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Die Partei der Freiheit

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32 Ralph Raico: <strong>Die</strong> <strong>Partei</strong> <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong><br />

kampf das schandlichste Kapitel in <strong>der</strong> Geschichte des echten deutschen Liberalismus.<br />

40<br />

Bismarck verfolgte in dieser Kampagne konkrete Machtinteressen. Es war<br />

seine Absicht, die neufonnierte katholische Zentrumspartei zu ruinieren und den<br />

Wi<strong>der</strong>stand zu brechen, den katholische Bevolkerungsteile in Suddeutschland<br />

und im Rheinland gegen die Zentralisierungstendenzen <strong>der</strong> Reichsregierung leisteten<br />

(Gall, 1980, S. 470f.). Hingegen sah die Mehrheit <strong>der</strong> Liberalen - abgesehen<br />

davon, daB sie die Zentralisierung begriiBte - die Auseinan<strong>der</strong>setzung als eine<br />

weltanschauliche an: Sie erschien ihnen als ein Kampf zur For<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Werte<br />

<strong>der</strong> modemen Zivilisation gegen den EinfluB Roms unter Pius X. sowie dessen<br />

Syllabus errorum und sein Unfehlbarkeitsdogma. Blackboum beurteilt zumindest<br />

viele Liberale richtig, wenn er <strong>der</strong>en tiefe Abneigung gegen die katholische Kirche<br />

auf <strong>der</strong> einen Seite in Verbindung bringt mit ihrem Streben nach Wirtschaftswachstum<br />

durch "Modemisierung" von Wirtschaft und Staat. In <strong>der</strong><br />

Wahmehmung dieser Liberalen bekampfte die Kirche weite Teile dieses Programmes.<br />

41 We<strong>der</strong> zum ersten noch zum letzten Mal opferten damals Liberale<br />

ihre Grundsatze, urn eine - ideologisch o<strong>der</strong> sozio-okonomisch verstandene ­<br />

"Modemisierung" mittels def Staatsmacht voranzubringen.<br />

Bismarck emannte Adalbe11 Falk, welcher als Ve11reter des "praktischen<br />

Hegelianismus" den Staat als souveranen Fuhrer del' Gesellschaft in Fragen del'<br />

Moral ansah, zum Vollstrecker <strong>der</strong> anti-katholischen Kampagne (Bornkamm,<br />

1950, S. 298f.). Ein Hauptstreitpunkt war das Erziehungssystem. 42 Neue Gesetze<br />

engten den EinfluB <strong>der</strong> Kirche ein, indem sie dem Staat die alleinige Schulaufsicht<br />

verschafften und die Priester zwangen, staatliche Universitaten zu besuchen<br />

und dort Priifungen in sakularen Fachem abzulegen. Eine steigende Anzahl von<br />

Ausnahmegesetzen beschnitt das Recht des Klerus, sich zu offentlichen Angelegenheiten<br />

zu auBem, unterdriickte den Jesuiten-Orden, ersetzte im Bereich <strong>der</strong><br />

katholischen Kirche PreuBens die Autoritat des Papstes durch die des Staates und<br />

verstarkte den Angriff noch auf an<strong>der</strong>e Weise. Der katholische Wi<strong>der</strong>stand fuhrte<br />

zu einer Serie von Strafgesetzen und diese wie<strong>der</strong>um zur Verhaftung von<br />

40 <strong>Die</strong> Zustimmung <strong>der</strong> "Staatspartei" zu Hitlers Ennachtigungsgesetz vorn Marz 1933 ist naturlich<br />

in hochstern MaBe verwerflich. Es ist jedoch eine These <strong>der</strong> vorliegenden Arbeit, daB<br />

kein guter Grund besteht, soIche politischen Gruppierungen wie die "Staatspartei" als liberal<br />

zu bezeichnen.<br />

41 Blackbourn (1988, S. 16). Karl Braun, <strong>der</strong> standige Vorsitzende des Kongresses deutscher<br />

Volkswirte, erblickte irn Kanonischen Recht "die ergiebigste QueUe <strong>der</strong> Irrturner [...] auf<br />

wirtschaftlichem Gebiete insbeson<strong>der</strong>e.,. Ibm zufolge erklarte es "die Massenarmut und die<br />

Armut <strong>der</strong> Einzelnen fur eine Notwendigkeit" und war verantwortlich fur die "gerneinschadliche<br />

Ausdehnung <strong>der</strong> Armenpflege." Braun (1866, S. 18ff.).<br />

42 Interessanterweise wi<strong>der</strong>setzten sich Katholiken liberalen Planen irn Erziehungswesen unter<br />

an<strong>der</strong>ern auch deshalb "weil liberales Drangen auf eine strikter durchgesetzte Schulpflicht<br />

und neue Lehrplane die Verfugbarkeit tiber Kin<strong>der</strong>arbeit in <strong>der</strong> Landwirtschaft und in den<br />

Werkstatten einzuschranken [...] drohte." Blackbourn (1988, S. 29).

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