Die Partei der Freiheit
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Kapitel 1: Deutscher Liberalismus - ein Oberblick 17<br />
betrifft, und die franzosische Physiokratie, soweit es urn soziale und wirtschaftliche<br />
Grundgedanken geht. DuPont de Nemours selbst erteilte dem Erbprinzen<br />
Karl Ludwig, dem Grun<strong>der</strong> <strong>der</strong> Karlsruher okonomischen Gesellschaft, Unterricht<br />
in den Grundlagen del' physiokratischen Lehre. MutmaBungen zufolge gehorte<br />
eine Zeit lang "fast die ganze Beamtenschaft" <strong>der</strong> Markgrafschaften zu den<br />
"Anhangem" <strong>der</strong> Physiokratie (Gerteis, 1983, S. 10Iff.).<br />
<strong>Die</strong>se Schriftsteller priesen einen gesunden Egoismus, d.h. einen solchen, <strong>der</strong><br />
die gleichen Rechte an<strong>der</strong>er respektierte, und gingen von <strong>der</strong> natiirlichen Hannonie<br />
<strong>der</strong> rechtverstandenen Interessen alIer GeselIschaftsmitglie<strong>der</strong> aus. Das Recht<br />
auf Eigentum, einschlieBlich seines freien Gebrauchs und <strong>der</strong> freien Verfugung<br />
uber es, stand im Mittelpunkt <strong>der</strong> Anschauungen <strong>der</strong> liberalen Publizistik des<br />
Oberrheins: "<strong>Freiheit</strong> und Eigentum" war ihr gemeinsamer Wahlspruch, und aus<br />
diesel' Fonnel leiteten diese Schriftsteller "die Glundsatze eines wirtschaftsliberalistischen<br />
Systems ab." Sie attackierten vom Staat eingeraumte Monopole, willkurliche<br />
Steuem, Eingriffe in den Handel und eigentlich das ganze Aufgebot an<br />
merkantilistischen Regulierungen (Gerteis, 1983, S. 174f.).<br />
Noch ehe die Ideen von Adam Smith bekannt waren, verbreiteten in Deutschland<br />
Physiokraten wie <strong>der</strong> badische Regierungsbeamte und spatere Professor an<br />
<strong>der</strong> Universitat Giessen, Johann August Schlettwein die Lehre vom Freihandel.<br />
Schlettwein, ein typischer Vertreter del' europaischen AufkHirung und Weltburger,<br />
fulIte seine Werke mit Hinweisen auf die aus den natiirlichen Rechten des<br />
einzelnen erwachsenden ewigen Naturgesetze <strong>der</strong> Gerechtigkeit in <strong>der</strong> Gesellschaft,<br />
<strong>der</strong>en Beachtung das Gluck alIer und den Frieden zwischen den Velkem<br />
sichem wiirde. Seine Darlegungen lasen sich haufig wie die eines fruhen Cobden<br />
o<strong>der</strong> Bastiat. Dazu ein Beispiel: "Uneingeschrankte <strong>Freiheit</strong> in Handel und Wandel,<br />
eine <strong>Freiheit</strong>, an allen Orten zu verkaufen und an allen Orten zu kaufen, ist<br />
die Voraussetzung, <strong>der</strong> Segnungen <strong>der</strong> natiirlichen Ordnung teilhaftig zu<br />
werden."22<br />
1m Gegensatz zu spateren demokratischen VerfechtelTI <strong>der</strong> Franzosischen Revolution<br />
glaubten diese 'obelTheinischen Liberalen an die natiirliche Ungleichheit<br />
<strong>der</strong> Menschen. Sie kummerten sich we<strong>der</strong> urn Verfassungsfragen noch urn die<br />
Teilnahme am politischen ProzeB: <strong>Die</strong> ideale Verfassung ist diejenige, die <strong>Freiheit</strong><br />
und Eigentum am besten sichert. In Dbereinstimmung mit ihrer Betonung des<br />
Eigentums miBtrautren sie im allgemeinen dem Eindringen des "Pebels" in<br />
Staatsangelegenheiten. Dennoch fand <strong>der</strong> amerikanische Unabhangigkeitskrieg,<br />
<strong>der</strong> groBes Interesse in Deutschland hervonief, starke Unterstiitzung bei den<br />
deutschen Liberalen (Dippel, 1977). Interessantelweise sah <strong>der</strong> Baseler Physiokrat<br />
Isaak Iselin in ihm in erster Linie den Kampf einer freien Wirtschaftsauffas-<br />
22 Zitiert nach Kohler (1926, S. 23). Siehe auch die zahlreichen Zitate in Klippel (1976) und<br />
Gerteis (1983).