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Die Partei der Freiheit

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34 Ralph Raico: <strong>Die</strong> <strong>Partei</strong> <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong><br />

"<strong>Die</strong> katholische Kirche kann leben und freudig und wohlHitig wirken unter allen<br />

politischen Verhaltnissen, unter allen staatlichen Verfassungen, wenn sie nur <strong>Freiheit</strong><br />

gewahren. Mage man daher fortschreiten zu einer vollstandigen Trennung von<br />

Kirche und Staat; wenn man nur redliche <strong>Freiheit</strong> auf allen Gebieten, vor allem auf<br />

dem Gebiete <strong>der</strong> Erziehung and des Unterrichts gewahrt." (Birke, 1971, S. 94).<br />

Da <strong>der</strong> Kulturkampf auf die "innere Entkatholisierung" Deutschlands abzielte,<br />

seien, so Ketteler, eventuell auch sehr weitreichende MaBnahmen angezeigt.<br />

Ketteler erwog einige Zeit die Moglichkeit einer vollstandigen Trennung von<br />

Kirche und Staat nach amerikanischem Vorbild. <strong>Die</strong>se auch von franzosischen<br />

katholischen Liberalen wie Montalembert geteilte Haltung erschien ihm fiir die<br />

Kirche <strong>der</strong> beste Ausweg in einem Reich, das sich <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>belebung einer absolutistischen<br />

Kontrolle des sittlichen Lebens eines ganzen Volkes zuzuwenden<br />

schien (Birke, 1971, S. 94ff.). Aber die materiellen Verluste, die die Kirche durch<br />

die Trennung voraussichtlich erlitten hatte, machten es unwahrscheinlich - und<br />

zwar selbst in dem Fall, daB die antikatholische Politik nicht schlieBlich doch<br />

eingestellt worden ware. Wie Adolf M. Birke feststellte, ist es dennoch bemerkenswert,<br />

daB diese traditionelle liberale For<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Trennung von Staat und<br />

Kirche nicht von den Liberalen seIber, sondem von einem ultramontanen Bischof<br />

vorgebracht wurde (Birke, 1971, S. 96).<br />

Wahrhaft beschamende Szenen ereigneten sich, als etwa ein liberaler Biirgermeister<br />

die preuBische Infanterie anfor<strong>der</strong>te, urn gegen katholische Pilger in<br />

einem Dorf des Saarlandes vorzugehen, wo eine Erscheinung <strong>der</strong> Jungfrau Maria<br />

behauptet wurde. BlackboUlTI bemerkt einsichtig: "<strong>Die</strong>s waren deutsche Liberale,<br />

die den Staat als soziale und kulturelle Dampfwalze betrachteten und ganz offensichtlich<br />

GenuB dabei empfanden, <strong>der</strong>en verheerende Wirkung an an<strong>der</strong>en zu<br />

beobachten." (Blackbourn, 1988, S. 39f.) Warn-end katholische Konservative<br />

beim Anblick <strong>der</strong> staatlichen Allgewalt zutiefst beumuhigt waren, wurden die<br />

Liberalen "staatsfreudig," aufgeheitert in dem Wissen, daB das Reich nun "ihr"<br />

Staat war, bereit und fcihig, <strong>der</strong> deutschen Gesellschaft ihre Werte aufzuerlegen.<br />

Selbst Eduard Lasker, <strong>der</strong> gefeierte Verteidiger des Rechtsstaates, bekundete,<br />

daB es Aufgabe des Staates sei, eine fuhrende Rolle in den erzieherischen, religiosen<br />

und kulturellen Angelegenheiten <strong>der</strong> Nation zu iibemehmen. Schmidt­<br />

Volkmar schreibt, die Linksliberalen<br />

"wollten an die Stelle <strong>der</strong> Allmacht <strong>der</strong> Kirche den uneingeschrankten EinfluB des<br />

Staates auf das kulturelle Leben setzen und waren deshalb bereit, in diesem Fall an<br />

die Tradition des absoluten preu13ischen Staates anzuknupfen, des Staates, den sie<br />

im ubrigen ebenso leidenschaftlich bekampften."44<br />

44 Schmidt-Volkmar (1962, S. 80). Vgl. auch Bornkamm (1950, S. 52f.): "Der gesamte Liberalismus<br />

muBte wahrend des Kampfes in Kauf nehmen, daB seine praktische Politik mit wesentlichen<br />

Grundlagen seiner eigenen Lehre in Wi<strong>der</strong>spruch trat. Von einer grundsatzlichen<br />

<strong>Freiheit</strong>sidee aus betrachtet, stand er beidemal in <strong>der</strong> falschen Front: wahrend <strong>der</strong> Entfaltung<br />

des Kampfes stimmte er fur lauter Zwangsgesetze, beim Abbau gegen den Frieden und die

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