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Die Partei der Freiheit

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252 Ralph Raico: <strong>Die</strong> <strong>Partei</strong> <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong><br />

anglo-amerikanischen Willens zur Macht, <strong>der</strong> sich hinter <strong>der</strong> Ideologie <strong>der</strong><br />

"<strong>Freiheit</strong>" versteckt. Er legt dar, wie "<strong>Freiheit</strong>" - genauer "Demokratie" - von<br />

Woodrow Wilson und den Politikern <strong>der</strong> Entente als "eine Art Weltreligion" benutzt<br />

wurde, urn die amerikanische und britische Machtpolitik zu rechtfertigen<br />

und urn die europaischen Volker, und beson<strong>der</strong>s die deutschen, auf einen geschichtlich<br />

bestimmten, niedrigeren Rang zu verweisen (Naumann, 1964b, S.<br />

447).<br />

AuBerdem schien Naumann beizeiten die wirklichen Probleme <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen<br />

Gesellschaft zu sehen, wie in seiner WalTIUng vor <strong>der</strong> imrner weiter zunehmenden<br />

Zentralisielung <strong>der</strong> Macht: ,,1e zentralisie11er eine Staatsvelwaltung ist, desto<br />

mehr scruumpft das demokratische Mitvelwaltungsrecht zum Wahlrecht zusammen."<br />

(Naumann, 1964b, S. 450) Doch er liefe11 keinen Anhaltspunkt daftir, wie<br />

denn eine dezentrale Leitung mit <strong>der</strong> immer groBeren und imrner festeren "Organisation"<br />

aufWeltebene vereinbar ware, die zu seinem Ideal geworden war.<br />

Der Hauptpunkt <strong>der</strong> Denkschrift ist <strong>der</strong> Vorschlag, an die Seite westlicher<br />

<strong>Freiheit</strong>sideen eine ausgesprochen deutsche Idee zu setzen, namlich die <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong><br />

als Zusage an die Schwachen - "und die Schwachen sind die Vielen" - so daB<br />

"ihre schwache Existenz staatlich geschiitzt wird." Das sei "die Vollendung <strong>der</strong><br />

Menschenrechte": staatlicher Paternalismus, <strong>der</strong> tiber die Mehrheit <strong>der</strong> Burger<br />

ausgeiibt wird. Naumann zaude11 nicht, in diesem den rechtmaBigen Abkomrnling<br />

des alten Paternalismus <strong>der</strong> absoluten Monarchie zu erkennen: "aus den Wurzeln<br />

des Polizeistaates steigt neuer Trieb empor, <strong>der</strong> Staat als Volkserhaltung."<br />

(Naumann, 1964b, S.450,458f)<br />

Er raumt ein, das, was er durchgreifende Demokratisierung des Staates nennt,<br />

dessen "Polizeicharakter" verstarkt und die Beamtenschaft standig ausweitet<br />

wird. Denn fast alle <strong>der</strong> zu ergreifenden MaBnahmen brachten es mit sich, "daB<br />

etwas kontrolliert, reguliert o<strong>der</strong> syndiziert werden solI." Das erstrebte Ziel aber<br />

sei eine Gesellschaft "des organisierten Lebensspielsraumes." (Naumann, 1964b,<br />

S.459f)<br />

* * *<br />

Ais sich <strong>der</strong> Bankrott des kaiserlichen Regierungssystems und die kommende<br />

Nie<strong>der</strong>lage Deutschlands immer mehr abzeichnet, Hingt Naumann endlich an,<br />

Zuge an den Tag zu legen, die es rechtfertigen konnten, ihn als einen liberalen<br />

FUhrer zu charakterisieren. Er wird ein Katalysator zur Vereinigung <strong>der</strong> demokratischen<br />

Elemente und zur Bildung eines Volksstaats, <strong>der</strong> das Obrigkeitsregime<br />

ersetzen soll (Stephan, 1970, S. 13). Er gebraucht sogar Worte, die ein indirektes<br />

mea culpa andeuten: "In den letzten ftinfzig 1ahren hat <strong>der</strong> Imperialismus aller<br />

europaischen Staaten die internationale Lage chronisch vergiftet. <strong>Die</strong> Politik <strong>der</strong><br />

Vergeltung, die Politik <strong>der</strong> Expansion und die Nichtachtung des· Selbstbestimmungsrechts<br />

del' Volker hat zur Krankeit Europas beigetragen, die im Weltkrieg<br />

ihre Krise erlebte." Der nationale Gedanke sei in <strong>der</strong> Vergangenheit "verhangnisvoll<br />

miBbraucht worden." (C~hrist, 1969, S. 101) Ob dies einer Auseinan<strong>der</strong>setzung<br />

mit seiner eigenen Vergangenheit gleichkommt und ob hier "intellektuelle

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