Die Partei der Freiheit
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20 Ralph Raico: <strong>Die</strong> <strong>Partei</strong> <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong><br />
<strong>der</strong>e Wurzeln gehabt haben. Jedenfalls spiegelte sie - bis hin zur unverzichtbaren<br />
Fordemng das Erziehungssystem von jeglicher Staatsbeteiligung frei zu halten <br />
in vollkommener Weise Mauvillons politische Philosophie wi<strong>der</strong> (Hoffmann,<br />
1981, S. 297ff.).<br />
Wie bei so vielen an<strong>der</strong>en DenkelTI waren die okonomischen Ansichten des<br />
Philosophen Friedrich Heinrich Jacobi durch die Physiokraten beeinfluBt, o<strong>der</strong> <br />
genauer gesagt - durch Turgot, den er hoch schatzte: Jacobi war begeistert von<br />
Turgots Ernennung zum Minister im Jahre 1774 und dann tief enrtauscht uber<br />
dessen Entlassung zwei Jahre spater. Dennoch harte er genugend Veltrauen in<br />
den Triumph von Gerechtigkeit und Refolmen, urn zu schreiben: "Der Turgots<br />
werden mehr kommen und man wird sie nicht alle stiirzen."24<br />
Obwohl Jacobi noch mit einem undifferenzierten Begriff <strong>der</strong> societas civile<br />
arbeitete und daher nicht deutlich zwischen Staat und burgerlicher Gesellschaft<br />
unterschied, teilte er die grundlegende okonomische Orientierung del' an<strong>der</strong>en<br />
SchriftstelIer, die hier behandelt werden: Je<strong>der</strong> Burger hat ein Recht auf groBtmogliche<br />
<strong>Freiheit</strong>, die mit <strong>der</strong> gleichen <strong>Freiheit</strong> aller an<strong>der</strong>en vereinbar ist. Pflicht<br />
des Staates sei die Sicherung del' individuellen <strong>Freiheit</strong>, einschlieBlich <strong>der</strong> "Sicherung<br />
von Eigentum und Nutzung des Eigentums." Einem Freund schrieb er, es sei<br />
sein Gmndsatz, "daB die Gesetzgebung, in so fern sie mit Zwangsmitteln verknupft<br />
wird, schlechterdings nur negative Zwecke haben darf. [...] lch halte den<br />
Despotismus fur das groBeste von allen Dbeln, und mag ihm keine Briicke lassen,<br />
wenn auch manches Gute zuriick bleiben sollte. <strong>Die</strong> ganze Geschichte, so wei! sie<br />
geht, bestarkt mich in diesen Gesinnungen."25 Er griff merkantilistische Regulierungen<br />
an, wollte den Handel von allen Fesseln befreien und die Schutzzolle abschaffen.<br />
Zunfte genau wie rauberische Kapitalisten, die von staatlichen Begunstigungen<br />
profitierten, fanden in ihm einen Gegner (Homann, 1973, S. 67, 71ff.).<br />
Vielleicht die interessanteste Facette in Jacobis politischem Denken ist seine<br />
Kritik einiger Aspekte <strong>der</strong> Aufklalung, fur <strong>der</strong>en glundsatzliche Welte er dennoch<br />
groBe Sympathie empfand. Indem er sich von seinen Zeitgenossen in einigen<br />
entscheidenden Punkten distanzierte, brachte Jacobi vorausschauend Themen<br />
zur Sprache, die die nachsten Generationen liberaler Denker beschaftigen soUten.<br />
Viele deutsche Aufklarer, beson<strong>der</strong>s in Berlin, neigten zu einer anti-katholischen<br />
Hexenjagd und begruBten den Einsatz staatlicher Willkur gegen die Kirche,<br />
wie in den "Reformen" Josephs II. Jacobi entgegnete, daB "ich keinen Sinn<br />
fur den Schrecken habe, den <strong>der</strong> Heilige Vater zu unseren Zeiten einjagen kann."<br />
Er trat daher del' Verfolgung erbittert entgegen. <strong>Die</strong> selbstemannten Aufklarer<br />
waren in seinen Augen blind fur das, "was uns jetzt am mehrsten bedroht und<br />
wirklich in die Enge treibt," namlich den "weltlichen Despotismus." (Homann,<br />
24 Homann (1973, S. 76)~ siehe auch Beiser (1992, S. 138ff.) sowie Hammacher/Hirsch,<br />
(1993).<br />
25 Jacobi (1987, S. 47f.), Hervorhebung im Original~ und ebenda ("Einleitung'" S. x-xi)~ auch<br />
Homann (1973, S. 63 und 76).