AP073(2005) J. Klopfer: Europäische Friedensordnung - DSS
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Kampfhandlungen, sondern in der deutlichen Bereitschaft (disposition) dazu<br />
in der Zeit, in der man sich des Gegenteils nicht sicher sein kann.“ 4<br />
In unserer Zeit hat D. Senghaas für den fragilen Frieden den Begriff organisierte<br />
Friedlosigkeit geprägt, die gesellschaftlich-strukturell bedingt ist. Mit diesem<br />
Begriff aus der Zeit des Kalten Krieges wird die militärische Hochrüstung mit<br />
dem der Abschreckung in Beziehung gesetzt. Damit läßt sich auch nach dem<br />
Ende des Kalten Krieges die innere Verfaßtheit der westlichen Gesellschaften<br />
charakterisieren. Nur ist der Begriff der Abschreckung durch andere Ideologeme,<br />
wie friedensschaffend, humanitär und präventiv zu ersetzen. Geblieben,<br />
ja noch deutlicher hervorgetreten, ist die kapitalistische Struktur der modernen<br />
westlichen Gesellschaft, die in der neoliberalen Ideologie eine neue<br />
Form wirtschaftsimperialistischer Strategien übernommen hat.<br />
Zum Verhältnis Wirtschaftsimperialismus und Krieg hat bereits E. Bloch<br />
grundsätzlich ausgeführt: „Der moderne Krieg kommt aus dem kapitalistischen<br />
Frieden und trägt dessen schreckliche Züge. Kampf um Absatzmärkte,<br />
Konkurrenzkampf mit allen Mitteln sind dem Kapital eingeschrieben, so kann<br />
es keinen ewigen Frieden halten, so bilden die Imperialismen die Explosionssphäre<br />
eines dauernden Vorkrieges.“ 5<br />
Kann aus der <strong>Europäische</strong>n Union eine europäische<br />
<strong>Friedensordnung</strong> erwachsen?<br />
Dem Begriff einer internationalen <strong>Friedensordnung</strong> liegt die Idee des positiven<br />
Friedens zugrunde. Notwendigerweise müssen ihr zwei Bedingungen vorausgehen:<br />
Zum einen müssen alle Kriegshandlungen eingestellt werden, zum<br />
anderen muß weiter die Forderung nach allgemeiner, kontrollierter Abrüstung<br />
erfüllt sein.<br />
Zwar findet sich in dem Entwurf der Verfassung für Europa bereits in der<br />
Präambel das Bekenntnis, „auf Frieden, Gerechtigkeit und Solidarität in der<br />
Welt hinzuwirken“, 6 und es wird als oberstes Ziel der Union deklariert, „den<br />
Frieden, ihre Werte und das Wohlergehen ihrer Völker zu fördern“ (Art.<br />
I 3,1). Doch lassen die näheren inhaltlichen Ausführungen des Verfassungsentwurfs<br />
keinen Zweifel daran, daß diese Friedensverpflichtung kaum mehr<br />
als ein formales Bekenntnis ist. Denn in den Bestimmungen zur gemeinsamen<br />
Sicherheits- und Verteidigungspolitik heißt es dann: „Die Mitgliedsstaaten<br />
4 T. Hobbes, Leviathan, Hrsg. I. Fetscher, Frankfurt a.M. 1984, S. 96.<br />
5 E. Bloch, Das Prinzip Hoffnung, Bd. 2, Frankfurt a.M. 1979, S. 1049.<br />
6 Entwurf. Vertrag über eine Verfassung für Europa, Präambel, S. 5.