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Die Partei der Freiheit

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Kapitel 1: Deutscher Liberalismus - ein Oberblick 47<br />

daB Verantwortlichkeiten direkt adressierbar waren. Man wird Opfer o<strong>der</strong> NutznieBer<br />

"des Marktes." Damit ist in <strong>der</strong> Regel auch eine Dezentralisierung von<br />

Konflikten verbunden. Demgegenuber vollziehen sich die uber den Staat vermittelten<br />

6konomischen Konflikte tendenziell in aller Offenheit, ja sie werden, demokratische<br />

Verfassung vorausgesetzt, systemnotwendig dramatisiert." (Borchardt,<br />

1982, S. 187).<br />

<strong>Die</strong> Ersetzung <strong>der</strong> "fast zufalligen" Verteilung tiber den Markt durch politische<br />

Prozesse war genau das, was die Kathe<strong>der</strong>sozialisten gefor<strong>der</strong>t hatten. Der Staat<br />

wiirde, so behaupteten sie, die Gesellschaft auf eine hohere ethische Stufe bringen.<br />

In <strong>der</strong> Praxis aber ftihrt die Dbertragung wirtschaftlichen Wettbewerbs vorn<br />

Marktplatz in die politische Arena dazu, daB jede Wahlergruppe sich danach<br />

drangte, die Besetzung politischer Spitzenstellungen zu bestimmen - eine wirkliche<br />

"Ellenbogen-Gesellschaft" entstand. In Zeiten wirtschaftlicher Stagnation<br />

o<strong>der</strong> wirtschaftlichen Nie<strong>der</strong>gangs - wie in <strong>der</strong> Weirnarer Republik - fuhrte dies<br />

zu einern unerbittlichen Kampf urn die BehelTschung des Staates. Weiche Seite<br />

den Sieg auch immer davontrug - letztlich verlor <strong>der</strong> Staat seine Legitimation. So<br />

wurde nach Hagen Schulze "die zunehmende Aushohlung des Parlarnentarisrnus<br />

durch die unkontrollierbaren Einflusse auBerparlamentarischer pressure-groups<br />

geradezu herbeigezwungen." (Schulze, 1982, S. 65) Auf diese Weise hat sich<br />

nach seiner Auffassung <strong>der</strong> Weimarer Sozial- und Interventionsstaat selbst zerstart.<br />

Denn:<br />

"indem er die sozialen Kosten ubernimmt und die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen<br />

Gegensatze auszugleichen verspricht, gerat er in eine unhaltbare<br />

Situation, wenn in <strong>der</strong> Wirtschaftskrise samtliche Probleme, fur die er sich zustandig<br />

erklart [..], miteinan<strong>der</strong> aufgipfe1n, und in geballter Form gelost werden"<br />

[sollen]. (Schulze, 1982, S. 66)<br />

Kann den alten Liberalen wie Eugen Richter eine gewisse Voraussicht abgesprochen<br />

werden, wenn Schulze schlieB1ich feststellt, daB es "eine Grenze [gibt],<br />

jenseits <strong>der</strong>er <strong>der</strong> Problernlosungsdruck die Institution Staat einfach uberfor<strong>der</strong>t"<br />

und daB unter dem Weimarer System "<strong>der</strong> Staat unter dem gebundelten Erwartungsdruck<br />

<strong>der</strong> gesellschaftlichen Gruppen in die Knie" [geht]. In den AnHingen<br />

des deutschen Sozialstaates, im Jahre 1881, hatte Richter bereits vorausgesagt,<br />

welche Folgen sich ergeben, wenn sich <strong>der</strong> Staat ftir alle Unzufriedenen in <strong>der</strong><br />

Gesellschaft verantwortlich fuhIt:<br />

"Wenn nun schlieBlich <strong>der</strong> Staat immer mehr Verantwortlichkeit ubernimmt fur<br />

eine solche Abhilfe und sich immer weniger als leistungsfahig herausstellt, urn<br />

wirklich abzuhelfen, dann kehrt sich zuletzt ~.] Unzufriedenheit, die mehr und<br />

mehr sich ansammelt, gegen den Staat selbst.,,5<br />

59 Stenographische Berichte des Reichstags (im folgenden SBR) (l881b, S. 710). Siehe auch<br />

seine ErkHirung (SBR, 1884d, S. 472), daB wenn die Menschen erst einmal glauben, daB "es<br />

darauf ankommt, ob die Minister Zeit haben, sich mit gewissen Fragen zu beschaftigen, ob<br />

das ganze wirtschaftliche System <strong>der</strong> Nation krank o<strong>der</strong> gesund ist, dann erweckt man Anspruche<br />

an den Staat, die keine Regierung befriedigen kann. ,,,

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