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Die Partei der Freiheit

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Kapitel 1: Deutscher Liberalismus - ein Oberblick 43<br />

Krieg und Tod darstellt, ist Sombarts Werk recht amtisant. So etwa, wenn <strong>der</strong><br />

Verfasser <strong>der</strong> englischen Wissenschaft ein Kapitel widmet, ohne Isaac Newton zu<br />

erwahnen, o<strong>der</strong> wenn er behauptet, die Englan<strong>der</strong> hatten seit Shakespeare keine<br />

kulturellen Werte mehr hervorgebracht.49<br />

Viel ernster und ftir das Zeitalter bezeichnen<strong>der</strong> ist es·aber, wenn Sombart<br />

Ferdinand Lassalle nachbetet und das liberale Ideal als den verachtenswerten<br />

"Nachtwachterstaat" abtut, den ein paar deutsche Schurken von England tibernommen<br />

hatten. Sombat1 beschreibt die Bltitezeit und Verfall dieses Ideals wie<br />

folgt:<br />

"Dann kam aber noch eine triibe Zeit fur Deutschland, als in den 1860er und<br />

1870er Jahren die Vertreter <strong>der</strong> sogenannten Manchesterschule die englischen Importwaren<br />

ganz schamlos auf den deutschen Gassen als deutsches Erzeugnis feilboten<br />

[...] Dnd bekannt ist, wie diese "Manchestertheorie" heute von den Theoretikern<br />

und Praktikern in Deutschland als ganzlich verfehlt und unbrauchbar mit<br />

Verachtung beiseite geschoben ist."<br />

<strong>Die</strong> beiden Satze, die diese Textstelle beschlieBen, sind allerdings mit Fragezeichen<br />

versehen:<br />

"So daB wir vielleicht sagen durfen, daB in <strong>der</strong> Staatsauffassung <strong>der</strong> deutsche Geist<br />

in Deutschland selbst zur Alleinherrschaft gelangt ist? O<strong>der</strong> spukt doch noch in<br />

manchen Kapfen englischer Handlergeist?" (Sombart, 1915, S. 75)<br />

Sombat1 brauchte sich nicht zu gramen. Obwohl scheinbar <strong>der</strong> Wit1schaftsliberalismus<br />

in einigen Nestern tiberlebt hatte 50 und einige wenige Denker dessen<br />

schlieBliche Wie<strong>der</strong>geburt unauffallig vorbereiteten, brachten <strong>der</strong> Krieg selbst<br />

und die Nachkriegsjahre den Liberalismus auf seinen bis dato tiefsten Punkt. Wie<br />

tief er gesunken war, wird durch die Tatsache deutlich, daB Walther Rathenau<br />

gewohnlich zu den Liberalen dieses Zeitabschnitts gezahlt wird. 51 In Von kommenden<br />

Dingen (1917) drtickt sich Rathenau wie folgt aus:<br />

"<strong>Die</strong> Staaten unsrer Tage sind tiefverschuldete Bettler. <strong>Die</strong> hachsten, allmachtigen<br />

Gebilde, die bestimmt sind, die Menschheitszweige unter dem Bilde <strong>der</strong> Willensorganisation<br />

darzustellen, die das Recht haben, jedes Hin<strong>der</strong>nis, das einer reinen<br />

Willensentfaltung entgegensteht, nie<strong>der</strong>zubrechen und in dauern<strong>der</strong> Wandlung sich<br />

ihren Elementen die gultige Form, den zeitlichen Ausdruck zu schaffen, diese Ge-<br />

49 Sombart (1915, S. 9, 17ff, 48). <strong>Die</strong>se Besprechung von Sombart solI natiirlich keineswegs<br />

zu verstehen geben, daB Deutsche wahrend des Ersten Weltkrieges eine Art Monopol auf hysterische<br />

Ausfalle gegen den Feind besessen hatten. Was den vielleicht noch verhangnisvolleren<br />

englischen DeutschenhaB angeht, siehe Raico (1988c, S. 253ff).<br />

50 Am Vortag des Ersten Weltkrieges klagte ein Anhanger des Kathe<strong>der</strong>sozialismus, daB man in<br />

Deutschland immer noch auf Laissez-faire-Ideen treffen konne: "<strong>der</strong> wirtschaftspolitische<br />

EinfluB des deutschen Manchestertums ist gebrochen - die Weltanschauung lebt noch fort."<br />

Gehrig (1914, S. 134).<br />

51 Siehe z.B. Fe<strong>der</strong>ici (1946, S. 373ff)~ Sell (1981, S. 394ff) sowie Orth (1992, S. 72ff.).<br />

Ludwig von Mises erkannte hingegen, daB Rathenau eine Art Sozialist war (von Mises, 1932,<br />

S.416).

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