AP073(2005) J. Klopfer: Europäische Friedensordnung - DSS
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16 General Günzel, mit den Worten: „Eine ‚neue Zeit‘ in der Militärstrategie verlangt natürlich einen Soldatentypen sui generis: Der ‚Staatsbürger in Uniform‘ ... hat ausgedient.“ 42 Bundeswehrexperte D. Bald betonte dazu am 06.12.2004 im ARD-Magazin Report Mainz auf die Frage, ob Günzel mit dieser Meinung alleine stehe: „Günzel ist der Repräsentant der Mehrheit der Generalität der Bundeswehr.“ Wir haben es also mit einer Entwicklung zu tun, in der die regierenden Politiker und Militärs auch der BRD im Rahmen der wesentlich von ihnen mitbestimmten Strategie zur Expansion des Einflußbereiches der EU immer offener auf Kriegführungsfähigkeit setzen. Es gehört zu dieser Entwicklung, daß bestimmte Publizisten nunmehr dazu übergehen, den Friedenswillen der Menschen öffentlich mies zu machen. So äußerte sich der ehemalige Chefredakteur der Sächsischen Zeitung W. Schütz im Januar 2004 in seiner Kolumne, die wöchentlich in einer kostenlos an alle Dresdner Haushalte verteilten Zeitung erscheint, folgendermaßen abfällig über die Friedensliebe der Ostdeutschen: „Gut erzogen, diese Ostdeutschen. Sich vor allem Frieden zu wünschen, ist schon mal politisch korrekt und entspringt der sozialen Erwartung, der Taktik oder dem Glauben, daß man sich gefälligst was Edles zu wünschen hat, wenn man schon so gefragt wird. Auch so ist erklärbar, daß sich selbst bei repräsentativen Umfragen kaum eine Mehrheit für Krieg ausspricht. So was Böses tut man eben nicht, basta. Der pauschale Friedens- Wunsch korrespondiert in gewisser Weise mit dem großen Reibach im Lotto. Die Chance, in einer von Konflikten und Krisen zerrissenen Welt Frieden zu haben, ist etwa so groß wie die Wahrscheinlichkeit eines Sechsers mit Superzahl.“ 43 Ich halte das für eine an Zynismus kaum noch zu überbietende Kriegshetze. Verstärken wir also unsere Anstrengungen zur Enthüllung und Beendigung dieses Kriegskurses, um ihn zu stoppen, ehe es zu spät ist. Autor: Prof. Dr. Dr. Ernst Woit, Dresdener Studiengemeinschaft SICHERHEITSPOLITIK e.V. 42 Nach J. Rose, Hohelied auf den archaischen Kämpfer, in: Freitag, Nr. 15, vom 02.04.2004, S. 4. 43 WochenKurier, Dresden, vom 07.01.2004, S. 2.
17 Wolfgang Scheler Die Union kapitalistischer Staaten Europas im Blick auf eine europäische und globale Friedensordnung Angesichts der heutigen weltpolitischen Konstellation stellt sich für uns Europäer ernsthaft die Frage, in welchem Verhältnis der europäische Integrationsprozeß zu Krieg und Frieden steht. Ist die Integration europäischer Nationalstaaten gut oder schlecht für den Frieden, fördert oder behindert sie den Krieg? Kann es nicht sein, daß die Vereinigung europäischer Staaten gerade aus friedenspolitischer Sicht eine ganz besondere Bedeutung gewinnt, nämlich als Gegenmodell zu den Vereinigten Staaten von Amerika, die ihren Streitkräften den Auftrag erteilen, Kriege zu führen und zu gewinnen? Den Kriegspräsidenten Bush erneut zu wählen, beweise, so E. Krippendorf, „daß man ein großes Volk mit einer langen demokratischen Tradition, einer großen Presse, einer revolutionären und aufklärerischen Geschichte verdummen, einschüchtern, folgenlos belügen und betrügen kann, daß man ihm seine historischen Ideale der Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte austreiben kann, daß man seine besten Köpfe zwar kritisch reden und schreiben lassen, aber sie gleichzeitig einfach ignorieren kann, indem man die primitivsten Masseninstinkte gegen die geistige Elite mobilisiert.“ Der Amerikaexperte, bekannt vor allem aus der Friedensforschung, fragt deshalb, Quo vadis Amerika? Und er antwortet: „Gegen den Rest der Welt - das kann nicht gut gehen und wir sind alle von diesem Gang in Richtung Abgrund Mitbetroffene. Es ist darum mehr denn je an der Zeit, daß wir die Europäer werden, als die viele sich schon jetzt fühlen, ohne daß Europa zu seiner politischen Identität gefunden hat. Diese kann und darf nicht in der Richtung liegen, in die die USA- Regierung uns führen will.“ 1 In Anspielung auf den Filmtitel, der für den Abschied von einer trügerischen Menschheitshoffnung steht, Good bye Lenin, findet er für seine Folgerung die Metapher good bye America. Das ist die Botschaft, und eben das halte auch ich für den entscheidenden Ansatz. Notwendig ist das Abkoppeln Europas von den kriegerischen Vereinigten Staaten von Amerika. Also keine Mitläuferschaft und schon gar keine Mittäterschaft Europas an völkerrechtswidrigen Kriegen, am Bruch des Friedensvölkerrechts und an der Mißachtung des Kriegsvölkerrechts in einem permanenten Kriegszustand, dessen nächste Schauplätze bereits offen benannt werden. 1 E. Krippendorf, Good bye, America, in: Neues Deutschland vom 08 11.2004, S. 8.
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Wolfgang Scheler<br />
Die Union kapitalistischer Staaten Europas im Blick<br />
auf eine europäische und globale <strong>Friedensordnung</strong><br />
Angesichts der heutigen weltpolitischen Konstellation stellt sich für uns Europäer<br />
ernsthaft die Frage, in welchem Verhältnis der europäische Integrationsprozeß<br />
zu Krieg und Frieden steht. Ist die Integration europäischer Nationalstaaten<br />
gut oder schlecht für den Frieden, fördert oder behindert sie den<br />
Krieg? Kann es nicht sein, daß die Vereinigung europäischer Staaten gerade<br />
aus friedenspolitischer Sicht eine ganz besondere Bedeutung gewinnt, nämlich<br />
als Gegenmodell zu den Vereinigten Staaten von Amerika, die ihren Streitkräften<br />
den Auftrag erteilen, Kriege zu führen und zu gewinnen?<br />
Den Kriegspräsidenten Bush erneut zu wählen, beweise, so E. Krippendorf,<br />
„daß man ein großes Volk mit einer langen demokratischen Tradition, einer<br />
großen Presse, einer revolutionären und aufklärerischen Geschichte verdummen,<br />
einschüchtern, folgenlos belügen und betrügen kann, daß man ihm seine<br />
historischen Ideale der Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte austreiben<br />
kann, daß man seine besten Köpfe zwar kritisch reden und schreiben lassen,<br />
aber sie gleichzeitig einfach ignorieren kann, indem man die primitivsten Masseninstinkte<br />
gegen die geistige Elite mobilisiert.“ Der Amerikaexperte, bekannt<br />
vor allem aus der Friedensforschung, fragt deshalb, Quo vadis Amerika?<br />
Und er antwortet: „Gegen den Rest der Welt - das kann nicht gut gehen und<br />
wir sind alle von diesem Gang in Richtung Abgrund Mitbetroffene. Es ist<br />
darum mehr denn je an der Zeit, daß wir die Europäer werden, als die viele<br />
sich schon jetzt fühlen, ohne daß Europa zu seiner politischen Identität gefunden<br />
hat. Diese kann und darf nicht in der Richtung liegen, in die die USA-<br />
Regierung uns führen will.“ 1<br />
In Anspielung auf den Filmtitel, der für den Abschied von einer trügerischen<br />
Menschheitshoffnung steht, Good bye Lenin, findet er für seine Folgerung die<br />
Metapher good bye America. Das ist die Botschaft, und eben das halte auch ich<br />
für den entscheidenden Ansatz. Notwendig ist das Abkoppeln Europas von<br />
den kriegerischen Vereinigten Staaten von Amerika. Also keine Mitläuferschaft<br />
und schon gar keine Mittäterschaft Europas an völkerrechtswidrigen<br />
Kriegen, am Bruch des Friedensvölkerrechts und an der Mißachtung des<br />
Kriegsvölkerrechts in einem permanenten Kriegszustand, dessen nächste<br />
Schauplätze bereits offen benannt werden.<br />
1 E. Krippendorf, Good bye, America, in: Neues Deutschland vom 08 11.2004, S. 8.