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Die Partei der Freiheit

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Kapitel 2: <strong>Die</strong> deutsche Freihandelspartei und <strong>der</strong> deutsche Liberalismus 55<br />

Staatsgewalt urn zehn Millionen Taler jahrlich wohlfeiler bestellen konnen, so<br />

konnte man jetzt in PreuBen eine Million guter Arbeitsstellen, Brot fur eine Million<br />

Familien mehr haben." (Bastiat, 1880, S. v-vii; Hervorhebung im Original.)<br />

<strong>Die</strong>se Bemerkungen sind denkwtirdig sowohl was ihre ZUrUckweisung <strong>der</strong><br />

SelbstgeHilligkeit <strong>der</strong> Reichen als auch was den Vorrang von Prince-Smith so<br />

genannten "Sozial-" o<strong>der</strong> "Arbeiterfrage" angeht. Spater sollte Prince-Smiths augenscheinliches<br />

Leugnen einer "Arbeiterfrage" von einer langen Reihe von Kritikern<br />

als klarer Beweis fur·seine manchesterliche Herzlosigkeit bzw. sogar fur<br />

seine Blindheit gegenuber offensichtlichen Tatsachen herangezogen werden.<br />

Doch seine Schriften zeigen von Anfang an, daB die Sache nicht so einfach liegt,<br />

wie haufig angenommen wurde.<br />

Prince-Smith strebte in dieser Phase vor aHem danach, die deutschen politischen<br />

Liberalen vom Wert des Freihandels zu uberzeugen, denn viele <strong>der</strong> fuhrenden<br />

Liberalen Sud- und Westdeutschlands waren Protektionisten. Er sorgte sich<br />

auch: "wenn die Freihandler nicht dem Volksgeiste die genugende Nahrung bieten,<br />

wird er sich zu <strong>der</strong> Kost <strong>der</strong> Sozialisten wenden." Urn Anhanger aus demokratischen<br />

und radikalen Kreisen zu werben, traten Julius Faucher und seine<br />

Freunde in die Redaktion des von Eduard Meyen in Berlin herausgegebenen<br />

Blattes <strong>Die</strong> Demokratische Zeitung ein. Der Name wurde in Berliner Abendpost<br />

abgean<strong>der</strong>t. Was hier vertreten wurde, kennzeichnet Wolff als Programm "des<br />

auBersten politischen Radikalismus [...] urn die Demokratie von den sozialistischen<br />

und kommunistischen Bestrebungen zu trennen". Wie noch zu sehen sein<br />

wird, waren Faucher und die an<strong>der</strong>en in <strong>der</strong> Tat zu Anhangern eines individualistischen<br />

Anarchismus geworden bzw. zu einem "Anarcho-Kapitalismus" in<br />

heutiger Terminologie. Solcher Radikalismus war uberhaupt nicht nach Prince­<br />

Smiths Geschmack; er beschrankte seine Beitrage auf streng okonomische Themen,<br />

obgleich er seinen jungeren Mitarbeitem als "<strong>der</strong> eigentlich leitende Geist"<br />

diente. 7 Nach wenigen Monaten ihres Erscheinens wurde die Abendpost als ordnungsgefahrdendes<br />

Element bezeichnet und von <strong>der</strong> Verbreitung durch die Post<br />

ausgeschlossen. Da praktisch ihre gesamte Leserschaft aus Abonnenten bestand,<br />

war sie gezwungen zu schlieBen. Prince-Smith schrieb:<br />

"Der Zweck meiner Mitwirkung bei <strong>der</strong> "Abendpost" ist zum groBen Teile erreicht<br />

worden: ich habe bei <strong>der</strong> auBersten Linken die Freihandelslehre zu Ansehn gebracht;<br />

Freihandel und Bilrokratie, o<strong>der</strong> Konkurrenz und Ausbeutung gelten nicht<br />

mehr fur identisch bei <strong>der</strong> <strong>Partei</strong>, <strong>der</strong>en verkehrte Auffassung vom Eigentum sie<br />

gefahrlich machte. Ich habe bewiesen, daB die Lehre <strong>der</strong> volkswirtschaftlichen<br />

<strong>Freiheit</strong> viel freisinniger sei, als alle Projekte und Lehren willkilrlicher und nur<br />

durch barbarischsten Zwang durchzusetzen<strong>der</strong> Bestimmungen ilber Besitz und Er-<br />

7 Woiff(l880, S. 313ff.). Prince-Smith kann an <strong>der</strong> zuweilen recht jtinglingshaften Haltung <strong>der</strong><br />

Abendpost kaum Gefallen gefunden haben, tiber die etwa ein anonymer Kritiker bemerkt:<br />

"AIs die Abendpost tiber Sir Robert Peels Tod berichtet, dessen Verdienste sie im Obrigen<br />

gebtihrend anerkennt, kann sie sich doch des Ausrufs nicht enthalten: Gott sei Dank, wie<strong>der</strong><br />

ein Staatsmann weniger!" o. V (1850, S. 220).

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