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Die Partei der Freiheit

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62 Ralph Raico: <strong>Die</strong> <strong>Partei</strong> <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong><br />

II. Das anarchistische Zwischenspiel <strong>der</strong> jungen Freihandler<br />

In seiner 1880 veroffentlichten Prince-Smith-Biographie kommt Otto Wolff<br />

auf die Episode <strong>der</strong> Berliner Abendpost zu sprechen und bezeichnet die politische<br />

Einstellung des Blattes als "den auBersten Radikalismus," <strong>der</strong> sich anschickte,<br />

"den Sozialismus und den Kommunismus yom Standpunkte <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong> aus zu<br />

bekampfen." Fast alle Mitarbeiter schwarmten inbriinstig fur die radikale <strong>Freiheit</strong>slehre,<br />

die sie mit einer "Fulle hochst realer volkswirtschaftlicher Anschauungen<br />

und Kenntnissen" verbanden. Ihr Radikalismus war ein "allseitiger Radikalismus",<br />

<strong>der</strong> Prince-Smith personlich zuwi<strong>der</strong> war, obschon er weiterhin mit<br />

dem Blatt zusammenarbeitete (Wolff, 1880, S. 313ff; Hervorhebung im Original).<br />

1870 widmete Julius Faucher dieser Episode einige wenige Seiten und meinte,<br />

daB die Abendpost "die stolze und wilde Sprache jener Zeit sprach," doch, wie er<br />

betonte, "nur, bis in das letzte Wort hinein, urn das Yolk, das nur noch diese<br />

Sprache verstand, von <strong>der</strong> Revolution ab- und <strong>der</strong> Arbeit und Untelnehmung zuzuwenden."<br />

(Faucher, 1870, S. 164) Was Wolff sich scheute darzulegen und was<br />

Faucher stillschweigend - und dabeiunaufrichtigelweise - velneinte, war, daB die<br />

Lehre, fur die die Berliner Abendpost eintrat, <strong>der</strong> Anarchismus war.<br />

Es ist verstandlich, daB die Freihandler Jahrzehnte spater versuchen sollten,<br />

ihre friihere Betatigung zu verschleiem. Wolff, Faucher und beson<strong>der</strong>s Otto<br />

Michaelis waren in <strong>der</strong> bourgeoisen Welt aufgestiegen und nunmehr bekannte<br />

und geachtete Verfechter <strong>der</strong> Freihandelslehre, die zur Umgestaltung <strong>der</strong> deutschen<br />

Gesellschaft beigetragen hatte.<br />

Ein Brief Otto Wolffs an seinen Bru<strong>der</strong> yom Juni 1851 wirft Licht auf die<br />

wirkliche Einstellung <strong>der</strong> Gruppe zu jener Zeit. In diesem Brief, den Karl Braun<br />

nach dem Tode Wolffs 1893 veroffentlichte (Braun, 1893, S. 135ff), erklart<br />

Wolff, daB er das Mitglied einer Gruppe in Berlin sei.<br />

"die sich urn die praktische Politik insofern garnicht kiimmert, als sie das wirkliche<br />

Unheil, als die Ursache alles Elends, als das groBe Hin<strong>der</strong>nis des Kulturfortschritts<br />

eben den Staat an sich betrachtet. <strong>Die</strong>se <strong>Partei</strong> kann ich Dir mit keinem kiirzeren<br />

Namen bezeichnen, als etwa "radikale Freihandler." Wir vertreten die Interessen<br />

<strong>der</strong> freien Gesellschaft gegeniiber clem Zwangs-Staate."<br />

Wolff beeilte sich, seinem Bru<strong>der</strong> zu versichem, daB er und seine Freunde<br />

nicht bloB "ideale Schwarmer" seien: "wir fuBen vielmehr auf sehr realem Boden;<br />

wir studieren die wirklichen Bediirfnisse <strong>der</strong> Menschen und den Entwickelungsgang<br />

<strong>der</strong> Geschichte, und sind dabei zu dem Resultate gekommen, daB <strong>der</strong> Kulturfortschritt<br />

in unserer Zeit sich gegen allen Zwang richtet." Beweise fur diese<br />

Abwendung yom Zwang als gesellschaftliches Organisationsprinzip findet Wolff<br />

in Entwicklungen in Amerika und auch in England. Hier verweist er auf die <strong>Partei</strong><br />

Cobdens, "d.h., diejenige <strong>der</strong> dort ohne Zweifel die Zukunft gehort [...] das<br />

Staatsschiff immer mehr abtakeln will", auch wenn sie, gemaB englischer Gepflogenheiten,<br />

einem gradualistischen Vorgehen anhange und "nicht einmal theoretisch<br />

konsequent" sei, was vermutlich bedeutet, daB die englischen Freihandler

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