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Die Partei der Freiheit

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Kapitel 1: Deutscher Liberalismus - ein Oberblick 15<br />

Welchen heuristischen Wert auch immer das Konzept vom deutschen "Son<strong>der</strong>weg"<br />

gehabt haben mag, es ist ohne Zweifel zu viel benutzt worden. <strong>Die</strong>thelm<br />

Klippel, einer <strong>der</strong> wichtigsten Autoren, die sich an <strong>der</strong> Erforschung des deutschen<br />

Liberalismus im 18. lahrhun<strong>der</strong>t beteiligt haben, weist auf mehrere politische<br />

Faktoren hin, die zu verschiedenen Zeiten die Billigung eines entwe<strong>der</strong><br />

negativ o<strong>der</strong> positiv be1adenen Konzepts des deutschen "Son<strong>der</strong>wegs" verursacht<br />

haben (Klippel, 1987a, S. 84ff). Beson<strong>der</strong>s hat Klippel die Sichtweise von<br />

Leonard Krieger, die "eine eigentiimliche deutsche Einstellung zur <strong>Freiheit</strong>" gegen<br />

eine (undefinierte) "westliche" Konzeption ausspielte, treffend kritisiert. Tatsache<br />

ist, daB im Deutschland des spaten 18. Jahrhun<strong>der</strong>ts neben den vom Physiokratismus<br />

beeinfluBten Denkem "ein breiter Strom demokratischer und liberaler<br />

Ideen in allen maglichen Schattierungen" (Klippel, 1984, S. 218f) vorhanden<br />

war.<br />

Beson<strong>der</strong>e Aufmerksamkeit schenkt Klippel dem ,jiingeren deutschen Naturrecht"<br />

des spaten 18. 1ahrhun<strong>der</strong>ts, welches das altere, am Absolutismus orientierte<br />

Naturrecht <strong>der</strong> Schule Christian Wolffs ablost (Klippel, 1976~ Klippel<br />

1981). Methodologisch unter dem EinfluB von Kant und inhaltlich von John<br />

Locke inspiriert, baut diese Schule ihre Lehren auf die begriffliche Unterscheidung<br />

zwischen Staat und Gesellschaft auf. Gelehrte wie Leopold Friedrich<br />

Fre<strong>der</strong>sdorff, Heinrich Stephani, Samuel Simon Witte und Karl Ludwig Porschke<br />

entwickelten eine Theorie <strong>der</strong> Vorrangigkeit <strong>der</strong> burgerliehen Gesellsehaft gegenuber<br />

dem Staat, des Privateigentums, <strong>der</strong> Privatunteluehmung und des Wettbewerbs<br />

a1s E1emente <strong>der</strong> sich se1bst regu1ierenden Gesellschaft und von <strong>der</strong><br />

Notwendigkeit, das gesellschaftliehe Leben gegen staatliche Eingriffe zu schutzen<br />

(Klippel, 1976, S. 135ff). Parschke erkHirte ausdmcklich: "Der Burger hat<br />

das Recht, sich ganz willkurlich seines Eigentumes zu bedienen [...] selbiges ins<br />

Unendliche zu vermehren o<strong>der</strong> zu vermindem, es in jede beliebige Form zu bringen<br />

und umsonst und fur einen Preis jedem anzubieten." (Klippel, 1981, S. 327ff<br />

und S. 328, Anm. 99; Klippel, 1976, S. 146f)<br />

Klippel betont, daB sich die wirtschafts1ibera1en Positionen dieser Gelehrten<br />

"gerade gegen Rechtspositionen von Teilen des Burgeltums richten," gegen die<br />

Zunfte, aber ebenso "gegen Monopole und Privilegien <strong>der</strong> Manufakturen und<br />

Fabriken." (Klippel, 1981, S. 335) Er hebt hier eine Facette des wirtschaftlichen<br />

Konflikts hervor, die von Autoren, die sieh auf das marxistisehe und nicht auf das<br />

liberale Konzept des Klassenkampfes stUtzen, systematiseh miBverstanden wird.<br />

Ein entscheiden<strong>der</strong>, von Klippel unterstrichener Punkt ist, daB die For<strong>der</strong>ung<br />

nach <strong>Freiheit</strong>sreehten im jungeren NatulTecht auf eine hahere Ebene gelangte: Sie<br />

wurde nicht nur erhoben ftir ein<br />

"als vereinzelt gedachtes Individuum, son<strong>der</strong>n fur eine vom Staat getrennte Gesellschaft<br />

von Individuen [...] <strong>Freiheit</strong>sbegriff und Menschenrechte k6nnen folglich<br />

nicht als <strong>Freiheit</strong>sfor<strong>der</strong>ungen nur fur das Individuum verstanden werden; mit ihnen<br />

for<strong>der</strong>t die burgerliche Gesellschaft <strong>Freiheit</strong> und verleiht den Anspruchen des Individuums<br />

einen bisher ungekannten Nachdruck." (Klippel, 1976, S. 141)

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