AP073(2005) J. Klopfer: Europäische Friedensordnung - DSS

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40 mehr eingegrenzte Verteidigung mit dem Grundgesetz in Übereinstimmung gebracht werden. Nach meiner Auffassung handelt es sich hier um eine inhaltliche Veränderung des Art. 87a GG. Ein zweiter Anlaß zum kritischen Hinterfragen ist die „politische Bereitschaft und die Fähigkeit, Freiheit und Menschenrechte, Stabilität und Sicherheit notfalls auch mit militärischen Mitteln durchzusetzen oder wiederherzustellen“ 5 . Wenn dann im Art. 3.28, wie auch an anderer Stelle das „Völkerrecht und insbesondere die Charta der VN“ als „Grundlage für das Handeln“ betont wird, kommen mir unwillkürlich der NATO-Überfall auf Jugoslawien und einige andere kriegerische Abenteuer unter Beteiligung der BRD in den Sinn. 6 Der Verteidigungsminister beruft sich darauf, daß der Irak-Krieg, „wie zuvor schon der Kosovo-Krieg, zu neuen Impulsen für die weitere Entwicklung der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik geführt“ habe. 7 Da sich die EU weder gegen Jugoslawien noch gegen den Irak verteidigen mußte, dürften die Impulse nur im Bereich der Verbesserung zur Führung von Angriffskriegen liegen. Drittens sind zumindest gegenwärtig Zweifel anzumelden, wenn in den VPR behauptet wird, daß Massenvernichtungswaffen „in Verbindung mit weitreichenden Trägermitteln“ 8 auch die Völker Europas bedrohen können. Analoges findet sich im EU-Dokument. In einem Stern-Interview sieht Außenminister Fischer durch die Nuklearisierung des Iran eine Bedrohung für Europa. 9 Das dürfte mit der Reichweite seiner derzeitigen Trägermittel dem Iran allerdings noch etwas schwerfallen. 10 Zweifellos stellt der globale Terrorismus gegenwärtig das größte Sicherheitsrisiko für die westliche Welt dar. Darauf wird sowohl in den VPR als auch in der EU-Sicherheitsstrategie mehrmals zu Recht Bezug genommen. Allerdings wurde der sogenannte Anti-Terror- Kampf wiederholt als Kriegsdrohung und Kriegsrechtfertigung mißbraucht. Allgemein bekannt ist die Tatsache, daß der Terrorismus mit militärischen Mitteln nicht zu bezwingen ist. Auf asymmetrische Bedrohungen wie Sprengstoffanschläge, Flugzeugentführungen sowie Angriffe mit biologischen oder chemischen Kampfstoffen kann man weder mit den Fregatten vom Typ Sachsen noch mit Militärtechnik wie dem Eurofighter erfolgreich reagieren. Diese 5 Ebenda, S. 22. 6 Siehe ebenda, S. 21 f. 7 15. Forum, Bundeswehr und Gesellschaft, www.NGO-online.de vom 12.11.2004. 8 Bundesministerium der Verteidigung, Verteidigungspolitische Richtlinien ..., a.a.O., S. 20 u. 24. 9 Siehe Stern vom 11.11.2004, S. 56. 10 Siehe Der Spiegel vom 13.09.2004.

Art der Bewaffnung läßt eindeutig auf eine andere Zweckbestimmung schließen. So heißt es in der EU-Sicherheitsstrategie, daß die „Globalisierung ein voll handlungsfähiges Europa erforderlich“ 11 macht. Demaskierend dürften in diesem Zusammenhang solche Aussagen wie die eines ehemaligen hohen Bundeswehroffiziers sein, der den künftigen Bundeswehr-Soldaten so charakterisierte: „Diesen Typus müssen wir uns wohl vorstellen als einen Kolonialkrieger, der fern der Heimat bei dieser Existenz in Gefahr steht, nach eigenen Gesetzen zu handeln ... Eine neue Zeit in der Militärstrategie und Taktik verlangt natürlich einen Soldatentypen sui generis: Der Staatsbürger in Uniform ... hat ausgedient.“ 12 Die Verknappung der nicht erneuerbaren Rohstoffe und der damit verbundene Konkurrenzkampf tragen potentiell den Keim des Krieges in sich. Bestätigt wird das durch die militärische Kopflastigkeit der EU-Verfassung. Die weitgehende Kongruenz der VPR mit dem EU-Militärprogramm ordnet die BRD dort ein. So beschwört Struck den „Schutz der Energie- und Rohstoffversorgung“ als legitimes europäisches Interesse, welches ein „gemeinsames internationales Handeln der europäischen Staaten erfordern“ 13 könne. Im Zusammenhang mit anderen Äußerungen wird deutlich, daß es sich bei den materiellen Interessen vorrangig um den freien Zugang zu Ressourcen und Märkten, bei den ideellen Verpflichtungen um Verträge handelt. Erfahrungsgemäß diktiert die der Stärkere, denn die neue Weltordnung kennt keine Gleichberechtigung. Der Zugang zu Rohstoffen und Märkten, auch unter Anwendung militärischer Gewalt, hat bei allen schönen Umschreibungen o- berste Priorität. „Auch die Globalisierung macht ein voll handlungsfähiges Europa erforderlich“, heißt es dazu in den VPR. 14 Nicht zu Unrecht bezeichnet die Kölner Soziologin M. Mies den Terrorismus als optimalen Feind in einem globalisierten Kriegssystem. 15 Die wiederholt betonte multinationale Zusammenarbeit und die Bündnistreue binden die VPR in die in Rom beschlossene Sicherheitsstrategie der EU ein. Das heißt, sie sind ein Teil der EU-Strategie-Kultur, die dazu dienen soll, frühzeitig, rasch und robust eingreifen und mehrere gleichzeitige Operationen 41 11 Bundesministerium der Verteidigung, Verteidigungspolitische Richtlinien ..., a.a.O., S. 22. 12 J. Rose, Auszeit fürs Hirn, in Freitag vom 03.12.2004. 13 15. Forum Bundeswehr ..., a.a.O. 14 Bundesministerium der Verteidigung, Verteidigungspolitische Richtlinien ..., a.a.O., S. 22. 15 Siehe M. Mies, Krieg ohne Grenzen, PapyRossa Verlag 2004, S. 12.

Art der Bewaffnung läßt eindeutig auf eine andere Zweckbestimmung schließen.<br />

So heißt es in der EU-Sicherheitsstrategie, daß die „Globalisierung ein<br />

voll handlungsfähiges Europa erforderlich“ 11 macht.<br />

Demaskierend dürften in diesem Zusammenhang solche Aussagen wie die eines<br />

ehemaligen hohen Bundeswehroffiziers sein, der den künftigen Bundeswehr-Soldaten<br />

so charakterisierte: „Diesen Typus müssen wir uns wohl vorstellen<br />

als einen Kolonialkrieger, der fern der Heimat bei dieser Existenz in<br />

Gefahr steht, nach eigenen Gesetzen zu handeln ... Eine neue Zeit in der Militärstrategie<br />

und Taktik verlangt natürlich einen Soldatentypen sui generis: Der<br />

Staatsbürger in Uniform ... hat ausgedient.“ 12<br />

Die Verknappung der nicht erneuerbaren Rohstoffe und der damit verbundene<br />

Konkurrenzkampf tragen potentiell den Keim des Krieges in sich. Bestätigt<br />

wird das durch die militärische Kopflastigkeit der EU-Verfassung. Die<br />

weitgehende Kongruenz der VPR mit dem EU-Militärprogramm ordnet die<br />

BRD dort ein. So beschwört Struck den „Schutz der Energie- und Rohstoffversorgung“<br />

als legitimes europäisches Interesse, welches ein „gemeinsames<br />

internationales Handeln der europäischen Staaten erfordern“ 13 könne.<br />

Im Zusammenhang mit anderen Äußerungen wird deutlich, daß es sich bei<br />

den materiellen Interessen vorrangig um den freien Zugang zu Ressourcen<br />

und Märkten, bei den ideellen Verpflichtungen um Verträge handelt. Erfahrungsgemäß<br />

diktiert die der Stärkere, denn die neue Weltordnung kennt keine<br />

Gleichberechtigung. Der Zugang zu Rohstoffen und Märkten, auch unter<br />

Anwendung militärischer Gewalt, hat bei allen schönen Umschreibungen o-<br />

berste Priorität. „Auch die Globalisierung macht ein voll handlungsfähiges<br />

Europa erforderlich“, heißt es dazu in den VPR. 14 Nicht zu Unrecht bezeichnet<br />

die Kölner Soziologin M. Mies den Terrorismus als optimalen Feind in<br />

einem globalisierten Kriegssystem. 15<br />

Die wiederholt betonte multinationale Zusammenarbeit und die Bündnistreue<br />

binden die VPR in die in Rom beschlossene Sicherheitsstrategie der EU ein.<br />

Das heißt, sie sind ein Teil der EU-Strategie-Kultur, die dazu dienen soll,<br />

frühzeitig, rasch und robust eingreifen und mehrere gleichzeitige Operationen<br />

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11 Bundesministerium der Verteidigung, Verteidigungspolitische Richtlinien ..., a.a.O., S. 22.<br />

12 J. Rose, Auszeit fürs Hirn, in Freitag vom 03.12.2004.<br />

13 15. Forum Bundeswehr ..., a.a.O.<br />

14 Bundesministerium der Verteidigung, Verteidigungspolitische Richtlinien ..., a.a.O., S. 22.<br />

15 Siehe M. Mies, Krieg ohne Grenzen, PapyRossa Verlag 2004, S. 12.

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