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Die Partei der Freiheit

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10 Ralph Raico: <strong>Die</strong> <strong>Partei</strong> <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong><br />

<strong>Die</strong> Rangfolge, die Humboldt hier einfiihrt, kann als das charakteristische<br />

Kennzeichen <strong>der</strong> liberalen im Gegensatz zur demokratischen Theorie bezeichnet<br />

werden. In jedem Fall stand <strong>der</strong> Liberalismus, historisch gesehen, dem demokratischen<br />

Regierungssystem haufig entwe<strong>der</strong> indifferent o<strong>der</strong> ablehnend gegenuber.<br />

Das Wesentliche am Liberalismus war das Modell einer sich selbst ordnenden<br />

Gesellschaft, die auf weitreichende individuelle Rechte gegrundet ist. Unter verschiedenen<br />

geschichtlichen Umstanden haben Liberale es als annehmbar o<strong>der</strong> gar<br />

notwendig empfunden, die Herrschaft <strong>der</strong> Mehrheit bzw. Formen demokratischer<br />

Machtausubung zu suspendieren, urn rnoglichst viel von einer liberalen Ordnung<br />

zu retten, wenn diese sich als unfahig erwies, die Unterstiitzung des Volkes zu<br />

gewlnnen.<br />

Johann Baptist Muller hat in seinern Werk Liberalismus und Demokratie eine<br />

nutzliche Typologie von Liberalismus-Schulen aus den Dichotornien Interventionismus<br />

/ Marktwirtschaft und Demokratismus / Elitendemokratie abgeleitet<br />

(Muller, 1978). Obwohl einige von MulIers Interpretationen anfechtbar sind, ist<br />

sein Begriff einer "eliten<strong>der</strong>nokratischen" Linie des liberalen Denkens - d.h. eines<br />

Liberalismus, <strong>der</strong> Volksregierungen miBtrauisch, ambivalent o<strong>der</strong> negativ gegenubersteht<br />

- von heuristischem Wert. Muller zeigt, daB "ideologische Reprasentanten"<br />

dieses Liberalismus "in je<strong>der</strong> Entwicklungsphase <strong>der</strong> burgerlichen Gesellschaft<br />

auszumachen sind" und verweist als deutsche Beispiele fur das 18. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />

auf Kant und Humboldt (Muller, 1978, S. 4Off.). Wie wir noch sehen<br />

werden, wurden ahnliche Auffassungen von einer Anzahl bedeuten<strong>der</strong> deutscher<br />

Liberaler nicht nur im 18., SOndelTI auch irn spaten 19. Jahrhun<strong>der</strong>t vertreten.<br />

Daher darf die mangelnde Demokratiebegeisterung einiger politischer und<br />

okonomischerAutoren im Deutschland vor 1789 keineswegs als Zeichen irgendwelcher<br />

Unzulanglichkeiten in ihren liberalen Oberzeugungen und mithin als<br />

Beweis fUr das angebliche Fehlen eines vorrevolutionaren Liberalismus gewertet<br />

werden. Gleiches gilt fur den Abstand, den diese Autoren zur Verfassungsfrage<br />

hielten, fur ihr MiBtrauen zum "Pobel" und fur ihren Glauben an die natiirliche<br />

Ungleichheit menschlicher Talente.<br />

b) Kant und Humboldt<br />

<strong>Die</strong> beiden bedeutendsten Figuren in <strong>der</strong> Geschichte des deutschen Liberalismus<br />

des 18. Jahrhun<strong>der</strong>ts sind selbstverstandlich Immanuel Kant und <strong>der</strong> junge<br />

Wilhelm von Humboldt. Kants Beitrage zum Liberalismus sind groBtenteils gut<br />

bekannt. Sie bestehen hauptsachlich in seiner volligen Verwerfung cler "Gluckseligkeit"<br />

<strong>der</strong> Burger als geeignetes Ziel staatlicher Tatigkeit und in seinem Beharren,<br />

daB <strong>der</strong> Staat in Obereinstimmung mit den Prinzipien <strong>der</strong> Gerechtigkeit handeln<br />

muB. In dieser Hinsicht war Kant einer <strong>der</strong> Vater <strong>der</strong> Philosophie des<br />

Rechtsstaats, dessen machtiger EinfluB nicht nur auf die deutsche Entwicklung

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