Die Partei der Freiheit
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44 Ralph Raico: <strong>Die</strong> <strong>Partei</strong> <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong><br />
bilde, die auf <strong>der</strong> Erde uns das hohe Vorbild und die experimentelle Gewi13heit<br />
kollektiver Geistesverschmelzung und tibergeordneter Geisteseinheit geben: sie<br />
sind heute an die trivialsten aller Fragen, "was kostet es" und "langt es" gebunden."<br />
(Rathenau, 1918, S. 113f)<br />
Auch wenn es grotesk anmutet - dieser Mochtegem-Erfin<strong>der</strong> eines neuen<br />
sozio-okonomischen Systems hatte keine Ahnung von <strong>der</strong> Funktion von Marktpreisen<br />
(Weber, 1961, S. 401).<br />
Er Hihrt fort:<br />
"Das Ziel aber ist <strong>der</strong> materiell unbeschrankte Staat. Er muB mit seinen Mitteln<br />
dem Bedtirfnis vorauseilen, nicht nachhinken, nicht die Frage stellen, "wie bringe<br />
ich au£:" son<strong>der</strong>n "wie bringe ich unter." Er soll eingreifen konnen in je<strong>der</strong> Not, zu<br />
je<strong>der</strong> Sicherung des Landes, zu jedem groBen Werk <strong>der</strong> Kultur,., zu je<strong>der</strong> Tat <strong>der</strong><br />
Schonheit und <strong>der</strong> GiUe. Auf des Staates Macht, Reichtum und Uberschwang mag<br />
<strong>der</strong> Burger mit stolzer Freude blicken, nicht auf seinen eigenen, beiseitegetragenen,<br />
gespeicherten Mammon."<br />
Dnd urn all dem die Krone aufzusetzen, geht Rathenau verachtlich tiber jene<br />
hinweg, die womoglich Einwande gegen die Konzentration <strong>der</strong> Macht im Staat<br />
vorbringen:<br />
"Wer diese Umlagerung <strong>der</strong> Krafte fur grundsatzlich unmoglieh halt, weil er MiBbraueh<br />
dureh die Regierenden, Reptilienwesen, Umtriebe furehtet, <strong>der</strong> miBtraut<br />
seinem Yolk und sieh selbst [...]" (Rathenau, 1918, S. IISf.)<br />
Vermutlich ist dies die kindische Erwi<strong>der</strong>ung Rathenaus auf jene Wamungen<br />
vor staatlicher Machtballung, die die Geschichte des Liberalismus ausmachen <br />
von Montesquieu und Madison, Constant und Tocqueville, tiber Burckhardt und<br />
Lord Acton zu ·Herbert Spencer, Yves Guyot, Eugen Richter und Ludwig<br />
Bamberger. Einem Geist wie dem von Rathenau kommt es niemals in den Sinn,<br />
daB <strong>der</strong> Staat, den er so liebevoll mit weitreichen<strong>der</strong> Macht ausgestattet hat, eines<br />
Tages in die Hande sehr boser Manner fallen konnte.<br />
Rathenau selbst ist nicht beson<strong>der</strong>s bedeutend. Sein Versuch, die Aufhebung<br />
des Individuums aus dem allseits bekannten Tatbestand <strong>der</strong> Teilung gesellschaftlicher<br />
Arbeit abzuleiten, sagt einiges tiber seine DenkHihigkeiten. 52 1m allgemeinen<br />
geben Rathenaus sozio-okonomische Vorstellungen AnlaB zur VelIDutung,<br />
das Wort "verschwommen (( sei zu ihrer Beschreibung elfunden worden, und er<br />
scheint auch keinen nennenswerten philosophischen EinfluB ausgetibt zu haben.<br />
DaB jedoch AuBerungen dieser Ali 1917 als Ausdruck liberalen Denkens angese-<br />
52 Rathenau (1918, S. 94ff.): "Je<strong>der</strong> bedarf [...] des Korns, das er nieht gesat, des Leinens, das<br />
er nieht gesponnen hat. Das Daeh, unter dem er sehlaft, die StraBe, die er betritt, das Werkzeug,<br />
das er hebt, dies ist alles von <strong>der</strong> Gesamtheit gesehaffen [...] Selbst die Luft, die er<br />
atmet, ist nieht frei~ sie ist gesehiitzt und rein gehalten von Ausdiinstungen und Dampfen<br />
[...][es] dammert die Erkenntnis [...] daB je<strong>der</strong>, was er besitzt und kann, allen sehuldet."