Die Partei der Freiheit
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Kapitel 2: <strong>Die</strong> deutsche Freihandelspartei und <strong>der</strong> deutsche Liberalismus 63<br />
sich nicht zur Abschaffung des Staates haben entschlieBen konnen. Doch wenn<br />
Wolff erkHirt, daB "erst ein langes Studium def Volkswirtschaft und <strong>der</strong> Kulturgeschichte<br />
dazu gehart, urn sich von allen den Vorurteilen tiber Notwendigkeit<br />
<strong>der</strong> Justiz, usw. loszumachen," so bleibt es unklar, ob er dabei jegliche Justiz im<br />
Sinne hat o<strong>der</strong> bloB das staatliche Monopol auf die Justiz, mit an<strong>der</strong>en Worten,<br />
ob die Position dieser radikalen Freihandler vielleicht mit <strong>der</strong>jenigen tibereinstimmt,<br />
die zu dieser Zeit in Paris von Gustave de Molinari vertreten wurde, <strong>der</strong><br />
die Bereitstellung von Sicherheit privaten Einrichtungen iibertragen will (de<br />
Molinari, 1849, S. 277ff; Rothbard, 1995a, S. 453ff). Wie spateren Stellgungnahmen<br />
ihrer Gegner zu entnehmen ist, war dies wahrscheinlich ihr Standpunkt.<br />
Jedenfalls kann angesichts solcher Auffassungen die ErkHiIung nicht tiberraschen,<br />
daB ,,[uns] auch blutwenig an <strong>der</strong> sogenannten politischen <strong>Freiheit</strong> [liegt],<br />
und Gewerbe- und Handels-<strong>Freiheit</strong> ist uns z.B. unendlich mehr wel1, als demokratisches<br />
Wahlrecht." Wolff war angewi<strong>der</strong>t von <strong>der</strong> "Dummheit aller <strong>Partei</strong>en,"<br />
doch er war sich "im ganzen [seiner] Ansichten tiber den weiteren Entwicklungsgang<br />
zu gewiss," urn sich dadurch in seinem Gleichmut staren zu lassen.<br />
Braun veraffentlichte den Brief als Wolffs "politisches Testament" aus diesem<br />
Abschnitt seines Lebens und <strong>der</strong> Geschichte <strong>der</strong> Freihandelspartei. Was er jedoch<br />
nicht elWabnte, war die Verbindung zum deutschen individualistischen Anarchisten<br />
Max Stimer.<br />
In seinem Werk Der Einzige und Sein Eigentum predigt Stilner eine nihilistische<br />
Variante des Anarchismus, die alle dem Individuum auferlegten Beschrankungen<br />
als "Spuk" ablehnt. Bei wartlicher Auslegung ist dies offensichtlich unvereinbar<br />
mit einer geordneten menschlichen Gesellschaft, geschweige denn mit<br />
<strong>der</strong> Freihandelslehre. Doch Stirner war gentigend am Wil1schaftsliberalismus<br />
interessiert, urn Adam Smith und 1.-B. Say ins Deutsche zu tibersetzen (Nett/au,<br />
1930, S. 176). Zusammen mit Bruno Bauer war er eine Hauptfigur in dem informellen<br />
Berliner K.Jeis, <strong>der</strong> als "die Freien" bekannt war und <strong>der</strong> in den 1840er<br />
Jahren gewohnlich in Hippels Weinstube in <strong>der</strong> Friedrichstrasse zusammentrat.<br />
Zu den Mitgliedem des "inneren Kreises" zahlten Dr. Eduard Meyen, <strong>der</strong> spatere<br />
Herausgeber <strong>der</strong> Abendpost (Nett/au, 1930, S. 179) sowie Julius Faucher. Nach<br />
<strong>der</strong> Darstellung von John Hemy Mackay, dem deutschen individualistischen<br />
Anarchisten und Biographen Max Stimers, waren es gleichgesinnte Teilnehmer<br />
des Kreises <strong>der</strong> "Freien", darunter Prince-Smith, Georg Eduard Wiss, Otto<br />
Michaelis und Otto Wolff, die einen "Freihandels-Verein" bildeten. Meyens und<br />
Fauchers Abendpost lobte Mackay in den hachsten Tanen, was angesichts seiner<br />
eigenen Auffassungen nicht verwun<strong>der</strong>lich ist. Denn er sah sie als<br />
"eine <strong>der</strong> bestredigiertesten, radikalsten und interessantesten Tageszeitungen, die<br />
jemals existiert haben. Da sie dem ,Zwangsstaat' von mehr als einer Seite und mit<br />
den scharftsten Waffen zu Leibe ging, machte dieser ihr das Leben auf seine<br />
bekannte Art und Weise unmoglich und Faucher ging mit dem ebenfalls an ihr<br />
beteiligten Dr. Meyen nach London". (Mackay, 1898, S. 80f)