Die Partei der Freiheit
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248 Ralph Raico: <strong>Die</strong> <strong>Partei</strong> <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong><br />
Obwoh! Naumann nicht nach <strong>der</strong> Art an<strong>der</strong>er Intellektueller auf beiden kriegfUhrenden<br />
Seiten sich im Kriegsrausche verzehrte, freute er sich doch, daB es den<br />
Anschein hatte, Deutschland werde wie<strong>der</strong> einmal Frankreich aufreiben. Aber er<br />
beeilte sich gleichzeitig festzustellen, daB eine Nie<strong>der</strong>lage Frankreichs den Krieg<br />
nicht beenden wtirde. Ais die Marneschlacht tobte, schrieb er: "Selbst wenn es in<br />
dieser Stunde eine ubemamrliche Macht gabe, die allem Kriegsfuhren Halt gebieten<br />
konnte, so wtirde das kein Friede sein, weil das Messen <strong>der</strong> Krafte zwischen<br />
uns und den Russen und zwischen uns und den Englandem noch nicht<br />
vollzogen ist." (Naumann, 1914, S. 23) Dennoch sei Frieden mit einem schnell<br />
besiegten Frankreich hochst wtinschenswert, denn das "macht uns frei fur den<br />
weitausschauenden Kampf mit den zwei an<strong>der</strong>en Weltmachten." (Naumann,<br />
1914, S. 19)<br />
Was die Kriegszielfrage anbelangt, pHidierte Naumann fUr die Auflosung Belgiens,<br />
weil es kunftig ein "Ausgangspunkt einer deutschfeindlichen Agitation<br />
(Theiner, 1983, S; 236)" sein werde. 1m Laufe <strong>der</strong> Zeit und angesichts <strong>der</strong> Verschlechterung<br />
<strong>der</strong> deutschen Position wandte er sich gegen die Annexionspolitik,<br />
obwohl er den Vertrag von Brest-Litovsk unterstfitzte. Vor dem Hinterglund des<br />
Verlusts <strong>der</strong> uberseeischen Kolonien und <strong>der</strong> offenkundigen Hilflosigkeit <strong>der</strong> Marine<br />
ist es nicht uben'aschend, daB er sein Augenmerk auf eine Alternative zu <strong>der</strong><br />
einst von ibm gepriesenen Weltpolitik richtete: eine deutsche Vorhen'schaft auf<br />
dem Kontinent. <strong>Die</strong>se, so meinte er nun, musse auf einem freien Bundnis <strong>der</strong><br />
mittel- und osteuropaischen Volker mit Deutschland gegrundet werden. Er griff<br />
sogar die preufiische Polenpolitik an und verlangte eine "Loslosung yom Germanisierungszwang."<br />
(Theiner, 1983, S. 243)<br />
1m Oktober 1915 veroffentlichte Naumann Milteleuropa, sein beruhmtestes<br />
Werk, von dem gesagt wird, es sei <strong>der</strong> groBte Publikumserfolg seit Bismarcks<br />
(Jedanken und Erinnerungen gewesen. <strong>Die</strong> Grundidee des Buches hatte sich bereits<br />
in einfluBreichen Geschaftskreisen herausgebildet und wurde von <strong>der</strong><br />
Reichsieitung ais ein mogliches Kriegsziel angesehen. <strong>Die</strong> gleichen hohen Kreise<br />
waren tatkraftig behilf1ich, Naumanns Ideen zu verbreiten (Kruger, 1983, S.<br />
172). Sein Vorschlag zielte auf die Schaffung eines mittel- und osteuropaischen<br />
Wirtschaftsraumes, <strong>der</strong> politisch durch einen Staatenbund zwischen dem Deutschen<br />
Reich und Osterreich-Ungarn geordnet wtirde und dem an<strong>der</strong>e Staaten<br />
freiwillig beitreten sollten.<br />
Naumann sieht fur die Nachkriegszeit die Herausbildung eines Systems konkurrieren<strong>der</strong><br />
Machtblocke voraus, "die uber das nationale MaB hinausgehen, urn<br />
die Fiihrung <strong>der</strong> Menschheitsgeschicke und urn den Ertrag <strong>der</strong> Menschheitsarbeit<br />
ringen. Ais eine solche Gruppe meidet sich Mitteleuropa." (Naumann, 1964d, S.<br />
663) Mit ein wenig Gluck konne das - namrlich von Deutschland gefuhrte - Mitteleuropa<br />
neben den Vereinigten Staaten von Amerika, RuBland und dem britischen<br />
Empire ein vielter Weltstaat werden. bmner noch geht es fur Naumann urn<br />
den Daseinskampf unter den Volkem. <strong>Die</strong>ser werde nun vielleicht nicht ewig