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Die Partei der Freiheit

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Kapitel 1: Deutscher Liberalismus - ein Oberblick 19<br />

lich gelangte Justi in weiten Teilen durch eigene Elfahrungen - und nicht so sehr<br />

aufgrund britischer und franzosischer Quellen - zum Entwurf einer Wirtschaft,<br />

die durch Eigeninteresse angetrieben und durch Wettbewerb geordnet wird:<br />

"Es ist eine ungezweifelte, aber vielleicht noch nicht genugsam erkannte Wahrheit,<br />

daB das eigene Interesse das Band ist, welches die ganze Gesellschaft zusammen<br />

halt; und eine Gesellschaft darf nur frei sein, und keiner in <strong>der</strong>selben eine Macht<br />

tiber dem an<strong>der</strong>n haben, so wird eben dieses Interesse eine solche Richtung nehmen,<br />

und einen solchen Zusammenhang in dem gesamten Nahrungsstande hervorbringen,<br />

als zu dem bhlhenden Zustande desselben erfor<strong>der</strong>t wird."<br />

"<strong>Die</strong> Unverletzlichkeit des Eigentums, und sich aller Eingriffe in dasselbe zu<br />

enthalten," sind die Gmndregeln, die eine weise Regiemng "niemals auBer Augen<br />

setzen darf." "<strong>Die</strong> Commerzien [d.h. Handel] und Gewerbe," erkHirte Justi,<br />

"bedurfen nichts als <strong>Freiheit</strong> und Schutz." (Wilhelm, 1991, S. 436ff.)<br />

Eine Schliisselfigur im deutschen Liberalismus des spaten 18. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

und - indirekt - in <strong>der</strong> Geschichte des gesamten europaischen Liberalismus war<br />

Jakob Mauvillon, <strong>der</strong> unter den zahlreichen Positionen, die er im Verlaufe seines<br />

relativ kurzen, abel' sehr aktiven Lebens innehatte, auch die eines Professors rur<br />

Politikwissenschaften in Braunschweig bekleidete. Obwohl er gewohnlich als<br />

Erz-Physiokrat bezeichnet wird, nahm sich Mauvillon im Bereich del' okonomischen<br />

Theorie Turgot zum Vorbild, dessen Reflexions sur la formation et la distribution<br />

des richesses er ubersetzte und veroffentlichte (Herz, 1908, S. 12ff.).<br />

Mauvillon war in <strong>der</strong> Tat "doktrinarer" - d.h. konsequenter in del' Ausarbeitung<br />

des Laissez-faire-Prinzips - als irgendein franzosischer Schriftsteller seiner Zeit.<br />

Er befurwoltete die Privatisiemng des Postsystems, des Erziehungssystems von<br />

den Volksschulen bis hin zu den Universitaten, des Unterhalts des Klerus und,<br />

unter idealen Bedingungen, vielleicht des ganzen Apparates <strong>der</strong> Sicherheitspolizei<br />

(Herz, 1908, S. 87f.; auch Hoffmann, 1987, S. 199).<br />

Mauvillon stritt unermudlich in seinen Veroffentlichungen fur die Sache des<br />

Laissez-faire. Seine Ideen drangen schlieBlich in die Welt del' hoheren Berliner<br />

Beamten ein, welche in den 1790er Jahren zunehmend mit dem Ruf "<strong>Freiheit</strong> zu<br />

besitzen, zu genieBen und zu erwerben" (Hoffmann, 1981, S. 296) konfrontiert<br />

wurden. Doch del' wichtigste Weg, den Mauvillons EinfluB nahm, fuhrte ohne<br />

Zweifel uber einen 20jahrigen Freund aus Lausanne, fur den er eine Art Vaterfigur<br />

und Mentor war: Benjamin Constant. Ein Kenner Constants behauptete sogar:<br />

"Es ist unmoglich, die Bedeutung zu uberschatzen, die Mauvillon fUr<br />

Constants geistige Entwicklung harte." (Kloocke, 1984, S. 58, auch S. 53ff.;<br />

Kloocke, 1989, S. 24ff.)<br />

Constant verdankte Mauvillon die Glundidee seines "<strong>Freiheit</strong>sgedankens, del'<br />

<strong>Freiheit</strong> yom Staat." Von ihm ubelnahm Constant auch "die Fordelung nach einer<br />

kompromiBlosen Anerkennung del' Religion als Glundbestand einer staatsfreien<br />

Sphare." <strong>Die</strong> B'egriffstrias personliche <strong>Freiheit</strong>, Rechtsstaat und Laissez-faire, die<br />

Constant in den Mittelpunkt seines Liberalismus tiickte und die ein Jahrhun<strong>der</strong>t<br />

lang in Europa das Wahrzeichen des Liberalismus bleiben sollte, mag auch an-

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