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Die Partei der Freiheit

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Kapitel 1: Deutscher Liberalismus - ein Oberblick 41<br />

"Damit eine Son<strong>der</strong>gruppe sich so verhalte, wie es cler "Allgemeinheit" niitzlich ist,<br />

bedarf es eines Appells an ihr Gewissen, aber nicht <strong>der</strong> AufkHirung, wie <strong>der</strong> rationalistisch<br />

orientierte Liberalismus schlieBlich immer glaubt." (Sulzbach, 1928, S.<br />

390)<br />

In <strong>der</strong> Weimarer Republik verstarkt sich das Problem <strong>der</strong>art, da13 <strong>der</strong> Staat<br />

selbst lahmgelegt wird. Inmitten des wirtschaftlichen Zusammenbruchs spricht<br />

Alexan<strong>der</strong> Rtistow von <strong>der</strong><br />

,jammerlichste[n] Schwache des Staates, einer Schwache, die sich des vereinten<br />

Ansturms <strong>der</strong> Interessenhaufen nicht mehr erwehren kann. Der Staat wird von den<br />

gierigen Interessen auseinan<strong>der</strong> gerissen. Je<strong>der</strong> Interessent reiBt sich ein Stuck<br />

Staatsmacht heraus und schlachtet es fur seine Zwecke aus [...] Was sich hier abspielt,<br />

steht unter dem Motto, "Der Staat als Beute" [...]" (Riistow, 1963, S. 255)<br />

Wie Richter, Sulzbach und an<strong>der</strong>e Liberale glaubt Rustow, nichts Besseres<br />

empfehlen zu konnen als den Appell an das Gewissen:<br />

"In jedem Staatsbiirger, selbst in dem egoistischsten, borniertesten Interessenten,<br />

steckt irgendwo ein anstandiger Kern, <strong>der</strong> danach verlangt, anstandig regiert zu<br />

werden, im Sinne des Ganzen regiert zu werden." (Riistow, 1963, S. 257)<br />

Mit wenigen Ausnahmen gibt die Geschichte <strong>der</strong> modemen demokratischen<br />

Politik jedoch kaum einen Hinweis darauf, daB ApelIe an das Gewissen und den<br />

Gemeinsinn ausreichen, urn dem Drang selbstsuchtiger Son<strong>der</strong>interessen zu wi<strong>der</strong>stehen,<br />

sobald einer aktivistischen Gesetzgebung erst einmal Ttir und Tor geoffnet<br />

sind.<br />

VIII. Krieg uDd Weimar<br />

1907 sprach <strong>der</strong> alte freihandlerische Joumalist Arwed Emminghaus von<br />

"einer nun herrschend werdenden Weltanschauung, die in aIle Lebensgebiete, vor<br />

allem in das politische, wirksam eingreift. Sie kennt keine absoluten Grenzen <strong>der</strong><br />

Staatstatigkeit, weil sie keine spezifische Staatsaufgabe anerkennt." Er schrieb<br />

die Verbreitung dieser Anschauung hauptsacWich den Kathe<strong>der</strong>sozialisten zu, die<br />

anfmgen, "den Staat fur die einzige wirkliche Kulturmacht zu erklaren [...] die<br />

sich alIer Kulturinteressen <strong>der</strong> Nation schutzend in erster Linie, aber auch regulierend,<br />

wegeleitend, anzunehmen und mit ihrem Einflusse das ganze Volksleben<br />

maBgebend zu durchdringen habe." Selbst Religion und Kunst, klagte<br />

Emminghaus, seien unter die Kontrolle des Staates geraten (Emminghaus, 1907,<br />

S. 157).<br />

Tatsachlich dehnten wachsen<strong>der</strong> Militarismus, Imperialismus, wirtschaftlicher<br />

Interventionismus und Sozialpolitik sHindig die Macht des Staates in alle Richtungen<br />

aus. <strong>Die</strong> einst revolutionaren Sozialisten machten unaufHillig ihren Frieden<br />

mit dem Staat und nahmen selbst die Sozialpolitik hin, die sie einst bekampft<br />

hatten. Zum Wandel ihrer Einstellung mag freilich die Beschaftigung von etwa

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