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AP073(2005) J. Klopfer: Europäische Friedensordnung - DSS

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endlich und endgültig Frieden miteinander geschlossen haben. Krieg als Form<br />

der Politik im Verkehr zwischen den EU-Staaten ist überwunden, ich denke<br />

für immer. Ich halte das für eine der größten Errungenschaften für den Frieden<br />

in Europa. Ihre Bedeutung geht aber sogar über Europa hinaus. Mit ihr<br />

wird ein großes Gewicht in die Waagschale des internationalen Friedens gelegt.<br />

Zwischen zahlreichen, früher vielfach in Kriegen gegeneinander verfeindeten<br />

Staaten ist ein Frieden entstanden, der Dauer verspricht. Es ist ein<br />

Frieden, der nicht auf der balance of power beruht, der nicht mehr mit militärischen<br />

Fähigkeiten gesichert wird, also kein nur negativer Frieden.<br />

Ich gehe sogar so weit, ihn als einen Frieden auf eigener Grundlage zu bewerten.<br />

Seine Grundlage ist die Entscheidung der beteiligten Staaten und Nationen,<br />

ihren gemeinsamen Interessen den Vorrang zu geben und die Konflikte<br />

ihrer divergierenden Interessen ausschließlich in friedlichen Formen zu regeln.<br />

Das ist nicht bloß ein momentan vorhandener politischer Wille. Er hat<br />

bereits fest gefügte Formen erhalten, er ist politisch, wirtschaftlich und rechtlich<br />

institutionalisiert und daher irreversibel. Frieden in der <strong>Europäische</strong>n U-<br />

nion ist gesellschaftliche Praxis. Insofern hat er bereits Qualitäten eines positiven<br />

Friedens, obwohl die Staaten, zwischen denen er besteht, kapitalistisch<br />

sind.<br />

Alle, die noch die Kriegswirklichkeit in Europa erlebt haben, müßten diese<br />

Friedenswirklichkeit über alles zu schätzen wissen. Warum aber kommt uns<br />

dieser unschätzbare Gewinn so wenig zu Bewußtsein? Einen Grund dafür sehe<br />

ich in einem ungenügenden Verständnis dafür, daß es in der bürgerlichen<br />

Gesellschaft ein ambivalentes Verhältnis zu Krieg und Frieden gibt und auch<br />

die Herrschenden nicht immer frei zwischen Krieg und Frieden wählen können.<br />

Es gibt aber noch einen weiteren, noch schwerer wiegenden Grund, warum<br />

wir die Friedenswirklichkeit in der <strong>Europäische</strong>n Union gar nicht recht<br />

zu würdigen wissen: Dieses glückliche Faktum steht in einem gravierenden<br />

Widerspruch zu einem anderen Faktum, das Unglück verheißt.<br />

Wir erleben seit Jahren, daß die <strong>Europäische</strong> Union nach militärischen Kompetenzen<br />

strebt und eine global agierende Interventionsmacht werden will,<br />

wir sehen, wie Mitgliedsstaaten sich an Kriegen beteiligen. Wir mußten mit<br />

wachsender Empörung erfahren, daß auch unser Land als das Schwergewicht<br />

in der <strong>Europäische</strong>n Union geschichtsvergessen Außenpolitik wieder mit<br />

Waffen und Soldaten macht. Nach außen gebraucht die <strong>Europäische</strong> Union<br />

das Militär als Instrument der Machtprojektion und Intervention. „Bei den

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