20.11.2013 Aufrufe

Die Partei der Freiheit

Die Partei der Freiheit

Die Partei der Freiheit

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Kapitel 2: <strong>Die</strong> deutsche Freihandelspartei und <strong>der</strong> deutsche Liberalismus 57<br />

samkeit, und aIle waren in dem einen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en MaB durch das Werk John<br />

Prince-Smiths bedingt.<br />

Von 1862 bis 1866 vertrat Prince-Smith Stettin im PreuBischen Abgeordnetenhaus.<br />

Dort spielte er keine herausragende Rolle und ergriff nur selten und dann<br />

hauptsachlich zu im engeren Sinne okonomischen Fragen das Wort. Es war die<br />

Zeit des erbitterten und letztlich entscheidenden Konflikts zwischen Bismarck<br />

und den deutschen Liberalen, <strong>der</strong>en Vorhut 1861 die Fortschrittspa11ei gIiindete.<br />

Prince-Smiths verfassungspolitische Anschauungen waren immer "gemaBigt,"<br />

und als sich die Mehrheit <strong>der</strong> Liberalen angesichts <strong>der</strong> in ihren Augen willkiirlichen<br />

und verfassungswidrigen Handlungen <strong>der</strong> Regierung radikalisierte, distanzierte<br />

er sich zunehmend von ihnen. 1866 lehnte er es ab, fur die Wie<strong>der</strong>wahl zu<br />

kandidieren. Er wurde fur Anhalt-Zerbst in den kaiserlichen Reichstag gewahlt,<br />

doch seine gesundheitliche Verfassung erlaubte ihm kaum noch die Teilnahme an<br />

den Sitzungen. Eine Ausnahme waren zwei Reden vor dem Haus, die er im November<br />

1871 iiber Wahrungsreform hielt.<br />

1875 starb er in dem Wissen, daB er alles in seiner Macht stehende getan hatte,<br />

damit Deutschland nun vereinigt und machtig, dem Freihandel verpflichtet war.<br />

In Julius Beckers hamischen Worten:<br />

"Er hatte das Gluck, das wenigen Mannern des offentlichen Lebens beschieden ist,<br />

in einem Augenblick zu sterben, wo <strong>der</strong> definitive Sieg <strong>der</strong> von ihm vertretenen<br />

Ideen nur noch die Frage einer kurzen Zeit schien, und wo die wenigen Gegenzeichen<br />

noch nicht entfernt ahnen liellen, wie rasch die ganze Herrlichkeit zusammenbrechen<br />

saUte". (Becker, 1907, S. 41)<br />

Wie noch gezeigt wird, kann in Wirklichkeit keine Rede davon sein, daB<br />

Prince-Smith bei seinem Tod ob <strong>der</strong> Aussichten fiir eine freie Gesellschaft zufrieden<br />

sein konnte. Jedenfalls gibt es kaum einen Zweifel, daB das Ansehen<br />

Prince-Smiths wie das des gesamten deutschen Liberalismus - geschichtlich gesehen<br />

- unter dem Zusammenbruch <strong>der</strong> Ideen gelitten hat, fur die er kampfte.<br />

Dennoch verdient John Prince-Smiths Denken in mehrfacher Hinsicht eine<br />

nahere Betrachtung.<br />

Methodologisch vertraten er und seine Anhanger eine nach seinen Worten<br />

"radikal individualistische Auffassung volkswirtschaftlicher Verhaltnisse." <strong>Die</strong><br />

Wirtschaft ist einfach "ein Nebeneinan<strong>der</strong> von Einzelhaushalten", die miteinan<strong>der</strong><br />

zu gegenseitigem Vorteil verkehren (Prince-Smith, 1866, S. 439; Hervorhebung<br />

im Original; Gehrig, 1914, S. 107). In einer charakteristischen Passage, die<br />

vorwegnahm, was Carl Menger erst mehr als ein Jahrzehnt spater schreiben<br />

soUte, behauptete Prince-Smith:<br />

"Tatsachlich gibt es gar kein Volkseinkommen, son<strong>der</strong>n je<strong>der</strong> im VoJke hat sein<br />

beson<strong>der</strong>es Einkommen; und nur wenn man, behufs eines statistischen Uberschlags,<br />

die Einzeleinkammen zusammenzahlt, hat man zwar die Vorstellung eines Volks-

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!