Die Partei der Freiheit
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Kapitel 2: <strong>Die</strong> deutsche Freihandelspartei und <strong>der</strong> deutsche Liberalismus 77<br />
levanz begriffen, die Karl I. und Cromwell fur die preu13ischen Ereignisse <strong>der</strong><br />
1860er Jahre hatten haben konnen.27<br />
v. Prince-Smith als Fiirsprecher des Machtstaates<br />
1m Mai 1870, auf dem Gipfel des freihandlerischen Erfolgs, wurde in Berlin<br />
ein "Aufruf zur Vereinigung <strong>der</strong> deutschen Freihandler" veroffentlicht, <strong>der</strong> mit<br />
einem von Prince-Smith erstellten Programm versehen war (0. v., 1870, S.<br />
149ff.). Trotz groBer Etfolge in den Jahren des Norddeutschen Bundes gab es<br />
noch "Oberbleibsel des Schutzsystems", die abgeschafft werden mussen. <strong>Die</strong><br />
Autoren des Aufrufs waren sich einig, daB "das Geschaft <strong>der</strong> Kreditvermittlung,<br />
die eigentliche Banktatigkeit, ein freies Gewerbe sein musse," doch sie fiigten<br />
hinzu, daB dies mit dem Bestehen eines Notenbankmonopols, also "einer Zentralbank,<br />
ohne Beschrankung konkurrieren<strong>der</strong> Anstalten"28 vereinbar sei. Mit<br />
einer ehrerbietigenden Geste gegenuber den maBgebenden Stellen, die als<br />
Freunde und Verbundete betrachtet wurden, betont Prince-Smith, daB "die For<strong>der</strong>ung<br />
auf Beseitigung von Schutzzollen nicht verknupft sei mit einer For<strong>der</strong>ung<br />
auf Kurzung von Staatseinnahmen". <strong>Die</strong>s verband er mit einem Zugestandnis, das<br />
bei jedem echten Liberalen Erstaunen hervonufen muB: "Wieviel fur den staatlichen<br />
Schutz aufzubringen sei, ist eine politische Frage; die Frage fur die Freihandler<br />
ist nur, wie <strong>der</strong> Betrag aufzubringen sei mit geringster Beeintrachtigung<br />
wirtschaftlicher Produktion."<br />
Bemerkenswert am Aufruf ist, daB die Kritik am Zollschutzsystem von einem<br />
Angriff auf die aufstrebende sozialistische Bewegung begleitet ist. Es werden<br />
jene verurteilt, <strong>der</strong>en Unkenntnis <strong>der</strong> Funktionsweise des Wirtschaftssystems<br />
dazu fuhre, daB sie dessen "willkurliche Umgestaltung" und "Experimente mit<br />
dem Kapitale" predigten, "<strong>der</strong>en unabweisbare Folgen doch nur in <strong>der</strong> Zerstorung<br />
27 Es solI hier natiirlich nicht unterstellt werden, daB eine Revolution im PreuBen <strong>der</strong> 1860er<br />
Jahre maglich gewesen ware, sondem nur, daB eine Art revolutionarer Handlung den Verfassungskonflikt<br />
im Sinne <strong>der</strong> liberalen Mehrheit im Abgeordnetenhaus hatte entscheiden<br />
kannen.<br />
28 Bahmert vertrat auch mit Nachdruck die Wichtigkeit eines nicht zentralisierten und nicht<br />
monopolistischen Banksystems (Bohmer!, 1866a, S. 288f.). Siehe auch Smith (1990, S. 57ff.,<br />
114ff.) tiber deutsche Ftirsprecher des free-banking. <strong>Die</strong> Frage war von groBter Bedeutung<br />
fur die Freihandler. Wie Schunke (1916, S. 26) schrieb: "Den Volkswirten schien es dringend<br />
natig, gerade das Bankwesen unter die regelnde Gewalt <strong>der</strong> freien Konkurrenz zu stellen, aus<br />
dem Zirkel eines Konzessionierungs- und Monopolsystems und eines unter dieser Ubermacht<br />
verkilmmerten lokalen Bankwesens herauszukommen." Otto Michaelis, <strong>der</strong> fuhrende Vertreter<br />
<strong>der</strong> Freihandler in Sachen Bankfreiheit, erklarte: "Es ist Sache des Untemehmungsgeistes,<br />
aus diesem Bann herauszutreten und durch Schopfung von Depositenbanken ein Bankwesen<br />
ins Leben zu rufen, dessen eigene Kraft die Fesseln <strong>der</strong> Reglementierung zu zersprengen und<br />
die Bankfreiheit zu erobem ist." Zitiert ebenda.