der jüngsten Vergangenheit<br />

geradezu flüchtige Gebilde.<br />

Das Speichermedium 3,5-Zoll-Diskette wurde<br />

1981 Standard. 30 Jahre später gibt es nicht mehr<br />

viele Maschinen, welche die auf ihnen gespeicherten<br />

Daten wecken können. Eine Zeitlang sind neue<br />

Anwendungen noch abwärtskompatibel. Aber diese<br />

Zeitspanne wird immer kürzer. Und so steht man zu<br />

Beginn des 21. Jahrhunderts vor einer neuen Herausforderung:<br />

Wie sichert man diese Fülle<br />

an Daten langfristig? Wie macht man sie »interoperabel«,<br />

das heißt, bereitet sie so auf, dass sie miteinander<br />

»sprechen« können? Und wie sorgt man dafür,<br />

10 Forschung Forschung 11


dass die einmal gefundenen Lösungen nicht in wenigen<br />

Jahren schon wieder hinfällig sind?<br />

Komplexität Die Frage, wie komplexe Datenbanksysteme,<br />

die auf unterschiedlichen Strukturen,<br />

Sprachen und Ortsbezeichnungen basieren, sinnvoll<br />

miteinander verbunden werden können, ist ein<br />

dringliches Forschungsproblem, denn die Archäologie<br />

ist einem Gesetz unterworfen: Graben heißt<br />

zerstören. Das ist immer ein irreversibler Prozess,<br />

die so erhobenen Forschungsdaten sind eine Momentaufnahme<br />

und somit einmalig.<br />

Zum anderen ist der Versuch, extrem heterogene<br />

Datenbestände, wie sie in den modernen Altertumswissenschaften<br />

anfallen, miteinander sprechen<br />

zu lassen, etwa so schwierig wie Äpfel mit<br />

Birnen zu vergleichen, gilt es doch, GIS-Daten, Pollendiagramme,<br />

3D-Rekonstruktionen oder Daten<br />

aus luftgestützten Laser-Scanner-Surveys irgendwie<br />

mit alten analogen Befunden oder Karten oder auf<br />

höchst unterschiedliche Weise digitalisierte alte Befunde<br />

unter einen Datenbank-Hut zu bekommen.<br />

Wenn man das aber erfolgreich tut, bringt das meistens<br />

Überraschungen zutage, die immer häufiger<br />

dazu führen, dass Teile der Geschichte umgeschrieben<br />

müssen. Und wer will schon gern im Irrtum<br />

über seine eigene Vergangenheit leben …?<br />

Das Deutsche Archäologische <strong>Institut</strong> beantwortet<br />

die komplexer werdenden Fragen längst in<br />

der Zusammenarbeit vieler Disziplinen. Man<br />

braucht Naturwissenschaftler, um Landschaften,<br />

Lebensräume oder auch das Klima der Antike zu rekonstruieren,<br />

und die moderne Archäologie untersucht<br />

nicht nur die von Menschen gemachten Dinge.<br />

Sie arbeitet mit Klimamodellen und zählt<br />

Dendrochronologie, Archäozoologie und -botanik<br />

oder auch Geophysik neben vielen anderen zu den<br />

Methoden, die heute ein normaler Bestandteil archäologischer<br />

Forschung sind.<br />

Laserscan und Luftbild Luftgestützte Laser-Scanner<br />

und Luftbildfotografie kommen zum Einsatz in<br />

Bolivien, wo Heiko Prümers und seine Kollegen im<br />

vermeintlich unberührten Urwald große von Menschen<br />

gemachte Strukturen aus vorspanischer Zeit<br />

fanden (s. »Kulturlandschaft Amazonien«, S.20) oder<br />

auch in dem im allerbesten Sinne europäischen Projekt<br />

»ArchaeoLandscapes Europe«, dem 57 Forschungsinstitute<br />

aus 27 Ländern angehören, um<br />

aus der Vogelperspektive das gemeinsame kulturelle<br />

Erbe in den Blick zu nehmen und zu bewahren.<br />

Geleitet wird es von Axel Posluschny von der Römisch-Germanischen<br />

Kommission des DAI in<br />

Frankfurt am Main. (s. »Luftbild«, S. 16)<br />

3D-Modelle Bauwerksinformations sys te me, bestehend<br />

aus 3D-Bestands modellen, die an Datenban<br />

ken mit Einzel befunden angebunden sind, sind<br />

die innovati ven Aufarbeitungs- und Präsen ta tionsmethoden,<br />

wie sie am DAI für die archäologische<br />

Bauforschung geleistet werden. Ulrike Wulf-Rheidt<br />

vom Architekturreferat des DAI hat auf diese Art<br />

neue Befunde für den römischen Palatin vorlegen<br />

können – das Beispiel für Herrschaftsarchi tek tur<br />

schlechthin. (s. »Rom, imperial«, S. 24)<br />

12 Forschung Forschung 13


Olympia …<br />

Erschließung Der immensen Herausforderung<br />

stellt man sich am DAI auf verschiedene Arten. Zum<br />

einen werden die immens großen Bestände in Fototheken,<br />

Bibliotheken und Archiven nach und nach<br />

digitalisiert und neu erschlossen – seien es Handzeichnungen,<br />

Architekturpläne, Glasnegative, Gelehrtenbriefe,<br />

Karten oder Grabungsdaten aus den<br />

ersten Großgrabungen in Olympia oder Pergamon.<br />

Dabei wird in allen Abteilungen unter Hochdruck<br />

gearbeitet, denn viele der Bestände sind gefährdet.<br />

(s. »Übersetzungsleistung«, S. 34) In der Berliner Zentrale erarbeitet<br />

Reinhard Förtsch Konzepte für die Digitalisierung<br />

der Archive, in Kairo leitet Ulrike Fauerbach die<br />

Entstehung eines Repositoriums von Plänen altägyptischer<br />

Architektur, Alexandra Busch leitet die<br />

Fotothek der Abteilung Rom und die Digitalisierung<br />

der dortigen Bestände und Simone Wolf, die im Sudan<br />

forscht, kann in Zukunft ihren Kollegen vor Ort<br />

Daten aus dem Archiv des Bauforschers Friedrich<br />

Hinkel via »Al Idrisi« zugänglich machen.<br />

Zum anderen wird der Ausbau der IT-Infrastruktur<br />

vorangetrieben, aber nicht nur in eigener<br />

Sache. Mit IANUS entsteht am DAI ein »Forschungsdatenzentrum<br />

Archäologie und Altertumswissenschaften«,<br />

das den neuen komplexen Aufgaben der<br />

Archäologie Rechnung trägt. Wie man so ein Mammutprojekt<br />

technisch und organisatorisch bewältigen<br />

kann und welche Fragen dabei geklärt werden<br />

müssen, erklären Ortwin Dally und Felix Schäfer.<br />

(s. »Interview«, S. 28 und »IANUS«, S. 44)<br />

14 Forschung Forschung 15


Luftbild<br />

Das EU-Projekt<br />

ArchaeoLandscapes Europe<br />

wird in der Römisch-<br />

Germanischen Kommission<br />

des DAI koordiniert<br />

Ein Bild<br />

sagt mehr als 1000 Worte<br />

Seit 100 Jahren schon<br />

ist der Blick von oben ein<br />

Mittel der Archäologie,<br />

sich Überblick zu verschaffen<br />

über Fundstätten im<br />

Kontext der Landschaft oder<br />

über natürliche Gegebenheiten,<br />

die man anders als<br />

aus der Vogelperspektive<br />

nur schwer ausmachen<br />

kann. Historische Luftbildaufnahmen<br />

sind wertvolles<br />

Material bei der Rekonstruktion<br />

von Landschaften,<br />

die stark verändert oder<br />

zerstört sind, und als<br />

anschauliches Unterrichtsmaterial<br />

sind die<br />

Luftbilder unverzichtbar.<br />

Von oben betrachtet wirkt Europa vertraut, archäologisch<br />

gesehen allemal – so will es scheinen.<br />

Beides zusammengenommen ergibt aber mitunter<br />

Befunde, die Vieles auf den Kopf stellen, was man<br />

vorher zu wissen glaubte. Seit Luftbild und LiDAR<br />

das Methodenspektrum der Archäologie bereichert<br />

haben, müssen die Listen archäologischer Fundstätten<br />

erweitert und ergänzt werden.<br />

»Die Vogelperspektive zeigt aber auch, dass von<br />

Europa und von der Archäologie Europas im Grunde<br />

so viele Bilder existieren, wie es Forschungsnationen<br />

gibt«, sagt Axel Posluschny, der in der Römisch-<br />

Germanischen Kommission (RGK) des DAI in Frankfurt<br />

am Main das EU-Projekt »ArchaeoLandscapes<br />

Europe«, leitet. Als größtes <strong>Institut</strong> im Konsortium<br />

hat das DAI eine besondere Verantwortung, findet<br />

Posluschny.<br />

Der Reichtum der Forschungstraditionen ist<br />

Hindernis und horizonterweiternde Chance zugleich.<br />

»Wenn wir unser gemeinsames kulturelles<br />

Erbe erforschen und erhalten wollen, ist die internationale<br />

Vernetzung unabdingbar«, weiß Posluschny.<br />

Diese Vernetzung voranzubringen, ist eines der Ziele<br />

von ArcLand, dem inzwischen 57 Forschungsinstitutionen<br />

aus 27 europäischen Ländern angeschlossen<br />

sind und das damit das größte derzeit von<br />

der EU im Rahmen des Förderprogrammes Culture<br />

2007–2013 unterstützte Projekt ist. »Es geht vor allem<br />

auch da rum, die immer noch existierenden Ungleichheiten<br />

beim Umgang mit verschiedenen Fernerkundungsmethoden<br />

und beim Zugang auf die<br />

Ergebnisse auszugleichen«, sagt Posluschny. Im<br />

Endeffekt soll ArcLand ein sich selbst tragendes<br />

Netzwerk werden.<br />

Um das Ganze organisatorisch und thematisch<br />

in den Griff zu bekommen, trifft man sich einmal im<br />

Jahr in voller Stärke, Spezialthemen werden zusätzlich<br />

von Schwerpunktgruppen behandelt, und sorgfältig<br />

strukturierte »work-packages« definieren Programme<br />

und Zeitpläne für jedes der acht<br />

Schlüsselziele von der Schaffung eines aktiven lebendigen<br />

Netzwerks über die Förderung einer adäquaten<br />

Ausbildung in Luftbild-Archäologie und<br />

Fernerkundung bis hin zur Entwicklung von Möglichkeiten<br />

einer besseren Auswertung der Luftbilddaten.<br />

Das alles kann aber nicht den tragfähigen<br />

Rückhalt haben, den so ein Unterfangen braucht,<br />

wenn man den Elfenbeinturm bloß von der Erde in<br />

den Himmel verlegt. »Der Dialog mit verschiedenen<br />

Zielgruppen in der EU ist von ausschlaggebender<br />

Wichtigkeit«, betont Axel Posluschny. Die Mittel der<br />

Wahl sind u. a. webbasierte und gedruckte Publikationen,<br />

die sowohl die Profis in der Denkmalpflege<br />

auf dem neuesten Stand der Dinge halten wie auch<br />

die breite Öffentlichkeit angemessen informieren.<br />

In diesem Punkt lohnt der Blick nach Großbritannien<br />

und Irland, findet Posluschny. Dort gilt die<br />

Kommunikation mit der Öffentlichkeit als hohe Tugend,<br />

und die »Community Archaeology« spielt auf<br />

den Inseln seit jeher eine große Rolle. Die »offizielle«<br />

Archäologie ist durchaus offen gegenüber der Hilfe<br />

Dr. Axel Posluschny ist der<br />

Leiter von »ArcLand«<br />

16 Forschung Forschung 17


Airborne LiDAR<br />

Ein Strahl trifft die Erde,<br />

Sensoren registrieren die<br />

Reflexion. Aus der Laufzeit<br />

der Signale und der<br />

Lichtgeschwindigkeit wird<br />

die Entfernung zum Objekt<br />

berechnet. Das Verfahren<br />

heißt LiDAR »Light detection<br />

and ranging«, und es ist<br />

etwas ähnliches wie Radar.<br />

Statt der Funkwelle werden<br />

aber Laserpulse verwendet.<br />

Auf diese Art kann man von<br />

einem Flugzeug aus Entfernungen<br />

mit unglaublicher<br />

Präzision messen. Mittels<br />

Laserscanner kann man die<br />

Strukturen von Landschaften<br />

vermessen und<br />

schließlich digitale<br />

Geländemodelle herstellen.<br />

Ein guter Scanner kann<br />

dabei sowohl die Baumkronen<br />

wie auch den Boden<br />

erfassen. Durch das nachträgliche<br />

Herausfiltern<br />

der Bewaldung ergibt sich<br />

dann ein hochgenaues,<br />

dreidimensionales Abbild<br />

des Terrains sowie der<br />

darin verborgenen archäologischen<br />

Relikte wie Gräben,<br />

Wälle oder Grabhügel.<br />

interessierter Laien, die sich zum Beispiel in der<br />

Denkmalpflege engagieren.<br />

Im Mai 2013 veranstaltet ArcLand zusammen<br />

mit verschiedenen Projektpartnern in Dublin eine<br />

Konferenz zu diesem Thema. Sie ist der Auftakt für<br />

eine Wanderausstellung über Luftbildarchäologie<br />

und moderne Prospektionsmethoden, die von Irland<br />

aus zahlreiche Stationen in ganz Europa ansteuern<br />

wird.<br />

Solche Initiativen sind ein hervorragendes Mittel,<br />

langfristig das Bewusstsein für den Erhalt der<br />

Landschaft und des kulturellen Erbes zu stärken<br />

und die Zusammenarbeit zwischen Profis und Laien<br />

zu fördern, weiß Axel Posluschny. Dabei sind moderne<br />

Fernerkundungstechnologien wie Luftbildfotografie<br />

oder LiDAR mit ihrer Verbindung von Hightech<br />

und Altertum durchaus geeignet, auch<br />

diejenigen, die sich sonst nicht für die Vergangenheit<br />

interessieren würden, hinter dem Ofen hervorzulocken.<br />

Denn die Forschung mit dem eingebauten<br />

Aha-Effekt hält immer wieder Überraschungen<br />

bereit. Fast jeder kann heute in Google Earth die eigene<br />

Umgebung von oben betrachten – wenn auch<br />

das ungeübte Auge oft nicht viel erkennt. Doch<br />

meis tens sieht man meist vor lauter Bäumen die –<br />

antike – Struktur nicht. Mittels LiDAR-Technologie<br />

lassen sich die Bäume herausrechnen, und das einfache<br />

Stück Wald verwandelt sich eine Kultstätte<br />

oder den Standort einer Burg, und manch einer<br />

sieht sich womöglich als neuen alten Nachbarn eines<br />

keltischen Fürsten.<br />

http://www.archaeolandscapes.eu<br />

Diese Ansicht des Glaubergs<br />

ist eine Kombination von<br />

Luftbild und LiDAR-Scan.<br />

Der frühkeltische Fürstensitz<br />

ist in der unteren Bildhälfte<br />

gut zu erkennen<br />

Anheimelnd wirkt es nicht<br />

gerade, aber es fördert den<br />

»Durchblick«: Ein LiDAR-Scan<br />

des Fürstensitzes ohne<br />

Bewaldung<br />

Der Keltenfürst<br />

vom Glauberg<br />

Dem hessischen Glauberg<br />

bescherte die Archäologie<br />

ein Museum, einen Archäologischen<br />

Park, die »Keltenwelt<br />

am Glauberg« mit<br />

Festspielen und Führungen<br />

– Wissenschaft down to<br />

earth im wahrsten Sinne<br />

des Wortes. Menschen gibt<br />

es hier seit 7000 Jahren,<br />

entsprechend Funde für<br />

Generationen von Archäologen.<br />

Als 1996 der »Keltenfürst«<br />

in seinem Grab<br />

gefunden wurde, schien<br />

der Höhepunkt erreicht zu<br />

sein. Ein mittels LiDAR produziertes<br />

Geländemodell<br />

belehrte die Archäologen<br />

eines Besseren. Die Entdeckung<br />

weiterer Grabhügel<br />

zeigte, dass der Keltenfürst<br />

sich vermutlich in viel größerer<br />

Gesellschaft befand,<br />

als man bislang dachte.<br />

18 Forschung Forschung 19


Kulturlandschaft<br />

Amazonien<br />

Die Region ist alles andere als ein ideales Sied-<br />

Die Entdeckung<br />

vorspanischer<br />

Ringgrabenanlagen im<br />

LiDAR-Scan<br />

lungsgebiet. Die Böden sind arm an Nährstoffen,<br />

und während der Regenzeit stehen weite Flächen<br />

mehrere Monate lang unter Wasser, weil das Wasser<br />

nicht abfließt. Und doch gibt es überall Spuren dichter<br />

Besiedlung in vorspanischer Zeit.<br />

Die zunehmende Zerstörung des Regenwaldes<br />

kens, den »Llanos de Moxos« im nördlichen Tiefland<br />

brachte eine Überraschung an den Tag: In einem<br />

Boliviens. In der ca. 110.000 km 2 großen Über-<br />

Gürtel von der brasilianischen Provinz Acre im Süd-<br />

schwemmungssavanne finden sich zahlreiche Reste<br />

westen des Amazonasgebietes über Nordbolivien<br />

von Kanälen, Dämmen, Wasserreservoirs und Hü-<br />

Dr. Heiko Prümers von der<br />

Kommission für Archäologie<br />

Außereuropäischer<br />

Kulturen des DAI<br />

bis in den Alto Xingú Südbrasiliens, in Regionen<br />

also, die man für »unberührt« hielt, entdeckte man<br />

Hunderte Ringgrabenanlagen. Grund genug für Archäologen,<br />

den Blick auf die Region auszuweiten.<br />

Heiko Prümers von der Kommission für Archäologie<br />

Außereuropäischer Kulturen (KAAK) des DAI<br />

in Bonn forscht seit 1999 in der Region.<br />

»Für die Archäologie stellt sich natürlich die<br />

Frage, wie die Existenz der Grabenanlagen in jenen<br />

»Ur«-Wäldern zu erklären ist, wann sie angelegt wurden<br />

und in welcher Beziehung sie zueinanderstanden«,<br />

fasst er das Forschungsinteresse zusammen.<br />

Prümers und seine Kollegen betreten Neuland: Zur<br />

gelbeet-Komplexen. Allein schon das Ausmaß dieser<br />

Anlagen lässt auf die Existenz komplexer Kulturen<br />

mit sesshafter bäuerlicher Lebensweise in der<br />

Region schließen. Die Archäologen wollen herausfinden,<br />

wann und unter welchen Voraussetzungen<br />

die »Kultur von Moxos« entstanden ist, wie ihre weitere<br />

Entwicklung verlief und warum sie unterging.<br />

Entdeckung in der »Neuen Welt« Der dichte Wald<br />

ist unwegsam, das Gelände schwer zu erfassen. Mit<br />

klassischen Methoden allein würden wohl Jahrzehnte<br />

vergehen, bis man die baulichen Strukturen<br />

offengelegt hätte. Der Laser-Scanner im Flugzeug<br />

Bella Vista<br />

Die Ringgrabenanlagen von<br />

Bella Vista sind zwischen<br />

dem 13.–14. Jh. n.Chr. wohl<br />

nur recht kurze Zeit<br />

genutzt worden. In jedem<br />

Falle sind aber weitere<br />

Untersuchungen nötig, um<br />

dies zu bestätigen, denn<br />

andere Siedlungsplätze in<br />

den südlich und westlich<br />

angrenzenden Gebieten der<br />

Llanos de Moxos zeigen<br />

Nutzungszeiten der<br />

Besiedlung des Amazonasbeckens liegen bisher<br />

kaum archäologische Daten vor, und schriftliche<br />

Quellen gibt es erst aus der Zeit der ersten spanischen<br />

Missionare im 17. Jahrhundert. Dass die Geschichte<br />

Amazoniens anders verlief als man bisher<br />

dachte – oder romantische Vorstellungen von unberührter<br />

Natur es wollten – vermutete man bereits<br />

seit den 80er-Jahren. Die Forscher des DAI arbeiten<br />

vor allem in einem Randgebiet des Amazonasbec-<br />

erfasst große Gebiete in kurzer Zeit, und die verwendete<br />

LiDAR-Technologie (s.a. »Luftbild«, S. 16) erlaubt den<br />

Blick durch die Bäume hinduch auf das Gelände.<br />

Immer neue Spuren werden so gefunden, immer<br />

mehr menschengemachte Strukturen erschüttern<br />

das Bild vom unberührten Urwald. Die Arbeit der<br />

DAI-Forscher konzentriert sich derzeit auf die Untersuchung<br />

zweier Ringgrabenanlagen in Bella Vista<br />

und derjenigen auf dem Gebiet der Granja del Pa-<br />

Sie d lungs plätze von rund<br />

1 000 Jahren. In den<br />

Ringgrabenanlagen von<br />

Bella Vista fanden sich<br />

bislang weder Feuerstellen<br />

noch Pfostenlöcher.<br />

Es fehlen also Siedlungsspuren<br />

im engeren Sinne.<br />

Keramikfunde zeigen aber,<br />

dass der Raum genutzt war.<br />

20 Forschung Forschung 21


dre. Auch sie sind keine isolierten Phänomene. Wie<br />

alle anderen sind auch sie in große Grabensysteme<br />

integriert – Anlagen, die vor den Prospektions- und<br />

Luftbild der<br />

Kreisgrabenanlage in<br />

der »Granja del<br />

Padre«, nördlich von<br />

Bella Vista<br />

Vermessungsarbeiten der DAI-Forscher in der Region<br />

unbekannt waren.<br />

Bei der Ringgrabenanlage auf dem Gebiet<br />

der Granja del Padre fanden sich in einem quer<br />

durch die Grabungsfläche verlaufenden<br />

Streifen 15 Gräber. Es handelte sich durchweg<br />

um Gefäßbestat tungen, wobei der Körper<br />

des Verstorbenen fast immer in einem großen,<br />

bauchigen Gefäß nieder gelegt worden war.<br />

Die Gefäße waren kopfüber deponiert und ihr<br />

Boden sorgfältig entfernt worden. Die Gefäße<br />

waren mit der Öffnung nach unten in der<br />

Grabgrube stehend für die Bestattung hergerichtet<br />

worden. Lediglich in einem Fall fanden<br />

sich Beigaben: drei kleine Keramikgefäße<br />

vor den Füßen des Verstorbenen auf dem Boden<br />

des Grabgefäßes.<br />

Aus der Vogelperspektive<br />

findet man unter dem<br />

dichten Wald keinerlei<br />

Spuren, die menschliches<br />

Einwirken vermuten<br />

lassen. Ist das »Luftbild«<br />

aber mittels LiDAR-<br />

Technologie entstanden,<br />

kann man die Bäume<br />

einfach heraus rechnen.<br />

Das gibt den Blick frei<br />

auf die weitläufig angelegten<br />

Strukturen, welche<br />

einst von Menschenhand<br />

in Amazonien entstanden.<br />

22 Forschung Forschung 23


Rom, imperial<br />

Der Palatin als<br />

Herrschaftsarchitektur in 3D<br />

Der Anflug auf Rom wirkt sportlich, die Landung<br />

erfolgt ca. 180 Meter über dem Boden. Von hier<br />

aus kann man das Ganze gut in den Blick nehmen.<br />

Der Betrachter erkennt das »Gartenstadion« auf<br />

dem Palatin, dem Herrschaftsbezirk von Rom,<br />

Machtzentrum der antiken Welt, als das Imperium<br />

die beherrschende Macht in der Welt des Mittelmeerraums<br />

war. Die Rekonstruktion der Anlage ist eingebettet<br />

in Google Earth, zeigt, wie sie lag im Umfeld<br />

ihrer näheren Umgebung als Teil der kaiserlichen<br />

Palastanlagen, deren Wirkmächtigkeit bis heute<br />

nicht vergangen ist.<br />

»Der römische Kaiserpalast auf dem Palatin gehört<br />

zu den antiken Bauwerken, die bis in unsere<br />

Zeit das Stadtbild von Rom nachhaltig prägen«, sagt<br />

Ulrike Wulf-Rheidt, Leiterin des Architekturreferats<br />

am Deutschen Archäologischen <strong>Institut</strong>. »Die Überreste<br />

bilden noch heute zusammen mit dem Circus<br />

Maximus eine eindrucksvolle Kulisse, die ein wenig<br />

von der Pracht der einst über 300 Meter langen Fassade<br />

des Kaiserpalastes erahnen lässt.« Doch trotz<br />

seiner Wirkmächtigkeit ist die Architekturgeschichte<br />

der imperialen Anlagen kaum erforscht.<br />

In dem interdisziplinären Projekt »Die kaiserlichen<br />

Palastanlagen auf dem Palatin in Rom« werden<br />

Rekonstruktionen der einzelnen Bauphasen der Palastanlage<br />

erarbeitet und das Verhältnis zwischen<br />

Palast und Stadt sowie die unterschiedlichen Nutzungsszenarien<br />

im Kontext gesellschaftlicher und<br />

höfischer Strukturen untersucht.<br />

Mit Kaiser Augustus begann die Verwandlung<br />

des Palatin vom aristokratischen Wohnviertel zum<br />

weitläufigen Palastareal. Der Name des Hügels wird<br />

nicht nur zum Synonym für die Residenz, sondern<br />

auch für Herrschaftsarchitektur schlechthin. Doch<br />

was ist Herrschaft ohne Beherrschte? »Die Stadt<br />

Rom ist der Gegenpol zur Palastarchitektur«, erklärt<br />

Wulf-Rheidt. »Nur in der Gegenüberstellung und in<br />

Beziehung zueinander und im Kontext der traditionellen<br />

städtisch-aristokratisch geprägten Gesellschaftsverhältnisse<br />

ist zu verstehen, was ein Palast<br />

ist und wie er funktioniert – und wie der Palatin zu<br />

dem wurde, was er schließlich war.«<br />

Technik und Erfindungsreichtum Seit 1998 wurden<br />

im Auftrag der Soprintendenza Archeologica di<br />

Roma von den Lehrstühlen für Baugeschichte und<br />

Vermessungskunde des DAI-Kooperationspartners<br />

Brandenburgische Technische Universität in Cottbus<br />

(BTU) (s. DAI-Weltweit 1-2012) und ab 2004 vom Architekturreferat<br />

des DAI. Bauaufnahmen aller seit flavischer<br />

Zeit im südöstlichen Bereich des Palatin<br />

entstandenen Bauten einheitlich in einem Maßstab<br />

1:100 dokumentiert. »Angesichts der beträchtlichen<br />

Höhe und Komplexität der Ruine und eines Umfanges<br />

von 300.000 qm verteilt auf fünf kaum zu überblickende<br />

und zum Teil schlecht belichtete Ebenen<br />

war dies allerdings keine leichte Aufgabe«, erklärt<br />

Ulrike Wulf-Rheidt. Und es waren wohl auch diese<br />

Umstände, die dazu führten, dass von den Resten<br />

Prof. Dr. Ulrike Wulf-Rheidt<br />

leitet das Architekturreferat<br />

am DAI<br />

24 Forschung Forschung 25


…<br />

…<br />

der Kaiserpaläste so wenige Schnitte und Ansichten<br />

viel komplexer, als bisher angenommen, und alte<br />

existieren. Um das zu tun, hätte man nämlich die<br />

Forschungssmeinungen über die Baugeschichte der<br />

ganze riesige Anlage einrüsten müssen – kaum zu<br />

Anlagen mussten revidiert werden.<br />

leisten und zudem unbezahlbar.<br />

Erfindungsreichtum und modernste Vermes-<br />

Zehn der virtuell rekonstruierten Gebäude und<br />

sungstechnik brachten das Problem einer Lösung<br />

Anlagen des Machtzentrums der antiken Welt ha-<br />

3D-Modelle<br />

Die Bauuntersuchungen<br />

bilden die Grundlage für die<br />

näher. Die Forscher entschlossen sich zu einer Kombination<br />

mehrerer Messmethoden, um den unterschiedlichen<br />

Anforderungen gerecht werden zu<br />

ben die DAI-Spezialisten bislang in Google Earth<br />

eingebunden. Der Betrachter sieht Rom von oben<br />

nicht ganz so wie einer, der 1911 das erste monu-<br />

entwickelt und räumlich<br />

überprüft werden können.<br />

Im Rahmen eines von der<br />

Bauphasenpläne, in denen<br />

die chronologische Entwicklung<br />

des erhalte nen<br />

Bestandes dokumentiert ist.<br />

Mit Hilfe von Mauerwerksanalysen,<br />

in situ befindlichen<br />

Ziegestempeln und<br />

weiteren archäologischen<br />

Befunden kann die<br />

Ent stehung der einzelnen<br />

können. »Neben der traditionellen Tachymetrie mit<br />

Reflektor setzten wir auch reflektorlose Tachymetrie,<br />

Photogrammetrie, Laserscanning und natürlich<br />

auch das bewährte Handaufmaß ein«, erläutert<br />

die Bauforscherin und Architektin das komplexe<br />

Verfahren.<br />

Die gemessenen Punkte sind auf ein übergeordnetes<br />

Koordinatensystem bezogen, die Messdaten<br />

werden computergestützt aufbereitet und ste-<br />

mentale archäologische Stadtmodell Roms von Paul<br />

Bigot anschaute oder 1937 das berühmtere Modell<br />

des Italo Gismondi vom Rom des vierten Jahrhunderts,<br />

das 1951 die Kulisse für »Quo vadis« gab und<br />

2000 noch einmal für »Gladiator«. Ihre virtuelle Unversehrtheit<br />

inmitten einer Ruinenlandschaft lässt<br />

ihre Monumentalität umso stärker hervortreten –<br />

wobei man eines nicht vergessen darf, wie Ulrike<br />

Wulf-Rheidt mahnt: »Die Rekonstruktion eines Ge-<br />

DFG und der Fritz Thyssen<br />

Stiftung geförderten<br />

Projektes an der BTU-Cottbus<br />

wurde das Bauwerksinformationssystem<br />

CISAR<br />

entwickelt, eine Internetplattform,<br />

die es erlaubt,<br />

Daten aus den Raumbüchern<br />

interaktiv mit dem<br />

3D-Modell zu verknüpfen,<br />

Abschnitte zeitlich<br />

eingegrenzt und unterschiedlichen<br />

Ausbaustufen<br />

zugeordnet werden. Die<br />

Baudokumentation und die<br />

Bauphasenpläne bilden<br />

dann die Basis für die<br />

Erstellung von 3D-Bestandsmodellen,<br />

an denen<br />

Rekonstruktions ideen<br />

hen so zum Beispiel als Koordinaten für das<br />

dreidimensionale Modell zur Verfügung. Das so virtuell<br />

erschaffene mögliche Ganze eines antiken Gebäudes<br />

offenbart oft genug ganz andere Bedeutungen<br />

als seine realen Überreste. Die DAI-Forschungen<br />

sind weit vorangeschritten und haben zum Teil völlig<br />

neue und unerwartete Ergebnisse gezeitigt. Die<br />

Entwicklung des Palastes und der kaiserlichen<br />

Prachtentfaltung waren zeitlich wie auch räumlich<br />

bäudes ist niemals eine 1:1-Abbildung seiner früheren<br />

Wirklichkeit.«<br />

so dass alle Informationen,<br />

von Zeichnungen, Skizzen<br />

und Plänen über Fotos bis zu<br />

archäologischen Befunden,<br />

abrufbar sind. Die Abfragen<br />

können direkt über eine<br />

Datenbank gestartet werden<br />

oder über das Modell<br />

interaktiv gefiltert bzw.<br />

angesteuert werden.<br />

26 Forschung Forschung 27


Interview<br />

Dokumentation, Digitalisierung<br />

und Datenbank<br />

Prof. Dr. Ortwin Dally,<br />

Generalsekretär des DAI<br />

DAI Weltweit<br />

Die altertumswissenschaftliche Fachwelt redet von<br />

DAI Weltweit<br />

Ortwin Dally<br />

Was für Datenbestände sind das?<br />

Altertumswissenschaftler und Archäologen arbeiten<br />

mit einer Fülle unterschiedlicher Daten. Schon<br />

digitaler Archäologie, relationalen Datenbanken<br />

vor dem Beginn von Feldforschungen im engeren<br />

und Laserscannern – das ist nicht gerade das, was<br />

Sinne arbeiten Archäologen heutzutage mit Luftbil-<br />

sich der interessierte Laie unter Archäologie vor-<br />

dern, Satellitenaufnahmen oder hochauflösenden<br />

Ortwin Dally<br />

stellt. Was also hat es damit auf sich?<br />

Altertumswissenschaften und Archäologie sind in<br />

sog. LiDAR-Scans, die die Identifikation archäologischer<br />

Fundstätten erlauben. Dann die Daten, die im<br />

besonderem Maße seit jeher auf die sorgfältige Do-<br />

Verlaufe von Grabungen entstehen. Ich meine da-<br />

kumentation und auf Veranschaulichung ihrer For-<br />

mit etwa Vermessungsdaten, die zeichnerische und<br />

schungsobjekte und -ergebnisse angewiesen. Der<br />

fotografische Dokumentation von Schnitten und<br />

wichtigste Grund dafür ist, dass bei Grabungen die<br />

Plana usw., schließlich die Daten, die aus der Doku-<br />

Kontexte, aus denen die Objekte stammen, im Mo-<br />

mentation von Funden (Knochen, Keramik etc.) er-<br />

ment ihrer Freilegung zerstört werden.<br />

wachsen, nicht zu vergessen Inschriften und literari-<br />

Einmal gewonnene Daten verlieren ihren Wert für<br />

sche Zeugnisse, die wie etwa im Falle der alten<br />

die Forschung nicht – noch heute sind wir froh, auf<br />

Ägypter, Griechen oder Römer einen enormen<br />

die Dokumentation der ersten Grabungen an so bedeutenden<br />

Stätten wie Pergamon oder Olympia zu-<br />

DAI Weltweit<br />

Schatz an Informationen beinhalten.<br />

Wie will man diese heterogenen Datenbestände so<br />

rückgreifen zu können. Früher hat man für die Dokumentation<br />

analoge Materialien genutzt, also<br />

Ortwin Dally<br />

zusammenführen, dass sie miteinander ›sprechen‹?<br />

Das ist in der Tat eine große Herausforderung. Die<br />

handgeschriebene und gedruckte Publikationen,<br />

Arbeitsgebiete in der Archäologie und den Altertums-<br />

Gipsabgüsse, Abklatsche, Zeichnungen und Fotos,<br />

wissenschaften sind außerordentlich vielfältig: Sie<br />

heute werden Forschungsergebnisse überwiegend<br />

reichen von textbasierten und kunsthistorischen<br />

in Form von Datenbanken, geographischen Infor-<br />

Analysen über Untersuchungen unterschiedlicher<br />

mationssystemen (GIS) oder 3D-Rekonstruktionen<br />

Materialien wie Knochen, Scherben oder Statuen bis<br />

digital festgehalten. Für den Umgang mit diesen Da-<br />

hin zu großangelegten Regionalstudien, die mit Hil-<br />

ten gilt es, Konzepte zu entwickeln, so dass diese<br />

fe moderner Grabungs-, Vermessungs- und Ferner-<br />

nicht nur langfristig gesichert, sondern auch so auf-<br />

kundungstechniken durchgeführt werden. Archäo-<br />

bereitet werden, dass sie aufeinander bezogen und<br />

logen sind schließlich auch intensiv in Diskussionen<br />

nach gemeinsamen Parametern befragt werden<br />

zu anspruchsvollen anthropologischen Fragestel-<br />

können.<br />

lungen wie Raum, Erinnerung und Gedächtnis etc.<br />

28 Forschung Forschung 29


eingebunden. Auch hier entstehen Daten. Diese he-<br />

tet werden. Die Lösung ist im Prinzip klar: Daten<br />

terogenen Bestände so zusammenzuführen, dass<br />

und Metadaten müssen in bestimmten Mindest-<br />

sie auch langfristig im Web zur Verfügung stehen,<br />

standards vorliegen, dann können sie in Zukunft<br />

ist eine hoch komplexe Aufgabe, mit der eine Insti-<br />

leichter in andere Datenformate überschrieben und<br />

tution wie das DAI allein auch überfordert wäre.<br />

Deshalb hat sich auf Initiative des DAI 2008 eine Ar-<br />

DAI Weltweit<br />

somit erhalten bleiben.<br />

Nun ist nicht jeder so ohne Weiteres bereit, For-<br />

beitsgruppe gebildet, die mit Unterstützung der<br />

schungsdaten zur Verfügung zu stellen. Wie soll die-<br />

Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) unter<br />

dem Namen IANUS ein IT-Kompetenzzentrum für<br />

Dally<br />

ses Problem angegangen werden?<br />

Ein wichtiges Ziel der Arbeitsgruppe ist es tatsäch-<br />

die Archäologie und die Altertumswissenschaften in<br />

lich, die Community für die Themen Langzeit-Da-<br />

DAI Weltweit<br />

Dally<br />

Deutschland plant. *<br />

Was genau ist zu tun?<br />

Will man Daten langfristig bewahren, muss man<br />

tensicherung und Interoperabilität zu sensibilisieren.<br />

Dazu gehört nicht nur die Entwicklung von<br />

Richtlinien für den Umgang mit Forschungsdaten,<br />

verschiedene, eng miteinander verbundene Kompo-<br />

um Minimalstandards zu definieren, sondern auch<br />

* Beteiligt sind das<br />

Deutsche Archäologische<br />

<strong>Institut</strong>, der Verband<br />

der Landesarchäologen,<br />

die Antikensammlung<br />

SMB als Vertreterin der<br />

Museen, die BBAW als<br />

Vetreterin der Akademien<br />

der Wissenschaften, die<br />

Universitäten Kiel und Köln<br />

mit Kompetenzen in der<br />

Archäoinformatik und der<br />

langfristigen Vorhaltung<br />

von Daten, das Reiss-Engelhorn-Zentrum<br />

für Archäometrie<br />

als Vertreter der<br />

Naturwissenschaften sowie<br />

das DFG-geförderte<br />

Exzellenzcluster TOPOI.<br />

nenten in den Blick nehmen. Auf einer logischen<br />

Ebene gilt es, die intellektuelle Konzeption und Zielstellung<br />

der Generierung von Daten zu beachten.<br />

Darüber hinaus ist zu entscheiden, welche Software<br />

genutzt wird. Nach Möglichkeit sollte keine proprietäre<br />

Software, sondern Opensource-Software benutzt<br />

werden. Schließlich gilt es auch, eine physikalische<br />

Ebene im Blick zu behalten, unter anderem<br />

bei der Frage eines stabilen Medientransfers im<br />

technisch-mechanischen Sinne. Will man Daten so<br />

vorhalten, dass sie auch langfristig miteinander<br />

kommunizieren können, gilt es, insbesondere die<br />

Berührungspunkte oder Schnittstellen im Auge zu<br />

behalten.<br />

All diese Faktoren müssen in einem Konzept zur<br />

langfristigen Sicherung von Daten und zur langfristigen<br />

Verknüpfbarkeit (Interoperabilität) berücksichtigt<br />

und vor ihrer Implementierung auch getes-<br />

DAI Weltweit<br />

Dally<br />

die Aufnahme dieser Fragen in die universitären<br />

Curricula. Es ist sehr wichtig, dass der wissenschaftliche<br />

Nachwuchs von Anfang an mit dieser Thematik<br />

vertraut und von deren Notwendigkeit überzeugt<br />

ist. Auch damit wird sich eine eigene Arbeitsgruppe<br />

im Rahmen des Großprojekts befassen.<br />

Wie sollen die Arbeitsergebnisse des Kompetenzzentrums<br />

der Forschung zur Verfügung gestellt werden?<br />

Von zentraler Bedeutung ist eine Adresse im Web,<br />

über die Forschungsdaten ermittelt und aufgerufen<br />

werden können. Darüber hinaus sind Empfehlungen<br />

für den Gebrauch und die Nutzung digitaler Daten<br />

in der Archäologie und den Altertumswissenschaften<br />

wesentlich – bereits auf dem Tisch liegen<br />

die Empfehlungen für die Dokumentation von Grabungen.<br />

Wichtig ist darüber hinaus ein weiterer Aspekt:<br />

Daten sind gerade in der Archäologie und den<br />

Altertumswissenschaften in sehr komplexe Infor-<br />

30 Forschung Forschung 31


mationssysteme eingebunden. Die Aufgabe, vor der<br />

wir stehen, ist, über unterschiedliche Verknüpfungspunkte<br />

diese Daten in einer möglichst anwenderfreundlichen<br />

Form und vergleichsweise einfachen<br />

Handhabung der Forschung wieder zur<br />

Verfügung zu stellen. Das bedeutet, dass man sie ein<br />

Stück weit aus den sehr komplexen Informationssystemen,<br />

in die sie »eigentlich« eingebunden sind,<br />

lösen muss. Über unterschiedliche Schnittstellen<br />

können die Daten dann sowohl in einer einfachen<br />

als auch einer komplexen Form modelliert weitergegeben<br />

werden – je nachdem, wofür sie verwendet<br />

werden sollen.<br />

An all diesen Vorhaben wird derzeit auch in weiteren<br />

flankierenden Teilprojekten etwa im Archivbereich<br />

gearbeitet. Letztlich ist die Idee, die hinter IANUS<br />

steckt, die eines Dienstleisters für die gesamte Community<br />

der Archäologen und Altertumswissenschaftler.<br />

(s. a. »IANUS«, S. 44)<br />

Die Geschichte der Archäologie 2.0<br />

»Geschichte des Deutschen Archäologischen <strong>Institut</strong>s«<br />

heißt einer der Forschungscluster des DAI.<br />

Dass derlei Forschung ohne Archivarbeit nicht<br />

geht, liegt auf der Hand. 250 Nachlässe von Altertumsforschern<br />

mit mehr als 25000 Gelehrtenbriefen,<br />

Tagebüchern, Manuskripten, Zeichnungen,<br />

Photos und anderen Medien sind dabei zu sichten,<br />

zu ordnen und zugänglich zu machen.<br />

Doch das ist noch nicht alles. Die Systematisierungsarbeiten<br />

des Clusters werden um eine neue<br />

Gruppe von Archivalien erweitert. Auch die zum<br />

Teil hochgradig national und international vernetzten<br />

DAI-Unternehmen aus jüngerer Zeit werden<br />

aufgenommen, bei Bedarf neu erschlossen<br />

und mit der im Entstehen begriffenen neuen Website<br />

des DAI als Plattform mit den anderen digitalen<br />

Archiven verknüpft.<br />

Was dabei herauskommt, bildet nicht nur den<br />

institutionellen Zuschnitt der Archäologie ab, sondern<br />

vor allem auch die Forschungs- und Denktraditionen<br />

mit ihren je zeitgebundenen Inszenierungen<br />

von Objekten, Bildern und der Lesart von<br />

Texten. Denn genau so wenig, wie man eine antike<br />

Quelle ungefiltert als Infomationsquelle lesen<br />

kann, ist ein Foto oder eine technisch erzeugte Rekonstruktion<br />

– sei es von Gebäuden, sei es von<br />

Landschaften – ein Abbild der Realität.<br />

Die Geschichte des DAI und die Geschichte des Faches<br />

Archäologie greifen aufgrund der Position<br />

des <strong>Institut</strong>s an vielen Stellen ineinander. Die Neuerschließung<br />

der Archive, ihre Vernetzung miteinander<br />

und mit anderen Beständen ergibt zu einem<br />

guten Teil die digitale Geschichte der Archäologie.<br />

32 Forschung Forschung 33


Übersetzungsleistung<br />

Die Digitalisierung<br />

der Archive<br />

Am Anfang taucht eine Frage auf, die ebenso<br />

trivial klingt, wie ihre Antwort kompliziert ist. Was<br />

ist eigentlich ein Archiv? Es gibt Fototheken, Bibliotheken<br />

und zum Beispiel Nachlässe, und alles was<br />

da nicht hineinpasst, nennt man »Archiv«. Sogleich<br />

bekommt es eine Aura von Altehrwürdigkeut – im<br />

besten Sinne. Im schlechtesten Sinne denkt man an<br />

dicke Staubschichten.<br />

Das Deutsche Archäologische <strong>Institut</strong> verfügt<br />

über eine Vielzahl von Archiven aller Art, und seine<br />

Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sind seit jeher mit<br />

der Frage konfrontiert, welche Archivalie in welches<br />

Archiv gehört. Zu allen Zeiten gab es dafür Richtlinien<br />

und Vorschriften. In einer Fotothek liegen Bilder<br />

von Kunstwerken, möglicherweise aber nicht von<br />

Grabungen und vielleicht auch keine Zeichnungen<br />

aus Notizbüchern. In den Bibliotheken sind die gedruckten<br />

Publikationen unter sich, in den Archiven<br />

Nachlässe mit Briefen, Bildern und administrativen<br />

Dokumenten, die nicht nur Geschichte der Wissenschaften<br />

sind, sondern auch Geschichte der wissenschaftlichen<br />

<strong>Institut</strong>ionen. Es gibt Handzeichnungsarchive<br />

mit Beständen aus einer Zeit, als das<br />

Fotografieren noch nicht zum Alltag gehörte, Pläne<br />

von Grabungsstätten, Architekturpläne – viele davon<br />

haben unschätzbaren Wert für die Forschung.<br />

Die Traditionen der Wissensspeicherung sind so<br />

zahlreich wie die Systematiken, mit deren Hilfe das<br />

geschieht. Die Folgen sind komplex, weil aus den<br />

vielen gedachten und gewollten Übersichtlichkeiten<br />

die eine große Unübersichtlichleit entsteht.<br />

»Das sind alles Inseldialekte«, sagt Reinhard<br />

Förtsch, der am Deutschen Archäologischen <strong>Institut</strong><br />

daran arbeitet, die zahllosen Archivalien, die auf verschiedenen<br />

Inseln des DAI zuhause sind, so zu ordnen<br />

und zu digitalisieren, dass man zu einer Art Esperanto<br />

für die Archivierung zum Nutzen und<br />

Frommen der wissenschaftlichen Arbeit kommt.<br />

Denn wichtiger als der »Ort« der Daten sind ihr Inhalt<br />

und ihr Gehalt an möglichem Erkenntnisgewinn.<br />

Was, wenn im Brief eines Gelehrten, der aufgrund<br />

einer bestimmten <strong>Institut</strong>ionslogik in einem<br />

administrativen Archiv liegt, ein wichtiger Hinweis<br />

zu einer Fundstätte an einem bestimmten Ort quasi<br />

vergraben ist? Mittels digitaler Technologie kann<br />

man so einen Hinweis leichter als je zuvor »ergraben«<br />

und ihn nachfolgenden Generationen von Archäologen<br />

weltweit zur Verfügung stellen.<br />

Die technischen Herausforderung sind immens,<br />

aber nicht unlösbar, die Arbeit, die zu tun ist,<br />

erinnert an Sisyphos. Uta Dirschedl, an der Zentrale<br />

zuständig für das Archiv, hat wichtige Bestände digitalisiert<br />

– sie war eine der ersten, die sich zielstrebig<br />

an diese Aufgabe wagten.<br />

Mit der »Übersetzung« in digitale Sprachen<br />

werden auch Ordnungen neu gesetzt, alte Kategorien<br />

müssen weichen. Sortiert wird nicht mehr nur<br />

nach »Skulptur«, »Bild«, »Vase«, »Heiligtum«, »Grab«<br />

…, sondern auch nach den Kontexten, in denen all<br />

das in einer bestimmten Kultur zu einer bestimmten<br />

Zeit aufeinander bezogen existierte. Und mehr<br />

Dr. Reinhard Förtsch<br />

ist Professor für<br />

Archäologie an der<br />

Universität zu<br />

Köln, dort Administrator<br />

der altertumswissen<br />

schaft lichen<br />

Datenbank ARACHNE.<br />

Am DAI ist er Wissenschaftlicher<br />

Direktor<br />

des Referats für<br />

Informationstechnologie<br />

34 Forschung Forschung 35


Gescannte Glasnegative aus<br />

der Abteilung Rom des DAI<br />

und mehr macht sich die Erkenntnis breit, dass die<br />

schlummernden und immer unterschätzten Archive<br />

Unglaubliches bergen, wenn sie nur richtig »gelesen«<br />

werden. »Die Archive waren für lange Zeit das<br />

Armenhaus der Wissenschaft«, sagt Reinhard<br />

Förtsch. »Der vorletzte Schritt vor dem totalen Vergessen.«<br />

Inzwischen haben sie ihre akademischen Bürgerrechte<br />

wiedererlangt, die Bestände werden<br />

durchgesehen, und da man einerseits Unersetzliches<br />

vor dem Verfall retten muss und andererseits<br />

im Zuge der internationalen Kooperatioen sowie als<br />

starker Akteur der Auswärtigen Kulturpolitik das<br />

immense Wissen zugänglich machen muss, laufen<br />

am DAI zahlreiche Projekte und Vorhaben zur Digitalisierung<br />

der Archive.<br />

EMAGINES Das DAI verfügt weltweit über die<br />

größten und ältesten Bildbestände im Bereich der<br />

Archäologie der Mittelmeerländer. Viele der Bilder<br />

haben ein ehrwürdiges Alter erreicht, und manche<br />

von ihnen mussten vor akutem Verfall gerettet werden.<br />

Wertvolles Originalmaterial wird durch intensiven<br />

Gebrauch fortlaufend belastet, so dass in ihm<br />

enthaltene Informationen allmählich unwiderruflich<br />

verloren gehen. Zum anderen sind die Gliederungsschemata<br />

nicht mehr zeitgemäß, die Ordnungskriterien<br />

müssen überdacht werden. (s. o.)<br />

»Emagines« ist ein Gemeinschaftsunternehmen<br />

des DAI mit dem Cologne Digital Archaeology<br />

Laboratory (CoDArchLab) an der Universität zu<br />

Köln; in insgesamt drei Projektphasen wurden bislang<br />

mit Finanzierung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft<br />

(DFG) 120.000 Glasnegative<br />

digitalisiert. So können die Bestände auch der ältesten<br />

und historisch wertvollsten Aufnahmen über<br />

die in Köln betriebene Webdatenbank Arachne für<br />

heutige Benutzer weltweit zugänglich gemacht werden.<br />

Eines der größten Archive besitzt die Abteilung<br />

Rom des DAI, wo die Digitalisierung der Bestände<br />

mit besonderem Einsatz vorangetrieben wird.<br />

Römische Sammlungen Die Magie der großen<br />

Zahl verfängt nicht mehr, seit jedes Kind mit digitalen<br />

Kameras unzählige Bilder produzieren kann, die<br />

in immer größeren lokalen Speichern oder unermesslichen<br />

Clouds abgelegt werden können. Daher<br />

lohnt es sich, die Technologie der fotografischen<br />

Aufnahme von ihren Anfängen her zu betrachten,<br />

um den wahren Umfang der römischen Sammlung<br />

des DAI zu ermessen. Als das römische <strong>Institut</strong>,<br />

Kern des DAI, 1829 gegründet wurde, war die Fotografie<br />

gerade erst erfunden. Heute umfasst die Fotothek<br />

280.000 Fotografien in Schwarzweiß, von<br />

200.000 liegen auch die Negative vor. Sie sind von<br />

unschätzbarem Wert für die Forschung.<br />

»Großer Grundstock der Sammlungen ist die<br />

von Walther Amelung für eigene Forschungszwecke<br />

angelegte Sammlung, die per Testament nach seinem<br />

Tod (1927) in <strong>Institut</strong>sbesitz überging«, erzählt<br />

Alexandra Busch, IT-Koordinatorin in der Abteilung<br />

36 Forschung Forschung 37


Rom. Sein Nachfolger im Amt des 1. Sekretars, Ludwig<br />

Curtius, begann 1928 mit dem systematischen<br />

Auf- und Ausbau der Fotothek, wie sie noch heute<br />

besteht.<br />

Schon in den frühen 30er-Jahren wurde am <strong>Institut</strong><br />

die Stelle für einen Fotografen geschaffen und<br />

ein Labor eingerichtet. Heute hat die Abteilung Rom<br />

auch einen Mitarbeiter, der die riesigen Bestände<br />

scannt – bis 2014 will man fertig sein.<br />

Bestandsaufnahme<br />

In AEGARON werden<br />

publizierte und teils<br />

unpublizierte Pläne einer<br />

repräsentativen Auswahl<br />

von Gebäuden gesammelt,<br />

kritisch bewertet, ggf. vor<br />

Ort auf wichtige Details<br />

überprüft, neu gezeichnet<br />

und digitalisiert.<br />

Zwei Besonderheiten charakterisieren<br />

das Projekt:<br />

Die Pläne entstehen in einer<br />

bestimmten Darstellungssprache,<br />

um einen Standard<br />

für die Ägyptologie zu<br />

entwickeln und anzubieten,<br />

der hinsichtlich Farben,<br />

Strichstärke und Linientypen<br />

etc. Aussagen zu Gebäudeaufbau,<br />

Materialien,<br />

Erhaltungszustand bzw.<br />

Rekonstruktionsgrad und<br />

Bauzeit ermöglicht. Ω<br />

Ägyptische Architektur Pyramiden, Pyramiden!<br />

ist der erste Gedanke, wenn es um altägyptische<br />

Baukunst geht. Die gewaltigen Sakralbauten sind<br />

für Viele der Inbegriff des Alten Ägypten. Für die<br />

Ägypter selbst hatten sie eine überaus große Bedeutung,<br />

weil sie das Fortleben der königlichen Person<br />

im Jenseits, aber auch den Fortbestand des ganzen<br />

Kosmos gewährleisteten.<br />

»Architekturpläne von Bauten aus dieser Zeit<br />

sind häufig schwer zugänglich oder überhaupt nicht<br />

adäquat veröffentlicht«, sagt Ulrike Fauerbach. Sie<br />

leitet in der Abteilung Kairo das Projekt »AEGARON<br />

– Ancient Egyptian Architecture Online«, Kooperationspartner<br />

ist die University of California in Los Angeles,<br />

gefördert wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft<br />

(DFG). Zudem sind die Angaben sehr<br />

unterschiedlich, was Erhaltungszustand, Art der Rekonstruktion<br />

oder die Genauigkeit angeht. Dies erschwert<br />

das Verständnis und den Vergleich verschiedener<br />

Gebäude und damit wesentliche Schritte der<br />

Architekturforschung – ob im Rahmen der Ägyptologie,<br />

der Bauforschung oder der Kunstgeschichte.<br />

38 Forschung Forschung 39


Den Zeichnungen werden<br />

Metadaten an die Seite<br />

gestellt, die in Form eines<br />

‹kritischen Apparats› die<br />

Autorschaft, Entstehungsgeschichte<br />

und Verlässlichkeit<br />

der Informationen<br />

nachweisen. Bisher wurden<br />

Pläne häufig unter Missachtung<br />

der Urheberschaft<br />

nachgezeichnet, wodurch<br />

zudem der Eindruck falscher<br />

Aktualität entstand.<br />

Dies ist auch deshalb wichtig,<br />

weil häufig die Verwendung<br />

mehrerer Vorlagen<br />

zur Erstellung einer neuen<br />

Zeichnung erforderlich ist,<br />

um zu einem optimalen<br />

Ergebnis zu kommen. π<br />

Pyramiden waren natürlich nicht die einzigen<br />

Bauwerke des pharaonischen Ägypten. Auch Wohnund<br />

Repräsentationsbauten, Wirtschafts- und Verwaltungsgebäude<br />

oder auch Festungsanlagen sind<br />

Zeugnisse der Lebenswirklichkeit mit allen ihren<br />

Kontinuitäten und Veränderungen. Für die Forscher<br />

sind sie eine reiche Quelle des Wissens, aber noch<br />

lange nicht haben die ägyptischen Bauten alle ihre<br />

Geheimnisse preisgegeben.<br />

»In der Breite müssen die Details der Architektur<br />

erst erschlossen werden«, sagt Ulrike Fauerbach.<br />

»Die Lage und Gewichtung etwa von Zu- und Durchgängen<br />

in einem Gebäude muss gesichert sein, bevor<br />

man Schlussfolgerungen über Handlungsabläufe<br />

in diesem Gebäude zieht.« Diese Sicherheit aber<br />

ist für einen großen Teil von Bauten beim jetzigen<br />

Publikationsstand nicht gegeben. AEGARON legt<br />

dafür eine wichtige Grundlage. Es stellt einen repräsentativen<br />

Querschnitt der altägyptischen Architektur<br />

in Form intuitiv verständlicher, verlässlicher und<br />

im Detail nachvollziehbarer Pläne online zur Verfügung.<br />

Die dabei entwickelte Methoden der Darstellung<br />

und der Aufschlüsselung von Metadaten setzen<br />

Standards für die Publikation historischer Architektur.<br />

Der internationalen Community stehen die<br />

Pläne als PDF für Bildungs- und Forschungszwecke<br />

frei zur Verfügung, sei es für Vorlesungen oder wissenschaftliche<br />

Veröffentlichungen.<br />

Sudanarchiv Die antike Stadt Meroë war in den<br />

Jahrhunderten um Christi Geburt die Hauptstadt<br />

des Königreiches von Kusch. Sie liegt im heutigen<br />

Sudan, etwa 220 Kilometer nördlich der modernen<br />

Metropole Khartoum. Im schmalen Fruchtlandstreifen<br />

des Niltals wurde Meroë als prachtvolle Residenzstadt<br />

mit großzügigen Wohngebäuden, Tempeln<br />

und den einzigartigen Königlichen Bädern am<br />

rechten Nilufer zwischen dem 6. und 5. Katarakt erbaut.<br />

Östlich der Stadt liegen am Rand der Wüste die<br />

königlichen Nekropolen mit ihren charakteristischen<br />

steilwandigen Pyramiden. »In der benachbarten<br />

›gewöhnlichen‹ Ortschaft Hamadab lassen sich<br />

komplementär dazu die Lebensverhältnisse der Bevölkerung<br />

jener Zeit beobachten«, erzählt Simone<br />

Wolf, die am DAI das aktuelle Meroë-Hamadab-Projekt<br />

leitet.<br />

Grundlegende Arbeiten zur Architektur und<br />

Kultur des Mittleren Niltals leistete seit etwa 1960<br />

der Architekt und Bauforscher Friedrich W. Hinkel,<br />

der 2007 starb und ein umfangreiches Archiv zur Archäologie<br />

und Baugeschichte des antiken Sudan<br />

hinterließ. 2009 kam die einzigartige Sammlung ans<br />

DAI, das sich damit verpflichtete, die Datenbestände<br />

zu erschließen und zugänglich zu machen. Ein<br />

Kernstück von Hinkels Forschungen spiegelt sich<br />

in der Publikationsreihe »The Archaeological Map<br />

of the Sudan« wider, und die flächendeckend zu<br />

antiken Orten im Gebiet des heutigen Sudan zusammengetragenen<br />

Informationen eignen sich hervorragend<br />

für ein Projekt, das am DAI ein internet-<br />

40 Forschung Forschung 41


asiertes Ortsregister, weltweiten Zugang zu ar chäologischen<br />

Forschungsdaten und ein Instrument für<br />

modernes Datenmanagement schafft. Sein Name:<br />

Al-Idrisi.<br />

Online verfügbares – aktuelles und historisches<br />

– Kartenmaterial, Einzelobjekte, Abbildungen<br />

zu Bauwerken, digitale Literatur und Inschriften<br />

werden über eine topografische Ortsverwaltung zusammengeführt.<br />

Damit wird vor allem auch jungen<br />

Wissenschaftlern vor Ort Zugriff auf Daten zur Untersuchung<br />

der Archäologie Nordafrikas und des Sudan<br />

geboten. (siehe DAI Weltweit 1-2012, S. 10)<br />

Mappe mit Zeichnungen zu<br />

den Pyramiden in Meroë im<br />

Archiv von Friedrich Hinkel<br />

42 Forschung Forschung 43


IANUS<br />

Aufgaben und Ziele<br />

IANUS versteht sich als ein<br />

nationales Zentrum, das<br />

verschiedene Dienstleistungen<br />

im Bereich digitaler<br />

Forschungsdaten und Langzeitarchivierung<br />

anbieten<br />

will. Es richtet sich dabei<br />

vorwiegend an Einrichtungen<br />

und Wissenschaftler in<br />

Deutschland, die archäologische<br />

und altertumskundliche<br />

Forschungen im<br />

In- und Ausland betreiben<br />

– sowohl an die verschiedenen<br />

Ebenen der föderal<br />

Das Forschungsdatenzentrum des DAI Vernetzte<br />

Strukturen zu schaffen, ist das Gebot der Stunde. Begriffe<br />

wie »Schnittstelle«, »Netzwerk« oder »Cloud«<br />

sind in aller Munde, aber es ist nicht immer so einfach,<br />

wie der Dauergebrauch der Begriffe suggeriert.<br />

Wenn es nämlich um die Speicherung von Daten<br />

geht, die aus mehreren Jahrhunderten und ca. 30<br />

verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen mit<br />

noch mehr Forschungs- und Dokumentationsstraditionen<br />

stammen, ist die Aufgabe eine andere als<br />

homogene Daten in eine Tabelle zu schreiben.<br />

IANUS heißt das neue »Forschungsdatenzentrum<br />

Archäologie und Altertumswissenschaften«,<br />

das mit Förderung der Deutschen Forschungsge-<br />

»Das A und O in so einem Vorhaben sind Langzeitarchivierung<br />

und Interoperabilität«, sagt Schäfer.<br />

»Durch die Heterogenität der Daten ist das eine<br />

besondere Herausforderung.« Konzeptuell orientiert<br />

man sich hierbei am sogenannten Open Archival<br />

Information System (OAIS), dabei handelt es sich<br />

um ein international (ISO-) zertifiziertes Modell für<br />

den Umgang mit digitalen Dokumenten in Archiven.<br />

»Manche Daten kann man leicht einpassen«,<br />

sagt Schäfer. »Andere müssen umgeschrieben werden,<br />

damit sie in bestimmten Anwendungsszenarien<br />

›operabel‹ sind.« Die Technik ist dabei nur ein Aspekt<br />

der Aufgabe. Unverzichtbar ist es auch, sich auf<br />

Kategorien zu einigen: Ähnliche Dinge muss man<br />

Dr. Felix Falko Schäfer<br />

arbeitet in der DAI-Zentrale<br />

am Aufbau von IANUS<br />

Öffentlichkeit eingeladen,<br />

die Angebote und Inhalte zu<br />

nutzen und z. B. für didaktische<br />

Zwecke in Schule und<br />

organisierten Bodendenkmalpflege<br />

als auch an<br />

universitäre Projekte im Inund<br />

Ausland, an Langzeitvorhaben<br />

genauso wie an<br />

kürzere, befristete Vorhaben,<br />

gleichermaßen an große<br />

vernetzte Kooperationen<br />

und an Qualifizierungsarbeiten,<br />

an Feldforschungen<br />

meinschaft (DFG) Ende letzten Jahres seine Arbeit<br />

aufnehmen konnte. Logistisch ist das Projekt am<br />

Deutschen Archäologischen <strong>Institut</strong> angesiedelt,<br />

das als größtes <strong>Institut</strong> der deutschen archäologischen<br />

Fachcommunity eine koordinierende Rolle in<br />

dem noch jungen Prozess übernommen hat.<br />

Felix Schäfer arbeitet in der DAI-Zentrale am<br />

Aufbau von IANUS und hat sich dabei mit einer Viel-<br />

auch ähnlich nennen. (s. a. Interview mit Ortwin Dally, S. 28)<br />

Sind die Daten nun einigermaßen lesbar und<br />

vergleichbar, heißt das noch nicht, dass sie auch<br />

leicht zu finden sind. »Eindeutige Identifizierung ist<br />

umso wichtiger, je größer die Datenmenge ist«, sagt<br />

Schäfer. Und da das im Web theoretisch gegen unendlich<br />

gehen kann, muss man die Daten irgendwie<br />

markieren. »Persistent Identifier« nennt man in der<br />

Datenwelt das, was bei Büchern die ISBN-Nummer<br />

Ausbildung zu verwenden.<br />

Die Angebote von IANUS können<br />

dabei prinzipiell auf einer<br />

freiwilligen Basis genutzt<br />

werden und als Ergänzung<br />

zu bestehenden eigenen<br />

oder als Ersatz für fehlende<br />

IT-Lösungen eingesetzt<br />

werden. Daten, die an das<br />

Forschungsdatenzentrum<br />

ebenso wie an elektronische<br />

Editionen oder Retrodigitalisierungsmaßnahmen.<br />

Die<br />

fachliche Relevanz ist dabei<br />

weder an einen bestimmten<br />

geographischen undzeitlichen<br />

Kulturraum gebunden<br />

oder auf bestimmte Methoden<br />

festgelegt. Gleichzeitig<br />

ist aber auch die breite Ω<br />

zahl von Fragen auseinanderzusetzen: Was ist zu<br />

tun, um digitale Informationen nachhaltig für die<br />

Zukunft zu erhalten? Wie verteilt man Aufgaben und<br />

definiert Strukturen? Wie organisiert man Workflows<br />

und verabredet Geschäftsgrundlagen? Wie<br />

kann ein nachhaltiges Betriebskonzept aussehen,<br />

das nicht nur durch die Fach-Community mitgetragen<br />

wird, sondern auch technisch, politisch und finanziell<br />

realisierbar ist?<br />

ist, eine eindeutige unverwechselbare Kenn-Nummer,<br />

Registrierungsstelle inklusive.<br />

In einem der Testbeds, die in der Entwicklungsphase<br />

von IANUS geplant sind, wird die Vergabe der<br />

Persistent Identifier durchgespielt, ein anderes testet<br />

die Einrichtung eines zentralen Nachweiskatalogs.<br />

»Es gibt zum Beispiel bislang kein System,<br />

in dem bundesländerübergreifend alle römischen<br />

Fundstellen angezeigt werden können«, sagt Schäfer.<br />

übertragen werden, werden<br />

nicht-exklusiven Vereinbarungen<br />

unterliegen, d.h. die<br />

Urheberrechte verbleiben<br />

vollständig bei dem Dateneigentümer<br />

und dieser kann<br />

seine Inhalte und Erkenntnisse<br />

jederzeit anderweitig<br />

archivieren, publizieren, und<br />

verbreiten. π<br />

44 Forschung Forschung 45


Für solche Erhebungen sind die Landesdenkmalämter<br />

zuständig – juristisch und finanziell.<br />

Nicht nur auf der politischen Ebene ist noch<br />

viel Überzeugungsarbeit zu leisten, auch die Fach-<br />

Community muss in die Planungsprozesse eingebunden<br />

werden, um Vertrauen zu schaffen und um<br />

Ziele, Aufgaben und Erwartungen zu diskutieren.<br />

»Ein wichtiges Ziel ist es zu vermitteln, dass Daten<br />

von vornherein in einer Weise dokumentiert und bereitgestellt<br />

werden, dass sie sich leicht in die neue<br />

Infrastruktur einfügen lassen und für die nächsten<br />

Generationen zugänglich und verständlich bleiben«,<br />

sagt Felix Schäfer. Hier gilt es auch, die Vergaberichtlinien<br />

der großen Förderer an die digitale<br />

Welt anzupassen.<br />

Ein weiteres Augenmerk gilt der Ausbildung<br />

des wissenschaftlichen Nachwuchses. »Digitale<br />

Techniken und Inhalte werden zwar für jüngere Generationen<br />

immer selbstverständlicher, aber der<br />

richtige, wissenschaftlich adäquate und nachhaltige<br />

Umgang mit Daten – zum Beispiel mit Bildern –<br />

ist doch weitgehend unbekannt«, weiß Felix Schäfer.<br />

Mit Services wie der Herausgabe von Leitfäden und<br />

Best-Practice-Guides, Angeboten zu Weiterbildung<br />

und Qualifizierung, aber durch auch konkrete Unterstützung<br />

bei Projekten soll hier Abhilfe geschaffen<br />

werden.<br />

Bis Herbst 2014 werden die ersten Aufbauarbeiten<br />

abgeschlossen sein. Dann soll IANUS nach<br />

dem Ende der DFG-Förderung eine eigenständige,<br />

sich selbst tragende <strong>Institut</strong>ion werden.<br />

Beispiele für die<br />

Vernetzung archäologischer<br />

Daten<br />

im Rahmen von<br />

Ausgrabungen<br />

46 Forschung Forschung 47


Kooperationen<br />

Resafa<br />

Im Jahre 1269 wurde Resafa verlassen und für<br />

Jahrhunderte nicht mehr besiedelt. 1691 entdeckten<br />

englische Kaufleute die imposante befestigte<br />

Stadt wieder, aber noch einmal 200 Jahre sollten<br />

vergehen, bis deutsche Forscher 1907 mit ersten Untersuchungen<br />

begannen. Resafa ist eine Ruinenstadt<br />

im Norden Syriens, als römisches Kastell war<br />

es Teil des östlichen Limes, 25 Kilometer südlich<br />

des Euphrat gelegen. Mit fünf zum Teil noch hoch<br />

man in vielen Ländern nur, wenn gleichzeitig<br />

Res taurierungen durchgeführt werden«, beschreibt<br />

Dorothée Sack den Rahmen der archäologischen<br />

Arbeit auch in Syrien. Untersuchungen und Restaurierungen<br />

werden in einen größeren Kontext eingebettet,<br />

die lokale Bevölkerung wird in die Arbeiten<br />

mit einbezogen, und die Entwicklung eines Konzeptes<br />

zur touristischen Erschließung gehört auch dazu<br />

Team: D. Sack (Leitung),<br />

K. Brenndörfer, B. Beckers,<br />

M. Gussone, C. Hof, T. Horn,<br />

Ch. Konrad, D. Kurapkat,<br />

A. Mollenhauer, M. Müller-<br />

Wiener, I. Oberhollenzer,<br />

A. Salman, A. Schuhmann,<br />

U. Siegel.<br />

Sergiupolis<br />

Das Grab eines christlichen<br />

römischen Offiziers<br />

namens Sergios war Ziel<br />

einer Wallfahrt geworden –<br />

so entwickelte sich Resafa,<br />

das auch Sergiupolis<br />

genannt wurde, im 5. und<br />

6. Jahrhundert zu einer der<br />

wichtigsten christlichen<br />

Pilgerstätten des östlichen<br />

Mittelmeerraumes. Nach<br />

seiner Ansiedlung um 724<br />

ließ der umaiyadische Kalif<br />

Hisham b. Abd al-Malik in<br />

anstehenden christlichen Kirchen, einer monumentalen<br />

Stadtmauer, mehreren großen Zisternen,<br />

der Großen Moschee und der Kalifenresidenz im<br />

Umland ist sie eine der bedeutendsten Ruinenstätten<br />

Syriens.<br />

Dorothée Sack, Professorin für Historische Bauforschung<br />

an der Technischen Universität Berlin<br />

(TU), arbeitet mit Unterbrechungen seit 30 Jahren in<br />

Resafa – von Anfang an in Kooperation mit dem DAI.<br />

Im Jahre 2002 wurde darauf aufbauend ein Kooperationsvertrag<br />

zwischen der TU und dem DAI geschlossen,<br />

in dessen Rahmen 2006 der Bauforscherin die<br />

Grabungsleitung in Resafa übertragen wurde.<br />

Die Arbeitsweisen der Historischen Baufor-<br />

– alles in allem die ganzheitliche Betrachtung von<br />

Stadt und Umland als zusammenhängender Siedlungsraum.<br />

Und genau als das wird Resafa »intra<br />

und extra muros« auf einer ‚archäologischen Karte’<br />

dargestellt, in welche Daten einfließen, die mit einer<br />

Vielzahl von Methoden erhoben wurden – eingeschlossen<br />

geophysikalische Prospektionen und digitale<br />

Geländeaufnahmen. »Anhand dieser Karte<br />

können wir veranschaulichen, wie die Stadt in der<br />

Spätantike aussah und wie sich ihr Aussehen und<br />

das des Umlandes mit der Ansiedlung des Kalifen<br />

veränderte«, erklärt Dorothée Sack. »Wir können also<br />

nachvollziehen, wie aus dem christlich geprägten<br />

Pilgerort über einen langen Zeitraum eine islamisch<br />

Die Architektin und<br />

Bauforscherin,<br />

Prof. Dr.-Ing. Dorothée Sack<br />

leitet das Fachgebiet<br />

Historische Bauforschung<br />

und das Masterstudium<br />

Denkmapflege<br />

der TU Berlin<br />

unmittelbarer Nachbarschaft<br />

der Basilika, in der<br />

die Gebeine des Sergios<br />

aufbewahrt wurden, eine<br />

Große Moschee errichten.<br />

Beide Gotteshäuser wurden<br />

gleichzeitig genutzt und das<br />

so lange, bis Resafa in Folge<br />

der Mongoleneinfälle 1269<br />

aufgegeben wurde.<br />

schung wurzeln in der Archäologie, die materiellen<br />

Zeugnisse kultureller Prozesse stehen dabei im<br />

Mittel punkt der Forschung. Dies bedeutet in einem<br />

archäologischen Kontext aber nicht nur Untersuchung,<br />

Dokumentation und Analyse von Gebäuden,<br />

sondern auch ihre wissenschaftliche Rekonstruktion<br />

– als Zeichnung oder 3D-Modell sowie bisweilen<br />

sogar als partielle Wiederherstellung historischer<br />

Baustrukturen. »Eine Arbeitserlaubnis bekommt<br />

geprägte Stadt wurde.« »Wir«, das sind kooperierende<br />

Kollegen, wissenschaftliche Mitarbeiter und<br />

auch Studierende – sowohl deutsche als auch syrische<br />

– des Masterstudiums Denkmalpflege der TU,<br />

die immer wieder in Resafa arbeiten. Zudem entstehen<br />

im Rahmen der jetzigen Forschungen sieben<br />

Dissertationen sowie drei große Forschungsarbeiten,<br />

deren Ergebnisse auch in der Resafa-Publikationsreihe<br />

des DAI vorgelegt werden.<br />

48 Kooperationen Kooperationen 49


Die Stadt Resafa. Luftbild<br />

von Nordosten. In der<br />

Südostecke ist der Komplex<br />

von Basilika A und Großer<br />

Moschee zu erkennen.<br />

Südlich vor der Stadtmauer<br />

liegt das Dorf, das sich<br />

seit Beginn der Grabungen<br />

in den 1950er Jahren<br />

entwickelt hat. Im Hintergrund<br />

sind die künstlich<br />

bewässerten Felder<br />

im Wadi zu sehen.<br />

Basilika A. Blick aus<br />

dem südlichen Seitenschiff<br />

nach Nordosten. Aus<br />

statischen Gründen sind<br />

die Weitarkaden durch<br />

kleinere Doppelarkaden<br />

unterfangen<br />

Der ganzheitliche Blick erstreckt sich aber<br />

noch weit über die Zusammenarbeit verschiedener<br />

Disziplinen und die gemeinsame Ausbildung des<br />

wissenschaftlichen Nachwuchses hinaus. Im Lauf<br />

der Jahre ist im Umfeld der Grabung eine kleine<br />

Siedlung enstanden. »Dorf und Familie« heißen zusammengefasst<br />

die Arbeiten, die diesen Teil der<br />

jüngsten Entwicklung von Resafa beleuchten.<br />

Syrische und deutsche Wissenschaftler arbeiten<br />

schon lange zusammen in Resafa. »Genau so<br />

wichtig ist aber auch, dass die Grabungsarbeiter<br />

wissen, woran sie arbeiten«, sagt Dorothée Sack. Das<br />

befördert die Identifikation mit ›ihrer Ruine‹, die<br />

Akzeptanz der Forschungen und sichert die Nachhaltigkeit<br />

der archäologischen Arbeiten und der<br />

Schutzmaßnahmen an den historischen Gebäuden.<br />

So werden beispielsweise seit 2008 Sicherungskonstruktionen<br />

für die Basilika A in Absprache mit der<br />

Direction Générale des Antiquités et des Musées de<br />

la Syrie (DGAMS) so geplant, dass sie mit einheimischen<br />

Arbeitern und mit vor Ort verfügbaren Materialien<br />

zu realisieren sind. Archäologie, Bauforschung<br />

und Restaurierungsmaßnahmen führen dazu, dass<br />

das Projekt ein sehr wichtiger Arbeitgeber in der Region<br />

wurde.<br />

Zentralbau. Blick von Westen<br />

auf eines der Eingangsportale.<br />

Im Hintergrund sind<br />

die Apsis und die Turmstümpfe<br />

zu sehen<br />

»Es ist gut, dass wir die Chance haben, dort zu<br />

arbeiten und die Zusammenarbeit ist hervorragend«,<br />

erklärt die Bauforscherin. Vertrauen und gearbeiten<br />

an der Reliquien-<br />

Basilika A. Konsolidierungsgenseitiges<br />

Verstehen wachsen in Jahrzehnten des kapelle des Heiligen Sergios<br />

gemeinsamen Arbeitens, wenn auch die Auswärtige mit traditionellen<br />

Kulturarbeit ein hoch komplexes Gebilde und<br />

Handwerks techniken und<br />

schwerem Gerät. Um die<br />

manchmal auch Schwerstarbeit ist. Dorothée Sack<br />

statische Sicherheit wieder<br />

lacht: »Wir sind die Diplomaten mit den dreckigen<br />

herzustellen musste ein<br />

Schuhen.« Die Grabungsleitung in Resafa geht nun<br />

Teil der eingestürzten Wand<br />

nach der Emeritierung von Dorothée Sack an Michaela<br />

Konrad von der Universität Bamberg. Die Re-<br />

Die Bearbeitung der Werk-<br />

rekonstruiert werden.<br />

staurierungsarbeiten setzt Dorothée Sack fort.<br />

steine erfolgte durch<br />

einheimische Handwerker.<br />

Publikationen:<br />

Jahrbücher des Masterstudiums Denkmalpflege der TU, Sonderheft 2004; seit Heft 3,<br />

2007 jährlich, fortlaufend. http://www.hbf-msd.tu-berlin.de/menue/publikationen/sonderdrucke/<br />

Finanzierung<br />

<strong>Deutsches</strong> <strong>Archäologisches</strong> <strong>Institut</strong> (DAI); Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG); Fritz<br />

Thyssen Stiftung; TOPOI; Auswärtiges Amt, Kulturerhalt-Programm; Technische Universität<br />

Berlin.<br />

Kooperationen<br />

Direction Générale des Antiquités et des Musées de la Syrie (DGAMS), Universität der<br />

Bundeswehr München, Geodätasches Labor; Freie Universität Berlin, <strong>Institut</strong> für Geographische<br />

Wissenschaften; Becker Archaeological Prospection, Beuerberg; Hochschule<br />

Karlsruhe Technik und Wirtschaft (HsKA), <strong>Institut</strong> für Geomatik (IfG)<br />

50 Kooperationen Kooperationen 51


Im Porträt<br />

Mensch, Tier, Pflanze<br />

Skelett eines Urs<br />

Es diente dem deutschen<br />

Naturforscher Ludwig<br />

Heinrich Bojanus im Jahre<br />

1827 als Grundlage für<br />

seine Beschreibung des im<br />

Mittelalter ausgestorbenen<br />

Urs, Bos primigenius.<br />

Die archäozoologische<br />

Untersuchung konnte<br />

zeigen, dass es ein<br />

außergewöhnlich großes<br />

männliches Tier war, und<br />

durch mehrere Radiokarbon-Datierungen<br />

ließ<br />

sich das geologische Alter<br />

des Tieres auf die Zeit<br />

zwischen 9300 und 9 100 v.<br />

Chr. eingegrenzen.<br />

Es ist damit der älteste<br />

naturgeschichtliche Beleg<br />

für das Vorkommen des<br />

Urs im Alt-Holozän<br />

Mittel deutschlands.<br />

Das Naturwissenschaftliche Referat des DAI Es<br />

sind nicht nur die Scherben und steinernen Ruinen,<br />

menschliche Artefakte also, die eine Rolle spielen,<br />

wenn es darum geht, Aufschluss über die Lebensweise<br />

der Menschen in alten Kulturen zu erhalten.<br />

Samen, Pollen oder Holz, dem ungeübten Auge oft<br />

verborgen, oder spektakuläre Funde wie Hirschgeweihe<br />

und Pferdeskelette verraten viel darüber, wie<br />

Menschen in alten Kulturen in ihrer Umwelt gelebt<br />

haben. Überreste von Pflanzen und Tieren sowie<br />

menschliche Skelette sind die Forschungsobjekte<br />

der Naturwissenschaftler im Deutschen Archäologischen<br />

<strong>Institut</strong>.<br />

1992 wurde das Naturwissenschaftliche Referat<br />

gegründet, Archäobotanik, Archäozoologie, Dendrochronologie<br />

und Prähistorische Anthropologie<br />

sind Wissenschaft und Handwerkszeug der Mitarbeiter.<br />

»Wir verstehen uns als Service-Einrichtung<br />

für die Grabungsaktivitäten aller Abteilungen und<br />

Kommissionen des DAI«, sagt Referatsleiter Norbert<br />

Benecke. »Aber wir verfolgen auch eigene Forschungsprojekte<br />

zu archäonaturwissenschaftlichen<br />

Themen.«<br />

Dendrochronologische<br />

Untersuchung<br />

Arbil zählt zu den ältesten<br />

durchgehend besiedelten<br />

Städten der Welt. Das Alter der<br />

Stadt wird auf mehr als 4 300<br />

Jahre geschätzt. Heute ist sie<br />

die Hauptstadt des gleichnamigen<br />

irakischen Gouvernements<br />

und Sitz der Regierung<br />

der Autonomen Region<br />

Kurdistan. Die Zitadelle<br />

wurde vielfach überbaut.<br />

Einige der Gebäude dürften<br />

überwiegend in das 19. und<br />

den Anfang des 20. Jahrhunderts<br />

datieren. Als Bauholz<br />

wurde vorwiegend Pappelholz<br />

verwendet.<br />

Rosinen<br />

Heute ist die Wüstengegend<br />

um Aqaba in Südjordanien<br />

ausgesprochen trocken.<br />

Doch Ausgrabungen auf dem<br />

spätkupferzeitlichen Siedlungshügel<br />

Hujayrat<br />

al-Ghuzlan zeigten, dass hier<br />

verschiedene Kulturpflanzen<br />

angebaut wurden – auch<br />

solche, die viel Wasser<br />

benötigen wie Nacktweizen<br />

und Flachs. Aber besonders<br />

interessant ist der Fund<br />

eines Gefäßes mit mehreren<br />

Tausend verkohlten Traubenkernen:<br />

Es sind die Kerne<br />

von kultiviertem Wein, und<br />

sie stammen aus der Zeit<br />

zwischen 3 800 und 3 600<br />

v. Chr. Anhand dieses Fundes<br />

konnten die Archäobotaniker<br />

den ältesten gesicherten<br />

Nachweis für den Anbau von<br />

Weinreben liefern.<br />

Reiternomaden<br />

Knochen und Zähne sind<br />

das, was vom Menschen übrig<br />

bleibt. Wenn die Untersuchung<br />

der Zähne – wie hier –<br />

ausgeprägte Parodontitis,<br />

Zahnstein und eine geringe<br />

Zahnab nutzung zeugt,<br />

deutet dies zusammen mit<br />

den Ergeb nissen der anthropologischen<br />

Untersuchungen<br />

der Skelette auf die nomadische<br />

Lebensweise von<br />

Jägern und Sammlern hin.<br />

52 Arbeitsbereiche Arbeitsbereiche 53


Wie alt ein Haus ist, kann man nicht nur anhand<br />

von Baustil oder Mauerwerk ermitteln. Die<br />

Dendrochronologie, die sich mit der Datierung der<br />

Jahrringfolgen von Hölzern befasst, kann darüber<br />

ebenso Auskunft geben, wenn Holz als Baumaterial<br />

verwendet wurde. Die Dendrodaten können aber<br />

noch viel mehr. Sie können Auskunft geben über<br />

weit zurückliegende Klimaveränderungen, denn anhand<br />

ihrer Jahresringe lassen sich Wachstumsbedingungen<br />

von Bäumen ablesen. Hat man genügend<br />

lange Messreihen zur Verfügung, kann man die Klimageschichte<br />

ganzer Regionen rekonstruieren.<br />

Und anhand der Überreste von Pflanzen in unterschiedlicher<br />

Form – seien es Pollen und Sporen<br />

oder botanische Makroreste wie Samen, Früchte<br />

oder Holz – kann die Archäobotanik sowohl die Vegetationsgeschichte<br />

einer Region wie auch die Geschichte<br />

der Menschen in ihrer Umwelt ermitteln.<br />

Die Verbreitung wilder und kultivierter Pflanzen<br />

gibt Aufschluss über die Ernährung, Funde von<br />

Pflanzen, die nicht aus der Region stammen können,<br />

lassen Schlussfolgerungen über die frühen<br />

Handelswege zu.<br />

Die Domestikation von Tieren markiert einen<br />

revolutionären Schritt in der Menschheitsgeschichte,<br />

detaillierte Kenntnisse dieser Entwicklung können<br />

Aufschluss geben über Siedlungsarten, Migrationswege<br />

und Transformationsprozesse. Also wann<br />

haben Menschen begonnen, Pferde, Schafe oder<br />

Schweine gezielt zu züchten?<br />

Die Beziehungen zwischen Mensch und Tier in<br />

den verschiedenen Perioden der Vor- und Frühgeschichte<br />

sind das Feld der Archäozoologie. Bei vielen<br />

archäologischen Ausgrabungen tritt eine große<br />

Menge Tierreste zutage wie Knochen, Zähne und<br />

Geweihe oder auch Schalen von Schnecken und Muscheln.<br />

Sie können durch die Art der Nutzung von<br />

Tieren etwas über die Wirtschaftsweise der Menschen<br />

verraten. Dienten die Tiere direkt oder indirekt<br />

als Nahrung, wurden ihre Felle zu Kleidung verarbeitet<br />

oder waren sie Mittel zum Transport? Und<br />

welche Rückschlüsse kann man ziehen, wenn man<br />

Überreste von Tieren in Gräbern oder auf Opferplätzen<br />

findet?<br />

Bleibt die Untersuchung der Menschen selbst.<br />

Die Prähistorische Anthropologie erarbeitet Hinweise<br />

darauf, wie der Mensch selbst beschaffen war.<br />

Durch Untersuchungen all dessen, was nach langer<br />

Zeit vom Menschen bleibt – Knochen und Zähne –,<br />

können die Forscher vieles über seine Lebensweise,<br />

seinen Körperbau, seine Ernährungsgewohnheiten<br />

und auch über seine Krankheiten herausfinden.<br />

In der Zusammenschau ergibt sich ein Bild davon,<br />

wie der antike Mensch auf seine natürliche Umgebung<br />

eingewirkt hat und welche Auswirkungen<br />

die Umwelt auf menschliches Tun hatte.<br />

Prof. Dr. Norbert Benecke,<br />

Archäozoologie, leitet das<br />

Naturwissenschaftliche<br />

Referat<br />

Dr. Julia Gresky vertritt<br />

die Prähistorische<br />

Anthropologie<br />

Dr. Karl-Uwe Heußner ist<br />

Experte für Dendrochronologie<br />

Dr. Reinder Neef vertritt<br />

die Archäobotanik<br />

54 Arbeitsbereiche Arbeitsbereiche 55


Panorama<br />

Mythos Olympia – Kult und Spiele<br />

Ausstellung im<br />

Martin-Gropius-Bau,<br />

Berlin<br />

31. August 2012<br />

bis 7. Januar 2013<br />

Alle vier Jahre traf sich die griechische Welt zu<br />

friedlichem Wettstreit. Beim Heiligtum des Zeus in<br />

Olympia, einer kleinen Stadt auf der Peloponnes,<br />

wurden als heilige Kulthandlung die Sportwettkämpfe<br />

ausgetragen, die so berühmt und so ruhmreich<br />

waren, dass bis heute bei der Zählung der Spiele<br />

das Zeitalter genannt wird: 2012 fanden die<br />

30. Olympischen Spiele »der Neuzeit« statt.<br />

Um 1 000 v. Chr. wurde die Kultstätte gegründet,<br />

1 500 Jahre blühte sie, Pilger brachten Weihegaben<br />

mit Darstellungen von Mensch und Tier in großer<br />

Zahl. Der skulpturengeschmückte Tempel des<br />

Zeus aus klassischer Zeit zählte zu den sieben Weltwundern,<br />

bis der christliche Kaiser Theodosius ihn<br />

426 zerstören ließ.<br />

Das Deutsche Archäologische <strong>Institut</strong> war bei<br />

den Ausgrabungen des antiken Olympia fast von Anfang<br />

an dabei. 1875 begann die systematische Freilegung<br />

weiter Bereiche des Heiligtums, inzwischen<br />

ist der größte Teil freigelegt worden. Bis 1881 dauerte<br />

das erste Vorhaben – die erste Großgrabung übrigens,<br />

die auf der Grundlage eines bilateralen Vertrages<br />

durchgeführt wurde. Der Geograf und Historiker<br />

Pausanias (2. Jh. n. Chr.) machte es den Ausgräbern<br />

leicht. Seine ausführliche Beschreibung Olympias<br />

ermöglichte die Identifizierung fast aller ausgegrabenen<br />

baulichen Reste. Die wurden in einem Museum<br />

am Rande der Ausgrabungsstätte untergebracht.<br />

56 Panorama Panorama 57


Das Museum, das Olympia in Berlin im Jahre<br />

2012 lebendig werden lässt, ist der Martin-Gropius-<br />

Bau. Die Ausstellung wird veranstaltet von den Berliner<br />

Festspielen und erfährt maßgebliche Unterstützung<br />

durch das Griechische Kulturministerium und<br />

die Griechische Kulturstiftung. Die Idee zu der Schau<br />

hat der Altpräsident des DAI Hans-Joachim Gehrke<br />

entwickelt. Er hat sich darin sehr schnell mit dem<br />

Direktor der Griechischen Kulturstiftung zu Berlin<br />

Elefterios Ikonomou und dem ehemaligen Direktor<br />

der Antikensammlung zu Berlin Wolf-Dieter Heilmeyer<br />

getroffen. Das DAI als Partner war auch in der<br />

Person von Susanne Bocher in besonderem Maße in<br />

die Kuratierung der Ausstellung eingebunden.<br />

Über 500 einzigartige Exponate aus Griechenland<br />

sind zu sehen. Dazu kommen Leihgaben aus<br />

dem Vatikan, von der Stiftung Preußischer Kulturbesitz,<br />

aus Paris, Rom, Dresden und München.<br />

In drei Abschnitten werden das Heiligtum mit<br />

den wertvollsten Grabungsfunden, die antiken<br />

Spiele und außerdem die Ausgrabungsgeschichte<br />

Olympias präsentiert. Im Lichthof des Gropiusbaus<br />

können die Besucher sich in die antike Szenerie hineinversetzen.<br />

Dort sind die Rekonstruktionen der<br />

beiden Giebel des Zeustempels, jeder etwa 30 Meter<br />

lang, als Mittelpunkt der Ausstellung aufgestellt.<br />

Ermöglicht wurde die Ausstellung durch<br />

eine Förderung des Hauptstadtkulturfonds und des<br />

Kulturfonds des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes.<br />

Die John S. Latsis Public Benefit Foundation Athen und die<br />

The A.G. Leventis Foundation fördern die Ausstellung.
Partner<br />

der Griechischen Kulturstiftung Berlin: <strong>Archäologisches</strong><br />

Nationalmuseum Athen, <strong>Archäologisches</strong> Museum Olympia,<br />

Numismatisches Museum Athen, Antikensammlung<br />

der Staatlichen Museen zu Berlin. Ermöglicht durch den<br />

Hauptstadtkulturfonds.<br />

Partner Wall, VBKI, visit Berlin, Mandala Hotel,<br />

Yorck Kinogruppe<br />

Schirmherrschaft Karolos Papoulias, Staatspräsident der<br />

Hellenischen Republik
Joachim Gauck, Bundespräsident<br />

der Bundesrepublik Deutschland<br />

Katalog
Mythos Olympia – Kult und Spiele
Prestel Verlag<br />

München
Museumsausgabe:<br />

Deutsch, Softcover, ¤ 25,00
<br />

Buchhandelsausgabe:<br />

Deutsch, Hardcover
¤ 49,95 (ISBN 978-3-7913-5212-1)
<br />

Herausgegeben von Hans-Joachim Gehrke, Wolf-Dieter<br />

Heilmeyer, Nikolaos Kaltsas, Georgia E. Hatzi und<br />

Susanne Bocher.<br />

58 Panorama Panorama 59


Impressum<br />

1. Jahrgang/2–2012<br />

Herausgeber<br />

<strong>Deutsches</strong> <strong>Archäologisches</strong> <strong>Institut</strong><br />

Konzept, Text und Redaktion<br />

Susanne Weiss<br />

weiss@wortwandel.de<br />

www.wortwandel.de<br />

Bildnachweis<br />

1, 2, 15, 21, 22, 23 DAI;<br />

6, DAI Athen;<br />

18,19, DAI RGK; 25, DAI<br />

Architekturreferat/<br />

Google;<br />

26, 27, DAI<br />

Architekturreferat;<br />

37, DAI Rom;<br />

39, DAI Kairo;<br />

42, DAI Wolf;<br />

49 o. Spiegel;<br />

49 u., 50 re., 51 re.,<br />

Gussone;<br />

50 li., Stephani;<br />

51 li., D. Sack;<br />

53, 54, 55 DAI<br />

Naturwissenschaftliches<br />

Referat;<br />

56 u. 57 © Jansch;<br />

58 u. 59 DAI<br />

Gestalterisches Konzept,<br />

Layout und Satz<br />

HeilmeyerundSernau Gestaltung<br />

www.heilmeyerundsernau.com<br />

Druck<br />

H. Heenemann GmbH & Co. KG<br />

Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin<br />

www.heenemann-druck.de<br />

Vertrieb<br />

<strong>Deutsches</strong> <strong>Archäologisches</strong> <strong>Institut</strong><br />

Presse- und Öffentlichkeitsarbeit<br />

Nicole Kehrer<br />

Podbielskiallee 69–71<br />

14195 Berlin<br />

presse@dainst.de<br />

www.dainst.org<br />

60 Impressum


I S S N 2 1 9 4 - 9 1 6 6<br />

DAIweltweit 0 2

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