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Die Partei der Freiheit

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14 Ralph Raico: <strong>Die</strong> <strong>Partei</strong> <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong><br />

in diesem Zusammenhang bloB Ruggieros gefeierte Storia del liberalismo<br />

europeo (Ruggiero, 1925) zu zitieren - taucht sie mit bemerkenswerter Haufigkeit<br />

in Standardwerken auf. So erklarte Friedrich C. Sell: "Sprach Voltaire so mehr<br />

fur die Gerechtigkeit, so brachte Rousseau [sic] den <strong>Freiheit</strong>sgedanken nach<br />

Deutschland" (Sell, 1981, S. 16), urn anschlieBend die Geschichte des deutschen<br />

Liberalismus im 18. Jahrhun<strong>der</strong>t zu umreiBen, ohne auch nur ein Wort uber okonomische<br />

Ideen zu verlieren. In Leonard Kriegers Geschichte (Krieger, 1957)<br />

werden Schlettwein, Mauvillon und an<strong>der</strong>e fruhe Wirtschaftsliberale nicht einmal<br />

genannt. In dem Bestreben, die Wirtschaftsliberalen so weit wie moglich aus <strong>der</strong><br />

Geschichte des deutschen Liberalismus herauszunehmen, resumiert <strong>Die</strong>ter<br />

Langewiesche: "Es existierte immer, auch wenn das meist bestritten wird, ein<br />

Sozialliberalismus. Er steht am Anfang, nicht <strong>der</strong> Wirtschaftsliberalismus"20 und<br />

er verschweigt ebenso die Autoren und Schulen, die hier genannt werden.<br />

Eine solche Behandlung und Verdrangung <strong>der</strong> Wilischaftlichen Seite des Liberalismus<br />

fuhrt zu elusthaften Verzenungen seiner Intentionen. <strong>Die</strong>s gilt vor allem<br />

weil, im Hinblick auf die Belange <strong>der</strong> meisten Menschen zu allen Zeiten, viele<br />

del' wichtigsten Fragen, die eine politische Philosophie beantwo11en muB, okonomischer<br />

Natur sind. Zweitens, weil aus rein logischen Grunden eine Theorie<br />

del' Guterproduktion jeglicher Theorie <strong>der</strong> politischen Umve11eilung von Giitelu<br />

vorausgehen muB: Selbst wenn es in Deutschland einen Sozialliberalismus VOl'<br />

dem Wirtschaftsliberalismus gegeben haben soUte - was nicht bewiesen ist ­<br />

wtirde ersterer eine in erheblichem Umfang unvollstandige Gesellschaftstheorie<br />

bleiben, wenn er keinen Anhaltspunkt dafur liefelTI konnte, wie die zur Sichelung<br />

"erweiterter Lebenschancen" erfor<strong>der</strong>lichen Guter zunachst einmal zu produzieren<br />

sind. Wie Christopher Weber herausgestellt hat, ist zudem mit einer Interpretation<br />

des Liberalismus, welche Nachdluck auf die Elweitelung <strong>der</strong> Lebenschancen<br />

durch staatliche Eingriffe legt, "eine eigentliche Grenze gegeniiber <strong>der</strong> Sozialdemokratie<br />

modemer Observanz gar nicht mehr sichtbar." Ebenso wenig<br />

konnte in dieser Hinsicht eine Grenze zum modeluen deutschen Konservatismus<br />

gezogen werden. 21 Da schlieBlich auch die Theorie sich selbstregulieren<strong>der</strong><br />

Markte schon fruh <strong>der</strong> bestentwickeltste Teil <strong>der</strong> allgemeinen liberalen Theorie<br />

gesellschaftlicher Selbstregulielung war, muB die Vemachlassigung dieser<br />

Dimension o<strong>der</strong> gar ihre Auslassung zu einem verzen1en Bild des Liberalismus<br />

fuhren.<br />

20 Langewiesche (1988, S. 7). Langewiesches befremdliche VemachUissigung <strong>der</strong> neueren Literatur<br />

tiber den deutschen Liberalismus des 18. Jahrhun<strong>der</strong>ts wird aufgezeigt in Wilhelm (S.<br />

416, Anm. 7 und S. 417 Anm. 10).<br />

21 Weber (1991, S. 28f.). Hinsichtlich <strong>der</strong> Reduktion des Liberalismus auf den Kampf fur "erweiterte<br />

Lebenschancen" fugt Weber die treffende Beobachtung an, daB "eine solche Bestimmung<br />

das Fehlen eines Verstandnisses dafur [offenbart], daB <strong>der</strong> Liberalismus gerade<br />

eine inhaltliche Bestimmung dessen, was je<strong>der</strong> einzelne als seine Chance, und was als Einschrankung<br />

ansieht, gar nicht vomehmen k~lm und will."

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