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AP073(2005) J. Klopfer: Europäische Friedensordnung - DSS

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Heute ist Amerika nicht mehr wie vor 100 Jahren gegenüber dem reaktionären,<br />

kolonialistischen, von Altersfäulnis befallenen Europa der Repräsentant<br />

der bürgerlich-republikanischen Freiheit und des Fortschritts. In unserer Zeit<br />

hat sich das Verhältnis zwischen Amerika und Europa umgekehrt. Jetzt sind<br />

die Vereinigten Staaten von Amerika die reaktionärste Macht, die größte<br />

Bedrohung für Frieden und sozialen Fortschritt. Und sie benutzen ihre Macht<br />

auch dazu, die Entwicklung Europas als ihres Rivalen zu hemmen.<br />

Die Strategie der Schaffung eines globus americanus zu Fall zu bringen, wird<br />

damit zur entscheidenden Voraussetzung, um Kriege zu verhindern und den<br />

Frieden sicherer zu machen. Alles andere ist nachrangig. In diesen Zusammenhang<br />

sollten wir auch die europäische Integration und die Bestrebungen<br />

einordnen, die <strong>Europäische</strong> Union zu einer militärisch handlungsfähigen<br />

Macht zu formieren.<br />

Das Verhalten der wichtigsten EU-Staaten zur imperialistischen Dominanz<br />

der USA ist ambivalent. Warum sollten große Mächte, so fragt R. Rilling, ihre<br />

dauerhafte Ausschaltung aus dem Spiel um die Welthegemonie akzeptieren?<br />

Und er antwortet: „Sie erhalten dafür eine Dienstleistung: eine globale Sicherung<br />

der kapitalistischen Weltordnung, die sie selbst oder kooperativ nicht leisten<br />

können. Wahrhaft ein Big Deal.“ 17<br />

Das könnte man als eine gewisse Form von Ultraimperialismus ansehen. Dieser<br />

Gedanke war vor 90 Jahren einmal von Karl Kautsky erörtert worden. Er<br />

erwog die Möglichkeit, daß „die jetzige imperialistische Politik durch eine<br />

neue, ultraimperialistische verdrängt werde, die an Stelle des Kampfes der nationalen<br />

Finanzkapitale untereinander die gemeinsame Ausbeutung der Welt<br />

durch das international verbündete Finanzkapital setzte.“ 18<br />

Einem solchen Ultraimperialismus widerspricht meines Erachtens aber gerade<br />

die derzeitige Entwicklung der <strong>Europäische</strong>n Union. Maßgebende europäische<br />

Mitgliedsstaaten nehmen ihr dauerhaftes Ausschalten aus dem Ringen<br />

um die Welthegemonie nicht einfach hin. Sie wollen zwar die dauerhafte Sicherung<br />

eines globalisierten Kapitalismus. Das bindet sie an die einzige<br />

Weltmacht und zwingt sie zu einem bestimmten Grad von Solidarität in den<br />

von den USA eigenmächtig geführten Kriegen. Aber sie wollen nicht machtlose<br />

Vasallen in einem American Empire sein. In diesem Interessenkonflikt sind<br />

sie hin und her gerissen, und es liegen zwei unterschiedliche Strategien im<br />

Streit miteinander, wie Europa auf die amerikanische Herausforderung reagieren<br />

soll.<br />

25<br />

17 Ebenda.<br />

18 K. Kautsky, Zwei Schriften zum Umlernen, in: Die neue Zeit, Bd. 2, 1915, S. 144.

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