20.11.2013 Aufrufe

Die Partei der Freiheit

Die Partei der Freiheit

Die Partei der Freiheit

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Kapitel 2: <strong>Die</strong> deutsche Freihandelspartei und <strong>der</strong> deutsche Liberalismus 75<br />

Durch die in del' Mitte del' 1860er Jahre erzielten Triumphe des preuBischen<br />

MiliHirs fielen die Freihandler mehr und mehr einem patriotischen Rausch zum<br />

Opfer. Unmittelbar nach Koniggratz schrieb Bohmert verzuckt:<br />

"<strong>Die</strong> kiihnsten Traume deutscher Patrioten reifen <strong>der</strong> Verwirklichung entgegen.<br />

Was wir erst in Jahrzehnten durch friedliche politische Arbeit zu erreichen hofften<br />

- die Umgestaltung des deuts~J1en Staatenbundes in einen Bundesstaat mit preuBischer<br />

Spitze unter AusschluB Osterreichs - liegt wenigstens nach AuBen hin bereits<br />

halbfertig vor unsern iiberraschten Augen da". (Bohmer!, 1866a, S. 269)<br />

Hatten die Liberalen im PreuBischen Landtag nur gewuBt, daB die Reorganisation<br />

del' Annee hierzu fuhren wiirde, so hatten sie niemals "den unseligen Konflikt,<br />

welcher mehrere Jahre die Krone vom Volke trennte," fortgesetzt. Bohmert<br />

notiert ergeben: "die Volkswirtschaft [d.h. die Nationalokonomen] ist an sich die<br />

geschworene Feindin von Krieg, Revolution und Gewaltpolitik". Damit verteidigt<br />

er die Ansicht, daB man sich nun so schnell wie moglich mit "den vollendete[n]<br />

Tatsachen" abfinden solle, urn "frisch und freudig" neue Tatigkeiten zu<br />

entwickeln (Bohmert, 1866a, S. 269£.).<br />

1m Artikel VI des von <strong>der</strong> Regierung Bismarck im Juni 1866 vorgelegten Bundesreformprojektes<br />

sieht Bohmert "den eigentlichen Wendepunkt in del' Geschichte<br />

<strong>der</strong> nationalen Bestrebungen," da er wesentlich zur Durchsetzung des<br />

freihandlerischen Programms beitrage. 1m kunftigen deutschen Parlament werden<br />

"nicht abstrakte politische Doktrinen, son<strong>der</strong>n praktische Interessen und materielle<br />

Lebensfragen <strong>der</strong> Nation [...] den Hauptkern <strong>der</strong> Beratungen ausmachen."<br />

(Bohmert, 1866a, S. 271£.) Angesichts einer riickwarts gewandten offentlichen<br />

Meinung sei im letzten deutschen Parlament, <strong>der</strong> Nationalversammlung von<br />

1848, eine rationale Neuordnung del' Wittschaft nicht moglich gewesen; zwischenzeitlich<br />

hatten jedoch solide okonomische Lehren in ganz Deutschland Verbreitung<br />

gefunden, nicht zuletzt durch die Bemuhungen des Kongresses deutscher<br />

Volkswirte. (Bohmert, 1866a~ S. 279)<br />

Deutsche wan<strong>der</strong>ten in so groBer Zahl in die Fremde aus, erklart Bohmert, urn<br />

in den GenuB von Grundrechten zu kommen. Dazu zahlt er die <strong>Freiheit</strong> <strong>der</strong> Arbeit,<br />

des Grund- und Bodenerwerbs und <strong>der</strong> Verheiratung ohne obrigkeitliche<br />

Erschwemisse. Hochst glaubwiirdig betont er, daB "an diesen materiellen Rechten<br />

[...] Millionen von Deutschen weit mehr als an den idealen politischen Rechten<br />

[liegt]." (Bohmert, 1866a, S. 291) Bohmert geht soweit, daB er sogar den<br />

Vorschlag Fauchers und Michaelis' untersmtzt, nach dem die kunftige deutsche<br />

Verfassung vorsehen sollte, daB von <strong>der</strong> Zustimmung <strong>der</strong> Volksvertretung unabhangige<br />

Steuerquellen geschaffen werden, "urn den Rechtszustand im Innem und<br />

die Macht nach AuBen aufrechtzuhalten."26<br />

26 Vgl. Bohmert (l866a, S. 301). Wie Zeise (1980, S. 166) beobachtet: "Das war nicht nur eine<br />

Preisgabe traditioneller liberaler For<strong>der</strong>ungen, sondem geradezu eine Legalisierung <strong>der</strong><br />

Bismarckschen Liickentheorie."

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!