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AP073(2005) J. Klopfer: Europäische Friedensordnung - DSS

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Bereits J.-J. Rousseau (1712-1778) hat schwerwiegende Bedenken gegen das<br />

Repräsentationssystem erhoben. Aus den Erfahrungen der Glorious Revolution<br />

Englands des 17. Jahrhunderts, die die Errichtung des repräsentativen Parlaments<br />

gegen König und Hochadel anstrebte, kann für ihn die Souveränität<br />

des Volkes als eines Gemeinschaftswesens nur durch sich selbst dargestellt<br />

werden. 3<br />

Die Parteiendemokratie hat, wie wir aus der Geschichte der Bundesrepublik<br />

wissen, ein politisches Eigenleben entwickelt. Es ist außerparlamentarischen<br />

Einflüssen, insbesondere der Wirtschaftsverbände, ausgesetzt und entfernt<br />

sich immer mehr von der ursprünglich angestrebten Repräsentation des Allgemeinwillens<br />

des Volkes. Das plebiszitäre Element wird von den etablierten<br />

Großparteien, deren Vertreter sich selbst als Elite verstehen und der Mehrheit<br />

der Bürger eine vernünftige Entscheidungsfindung in Einzelfragen nicht zutrauen,<br />

nicht akzeptiert. Die Arroganz der politisch Herrschenden und wirtschaftlich<br />

Mächtigen in der politischen Bevormundung der Bürgerinnen und<br />

Bürger entspricht deren vorsätzlicher Entpolitisierung. Wahlmüdigkeit und<br />

Rückzug ins Private - der allerdings auch noch andere Ursachen hat - sind die<br />

Folge.<br />

Die mangelnde politische Mitbestimmung der Bürger entläßt sie aus lebenswichtigen<br />

Entscheidungen des Gemeinwesens. Wenn heute in den politischen<br />

Absichtserklärungen von Frieden und Sicherheit die Rede ist, jedoch militärische<br />

Optionen gemeint sind, widerspricht diese Programmatik prinzipiell den<br />

Lebensinteressen der Menschen. Ein derartiger Frieden, der an den substantiellen<br />

Voraussetzungen seiner Verwirklichung vorbeigeht, ist ein negativer Frieden.<br />

Ein bloß negativer Frieden, der sich allein durch Kriegsabwesenheit auszeichnet,<br />

ist fragil. Der Friedenszustand ist zerbrechlich, strukturell ungesichert<br />

und schließt von vornherein die militärische Gewaltanwendung nicht aus. Ein<br />

derartiger Zustand, in dem militärisch aufgerüstet und kriegsleitende Interessen<br />

noch vorhanden oder jederzeit wiederbelebt werden können, umfaßt eine<br />

Zeit des Nicht-Krieges, eine Zeit, die der politische Philosoph T. Hobbes<br />

nicht anders als I. Kant noch dem Kriegszustand zurechnet.<br />

Es sei hier wegen der großen Bedeutung der Begriffsbestimmung des Krieges<br />

- auch für unsere Zeit - nochmals besonders auf T. Hobbes verwiesen. Für<br />

ihn liegt das Wesen des Krieges nicht in der unmittelbaren militärischen Gewaltausübung,<br />

sondern in der Disposition dazu. In seinem Leviathan (1651)<br />

schreibt er: „Das Wesen des Krieges besteht nicht in den tatsächlichen<br />

31<br />

3 Siehe ebenda.

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