Klaus-Jörg Schönmetzler / Ausstellungseröffnung Klosterkirche ...
Klaus-Jörg Schönmetzler / Ausstellungseröffnung Klosterkirche ...
Klaus-Jörg Schönmetzler / Ausstellungseröffnung Klosterkirche ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
den dreißiger bis fünfziger Jahren (ich habe die Künstlerin dazu befragt: es sind<br />
tatsächlich Schnappschüsse der eigenen Verwandtschaft). Abbilder mithin, die<br />
jäh etwas Persönliches, Privates in die Gemälde tragen, um es dann auf der<br />
Stelle wieder zurückzunehmen, es als historisch distanziert kenntlich zu machen.<br />
Soweit, verehrte Besucher, der Bestand all dessen, was jeder, der ein bisschen<br />
hinsieht, hier in dieser Ausstellung tatsächlich finden und in seiner Funktion<br />
bewerten kann. Aber was machen wir daraus?<br />
Ich habe diese Frage gestern Vormittag gerade so Alessia von Mallinckrodt<br />
gestellt. Sie hat mir die Antwort darauf schlicht verweigert und sich auf’s<br />
neutrale Feld des graphisch Experimentellen zurückgezogen. Was ich ihr, ganz<br />
ehrlich gesagt, nicht glaubte, und ihr das auch sagte. Worauf sie mir zumindest<br />
nicht widersprach.<br />
Aber dann sagte und zeigte sie mir doch etwas Wunderbares, etwas viel<br />
Erklärendes. Sie deutete hinauf zu diesem Kirchenfenster da oben, wo man<br />
hinter dem Glas und den Rastern der Fenstergitter die Zweige eines kahlen<br />
Baumes im Gegenlicht der Sonne tanzen sah. - So etwas, das möchte sie mit<br />
ihren Bildern gerne zeigen. Etwas, das tagtäglich jeder sieht, das aber keinem<br />
mehr auffällt. Dieses grenzenlose Licht mit der bewegten Silhouette des<br />
Baumes. Diesen Moment von Weite und von Freiheit hinter der Wand, dem<br />
Fenster und dem Raster der Gitter.<br />
Nun, verehrte Damen und Herren, vielleicht sollten wir es tatsächlich dabei<br />
belassen. Es ist viel genug. Und soll ja keinen unter Ihnen hindern, sich das<br />
andere, was diese scheinbar kargen Bilder an Reichtum, auch an bitterem<br />
Reichtum bieten, für sich selber aufzusuchen. Wobei es mir dann offen<br />
gestanden völlig egal ist, welches dieser Bilder nun in Alessia von Mallinckrodts<br />
zweiter künstlerischer Heimat in den USA und welches hier im Chiemgau<br />
ersonnen wurde. Die Gitter vor unseren Augen und die Gitter vor unserem<br />
Herzen und die mögliche Freiheit der Bäume und des Lichts dahinter sind sich<br />
hier und dort nämlich verteufelt ähnlich.<br />
Nur eins muss man vielleicht zum Schluss erklären: Warum diese Ausstellung<br />
ausgerechnet „A-frame“ heißt. Da denkt man hierzulande allenfalls an die<br />
gleichnamigen Skifahrer-Brillen. Aber gemeint ist ein Begriff der<br />
amerikanischen Architektur. Nämlich ein Haus, dessen Satteldach links und<br />
rechts bis zum Boden reicht, so dass sich der gesamte Wohnbereich, also das<br />
Erdgeschoss sowie ein ungewöhnlich hoher erster Stock nach Art des<br />
Großbuchstabens A vollständig in das Raster dieses Daches und des<br />
Zwischenbodens zwängen. Was einerseits das auf den ersten Blick<br />
verwirrendste, weil scheinbar aus der Reihe fallende Blatt dieser Ausstellung<br />
mit einem schlichten großen A erklärt. Und andererseits die heimliche,<br />
verborgene Bedeutung all der Bilder zumindest ein bisschen virulenter macht.<br />
Mehr sag’ ich nicht dazu. Das war’s. Ich danke Ihnen.